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1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT Allgemeines - Die Abendmahlsberichte der synoptischen Evangelien sind weder Legenden.

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1 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
Allgemeines - Die Abendmahlsberichte der synoptischen Evangelien sind weder Legenden noch Verlaufsprotokolle Umstritten ist, ob es sich um ein regelrechtes Paschamahl gehandelt hat, wie die Synoptiker sagen (Mk 14,22-25 parr.), oder ob es einen Tag früher stattfand, wie Johannes erzählt (13, 1-20) im Kern Wiedergabe eines historischen Ereignisses: Jesus hat ein letztes Abendmahl mit den Zwölfen gefeiert, er hat gesegnet und gedankt, er hat Brot gebrochen und verteilt und auf seinen Leib bezogen und damit in der Situation der kommenden Passion auf sich selbst gedeutet, er hat „nach dem Mahl“ seinen Becher den Jüngern gereicht, auf sein Blut und auf die Stiftung des eschatologischen Gottesbundes bezogen; er hat die Hoffnung auf die Herrschaft Gottes wachgehalten; er hat sich und seine Jünger auf seinen Tod vorbereitet, den er prophetisch vorausgeschaut hat.

2 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.1 Der äußere Vorgang Der äußere Hergang des Abschiedsmahles Jesu entsprach dem eines festlichen jüdischen Gastmahls Die Frage, in welchem Sinn Jesu letztes Mahl ein Paschamahl genannt werden muss, kann offenbleiben, weil das jüdische Paschamahl von anderen jüdischen Festmahlzeiten in den Mahlbräuchen, an die Jesus seine eucharistische Doppelhandlung anschloss, kaum verschieden war eucharistische Doppelhandlung: „Brotbrechen“ und „Bechereucharistie“ (gruppieren sich um das Vortisch- und Nachtischgebet) Entgegen der üblichen Sitte hat Jesus beim letzten Abendmahl seinen Becher allen Tischgenossen dargereicht Als Begleitwort zur Austeilung hat Jesus – auch zusätzlich zur gewöhnlichen Sitte – dann noch das ausdeutende Becherwort (Lk 22,20 parr) gesprochen Jesus hat seine Bechereucharistie über diesen Mahlbecher gesprochen, der beim jüdischen Paschamahl als der dritte gezählt wurde.

3 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.1 Der äußere Vorgang Lk 22,15-18 ist uns das Rudiment eines alten Paschamahlberichtes erhalten, der uns unabhängig von dem vierfach überlieferten Einsetzungsbericht älteste Kunde vom letzten Mahl Jesu zuträgt Der dritte Mahlbecher war unter allen Bechern deutlich der wichtigste: Der erste und zweite konnten auch später noch notfalls wegfallen; der vierte, beim nachfolgenden „Trinkgelage“ kredenzte, ist für die Zeit Jesu noch zweifelhaft, jedenfalls für das letzte Mahl Jesu unwahrscheinlich Beim jüdischen Festmahl nahm der Sprecher des Tischgebetes zu Beginn des eigentlichen Hauptmahles einen (meist tellerförmigen, weichen) Brotfladen in die Hände; dann sprach er darüber im Namen aller einen Lobspruch, den alle mit „Amen“ beantworteten. Danach brach er für jeden Mahlteilnehmer ein Stücklein Brot ab und teilte aus. Es dürfte ziemlich sicher sein, dass Jesus diesen jüdischen Mahlbrauch als Form für seine eucharistische Brothandlung aufgegriffen hat.

4 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.1 Der äußere Vorgang Beim letzten Abendmahl Jesu haben das eucharistische Brotbrechen zu Beginn und die Bechereucharistie am Ende des Mahles den eigentlichen Sättigungsvorgang umrahmt; beide eucharistischen Akte waren durch eine ganze Mahllänge voneinander getrennt Möglicher Ablauf des letzten Abendmahls (eingefügt in ein Paschamahl) 1) Vortisch, Segen zum ersten (kiddusch-)Becher: Lukas verbindet mit diesem ersten Becher (Lk 22, 17f) Jesu Verzichterklärung bzgl. des Weines und den Ausblick auf die eschatologische Erfüllung im Reich Gottes 2) Verkündigung, zweiter (haggada-)Becher, Mahl: Dazu sprach Jesus nach Meinung der meisten Forscher das deutende Einsetzungswort: „Nehmet, dies ist mein Leib“ (vgl. Mk 14,22 und Lk 22,19) 3) Nachtischsegen, dritter (Segens-) Becher: Jesus segnet den dritten Becher, reicht diesen mit dem Deutewort, das bei Mk erhalten ist: „Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird“ (Mk 14,24; Mt 26,28) 4) Abschluss und vierter (hallal) Becher: für die Zeit Jesu nicht sicher bezeugt; wohl aber der Lobgesang, der zweite Teil des Hallal

5 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.2 Die Gestalt 1. These: Das eucharistische Geschehen ist beim letzten Abendmahl integraler, ja konstitutiver Bestandteil einer Mahlgestalt gewesen. Jesu eucharistische Doppelhandlung ist in das Mahlganze des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern – seines Abschiedsmahles und seines „neuen“ Paschamahles – verwoben Als Abschiedsmahl steht Jesu Mahl bewusst abschließend in der Reihe der gewohnten Abendmahlzeiten Jesu mit seinen Jüngern (und auch in einer gewissen Reihe mit den Gastmählern, die Jesus mit Zöllnern und Sündern wie Levi und Zachäus gehalten hat) Zur Gestalt des Abschiedsmahles gehören auch wesentlich die Abschiedsgespräche (vgl. Joh 17) Es wird nicht eine Wiederholung des Mahles anbefohlen, sondern nur eine Wiederholung der beiden eucharistischen Handlungen Jesu (Lk 22,19; 1 Kor 11,24.25)

6 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.2 Die Gestalt 2. These: Das eucharistische Geschehen hat beim letzten Abendmahl eine relative Eigenständigkeit und Eigenbedeutung gegenüber dem Mahlvorgang Durch die Parallelisierung von Brot- und Becherhandlung und die einander ergänzenden Begleitworte bekamen die beiden Handlungen eine starke Bezogenheit aufeinander Diese Zusammengehörigkeit gipfelt in den beiden Wiederholungsbefehlen, welche die beiden eucharistischen Handlungen Jesu als etwas zu Wiederholendes aus dem Mahlgefüge herausheben Die Gabe wie die ganze Handlung Jesu übersteigen das umgebende Mahlgeschehen und bilden eine Sinneinheit, die aus dem Mahlganzen herauslösbar und als Eigengestalt wiederholbar ist

7 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.3 Die Einsetzungsworte Die neutestamentlichen Berichte über das letzte Abendmahl sind nicht deckungsgleich. Ausgerechnet die verba testamenti weichen voneinander ab Zwei Überlieferungstypen Matthäus-Markus: „für die Vielen“; „Blut des Bundes, vergossen für viele“ (Mk 14,24 par. Mt 26,28) - bezieht sich auf das Bundesopfer am Sinai nach Ex 24,8 Lukas-Paulus: „für Euch“ (direkte Anrede); „neuer Bund in meinem Blut“ (1 Kor 11,25 par. Lk 22,20) - bezieht sich auf die Verheißung des Neuen Bundes nach Jer 31,31-34; Anamnesis-Befehl („Tut dies zu meinem Gedächtnis“), Pascha-Motivik bei Lukas (Prophetie des Todes wie der Auferweckung Jesu)

8 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.3 Die Einsetzungsworte Resultat gezielter Interpretationen, die die Erinnerung an Jesu letztes Abendmahl fördern Die gemeinsamen Worte und Gesten erklären sich auch aus ihrem Gebrauchswert. Die Exegese spricht vom „Sitz im Leben“. Die lukanisch-paulinische Version ist mit der direkten Anrede der Mahlteilnehmer deutlich auf die Eucharistiefeier der Gemeinde abgestimmt. An dieser Stelle hat auch der Anamnesisbefehl seine praktische Bedeutung: Das letzte Abendmahl Jesu wird als Stiftung der urchristlichen Eucharistiefeier kommemoriert (ansatzweise auch bei Mt und Mk) Der vergleichende Blick auf die vier Versionen der Herrenmahlstradition lässt die Profile verschiedener Eucharistie-Theologien im NT vor Augen treten, aber auch die Grundlegung eines Gedächtnisses, die Verbindung des Todes mit der Reich-Gottes-Hoffnung Jesu, mit seinem gesamten Leben und Wirken, mit seiner Auferweckung und mit der Geschichte, dem Glauben, der Hoffnung Israels

9 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.4 Die Eucharistie in Verbindung mit dem apostolischen Gemeindemahl Zunächst zeigen sich Spuren, dass irgendwann in der apostolischen Zeit die beiden – beim letzten Abendmahl Jesu wahrscheinlich getrennten – eucharistischen Vorgänge zu einer einzigen Doppelhandlung zusammengeordnet worden sind Es gibt etliche Anzeichen, die erkennen lassen, dass die doppelgestaltige Eucharistie im apostolischen Zeitalter am Ende der Gemeindemahlzeit eingeordnet war, angefügt an der Stelle, an der beim antiken Gesamtmahl (sumposion)das Trinkgelage folgte Von der Gestalt her war es also eine Eucharistiefeier im Anschluss an ein Sättigungsmahl: Dabei bestimmt sich das nähere Verhältnis der Eucharistiefeier zum Gesamtmahl so, dass sowohl die enge Verbundenheit beider Größen wie die innere und äußere Eigenständigkeit der Eucharistie gesehen werden muss

