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Logische Probleme bei der Prüfung empirischer Aussagen

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Präsentation zum Thema: "Logische Probleme bei der Prüfung empirischer Aussagen"—  Präsentation transkript:

1 Logische Probleme bei der Prüfung empirischer Aussagen
Lerneinheit 6: Logische Probleme bei der Prüfung empirischer Aussagen Das Ziel der empirischen Sozialforschung besteht darin, durch geeignete Datenerhebungen, Analysen und Interpretationen empirische Aussagen zu generieren und ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Dabei sind empirische Aussagen um so interessanter, je größer ihr Informationsgehalt ist. Der Informationsgehalt empirischer Aussagen Aus der Eigenschaft einer empirischen Aussage, dass es von der Realität abhängt, ob sie wahr oder falsch sind, folgt: Empirische Aussagen lassen sich auch dadurch charakterisieren, dass sie das Auftreten eines oder mehrerer Ereignisse oder Zustände „verbieten“. Beispiel: Die empirische Aussage „In allen menschlichen Gesellschaften gibt es Statusunterschiede.“ verbietet (schließt aus), dass es Gesellschaften ohne Statusunterschiede gibt. Empirie: Quantitative Methoden

2 Eine empirische Aussage ist um so informativer, je mehr sie verbietet.
Informationsgehalt Eine empirische Aussage ist um so informativer, je mehr sie verbietet. Die Aussage „In allen menschlichen Gesellschaften gibt es Statusunterschiede.“ ist informa- tiver als die Aussage „In der Bundesrepublik gibt es Statusunterschiede.“. Die zweite Aussage gilt nur für eine Gesellschaft (die Bundesrepublik), die erste Aussage für viele (alle!) Gesellschaften. Aussagen, die unabhängig von Raum und Zeit auf beliebig viele Zustände oder Ereignisse zutreffen können, heißen nichtsingulär oder raum-zeitlich ungebunden. Die empirische Allaussage „In allen menschlichen Gesellschaften gibt es Statusunterschiede.“ ist nichtsingulär, weil sie für alle Gesellschaften zu allen Zeiten und Orten Geltung beansprucht. Singuläre oder raum-zeitlich gebundene Aussagen beziehen sich dagegen auf konkrete Zeiten und Orte. Die empirische Aussage „In der Bundesrepublik gibt es Statusunterschiede.“ ist singulär, weil sie sich nur auf eine konkrete Gesellschaft „Bundesrepublik“ bezieht. Empirie: Quantitative Methoden

3 Informationsgehalt An dem Beispiel der singulären Aussage über die Bundesrepublik und der nichtsingulären Allaussage über alle Gesellschaften wird deutlich: Nichtsinguläre Allaussagen haben einen höheren Informationsgehalt als singuläre Aussagen. Von Interesse für empirische Wissenschaften sind insbesondere Aussagen, die Behauptungen über Zusammenhänge enthalten. Auch die Aussage „In allen menschlichen Gesellschaften gibt es Statusunterschiede.“ lässt sich als Postulat eines Zusammenhangs zwischen den Eigenschaften „mensch- liche Gesellschaft“ und „Statusunterschied“ formulieren: Für alle x gilt: Wenn x eine menschliche Gesellschaft ist, dann gibt es in ihr Statusunterschiede. Zusammenhänge zwischen Ereignissen oder Zuständen lassen sich als Implikationen formu-lieren, in denen Bedingungen (Wenn-Komponente) mit Konsequenzen (Dann-Komponente) verknüpft werden. Empirie: Quantitative Methoden

4 Informationsgehalt empirischer Gesetze
Von empirischen Gesetzen spricht man, wenn in einer nichtsingulären Allaussage empirische Ereignisse oder Zustände als Bedingungen genannt werden, für die andere empirische Ereig-nisse oder Zustände als Konsequenzen folgen. Empirische Gesetze haben einen um so größeren Informationsgehalt: • je weniger die Wenn-Komponente ausschließt Die Aussage „In allen kapitalistischen Gesellschaften gibt es Statusunterschiede.“ hat einen geringeren Informationsgehalt als die Aussage „In allen Gesellschaften gibt es Statusunterschiede.“, weil sie ihre Geltung auf kapitalistische Gesellschaften beschränkt. • je spezifischer die Dann-Komponente ist. Die Aussage „Frustration führt zu Aggression.“ hat einen höheren Informations- gehalt als die Aussage „Frustration führt zu Aggression oder zu Stress.“, weil die erste Aussage spezifischer ist. Empirie: Quantitative Methoden