10 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.4 Die Eucharistie in Verbindung mit dem apostolischen Gemeindemahl Das Gemeindemahl fand häufig – anfangs vielleicht täglich – statt, festlichen Charakter hatte es aber wohl nur am Herrentag, wenn es mit (eucharistischem) Wein gefeiert wurde und ihm die Eucharistie angefügt wurde Gemeindemahl und Eucharistie sind als einheitliches Mahlgeschehen empfunden und benannt Irgendwann ist man dazu übergegangen, den Segensspruch über das Brot auszulassen und das eine Eucharistiegebet über Brot und Wein zusammen zu sprechen Die Apg versteht unter „Brotbrechen“ wohl die eucharistische Doppelhandlung; aber diese ist so sehr das Eigentliche, dass der Inhalt des Zusammenkommens (2,46), der Zweck desselben (20,7), einfach mit „Brotbrechen“ angegeben werden kann. Das eucharistische Geschehen wird als das eigentlich bestimmende Moment der Gemeindeversammlung empfunden

11 1.1 Abendmahl Jesu und urchristliches Herrenmahl – die Eucharistie im NT
1.1.4 Die Eucharistie in Verbindung mit dem apostolischen Gemeindemahl relative Eigenständigkeit der eucharistischen Doppelhandlung Das für die apostolische Zeit bezeugte Gemeindemahl wird man nicht als geradlinige Fortführung des letzten Abendmahles Jesu verstehen dürfen Zur Wiederholung waren durch die Wiederholungsbefehle (Lk 22,19; 1 Kor 11,3.24) auch ausdrücklich nur die beiden eucharistischen Handlungen bestimmt, nicht das Mahl als solches Gestalt eines Festmahles: Eine gesonderte Eucharistiefeier ist in apostolischer Zeit noch nicht erkennbar Die Eucharistie ist auf dem Wege, sich zu verselbständigen. Aber sie ist noch kein selbständiger Vorgang. Sie bleibt Bestandteil, wenn auch der entscheidende und formgebende Bestandteil einer umfassenderen festlichen Mahlgestalt

12 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
Allgemeines Der Vorgang der urchristlichen Eucharistiefeier ist für uns weitgehend in Dunkel gehüllt (vgl. Jungmann) Zwei liturgische Neuerungen, die die Geschichte der urchristlichen Eucharistiefeier in drei Abschnitte teilen Die Zusammenordnung von „Brotbrechen“ und Bechereucharistie zu einer einzigen Doppelhandlung und ihre Einordnung an das Ende des Mahles unterscheidet die apostolische Eucharistiefeier von Jesu letztem Abendmahl – ihre gänzliche Trennung vom Gemeindemahl unterscheidet die nachapostolische Feier von der des apostolischen Zeitalters Man kann für das nachapostolische Zeitalter mit Heinz Schürmann von einem „zeichenhaften“ Festmahl bzw. einer „gestörten“ Mahlgestalt sprechen

13 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
1.2.1 Frühe Zeugnisse (Plinius, Didache) Brief des Plinius an Trajan (10,96): Zwei verschiedene Feiern am Morgen und am Abend Jungmann: „Es besteht hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir in der erstgenannten Versammlung die Feier der Eucharistie vor uns haben und im wechselweise gesungenen Hymnus das Dankgebet, das ja durch Wechselgebet eröffnet und mit dem Amen des Volkes geschlossen wurde.“ Die zweite Versammlung, die als weniger wichtig betrachtet und auf das Einschreiten des Statthalters hin aufgegeben wird, wäre dann die abendliche Agape Didache: Dankgebete „beim Kelch“, „beim gebrochenen Brot“ und „nach der Sättigung“ Als Abfolge ergibt sich Kelch – Brot – Sättigungsmahl; die Dankgebete weisen keinen Bezug zu den Einsetzungsberichten auf Anaphora von Addai und Mari (ohne Einsetzungsbericht)

14 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
1.2.2 Justin der Märtyrer († 165) die Trennung von Gemeindemahl und Eucharistiefeier setzt sich in weiten Gebieten der Kirche durch Die sonntägliche Eucharistiefeier ist auf den Morgen verlegt und mit einem nach synagogalem Vorbild geformten Wortgottesdienst verbunden Dabei wird man den christlichen Wortgottesdienst nicht zu geradlinig und eindeutig aus dem jüdischen Synagogengottesdienst ableiten dürfen Wahrscheinlich war die Praxis nicht einheitlich und auch noch nicht streng festgelegt Man kann sagen, dass in gewissem Sinne das Tischgespräch die Urform des christlichen Wortgottesdienstes darstellt. Eigentlich brauchte nur die Mahlsituation (im Sinn eines Sättigungsmahles) wegzufallen und der Wortgottesdienst festere synagogale Formen zu bekommen, und die dritte Entwicklungsstufe urchristlicher Eucharistiefeier war erreicht

15 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
1.2.2 Justin der Märtyrer († 165) zum ersten Mal Ablauf einer einheitlichen Eucharistiefeier Form des Eucharistiegebetes: „Gebete“ und „Danksagungen“, die über Brot und Wein gesprochen werden - bekräftigendes Amen der Gemeinde Inhaltliche Motive des Eucharistiegebetes: Lobpreis des Vaters durch den Sohn und den Hl. Geist; Dank für die Schöpfung und für die Erlösung; Gedächtnis der Stiftung sowie des Leidens Jesu und seiner Auferstehung. Auch der Opfergedanke ist bei Justin deutlich angesprochen Struktur des Eucharistiegebetes entspricht dem 1. und 2. Abschnitt des jüdischen Nachtischgebetes: Lobpreis des Schöpfers und Dank für sein Heilswirken, der hier ganz auf die Christusanamnese zentriert ist Das Herbeibringen der für die Eucharistie benötigten Gaben, Brot und (Misch-)Wein wird noch nicht betont, sondern erscheint als reiner Vorbereitungsakt ohne rituelle Ausgestaltung Die Kommunion aller – selbst der Abwesenden – erscheint selbstverständlich.

16 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
1.2.3 Hippolyt (Traditio apostolica) ausführliche Anweisungen zum Ablauf eines gemeindlichen Abendessens, der nicht wenig an den eines eucharistischen Mahles erinnert Die Agapen dienten einerseits der christlichen Geselligkeit, vor allem aber zu karitativen Zwecken Im 4. Jh. wurde es verboten, Agapen in Kirchen abzuhalten, im 5. Jh. verschwanden sie aus dem Leben der Gemeinden ganz Durch die Abtrennung von der Agape verlor die Eucharistie ihre Mahlgestalt Die von der Agape getrennte Eucharistiefeier wurde vom Abend auf den Morgen verlegt (vor Arbeitsbeginn) und mit dem bereits vorher am Morgen gefeierten Wortgottesdienst zu einer liturgischen Feier verbunden Damit entstand aus dem Herrenmahl die Eucharistiefeier in ihrer bis heute üblichen Grundstruktur

17 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
1.2.3 Hippolyt (Traditio apostolica) Das erste in ganzer Länge überlieferte eucharistische Dankgebet. Sein Grundriss hat sich bis heute im zweiten eucharistischen Hochgebet erhalten Der Bischof beginnt das Dankgebet mit einem Dialog mit der Gemeinde Auf diese Einleitung folgen die zentralen Elemente des eucharistischen Kanons, als erstes ein Dank für das Kommen, Leben, Leiden und Sterben Jesu Es folgt ein Einsetzungsbericht, dessen Einsetzungsworte von den im NT überlieferten Fassungen abweichen Darauf folgt eine Anamnese (Gedächtnis) des Todes und der Auferstehung, verbunden mit der Darbringung von Brot und Kelch Die anschließende Epiklese (Bitte um Herabsendung) des Heiligen Geistes auf die eucharistischen Gaben wird beschlossen mit einer Doxologie (Lobpreis) und der Zustimmung der Gemeinde

18 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
1.2.3 Hippolyt (Traditio apostolica) Bei der Epiklese handelt es sich um eine Kommunionepiklese: Der auf Brot und Wein herabgerufene Geist soll die Kommunizierenden erfüllen. In späteren Liturgien gibt es meistens eine Wandlungsepiklese: Der Geist wird herabgerufen, um Brot und Wein in Leib und Blut Christi zu verwandeln. Der sakramentale Charakter dieses Vorganges wird durch die voll durchgeführte Trennung vom Sättigungsmahl unterstrichen Spendeformel beim Brot: „Das himmlische Brot in Jesus Christus. Amen.“ Bei den drei Kelchen: „In Gott dem allmächtigen Vater. Amen. Im Herrn Jesus Christus. Amen. Und im Hl. Geist und der hl. Kirche. Amen.“ Die Danksagungen in der Eucharistiefeier wurden nach überliefertem Schema vom Leiter der Feier (Bischof) frei improvisiert Erst im Laufe der Zeit kam es zur schriftlichen Fixierung eucharistischer Texte (immer stärkere Festlegung seit dem 4. Jh.)