5 Informationsgehalt empirischer Gesetze
Anstelle von einfachen Implikationen können in Gesetzen Bedingungen und Konsequenzen auch über Je-desto-Aussagen oder durch mathematische Funktionen verknüpft werden. Beispiel für eine Je-desto-Aussage: „Je höher der Status einer Person ist, desto weniger Rücksicht nimmt sie auf andere Personen.“ Beispiel für eine mathematische Funktion in einem empirischen Gesetz: „Zwischen der Wahrscheinlichkeit Pr(Yt+1) des zukünftigen Auftretens eines Verhaltens Yt+1 zum Zeitpunkt t + 1 und dem Ausmaß der Verstärkung dieses Verhaltens bis zum Zeitpunkt t (Xt) gilt folgende Beziehung: Pr(Yt+1)= a + b·Xt .“ In der Regel haben • mathematische Funktionen einen höheren Informationsgehalt als Je-desto-Aussagen • und Je-desto-Aussagen einen höheren Informationsgehalt als Wenn-dann-Aussagen. Da empirische Wissenschaften möglichst viel empirische Erkenntnisse gewinnen wollen, besteht ein Interesse an der Formulierung möglichst informativer, zutreffender (d.h. wahrer) empirischer Gesetze. Empirie: Quantitative Methoden

6 Gesetze und Theorien Statt von empirischen Gesetzen wird oft von empirischen Theorien gesprochen. Es gibt allerdings unterschiedliche Vorstellungen darüber, was eine Theorie kennzeichnet. In der quantitativen Sozialforschung wird üblicherweise davon ausgegangen, dass eine empiri-sche sozialwissenschaftliche Theorie folgende Elemente umfasst: • Mindestens ein empirisches Gesetz, • Die Definition(en) der in dem Gesetz bzw. den Gesetzen vorkommenden theoretischen Begriffe, • und evtl. logisch ableitbaren Konsequenzen aus den allgemeineren Gesetzen. Solche Konse- quenzen werden als Theoreme (oder Propositionen) bezeichnet. Von einer axiomatischen Theorie wird gesprochen, wenn bei der Formulierung einer Theorie zunächst alle Definitionen vorgestellt werden, dann die grundlegenden Gesetze der Theorie, die sogenannten Axiome, und schließlich die daraus abgeleiteten Theoreme. In den Sozial-wissenschaften sind bislang nur selten Versuche unternommen, axiomatische Theorien zu formulieren. Schnell u.a. (1999: 53) geben als Beispiel Ausschnitte aus der axiomatischen Theorie der Religion von Stark und Bainbridge (1987). Theorien sind also umfangreicher als einfache Gesetze, da sie mehrere Gesetze umfassen können und zusätzlich Definitionen enthalten. Empirie: Quantitative Methoden

7 Hypothesen und Prämissen
Empirische Gesetze sind raum-zeitlich ungebundene Implikationen mit empirischem Gehalt. Bei einem zu prüfenden Gesetz wird vermutet, dass es wahr ist. Solche Vermutungen über die Richtigkeit von empirischen Aussagen werden als Hypothesen bezeichnet. Eigentlich kann jede empirische Aussage den Status einer Hypothese haben, wenn die Aussage nämlich geprüft werden soll. Oftmals wird aber nur dann von einer Hypothese gesprochen, wenn die Hypothese ein zu prüfendes empirisches Gesetz beinhaltet. Neben den zu prüfenden Hypothesen wird in empirischen Untersuchungen die Gültigkeit von anderen empirischen Aussagen bereits vorausgesetzt. Die in einer Forschung als richtig unter-stellten und dann nicht mehr hinterfragten Aussagen werden als Prämissen oder A-priori-An-nahmen bezeichnet. Die Gültigkeit eines Untersuchungsergebnisses gilt dann streng genom-men nur unter der Einschränkung, dass die unterstellten Prämissen auch tatsächlich zutreffen. Wenn ein Ergebnis auch dann gilt, wenn A-priori-Annahmen nicht zutreffen, wird es als robust bezeichnet. Empirie: Quantitative Methoden

8 Logische Probleme bei der Prüfung der Wahrheit empirischer Gesetze
Bei der Überprüfung des Wahrheitsgehalts empirischer Aussagen treten eine Reihe von grund-sätzlichen Problemen auf. 1. Das Induktionsproblem und die Unbeweisbarkeit von empirischen Gesetzen Da empirische Gesetze nichtsinguläre Allaussagen sind, lassen sie sich aus logischen Grün-den prinzipiell nicht beweisen (verifizieren). Beispiel: „Alle Gesellschaften sind geschichtet.“ Soll diese Aussagen bewiesen werden, müsste bei allen Gesellschaften, die es in der Vergan-genheit gab, in der Gegenwart gibt und in der Zukunft geben wird, festgestellt werden, dass in ihnen jeweils Schichtung (im Sinne sozialer Ungleichheit) existierte, existiert bzw. existieren wird. Aufgrund der über Zeit und Raum unbegrenzten Zahl von Gesellschaften ist ein solcher Be-weis prinzipiell unmöglich. Es ist nur möglich, eine begrenzte Zahl von Gesellschaften zu untersuchen. Die Verallgemeinerung von dieser begrenzten Zahl auf alle Gesellschaften ist ein risikobehafteter Induktionsschluss. Empirie: Quantitative Methoden

9 Induktionsschluss: Induktionsproblem
Verallgemeinerung von einem oder einigen Elementen einer Menge auf die Gesamtheit aller Elemente. Ein Induktionsschluss kann zwar zutreffen, kann aber auch unzutreffend sein. Beispiel: Selbst wenn sämtliche bislang betrachteten Gesellschaften geschichtet sind, ist nicht auszuschließen, dass eine bislang nicht betrachtete Gesell nicht geschichtet ist. Ausweg: Vermeidung des Induktionsproblems durch Falsifikation statt Verifikation. Empirisch geprüft wird nicht die Wahrheit, sondern die Falschheit eines empirischen Gesetzes. (Vorschlag des Wissenschaftsphilosophen Karl Popper) Schritt 1: Reformulierung des Gesetzes als Verbot: Im Beispiel: „Es gibt keine Gesellschaft ohne Schichtung.“ Schritt 2: Suche nach einem Gegenbeispiel: Im Beispiel: Wird eine Gesellschaft ohne soziale Ungleichheit gefunden, ist die Vermutung, dass alle Gesellschaften geschichtet sind, offensichtlich falsch, da es mindestens ein Gegenbeispiel gibt. Wird ein empirisches Gesetz bei einer Prüfung nicht falsifiziert, ist es nicht verifiziert (bewiesen) , sondern nur bestätigt. Empirie: Quantitative Methoden

10 Falsifikation von empirischen Gesetzen
Die Falsifikation basiert auf folgendem logisch korrekten Schluss: (1) Die Aussage „y ist eine Gesellschaft (formal: Gy)“ ist empirisch wahr. (2) Die Aussage „y ist nicht geschichtet (formal: Sy)“ ist empirisch wahr. (3) Also ist die Aussage „Es gibt mindestens ein x, dass Gesellschaft ist und nicht geschichtet ist (formal: (x): Gx & Sx)“ empirisch wahr. Aussage (3) widerspricht aber der zu prüfenden Allaussage, die daher falsch sein muss (Formal: „( (x) Gx  Sx ) & (x): Gx & Sx“ ist eine Kontradiktion). Daraus folgt dann der prädikatenlogisch korrekte Schluss: (4) ( (x): Gx & Sx)   ( (x) Gx  Sx ) Die aussagenlogische Entsprechung lautet: Die Aussage „(g  s) & g & s“ ist analytisch falsch (eine Kontradiktion), daher ist der Schluss „(g & s)   (g  s)“ analytisch wahr (eine Tautologie). Die umgekehrte Logik gilt für nichtsinguläre Existenzsätze: Die Aussage „Es existiert neben der Erde mindestens ein weiterer Planet mit menschenartiger Zivilisation.“ lässt sich nicht falsifizieren, sondern nur verifizieren, indem ein solcher Planet entdeckt wird. Empirie: Quantitative Methoden