19 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
1.2.4 Die eucharistische Liturgie in der Antike Kommunionempfang: Bis in das 4. Jh. hinein war die Kommunion aller Anwesenden selbstverständlich Indem man eucharistisches Brot mit nach Hause und als erste Speise am Morgen nüchtern zu sich nahm, kommunizierte man in den ersten drei Jahrhunderten sogar täglich Im Abendland war wohl im 4. Jh. die regelmäßige Kommunion (unter beiderlei Gestalten) am Sonntag üblich Im Laufe des 4. Jhs dreht sich das Verhältnis zwischen Gottesdienstbesuch und Kommunionempfang. Während man bis dahin nur am Sonntag Eucharistie feierte, doch täglich kommunizierte, wurde vom 4. Jh. an im Westen die tägliche Eucharistiefeier üblich, doch ging man nur noch selten zur Kommunion (Synode von Agde 506: Dreimal im Jahr) Im ersten Jahrtausend war die Handkommunion üblich (zur Form vgl. Johannes von Jerusalem, Mystagogische Katechesen)

20 1.2 Vom Herrenmahl zur Eucharistie (1.-4. Jh.)
1.2.4 Die eucharistische Liturgie in der Antike Sonntagspflicht – Anfang des 4. Jhs wurde in Spanien von der Synode von Elvira (um 304) erstmals die Sonntagspflicht eingeschärft: „Wenn jemand in der Stadt wohnt (das heißt einen kurzen Weg hat) und drei Sonntage nicht in die Kirche kommt, soll er für kurze Zeit ausgeschlossen werden.“ Entgegen allen Mahnungen der Bischöfe scheint das „Freizeitangebot“ der spätantiken Gesellschaft auch für viele Christen oft attraktiver gewesen zu sein als der Besuch des Gottesdienstes Eine diesem Problem gewidmete Predigt in der Osterwoche eröffnete Johannes Chrysostomus mit folgender Bemerkung: „Es finden wieder Pferderennen und satanische Schauspiele statt, und schon ist unsere Versammlung kleiner“ (Taufkatechesen 3/5,1).

21 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
drei Etappen die Zeit bis zu Gregor d.Gr. († 604) die Zeit vom Ausgang der Antike bis zu Gregor VII. († 1085) die Zeit von Gregor VII. bis zum Beginn des 16. Jhs.

22 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
1.3.1 Die römische Messe bis zum Pontifikat Gregors d. Gr. Allgemeiner Überblick klare Anzeichen dafür, dass sich seit dem 2. Jh. das Latein unter den Christen durchzusetzen begann - zuerst offenbar bei der Initiation, in Bibelübersetzungen und beim Wortgottesdienst -, während die eigentliche Eucharistiefeier bis ins 4. Jh. griechisch blieb In dieser griechischen Periode kann man noch nicht von einer oder gar „der“ römischen Messe sprechen Jungmann: „Die Anfänge der lateinischen Messe in Rom sind in tiefes Dunkel gehüllt.“ bis ins 6./7. Jh. nehmen Liturgen immer noch das Recht in Anspruch, Gebete selbst zu formulieren

23 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
Die Festigung des Sonntags als Gottesdienst- und Ruhetag (seit 321), die kirchlichen Hochfeste, Ostern und Weihnachten, und die Gedenktage der Heiligen haben zu einem Stilwandel der christlichen Liturgie geführt, der seit dem 4./5. Jh. zum Durchbruch kam Erstaunlich ist die Fülle von liturgischen Texten, die in dieser schöpferischen Frühzeit seit dem Ende des 4. Jh. entstanden sind Für die Eucharistiefeier der römischen Liturgie ist es typisch, dass von dieser Zeit an jeder Feieranlass (Sonn- und Festtage im Jahreskreis, Heiligenfeste, Messfeiern zu besonderen Anlässen und speziellen Anliegen) sein eigenes Messformular erhalten hat Die Gestalt Wichtige Begriffe: Responsum, Graduale, Anaphora, Communicantes, Hanc igitur, oblatio, oratio ad complendum

24 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
Die römische Messliturgie von Ausgang der Antike bis zu Gregor VII. († 1085) Allgemeiner Überblick folgenreiche Schwerpunktverlagerung aus dem Mittelmeerraum in die germanischen, insbesondere fränkischen Stammesgebiete nördlich der Alpen Sie führte einerseits zu einer enormen Ausweitung des Einfluss- und Geltungsbereiches der römischen Liturgie, andererseits aber auch zur Verschmelzung mit außerrömischen Liturgietraditionen Es entstand eine römisch-fränkische Mischliturgie, die die bodenständigen nichtrömischen Liturgien bald fast überall verdrängt hat Als Träger der Feier erscheint nicht mehr die Gesamtgemeinde, sondern der geweihte Amtsträger im Mittelpunkt des Interesses steht nicht mehr die Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung des Herrn, sondern seine sakramentale Gegenwart in den „konsekrierten“ Gestalten von Brot und Wein

25 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
Die Gestalt A) Der stadtrömische Stationsgottesdienst des Bischofs im 7. / 8. Jh. Musterbeispiel für die vereinheitlichende und weitreichende Wirkungsgeschichte der Feierformen eines kirchlichen Zentrums Ihr Einfluss hat sich bis in die kleinsten Landgemeinden und in die schlichtesten Formen der Eucharistiefeier geltend gemacht Ablauf: siehe Kopie Die Hochform - der bischöfliche Gottesdienst - wird zur Norm (bischöfliche Feier als missa normativa) Die aktive Beteiligung des Volkes ist stark reduziert, da die zahlreiche Assistenz und die Schola alle in Frage kommenden Funktionen übernehmen wie weit die Gläubigen noch am Gesang und an den Akklamationen beteiligt waren, ist fraglich von einem Gang zur Gabenbereitung bzw. zur Kommunion kann man eigentlich nicht sprechen

26 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
Die Gestalt B) Der rheinische Messordo (um 1000) Trat um die Jahrtausendwende, von St. Gallen herkommend, auf und wurde über die Reichenau und Mainz sehr rasch verbreitet Repertorium der bisherigen Traditionen und Versuche – trotz mancher späterer Kürzungen und Änderungen kann er als Urform des von nun an bis zur Reform des II. Vaticanum geltenden Ordo für die gleichbleibenden Teile der Messfeier betrachtet werden 1014 Aufnahme des Credo in die römische Stadtliturgie (von Spanien und Irland beeinflusst) Bedeutung liegt darin, dass er gallische Elemente auswählt (sie dadurch erhält) und zusammen mit fränkischen Traditionen in die römische Ordnung einfügt Musterbeispiel für die sich etablierende mittelalterliche Klerusliturgie

27 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
B) Der rheinische Messordo (um 1000) Erweiterungen des Zeremoniells ergeben sich vor allem am Beginn (Vorbereitung, Einzug) und am Schluss (Danksagung) der Feier sowie überall dort, wo Bewegungsabläufe zu gestalten waren (Evangelienprozession, Gabenbereitung, Kommunionteil) Auch der Kanon ist durch Gesten bereichert worden Änderungen, die ins Gewicht fallen, ergeben sich vor allem bei der Gabenbereitung, wo der Darbringung (durch Gläubige und Klerus) eine kultische „Opferung“ folgt Im Kommunionteil bahnt sich eine neue Ordnung an: Die Brechung geschieht jetzt unmittelbar nach dem Vaterunser und ist kein notwendiger Vorbereitungsakt mehr (Änderung der Kommunionpraxis) Die Kommunion der Gläubigen erwähnt der Ordo nicht Nur relative Einheit: Viele Elemente des Ordo, besonders aber viele der in ihn integrierten Textstücke, hatten keinen verbindlichen Charakter

28 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
1.3.3 Die römische Messe von Gregor VII. († 1085) bis ins 16. Jahrhundert Allgemeiner Überblick seit Innozenz III. ( ) ist die an der römischen Kurie üblich gewordene römisch-fränkische Ordnung der Messe zum Modell für die ganze Westkirche geworden diente in der von römischen Zeremoniaren im späten Mittelalter geprägten Form als Grundlage für die nachtridentinische Messreform die Messfrömmigkeit und das Messwesen entwickelte sich in einer Weise weiter, die einerseits von tiefer Ehrfurcht vor dem „Sakrament des Altares“ und vor der priesterlichen Vollmacht geprägt war, die aber andererseits zu einer immer stärker werdenden Trennung von Klerus und Gemeinde, zur Verselbständigung einzelner Teile der Messliturgie (Predigtteil, Elevation, Kommunionspendung), zu einer Überzahl von Messfeiern, verbunden mit allerlei Missbräuchen und abergläubischen Praktiken geführt hat

29 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
Die Gestalt Ordo Burchards (um 1500) Vorbereitung: Matutin und Laudes sollte schon gebetet sein; ggf. Beichte Grundregel: Die aus privater Frömmigkeit stammenden Gebete werden mit gefalteten Händen (und leise), die genuinen Vorstehergebete mit ausgebreiteten Armen verrichtet (Messorationen, Präfation und Kanongebete, aber auch Vaterunser) Wortgottesdienst u.a.: Wechsel von der Epistel- zur Evangelienseite Gabenbereitung: „Kleiner Kanon“ Hochgebet: Altarmitte, Anzünden einer Kerze vor dem Einsetzungsbericht, Elevation; alles Kanonbräuche, die sich im Lauf des Mittelalters gebildet haben Kommunionteil: Paxtafel, Ablution für die Gläubigen Abschluss: Schlussevangelium Joh 1, 1-14

30 1.3 Die Entwicklung der römischen Messe vom 4. - 16. Jahrhundert
Ordo Burchards (um 1500) – Unterschiede zum rheinischen Messordo (um 1000): Noch stärkere Konzentration des liturgischen Handelns auf den Priester Zahlreiche ursprünglich private Gebete sind zu offiziellen Bestandteilen der römischen Messe geworden Ausgeschieden wurden aber fast alle Apologien (Sündanklagen des Priesters) Stark zugenommen haben die Gesten und Bewegungen des Priesters (Altarkuss, Kniebeugen und Verneigungen, Wechsel zwischen Altarmitte, Epistel- und Evangelienseite, Kreuzzeichen), d.h. Elemente, die einerseits sein Beten begleiten, andererseits aber den Gläubigen sein Handeln am Altar optisch „vor Augen führen“ minutiöse Festlegung der zeremoniellen Gestalt der Feier fast kein Raum mehr zur freien Gestaltung

31 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
1.4.1 Das Missale Romanum von 1570 Inhalt und Aufbau des MRom 1570 entsprechen im Wesentlichen der Tradition, die sich im Verlauf der Jahrhunderte an der römischen Kurie gebildet hatte Stand der römisch-fränkischen Mischliturgie nach Gregor VII. ( ) Kalenderreform: Möglichkeit, den Sonntags- und Wochentagsmessen wieder ihren eigenen Platz einzuräumen (Wegfall des Übermaßes an Votivmessen) Ordo missae: Die Grundform der „stillen Messe“ (missa solitaria), wie sie sich am päpstlichen Hof entwickelt hatte, wird für die gesamte römisch-katholische Kirche des lateinischen Ritus zur Norm erhoben, sofern nicht, wie etwa in Mailand und von manchen alten Orden, mehr als 200 Jahre alte Traditionen rechtens beibehalten werden konnten Wechselnde Teile der Messe: Eingriffe bei den Präfationen und den Sequenzen (nur noch 4: Ostern, Pfingsten, Fronleichnam, Allerseelen)

32 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
1.4.1 Das Missale Romanum von 1570 Neugestaltung des Commune sanctorum einheitliche Norm für den römisch-lateinischen Ritus Zum Prinzip der Einheitlichkeit trat der Grundsatz der Unveränderlichkeit hinzu Beide Grundsätze müssen vor dem Hintergrund der damaligen Situation verstanden werden, in der es höchst notwendig war, subjektiver Willkür zu wehren

33 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
1.4.2 Wirkungsgeschichte des Missale Romanum 1570 Ausgangspunkt einer umfassenden Vereinheitlichung der Messfeier in der römisch-lateinischen Kirche, wie sie vorher nie bestanden hatte Verlust der Eigentraditionen in nahezu allen Teilkirchen und in der Mehrzahl der Ordensgemeinschaften Die Uniformierung und langdauernde Erstarrung der römisch-lateinischen Liturgie, wie sie faktisch seit dem Ende des 16. Jh. eingetreten ist, war jedoch nicht beabsichtigt Wichtiges Instrument: die von Sixtus V geschaffene Ritenkongregation Die Möglichkeit, die eigenen Messbücher weiter zu benutzen, wo eine 200-jährige Eigentradition bestand, wurde nur spärlich genutzt (einige Orte in Spanien/Portugal: Toledo, Salamanca, Braga; einige Diözesen in Deutschland: Köln bis 1791; Münster bis 1865; dazu einige Ordensgemeinschaften: Kartäuser, Prämonstratenser, Dominikaner)

34 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
1.4.2 Wirkungsgeschichte des Missale Romanum 1570 Bewegung im 20. Jh.: Die vier Jahrzehnte vom MRom 1920 bis zum MRom 1962 (letzte Editio typica vor dem Vaticanum II) brachten die größten Änderungen am römischen Messbuch seit 1570 mit sich Fortschritte in der Liturgiewissenschaft: Gründung der historischen Sektion der Ritenkongregation durch Pius XI. ( ) Reform der liturgischen Bücher unter Pius XII. ( ): Erneuerung der Osternacht (1951) und der Heiligen Woche (1956) Vereinfachung der Rubriken für Brevier und Missale Unter Johannes XXIII. ( ) wurde am der Codex rubricarum promulgiert, der die Generalrubriken des MRom 1570 sowie die Hinzufügungen Pius‘ X. zur Gänze ersetzt und damit die stärkste Veränderung des Missale Pius‘ V. darstellt Damit ist die Epoche des MRom 1570 abgeschlossen

35 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
1.4.3 Die liturgiegeschichtliche Gesamtentwicklung Die Barockzeit umfasst etwa die Jahre von Zeit voller Spannungen Betonung des Opfercharakters und der Realpräsenz, des besonderen Priestertums, einer strengen Rubrizistik, der allein zulässigen lateinischen Liturgiesprache stärkere Trennung zwischen Priester und Gemeinde, Auseinanderfallen von Opfer und Mahl Die kreativen Kräfte der Zeit fanden ihren Ausdruck v.a. im Bereich der Musik und der Architektur sowie in volkstümlichen eucharistischen Andachtsformen Bedeutende Leistungen erbrachte die Liturgiewissenschaft jener Zeit vor allem durch die Herausgabe liturgischer Quellen

36 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
1.4.3 Die liturgiegeschichtliche Gesamtentwicklung Die Aufklärung Wurzeln gehen bis ins 16. Jh. zurück kam im 18. Jh. voll zum Tragen und wirkte sich bis in die 1. Hälfte des 19. Jh. aus ein geschärftes historisches Bewusstsein und die Forderung nach Rückkehr zum Wesentlichen der Ursprünge des Christentums kennzeichnen den Geist der kirchlichen Vertreter der Aufklärung Förderung des volkssprachigen Gesanges, Betonung der Predigt und des katechetisch-belehrenden Charakters der Liturgie, Forderung nach dem Gebrauch der Volkssprache: wichtiger Vertreter L.A. Muratori ( ) Synode von Pistoia 1786: im Eucharistiedekret Forderungen, die schon sehr an die Liturgiereform des II. Vatikanums erinnern: Eucharistie als gemeinschaftliches Handeln von Priestern und Gläubigen, Gläubigenkommunion bei jeder Messfeier

37 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
Die Aufklärung Josephinismus: Förderung des deutschen Liedgesangs Aufklärungsliturgiker: V.A. Winter ( ) – detailliertes Programm zur Reform der Messe Bemühen um Belehrung und Erbauung; Bestreben, die ursprüngliche Form der altkirchlichen, von späteren Zusätzen befreiten Gestalt der Messfeier wiederherzustellen Forderung einer thematischen Durchgestaltung der Messfeiern In manchen deutschsprachigen Diözesen feierte man die Messe in der Form der später so genannten Betsingmesse Zu einer eigentlichen volkssprachigen Messliturgie kam es aber nicht Fazit der Aufklärungszeit: wichtige Anliegen der Erneuerung wurden gesehen; Scheitern der Reform liegt z.T. an der einseitigen Betonung der Sittlichkeit und Bildung des Volkes, z.T. an der mangelnden Rezeptionsfähigkeit und am Widerstand der Gläubigen

38 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
1.4.3 Die liturgiegeschichtliche Gesamtentwicklung Romantik, Restauration, Ultramontanismus Entstehung: Ende des 18. Jh. und weit in das 19. Jh. hineinwirkend Betonung des subjektiven Gefühls, der Naturverbundenheit, des Organischen und Ästhetischen In der Kirche: neue Hochschätzung der göttlichen Offenbarung, der Institution Kirche und ihrer Traditionen Frankreich: Traditionalismus und Fideismus historisch und praktisch ausgerichtete liturgiewissenschaftliche Arbeit Einerseits: vertieftes Verständnis für die Liturgie als kirchliches Handeln, für den Gemeinschaftsgedanken, für die Teilnahme aller Gläubigen, für den häufigeren Kommunionempfang und die liturgiegerechte Predigt Andererseits: privat-individualistische Haltung, vielerlei Frömmigkeits- und Andachtsübungen (eucharistisch, marianisch etc.)

39 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
1.4.3 Die liturgiegeschichtliche Gesamtentwicklung Die Liturgische Bewegung Vorläufer im 19. Jh. und in der Zeit der Aufklärung eigentlicher Beginn erst am Anfang des 20. Jhs, eng verbunden mit einigen Zentren des benediktinischen Mönchtums (Solesmes, Beuron, Maria Laach) wachsende Zahl von historischen Studien, Texteditionen und volkssprachigen Messbüchern (die erst 1897 aus dem Index der verbotenen Bücher herausgenommen wurden) Reformbestrebungen Pius‘ X. ( ): Motu proprio über die Kirchenmusik Tra le sollecitudini ( ) mit dem berühmten Wort von „der tätigen Teilnahme [der Gläubigen] an den hochheiligen Mysterien“ Geburtsstunde der Liturgischen Bewegung: Referat „La vraie prière de l'Église“ von Dom Lambert Beauduin am („Mechelner Ereignis“)

40 1.4 Die Entwicklung der römischen Messe von der Tridentinischen Reform bis zum II. Vatikanum
Die Liturgische Bewegung Entstehung von Gemeinschaftsmesse, Singmesse und Betsingmesse und des Deutschen Amtes Träger der LB im deutschen Sprachgebiet: Abt Ildefons Herwegen (Maria Laach), Romano Guardini und die Jugendbewegung (Quickborn, Ludwig Wolker), Pius Parsch und das volksliturgische Apostolat Krise der LB im Zweiten Weltkrieg Bedeutende Fortschritte der LB während des Pontifikats Pius‘ XII. ( ): Enzykliken Mystici corporis (1943) und Mediator Dei (1947) Codex Rubricarum (1960): Einige beachtenswerte Veränderungen Verdienste der LB: Wiederentdeckung der Kirche als Leib Christi, neue Einschätzung des allgemeinen Priestertums der Gläubigen und der Pfarrgemeinde als Feiergemeinschaft , vertieftes Verständnis der Messfeier, v.a. ihres Gemeinschaftscharakters Grenzen der LB: Doppelgleisigkeit von priesterlichem und gemeindlichem Handeln; viele Länder und Regionen blieben unberührt