11 2. Das Problem der Falsifikation nichtdeterministischer Allaussagen
Falsifikation von nichtdeterministischen Gesetzen 2. Das Problem der Falsifikation nichtdeterministischer Allaussagen Wenn ein empirisches Gesetz Ausnahmen zulässt, handelt es sich um ein nichtdeterministi-sches Gesetz. Beispiel: Wenn eine Person politisch unzufrieden ist, wählt sie in der Regel eine extreme Partei. Ein nichtdeterministisches Gesetz lässt sich weder beweisen, noch durch ein einziges Gegen-beispiel falsifizieren. Auch wenn alle betrachteten unzufriedenen Personen eine extreme Partei wählen, kann dies das Gesetz nicht beweisen. Umgekehrt spricht es aber auch nicht gegen das Gesetz, wenn eine politisch unzufriedene Person keine extreme Partei wählt, da es sich hier um eine Ausnahme von der generellen Regel handeln kann. Ausweg: Ablehnung des Gesetzes, wenn Gegenbeispiele überwiegen. Wenn es für ein nichtdeterministisches Gesetz deutlich mehr Beispiele gibt, die gegen das Gesetz sprechen, als Beispiele, die für das Gesetz sprechen, kann das Gesetz als faktisch falsifiziert gelten. Empirie: Quantitative Methoden

12 Falsifikation von nichtdeterministischen Gesetzen
Unklar bleibt, wie viele Anwendungsfälle bei nichtdeterministischen Gesetzen untersucht werden sollten und wie viele Ausnahmen zugelassen werden sollen. Eine begründete Antwort hierauf gibt es nur, wenn ein nichtdeterministisches Gesetz als statistisches Gesetz formuliert ist. Beispiel: Eine Person, die politisch unzufriedener ist, wählt mit größerer Wahr scheinlichkeit eine extreme Partei, als eine Person, die politisch zufrie den ist. Aus dem statistischen Gesetz folgt, dass insgesamt der relative Anteil der Wähler einer extremen Partei unter politisch unzufriedenen Personen größer ist als unter politisch zufriedenen Personen. Mögliche Datenkonstellationen: a) Daten sprechen eher für das Gesetz: Wahl einer Politisch Unzufrieden extremen Partei ja nein ja % % nein % % (Anzahl) (200) (800) b) Daten sprechen eher gegen das Gesetz: Wahl einer Politisch Unzufrieden extremen Partei ja nein ja % % nein % % (Anzahl) (200) (800) Empirie: Quantitative Methoden

13 Falsifikation von nichtdeterministischen Gesetzen
Bei statistischen Gesetzen lässt sich mit Hilfe der Statistik bei einer zufällig ausgewählten Teilmenge aus der (möglicherweise unendlichen) Zahl von Anwendungsfällen die Auftre- tenswahrscheinlichkeit jeder Datenkonstellation berechnen. Wenn die Wahrscheinlichkeit nicht sehr klein ist (i.a. nicht  5%), dass die Daten mit dem Gegenteil der zu prüfenden Hypothese vereinbar ist, dann gilt das statistische Gesetz als nicht bestätigt. Beispiel: Da im zu prüfenden Gesetz postuliert wird, dass unzufriedene Personen eher eine extreme Partei wählen als zufriedene Personen, wird die Wahrscheinlichkeit be- rechnet, wie wahrscheinlich es ist, dass die beobachtete oder eine noch höhere Anzahl von Personen eine extreme Partei wählt, wenn tatsächlich das zu prüfende Gesetz falsch ist, also unzufriedene Personen mit gleicher (oder geringerer) Wahr- scheinlichkeit eine extreme Partei wählen. Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens 20.0% der politisch unzufriedenen Personen eine extreme Partei wählen, wenn von 1000 beobachteten Personen 200 unzufrieden sind und in der Gesamtheit der Anteil der Wähler einer extremen Partei unter den Zufriedenen und Unzufriedenen gleich groß ist, ist kleiner 0.01%. a) Daten sprechen für das Gesetz: Wahl einer Politisch Unzufrieden extremen Partei ja nein ja % % nein % % (Anzahl) (200) (800) Empirie: Quantitative Methoden

14 Falsifikation von nichtdeterministischen Gesetzen
b) Daten sprechen gegen das Gesetz: Wahl einer Politisch Unzufrieden extremen Partei ja nein ja % % nein % % (Anzahl) (200) (800) Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens 6.0% der politisch unzufriedenen Personen eine extreme Partei wählen, wenn von 1000 beobachteten Personen 200 unzufrieden sind und in der Gesamtheit der Anteil der Wähler einer extremen Partei unter den Zufriedenen und Unzufriedenen gleich groß ist, ist 42.3% c) Daten sind nicht hinreichend für das Gesetz: Wahl einer Politisch Unzufrieden extremen Partei ja nein ja % % nein % % (Anzahl) (200) (800) Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens 8.0% der politisch unzufriedenen Personen eine extreme Partei wählen, wenn von 1000 beobachteten Personen 200 unzufrieden sind und in der Gesamtheit der Anteil der Wähler einer extremen Partei unter den Zufriedenen und Unzufriedenen gleich groß ist, ist 7.1% Wenn wie in c) von 1000 befragten Personen 200 unzufrieden sind und 60 eine extreme Partei wählen, kann nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass unzufriedene Personen nicht eher eine extreme Partei wählen als zufriedene Personen, wenn maximal 16 (d.h. 8.0%) der 200 unzufriedenen Personen eine extreme Partei wählen und 44 (d.h. 5.5%) der zufriedenen Personen. Die eigentliche Vermutung, dass Unzufriedene eher eine extreme Partei wählen als Zufriedene, ist durch die Daten also nicht hinreichend abgesichert. Empirie: Quantitative Methoden

15 3. Theorieabhängigkeit von Beobachtungen (Basissatzproblem)
Falsifikation von nichtdeterministischen Gesetzen Bemerkungen: (1) Bei der Prüfung eines statistischen Gesetzes selbst durch eine beliebig große Zahl von Beispielen (Realisierungen) bleibt das unvermeidbare Risiko einer Fehlentscheidung bestehen. Dieses Risiko kann jedoch berechnet werden und kann bei hohen Fallzahlen sehr gering gehalten werden. (2) Bei einer statistischen Aussage ist die Aussagekraft einer Stichprobe (mit mehreren Realisierungen) nicht größer als die Aussagekraft einer einzigen Beobachtung bei deter- ministischen Aussagen. 3. Theorieabhängigkeit von Beobachtungen (Basissatzproblem) Die Dokumentation der Beobachtung eines empirischen Sachverhalts in einer singulären Aussage ist ein sogenannter Basissatz. Beispiel: Die Beobachtung eines Ereignisses, das für oder gegen ein deterministisches Gesetzt spricht, lässt sich in einem Basissatz dokumentieren. Die Beobachtung einer Menge von Ereignissen, die zur Prüfung eines statis tischen Gesetzes herangezogen werden, kann ebenfalls in einem Basissatz zusammengefasst werden. Empirie: Quantitative Methoden

16 Das Basissatzproblem Im Empirismus des frühen 19. Jhds. wurde angenommen, dass die Wahrheit eines Basissatzes unumstößlich ermittelt werden kann. Dahinter steht die Vorstellung, dass ein einzelner empirischer Sachverhalt durch genaues Beobachten sicher festgestellt werden kann und dies dann sprachlich durch eine entsprechende Aussage „Zum Zeitpunkt t hat der Forscher F mit dem Instrument I den Sachverhalt X beobachtet“ dokumentierbar ist. Gegen die Vorstellung des Empirismus steht die inzwischen allgemein akzeptierte These der Theorieabhängigkeit jeder Beobachtung. So muss im Beispiel der Wahl einer extremen Partei von politisch unzufriedenen Personen festgelegt sein, was eine „extreme Partei“ ist, was „politisch unzufrieden“ bedeutet und was „Wahl einer Partei“. Aber auch bei scheinbar einfachen Beobachtungsaussagen wie „Dieser Stuhl hat vier Beine.“ wird Wissen (im Sinne von Alltagstheorien) darüber benötigt, was ein Stuhl ist, was ein Bein ist und wie man die Zahl von Beinen eines Objektes bestimmt. Generell setzt jede Beobachtung voraus, dass sich Ereignisse oder Situationen danach unter-scheiden, ob etwas vorhanden oder nicht vorhanden ist. Formal bedeutet dies, dass für jede Beobachtung eine Beobachtungstheorie (auch als Instrumententheorie oder Hilfstheorie bezeichnet) existiert. Empirie: Quantitative Methoden