41 2. Theologie 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik 2.1.1 Eucharistische Theologumena Vorwegnahme des endzeitlichen Freudenmahls Todesgedächtnis Jesu Danksagung und Opfer Mahl der Gemeinschaft (mit dem anwesenden Herrn und der Gläubigen untereinander)

42 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
a) Vorwegnahme des endzeitlichen Freudenmahls aramäische Drohformel „Maranatha!“, die einen Schwur oder Fluch bekräftigt - indikativisch oder imperativisch? Beides möglich: das Kommen des Herrn in der Eucharistie (Indikativ) und in der (bald erwarteten) Parusie (Imperativ) Mit den Begriffen „pneumatische Speise und pneumatischer Trank“ (Did 10,3) wurde die Eucharistie in der Sphäre der Auferstehung verstanden und eschatologisch gedeutet b) Todesgedächtnis Jesu Die Anamnese („Erinnerung“) wird zum Grundprinzip der griechischen Eucharistieauffassung Sinn der eucharistischen Feier ist die Vergegenwärtigung des Heilsgeschehens in Tod und Auferstehung Jesu

43 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
c) Danksagung und Opfer Ob schon in der Didache die Eucharistie als Opfer verstanden wurde, ist unsicher Sicher fassbar ist das Verständnis der Eucharistie als Opfer Mitte des 2. Jhs bei Justin († 165), der vom „eucharistischen Opfer von Brot und Kelch“ sprach, und zwar in Abgrenzung von den Opfern der Juden mit dem „Opfer“ sind anfangs eher die eucharistischen Gebete gemeint, in denen des Todes und der Auferstehung Jesu dankbar gedacht wird, und weniger (oder gar nicht) Brot und Wein Im 4. und 5. Jh. trat die Danksagung in den Hintergrund, Gedächtnis bzw. Opfer dominierten die eucharistische Theologie Johannes Chrysostomus sprach vom „Gedächtnis des Opfers“ und betonte die Einmaligkeit und Einzigartigkeit des Opfers

44 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
c) Danksagung und Opfer Auch im Westen wurde die Eucharistie seit Tertullian († 220) und Cyprian († 258) als Opfer verstanden, was in einer entsprechenden Terminologie zum Ausdruck kam (sacrificium, sacrificare, offere) Unterschied in der eucharistischen Spiritualität zwischen Ost und West: Im Westen wurde der Akzent mehr auf die Wiederholung des Kreuzesopfers im Opfer der Eucharistie gelegt, wodurch die Sündenvergebung stets neu wirksam werde. Das entsprach dem eher praktisch-moralischen Zug der lateinischen Theologie. Im Osten blieb stärker der spekulativ-mystische Gedanke lebendig, durch die eucharistischen Speisen würden die Kräfte der Unsterblichkeit verliehen Ignatius von Antiochien († 117) bezeichnete die Eucharistie als „Heilmittel der Unsterblichkeit“ und „Gegengift gegen den Tod“

45 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
d) Mahl der Gemeinschaft Gemeinschaft mit dem anwesenden Herrn und der Gläubigen untereinander. In diesem Sinn galt sie als Basis der Einheit der Kirche Die Einheit mit Gott in der Eucharistie begründet und aktualisiert die Einheit der Kirche. In diesem Sinn argumentierten die Kirchenväter (Ignatius von Antiochien, Johannes Chrysostomus, Cyrill von Alexandrien, Johannes von Damaskus) Augustinus: Der Empfang des Leibes Christi ist nicht nur eine persönliche Vereinigung mit Christus, sondern ein Auftrag, als Glied des Leibes Christi die Kirche aufzubauen Die Gemeinschaft mit Gott steht auch im Vordergrund der Eucharistiedeutung bei Dionysius Areopagita (um 500) Im 4. Jh. wurde der Begriff koinonia bzw. communio zur Bezeichnung für die Eucharistie, näherhin für das Empfangen von konsekriertem Brot und Wein

46 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
2.1.2 Realismus und Symbolismus im Eucharistieverständnis zwei grundlegende Interpretationen: zum einen realistisch-materialistische Theologie und Redeweise (eher biblisch: Paulus - Johannes); zum anderen eine symbolische oder spiritualistische Erklärung der eucharistischen Elemente (platonisch) Auf die Dauer hat sich der „Sakramentsrealismus“ gegen das „spirituali-stische“ oder „symbolistische“ Verständnis der eucharistischen Elemente durchgesetzt Materielles Verständnis der eucharistischen Elemente: Paulus, Ignatius von Antiochien, Justin, Irenäus von Lyon, Hippolyt, Johannes Chrysostomus, Cyrillonas (extrem) Es handelt sich nicht um systematisch durchdachte und dogmatisch abgesicherte Äußerungen, sondern um plastische Sprechweise Von einer „Wandlung“ war dabei nur vereinzelt die Rede. Wie diese „Wandlung“ vor sich gehe, wurde kaum reflektiert.

47 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
2.1.2 Realismus und Symbolismus im Eucharistieverständnis Eher platonisch-symbolisch ausgerichtete Theologen: Clemens von Alexandrien, Origenes, Augustinus Clemens: Eucharistie bedeutet Teilhabe an Gott für die einfachen Gläubigen, „Essen und Trinken des Logos“ aber im Sinn von Erkenntnis und Einsicht eine pneumatischere, höhere Form der Teilhabe für die im Glauben fortgeschrittenen oder vollkommenen Christen Origenes: präsentierte sowohl realistische als auch symbolische Auffassungen des Herrenmahls - wertete die Eucharistie nicht ab; als Vollzug schätzte er sie hoch - suchte freilich nach einer tieferen Deutung des Geschehens und gelangte dazu, die eucharistischen Elemente auf das Wort Gottes zu beziehen - platonische Hermeneutik: Das Wort der Bibel ist die Verkörperung des Logos, des göttlichen Wortes (des „Gottwortes“). Das wird übertragen auf die Eucharistie: Brot und Wein sind Zeichen für das Wort Gottes. Diese „geistige“ Kommunion ist ein sehr realer Vorgang.

48 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
2.1.2 Realismus und Symbolismus im Eucharistieverständnis Denker in der Nachfolge des Origenes: Eusebius von Cäsarea, Evagrius Ponticus, aber auch Hieronymus und Augustinus Augustinus: erläutert den Zeichencharakter der Eucharistie im Sinne seiner Sakramentenlehre Die Abendmahlsgaben sind Zeichen (signum) und Bild (figura) des Leibes und Blutes Christi Die Wirklichkeit des Sakraments (virtus / res sacramenti) ist eine „geistig-geistliche“, „geistig­geistlich“ müssten die Kommunizierenden daher den Leib Christi essen und sein Blut trinken, wenn das Sakrament seine Wirkung entfalten soll Gegen Augustinus dominierte das realistische Verständnis der eucharistischen Elemente

49 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
2.1.3 Die Eucharistie in theologischen Kontroversen Eucharistieverständnis spielte eine Rolle in den trinitarischen und christologischen Auseinandersetzungen des 4. und 5. Jhs Wechsel des Akklamationsschemas (die Anrede Gottes beim eucharistischen Gebet) I: Traditionell wurden die Gebete in der Liturgie an Gott, den Vater gerichtet, und zwar durch den Sohn im (oder mit dem) Heiligen Geist (subordinatianistische Tendenz) - Auseinandersetzung mit dem Arianismus verändert die Formel: Von „Dem Vater sei Ehre mit Christus samt dem Heiligen Geist“ bis zum „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist“ Wechsel des Akklamationsschemas II: nicht mehr nur Gott, sondern auch Christus selbst wird angeredet. Zunächst im Osten, dann im Westen wurden liturgische Gebete an Christus gerichtet von Gallien aus drang die Christusanrede in die Gebete der römischen Liturgie (vgl. den Gebetsschluss: „Herr Jesus Christus ..., der du lebst und herrschest mit Gott dem Vater“).

50 2.1 Schwerpunkte eucharistischer Theologie in der Patristik
2.1.3 Die Eucharistie in theologischen Kontroversen Auseinandersetzungen über das Verhältnis von Göttlichem und Menschlichem in Jesus Christus (Alexandriner – Antiochener) Antiochener: Eucharistie ist Genuss von Leib und Blut Jesu, nicht seiner Gottheit; das Gedächtnis der Eucharistiefeier bringt die Menschheit Jesu zur Geltung, Tod und Auferstehung Jesu, nicht den Tod des Gott-Logos Alexandriner: binden den eucharistischen Leib nicht an den historischen Leib des Menschen Jesus, sondern an den göttlichen Logos: Es handle sich um „Leib und Blut des Logos“, in der Eucharistie erfolge der „Genuss des Logos“ oder genauer: „des Fleisches des Logos“ Spätere Monophysiten lehnten deshalb im Kommunionritus die Spendeformel „Leib Christi“ ab und sagten statt ihrer: „Leib des Gott-Logos“ oder „Leib Christi, des Gott-Logos, unseres Erlösers“

51 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.1 Die beiden Abendmahlstreite im Frühmittelalter Paschasius Radbertus – Rathramnus (9. Jh.) Paschasius Radbertus († um 859): realmaterialistisches Denken, nach dem figura und veritas (Bild und Wahrheit) Gegensätze sind Im Messopfer vollzieht der Priester täglich neu die Menschwerdung und Opferung Christi Wunder, das Gott auf Gebet und Rezitation der Einsetzungsworte durch den Priester hin – gegen die Regeln der Natur – wirke Tendenz zum Kapharnaitismus (vgl. Joh 6) oder materiellen Realismus Rathramnus († um 870): (neu)-platonisch-augustinisches Bilddenken, nach dem Leib und Blut Christi in der Eucharistie von ihrer Urbild-Abbild-Beziehung her zu denken sind „Leib und Blut … sind figurae (Symbole) in ihrer sichtbaren Gestalt; aber nach ihrem unsichtbaren Wesen, d.h. nach der göttlichen Macht des Logos, sind sie wahrhaft Leib und Blut Christi.“

52 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
Lanfrank u.a. – Berengar von Tours (11. Jh.) Berengar von Tours († 1088) hatte die Tendenz zu einem antirealistischen Symbolismus: Die beiden Eucharistiegestalten sind „nicht der wahre Leib noch das wahre Blut, sondern ein Bild (figura) und ein Gleichnis (similitudo).“ - Damit leugnet er de facto die reale Gegenwart und die Wesensverwandlung und vertritt den Weiterbestand der Elemente. Gegner von Berengar waren u.a. Hugo von Langres († 1051), Lanfrank von Canterbury († 1089) und Guitmund von Aversa († um 1095) Lanfrank: Das Wesen der Elemente wird gewandelt in das Wesen des Herrenleibes. Dabei betont er ausdrücklich, dass einige Eigenschaften zurückbleiben (die äußere Gestalt). Sachlich ist das die Unterscheidung von Wesen (Substanz) und Akzidens Guitmund: „Das Wesen der Dinge wird gewandelt (substantias mutari), aber ... der frühere Geschmack, die Farbe und die übrigen sinnenfälligen Akzidentien bleiben.“

53 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
Lanfrank u.a. – Berengar von Tours (11. Jh.) Lanfrank und Guitmund legen die Grundlagen für die Transsubstantiationslehre, auch wenn der Begriff erst im 12. Jh. auftaucht Berengar (und Rathramnus!) wurden auf mehreren Synoden verurteilt (Rom und Vercelli 1050; Paris 1051; Tours 1054; Rom 1059 und 1079) 1. Glaubensbekenntnis Berengars (1059): Der wahre Leib und das wahre Blut Christi werden „nicht nur im Sakrament, sondern in Wahrheit mit den Händen der Priester berührt und gebrochen und mit den Zähnen der Gläubigen zerrieben“ (DH 690). 2. Glaubensbekenntnis Berengars (1079): „Brot und Wein … werden substantiell verwandelt (substantialiter converti) in … Fleisch und Blut Jesu Christi … und sind nach der Konsekration der wahre Leib Christi, der geboren ward aus der Jungfrau … nicht nur im Zeichen und der Kraft des Sakramentes, sondern in der Eigenart ihrer Natur und Wahrheit der Substanz“ (DH 700).

54 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.2 Die Vollendung der Transsubstantiationslehre in der Früh- und Hochscholastik Hugo von St. Victor († 1114): „Ist etwa das Altarssakrament deshalb nicht wahre Wirklichkeit, weil es (auch) figura ist?“ „Die wahre Substanz des Brotes … wird umgewandelt in die wahre Substanz des Leibes Christi …, nur die äußere Gestalt des Brotes … bleibt zurück, während die eine Substanz in die andere übergeht.“ Diskussion in der Hochscholastik ist stark von der Dialektik geprägt (Wie verhält es sich mit der wirklichen Gegenwart des Herrn bei der Verdauung der Hostie? Oder wenn eine Maus die Hostie frisst?) Hugo: „Christus geht vom Mund hinüber ins Herz. Das ist besser für dich, dass er in deinem Geist (mentem) als in deinem Leib (ventrem) weilt.“ Kommunion der Sünder: Unterscheidung zwischen manducatio sacramentalis (tantum) und manducatio sacramentalis et spiritualis Frömmigkeitsgeschichte: Ewiges Licht, Tabernakel, Kniebeuge, Beweihräucherung, Elevation (Hostie – Kelch)

55 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.2 Die Vollendung der Transsubstantiationslehre in der Früh- und Hochscholastik In den Sentenzen Roland Bandinellis (des späteren Papstes Alexander III.) ist der Begriff transsubstantiatio zum ersten Mal nachweisbar (1140/42) Das 4. Laterankonzil von 1215 vollendet die Entwicklung in der Übernahme des Wortes, „dass das Brot in den Leib und der Wein in das Blut durch göttliche Macht ihrem Wesen nach umgewandelt werden“ (transsubstantiatis pane in corpus, et vino in sanguinem potestate divina; DH 802) Thomas von Aquin († 1274):„Durch göttliche Kraft ... wird die ganze Substanz des Brotes in die ganze Substanz des Leibes Christi und die ganze Substanz des Weines in die ganze Substanz des Blutes Christi verwandelt.“ Dabei „bleiben aber nach der Konsekration alle Eigenschaften (accidentia) des Brotes und Weines bestehen.“ (Thomas, S. Th. III q. 75 a. 4 resp. und a. 5).

56 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.2 Die Vollendung der Transsubstantiationslehre in der Früh- und Hochscholastik Albert der Große († 1280): Das Volk „bringt das Opfer geistig (voto) dar, das der Priester sakramental (mysterio) darbringt.“ Der Sohn allein ist der Priester dieser Darbringung, zu dieser Darbringung allein würdig … Die nachfolgenden Hohenpriester und Priester aber sind seine Stellvertreter, denn wenn sie die Worte aussprechen, wirkt das ungeschaffene Wort die Darbringung.“ Grundlinien der eucharistischen Theologie des Hochmittelalters: Transsubstantiation, Einheit des Sakramentes (Komkomitanz), Konsekration durch Einsetzungsworte, nur durch gültig geweihte Priester Das getreue Spiegelbild dieser theologischen Erkenntnis und Würdigung des höchsten aller Sakramente ist die Liturgie des Festes Fronleichnam (Sequenz Lauda Sion, Hymnus Pange lingua, Adoro te devote)

57 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.3 Kritik und Häresie – Entwicklungen im Spätmittelalter Wilhelm von Ockham († 1349): hält es für vernünftiger (rationabilior), wenn die Brotsubstanz fortbestände und stellt diese These der Vernunft unvermittelt dem Glauben und der Entscheidung der Kirche gegenüber (Autoritätsargument) - Christus kann circumscriptiv an beliebig vielen Orten gegenwärtig werden. Damit arbeitet er indirekt der Ubiquitätslehre Luthers vor. John Wyclif († 1384): Brot und Wein bleiben in ihrer eigenen Natur und nicht nur auf Grund der Akzidentien. Damit lehnt er die Transsubstantiation ab, besonders deren Explikation als Vernichtung der Substanz von Brot und Wein (annihilatio); vertritt die Impanationslehre Jan Hus († 1415): lehnt die Transsubstantiationslehre ausdrücklich nicht ab, kämpft aber für den Gebrauch des Laienkelchs (Praxis der Urkirche) Gabriel Biel († 1495): Die Messe ist Opfer, Opfer der Kirche, in dem sie des einmaligen Opfers Christi am Kreuz gedenkt, um es sich anzueignen und seine Früchte zu gewinnen

58 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.4 Der Streit um die Messe in der Reformationszeit Luther und der „Kampf um die Messe“ Im 16. Jh. war es v.a. der Streit um die Messe (und dort besonders um den Opfercharakter der Messe), der die Spaltung zwischen Luther und seinen Gegnern offensichtlich machte. „Gegner Luthers“: nicht nur die katholischen Kontroverstheologen um Hieronymus Emser, Johannes Cochläus, Kaspar Schatzgeyer und Johannes Eck, sondern auch die humanistischen Reformer um Erasmus von Rotterdam und die radikalen Reformer um Zwingli und Calvin, mit deren Ansichten sich Luther auf dem Marburger Religionsgespräch 1529 auseinandersetzte

59 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.4 Der Streit um die Messe in der Reformationszeit Die verschiedenen Eucharistieverständnisse im 16. Jahrhundert a) Das symbolische Abendmahlsverständnis Zwinglis und Calvins Zwingli († 1531): Messe ist kein Opfer, sondern fromme und symbolträchtige memoria - Jesus kann nicht leibhaftig auf Erden empfangen werden und deshalb auch nicht real in den Gaben von Brot und Wein präsent sein, weil er ja schon zur Rechten Gottes sitzt (Ablehnung der Ubiquitätslehre Luthers) - Einsetzungsworte „Das ist mein Leib“, mit denen Luther die Realpräsenz begründet, sind im übertragenen Sinn als „Tropus“ bzw. Metapher zu verstehen Calvin († 1564): differenziert insofern die Position Zwinglis etwas, als er von einer „Gegenwart Christi im Abendmahl“ und einer „Teilhabe am Leib und Blut Christi“ spricht, diese aber nicht so versteht, dass Christus in die Gaben hinabsteigt sondern uns durch das Wirken des Geistes in den Gaben von Brot und Wein zu sich emporzieht - In der Ablehnung des Opfercharakters der Messe ist er sich mit Zwingli und Luther aber einig