17 In einer Beobachtungstheorie wird
Das Basissatzproblem In einer Beobachtungstheorie wird • ein zu beobachtender Begriff definiert, der einen empirischen Sachverhalt beschreibt, • und in einem Beobachtungsgesetz festgehalten, wie das Vorhandensein oder Nichtvor- handensein des durch den Begriff beschriebenen Sachverhalts ermittelt werden kann. Wenn die bei der Beobachtung verwendete Beobachtungstheorie falsch ist, kann auch die Beobachtung unzutreffend und damit auch der die falsche Beobachtung beschreibende Basis-satz falsch sein. Zur Prüfung des deterministischen empirischen Gesetzes, dass alle Gesellschaften geschichtet sind, wird nach Gesellschaften ohne Schichtung gesucht. Werden Schichtunterschiede z.B. über die Messung des direkten Einkommens erfasst, kann es sein, dass fälschlicherweise von Gleichheit (keine Schichtung) ausgegangen, wenn alle Gesellschaftsmitglieder gleiches Einkommen haben. Tatsächlich kann in der Gesellschaft aber eine Person aufgrund ihrer Bildung besondere Anerkennung erfahren, was zu einer Schichtung zwischen Gebildeten und weniger oder nicht Gebildeten führt. Wird in einer empirischen Untersuchung festgestellt, dass Basissätze im Widerspruch zu einer nichtsingulären Allaussage stehen, kann eine der folgenden Möglichkeiten eingetreten sein: • entweder ist der Basissatz (bzw. die dahinterstehende Beobachtungstheorie) falsch, • oder die zu prüfende nichtsinguläre Allaussage ist falsch, • oder sowohl die Allaussage als auch der Basissatz sind falsch. Empirie: Quantitative Methoden

18 Vereinbarung von Falsifikationsregeln
Das Basissatzproblem In diesem Sinne behauptet die nach den Philosophen Duhem und Quine benannte Duhem-Quine-These, dass Beobachtungen bzw. Basissätze niemals eine einzelne Aussage, sondern nur die Gesamtheit des jeweiligen Wissens in Frage stellen können. Ausweg: Vereinbarung von Falsifikationsregeln (1) Es wird die Regel vereinbart, Aussagen über empirische Beobachtungen (Basissätze) als vermutlich wahr zu akzeptieren, wenn die Beobachtung, auf die der Basissatz beruht, nach den geltenden Regeln der jeweiligen Wissenschaft gewonnen ist.  Aus dieser Regel ergibt sich die zentrale Bedeutung der jeweiligen Forschungs- methoden für jede empirische Wissenschaft. (2) Es wird die Regel vereinbart, dass ein empirisches Gesetz (d.h. eine nichtsinguläre All- aussage, die Bedingungen mit Konsequenzen verbindet), das im Widerspruch zu einem akzeptierten Basissatz steht, als falsifiziert gilt. Das Gesetz darf bzw. sollte dann nicht mehr in Prognosen, Erklärungen und Maßnahmen angewendet werden. Empirie: Quantitative Methoden

19 (3) Basissätze müssen stets kritisierbar sein. Deswegen:
Das Basissatzproblem (3) Basissätze müssen stets kritisierbar sein. Deswegen: • Notwendigkeit der Dokumentation von Beobachtungssituationen und Beobachtungs- ergebnissen, • Forderung der intersubjektiv möglichen Replizierbarkeit von Beobachtungen (Untersuchungen). (4) Stellt sich nachträglich (z.B. in einer späteren Untersuchung) heraus, dass ein bislang akzeptierter Basissatz möglicherweise doch falsch ist, dann kann die Falsifikation des empirischen Gesetzes wieder aufgehoben werden. Dieser Vorschlag, der auch als aufgeklärter Falsifikanismus bezeichnet wird, geht auf Karl Popper zurück, der in seiner Wissenschaftstheorie des kritischen Rationalismus die Ansicht vertritt, dass in einer empirischen Wissenschaft nur falsifizierbare Aussagen als wissenschaft-lich gelten können. Empirie: Quantitative Methoden

20 Ein gut lesbarer Klassiker ist:
Literaturhinweise • Schnell u.a., Kap • Diekmann, A. IV. 6 Ein gut lesbarer Klassiker ist: • Karl Popper (1994[1. Aufl. 1902]): Logik der Forschung: Tübingen: Mohr. Ein mir empfohlenes neueres Lehrbuch zur Einführung in die Wissenschaftstheorie, das ich allerdings noch nicht gelesen habe ist: • Bernhard Lauth u. Jamel Sareiter (2005): Wissenschaftliche Erkenntnis. Paderborn: Mentis. Empirie: Quantitative Methoden


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