60 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.4 Der Streit um die Messe in der Reformationszeit b) Das dialektische Abendmahlsverständnis Luthers Einmaligkeit des Kreuzesopfers als Einwand gegen den Opfercharakter der Messe: „Sagt Uns ihr Pfaffen Baals: Wo steht geschrieben, daß die Messe ein Opfer ist, oder wo hat Christus gelehrt, daß man gesegnet Brot und Wein opfern soll?“ (WA 8, ) Frage der Realgegenwart Christi in den eucharistischen Gaben: „Ehe ich mit den Schwärmern wollt eitel Wein haben, so wollt ich eher mit dem Papst eitel Blut haben“ (WA 26, 462). Dialektische Realpräsenz (an die Einsetzungsworte gebunden) Er ist „in, mit und unter“ den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig und kann es - nach der Ubiquitätslehre - auch sein (gegen Zwingli) Betonung des opus operantis Ablehnung der Transsubstantiationslehre als „spitzfindige Sophistik“ Impanationslehre Forderung des Laienkelchs

61 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.4 Der Streit um die Messe in der Reformationszeit c) Erasmus und die erasmischen Theologen Realsymbolisches Denken (Katholische Antwort auf die Anfrage Luthers?!) Denken der griechischen Patristik: imago – arra – exemplum kühl gegenüber der Transsubstantiationslehre und Thomas als „Oberaristoteliker“ (Geheimnischarakter wahren) Brot und Wein sind realsymbolische Zeichen des Leibes und Blutes Christi, d.h. Jesus Christus ist (im Unterschied zum symbolischen Denken Zwinglis) real gegenwärtig „natürliche Realpräsenz“: Christus bindet sich an die Gestalten, nicht (oder zumindest nicht allein) an das Wort Bekenntnis zur Hl. Messe als Opfer im realsymbolischen Sinn (dreifache Vergegenwärtigung: Opfer am Kreuz, Leib und Blut Christi, ewiger Bund Gottes mit den Menschen) Betonung des opus operantis: Gemeinschaft (synaxis) als eigentliche Frucht der Messe

62 2.2.4 Der Streit um die Messe in der Reformationszeit
2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit 2.2.4 Der Streit um die Messe in der Reformationszeit d) Die katholischen „Kontroverstheologen“ Grundproblem: Alle vertreten eine mehrfache Opferung Christi Hieronymus Emser († 1527): Christus hat sich am selben Tage dreimal und auf dreierlei Weise geopfert: „Erstlich im Abendessen nach jüdischer Art und unter dem Schatten und der Figur des Osterlammes, durch das es seit langem bedeutet war, zum anderen nach dem Abendessen christlicherweise unter der Gestalt von Brot und Wein und zum dritten sichtbar und wahrhaftig an dem Stamme des Kreuzes.“ Johannes Eck († 1543): „alium sacrificium“ Johannes Mensing († 1547): „Weil wir dasselbe tun sollen, was Christus beim Abendmahl tat, ist es offensichtlich, dass wir opfern sollen.“ Kaspar Schatzgeyer († 1527): „Das Opfer, das die christliche Kirche und ihre Diener auf dem Altare opfern, ist kein anderes als das am Kreuze geopfert worden ist, und es ist desselbigen nicht allein im Gedächtnis, sondern auch eine herrliche, wahrliche Vergegenwärtigung.“

63 2.2 Eucharistietheologische Auseinandersetzungen im Mittelalter und der Reformationszeit
2.2.4 Der Streit um die Messe in der Reformationszeit Die Eucharistielehre des Konzils von Trient Opfercharakter der Eucharistie wird als Lehre der Kirche verkündet Verhältnis von Messe und Kreuzesopfer: Während sich Christus am Kreuz als blutiges Opfer darbrachte, wird in der Eucharistie ein unblutiges Opfer dargebracht (DH 1743; 1753) Frage der Realpräsenz: wirkliche, somatische Realpräsenz Christi in den Gaben von Brot und Wein – Transsubstantiation (Ablehnung der Konsubstantiation und Ubiquität) – Konkomitanzlehre – reale Gegenwart Christi in Brot und Wein nach der Konsekration – Verehrung der Hl. Eucharistie außerhalb der Messe Laienkelch: kein göttliches Gebot, welches gebiete, dass sowohl Priester als auch Laien das Herrenmahl unter beiden Gestalten empfangen müssen – dennoch Kelchindult für einige Länder, das aber 1584 wieder suspendiert wurde

64 2.3 Eucharistietheologische Konzeptionen im 20. Jahrhundert
Das Konzil bezeichnet die Eucharistie als „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (LG 11), „aus der die Kirche immerfort lebt und wächst“ (LG 26) Sakramentliche Feiern möglichst in Verbindung mit der Eucharistie 2.3.1 Hans Urs von Baltasar ( ): Eucharistie als opfernde Selbsthingabe des dreieinigen Gottes Eucharistie nur verständlich vor dem trinitarischen Hintergrund als Offenbarung der liebenden Selbsthingabe Gottes an die Welt durch seinen Sohn Jesus Christus Gottes ganzes Wesen kommt in dieser Selbsthingabe zum Ausdruck Der Hingabe des Vaters entspricht die Antwort des Sohnes Eucharistie ist ewige Danksagung (eucharistia) an den väterlichen Ursprung Das Kreuz zeigt die Hingabe des Sohnes an den Vater und ist zugleich das Offenbarungs- und Erlösungsgeschehen pro nobis, die Offenbarung der Liebe Gottes

65 2.3 Eucharistietheologische Konzeptionen im 20. Jahrhundert
2.3.1 Hans Urs von Baltasar ( ): Eucharistie als opfernde Selbsthingabe des dreieinigen Gottes Kirche als Gegenüber zum Wort: marianische Haltung Opferverständnis: Geschehenlassen der Selbsthingabe Christi Kirche ist Subjekt des eucharistischen Opfers durch ihr existentielles Mitopfern des Opfers Christi Daher bedarf es der existentiellen Teilnahme der Kirche als opus operantis, und zwar als etwas, das nicht erst zum fertigen Werk (opus operatum) hinzukommt und hinzukommen soll Dennoch bleibt in diesem gemeinsamen Opfer Christi und der Kirche eine ursprüngliche Unterordnung des Wirkens der Kirche zur Tat Christi gewahrt, und zwar durch die marianische Haltung des Geschehenlassens Der Akt von Hingabe (Christi) und Annahme (der Kirche) nach dem Vorbild Marias ist am besten geeignet, die Einheit des Opfers bei aller gewahrten Distanz darzustellen

66 2.3 Eucharistietheologische Konzeptionen im 20. Jahrhundert
2.3.2 Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. (* 1927): Eucharistie als Mitte der Kirche Ausgangspunkt ist Joh 19,34: die Öffnung der Seite Jesu am Kreuz (Blut und Wasser als Zeichen für Taufe und Eucharistie) Die Eucharistie ist daher weit mehr als bloß ein Mahl; sie hat einen Tod gekostet, und die Majestät des Todes ist anwesend in ihr Die Dreieinigkeit von Wort, Tod und Auferstehung ist das „Paschamysterium Christi“ Die Eucharistie ist nun die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Jesu Opfer Abrahams: Zuletzt opfert Abraham nicht etwas, was er selbst bereit gestellt hat, sondern er schenkt den Widder (das Lamm), das ihm von Gott geschenkt wurde Alttestamentliche Opfertheologie: Opfer Abels, Abrahams und Melchisedeks sind als Opfer assimilatus Filio Dei – „gleichgestaltet dem Gottessohn“ (Hebr 7,3)

67 2.3 Eucharistietheologische Konzeptionen im 20. Jahrhundert
2.3.2 Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. (* 1927): Eucharistie als Mitte der Kirche Von ihrer Gestalt her ist die Eucharistie jüdische Liturgie des Passah: Der Kanon der römischen Messe ist aus diesen jüdischen Lobpreisungsgebeten entstanden In der kleinsten Kirche, in der die Eucharistie stattfindet, ist das ganze Geheimnis der Kirche, ihre lebendige Mitte, Christus anwesend (daher Erwähnung des Papstes und Bischofs im Hochgebet) Eucharistie ist niemals bloß das Werk einer Gemeinde, sondern eine Gabe, die wir vom Herrn empfangen haben und der Einheit der Kirche geschenkt ist (Kanon spricht von Gott, Menschen und der ganzen Schöpfung) Für die Ökumene gilt: Eucharistie ist niemals ein Mittel, das wir anwenden können; sie ist die Gabe des Herrn, die Mitte der Kirche selbst, über die wir nicht verfügen. Deshalb gilt es, in der Einheit der Kirche zu stehen und demütig zu warten, bis Gott selbst die volle Einheit schenkt

68 2.3 Eucharistietheologische Konzeptionen im 20. Jahrhundert
Gisbert Greshake (*1933): Eucharistie als Sakrament der trinitarischen und ekklesialen Einheit Ausgangspunkt: die trinitarische Dynamik - In der eucharistischen Feier wird Christi Opfer Gegenwart, damit die Gemeinde mit ihm im Hl. Geist sich selbst als Gabe dem Vater schenkt Priester steht im Schnittpunkt der katabatischen und anabatischen Bewegung der Eucharistie Balance zwischen Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers und „kultischem Mitopfern“ Prozess der communio erreicht in der Eucharistie ihren Höhepunkt (nicht nur Empfang des Christus solus, sondern auch des Christus totus) Indem wir in der Feier der Eucharistie, in der sakramentalen Vergegenwärtigung seiner Lebenshingabe, uns in sein Opfer hinein nehmen lassen, werden wir mit ihm und untereinander eins Henri de Lubac: „L’Eglise fait l’Eucaristie“ – „L’Eucaristie fait l’Eglise.“ (vgl. auch die Enzyklika Johannes Pauls II.: „Ecclesia de Eucharistia“)

69 2.3 Eucharistietheologische Konzeptionen im 20. Jahrhundert
Gisbert Greshake (*1933): Eucharistie als Sakrament der trinitarischen und ekklesialen Einheit Konsequenzen für die Feiergestalt: Offenheit für das Mysterium, für die Einheit mit Gott Nicht nur die communio des Leibes Christi, auch die missio der Kirche in die Welt gründet in der Eucharistie (communio als missio) Offenheit für die Welt zeigt sich auf zweierlei Weise 1) Verlängerung des eucharistischen Tuns in die diakonia, in den Dienst der Armen, Kranken und Notleidenden in der Gemeinde 2) Offenheit der eucharistischen Versammlung „ab extra“ (Priester kommt „von außen eingeflogen“?!) Wo Menschen sich in der Eucharistie dem Wirken Gottes öffnen und sich mit Christus vereinen, da wird das Ziel aller Seelsorge, die Einheit als Gabe empfangen (Einheit mit Gott, mit sich selbst und mit den Brüdern und Schwestern)

70 2.3 Eucharistietheologische Konzeptionen im 20. Jahrhundert
2.3.4 Walter Kasper (* 1933): Eucharistie als Summe des christlichen Heilsmysteriums Eucharistie hat verschiedene Aspekte (Testament Jesu, Anamnese, Danksagung, Opfer, Epiklese, Gemeinschaft, eschatologisches Zeichen), die aber nicht absolut gesetzt werden dürfen Sie ist zugleich Gottes Gabe (katabatisch) wie danksagende opfernde Hingabe (anabatisch); es hängt davon ab, wie die Einheit beider Bewegungen innerhalb des christologischen Verstehensansatzes verstanden wird Analog zur christologischen Wesensaussage liegen in der Eucharistie katabatische und anabatische Bewegung nicht nacheinander, sondern ineinander Christologischer Verstehenshintergrund: Die eucharistische Realpräsenz, die Eucharistie als Opfer und die Eucharistie als Sakrament bilden eine unlösbare innere Einheit; sie sind Aspekte eines Ganzen: die sakramentale Vergegenwärtigung des einen Heilsgeheimnisses Jesu Christi

71 2.3 Eucharistietheologische Konzeptionen im 20. Jahrhundert
2.3.4 Walter Kasper (* 1933): Eucharistie als Summe des christlichen Heilsmysteriums Trinitarischer Verstehenshintergrund: Eucharistie als sakramentale Offenbarung der Trinität und damit sakramentale Zusammenfassung des gesamten Heilsmysteriums kosmisch-universale Sicht der Eucharistie: „Sakrament des Reiches Gottes“ (A. Schmemann) In der ostkirchlichen Liturgie und Theologie ist dieser Aspekt besonders lebendig (anders im Westen) Weil die Eucharistie Vergegenwärtigung der missa coelestis ist, ist sie auch missa mundi, sie ist Vorwegnahme der himmlischen Verherrlichung Gottes und der eschatologischen Vollendung der Welt Diese universal-kosmische Dimension gilt es gegenüber individualistischen Verkürzungen wie gegenüber der neuerlichen Reduktion der Eucharistie auf eine verengte Gemeindeperspektive wieder zurückzugewinnen (auch Postulat einer missionarischen Liturgie und Theologie)

72 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
Verlagerung vom bloßen Sakramentsempfang auf den Sakramentsvollzug Messfeier ist „ein einziger Kultakt“ (SC 56) mit den beiden integrierenden Teilen des Wortgottesdienstes und der Eucharistiefeier Aktual-, Verbal- und Real-(Substantial-)präsenz Die verschiedenen Gegenwartsweisen sind die Darstellung seiner einzigen Gegenwart als Hoherpriester des Neuen Bundes (vgl. SC 7: „Um dieses große Werk voll zu verwirklichen, ist Christus seiner Kirche immerdar gegenwärtig, besonders in den liturgischen Handlungen. Gegenwärtig ist er im Opfer der Messe sowohl in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht,… wie vor allem unter den eucharistischen Gestalten. Gegenwärtig ist er mit seiner Kraft in den Sakramenten, so dass, wenn immer einer tauft, Christus selber tauft. Gegenwärtig ist er in seinem Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden. Gegenwärtig ist er schließlich, wenn die Kirche betet und singt.“)

73 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
2.4.1 Die Eucharistie – Realgedächtnis des Kreuzestodes Christi und Anteilgabe am Leben des österlichen Christus Rückgang zur frühkirchlichen Einheit von Anamnese, Epiklese und Kommunion (heilsgeschichtliche Erinnerung, Bitte um den Geist und Gemeinschaft mit Christus) Dadurch entsteht das innere Gefüge der Eucharistie, das die klassischen Entgegensetzungen in der Kontroverstheologie überwölbt und eine einheitliche Sicht ermöglicht keine Konkurrenz zwischen der gegenläufigen anabatischen (aufsteigend vom Menschen zu Gott) und katabatischen (herabsteigend von Gott zum Menschen) Richtung

74 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
2.4.2 Christus als Subjekt des Kreuzesopfers und des Opfers seiner Kirche Kategorie des Opfers ist ganz christologisch zu bestimmen und im Rahmen der Unterscheidung und Einheit Christi als Haupt und Leib auszulegen beste Erklärung des christlichen Opferbegriffs in seiner christologischen und ekklesialen Komponente bei Augustinus (De civitate Dei, X, 6) Identität zwischen dem Opfer Christi und der Kirche Das Opfer der Kirche ist nichts anderes als der Vollzug des gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen ungenügendes Verständnis des Opfercharakters der Messe zeigte sich in den nachtridentinischen Messopfertheorien (Destruktionstheorie: zum Opfer gehört wesentlich eine reale Veränderung [destructio] der Opfergabe; Oblationstheorie: die Opfertat Christi wird in jeder Messe neu vollzogen; Immolations- oder Maktationstheorie: Doppelkonsekration ist nicht nur eine repraesentatio des Kreuzesopfers, sondern eine „mystische Schlachtung“ [immolatio bzw. mactatio mystica])

75 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
2.4.3 Die Realpräsenz Christi in den eucharistischen Gaben Frage nach neuen Kriterien und Begriffen, um den überlieferten Glauben an der Transsubstantiation auszudrücken J. H. Newman: „Ja, es ist unmöglich, sich eine Vorstellung von ihr zu machen, das gebe ich zu; - aber wie sollte es schwer sein sie zu glauben?“ (Apologia pro Vita sua, 276f) Blaise Pascal: „Wie hasse ich diese Dummheiten, nicht an die Eucharistie usw. zu glauben. Wenn das Evangelium wahr ist, wenn Jesus Christus Gott ist, was ist dann hier schwierig.“ (Pensées 224) Transsignifikation / Transfinalisation (Leenhardt, Schillebeeckx, Schoonenberg u.a.): Theorie bzw. Versuch, in der Perspektive einer relationalen Ontologie Seiendes (Brot, Wein) in seiner Bedeutung (significatio) und seinem Ziel (finis) zu betrachten Transsignifikation meint dann eine Umwandlung des bisherigen Bedeutungszusammenhangs in einen neuen höheren Sinnkontext

76 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
2.4.3 Die Realpräsenz Christi in den eucharistischen Gaben Papst Paul VI. beurteilte in der Enzyklika „Mysterium Fidei“ (1965) die Transsignifikationslehre sehr kritisch und bekräftigte die Unentbehrlichkeit des Transsubstantiationsbegriffs (DH ) Die Rede von Bedeutungs- und Zweckwandel kann so lange nicht den vollen Gehalt der Transsubstantiationslehre aufnehmen und übersetzen, so lange nicht der ontologische Tiefgang der Fragestellung erreicht ist Es ist unmöglich, alles Seiende nur unter dem Gesichtspunkt des Zwecks, der Funktionalität und Machbarkeit zu sehen Gottesgaben von Brot und Wein werden von Gott selbst real, d.h. ontologisch bestimmt zu Medien der Anteilhabe an der Gemeinschaft mit Jesus Gegensatz zwischen der Bestimmung der Eucharistie zum Essen und der eucharistischen Anbetung erweist sich als künstlich Menschheit Jesu als Realsymbol: Eucharistiefeier ist äußerste Verdichtung, Medium der realen gott-menschlichen Kommunikation in der Liebe

77 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
2.4.4 Der eucharistische und der ekklesiale Leib Christi in ihrer Wechselwirkung Wiederentdeckung der wechselseitige Bedingung von eucharistischem Leib (corpus Christi verum) und dem ekklesialen Leib Christi, der die Kirche ist (corpus Christi mysticum) „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ (1999) – Studie „Communio Sanctorum. Die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen“ (2000): Weg zu einer gemeinsamen Neuverortung der Eucharistie in der Kirche Eine gemeinsame Feier ist nur möglich, wo ein gemeinsames Grundbekenntnis des Glaubens und eine Übereinstimmung über die Sendung der Kirche gegeben ist, denn Sakramente können nur bewirken, was sie bezeichnen, nämlich die volle Gemeinschaft mit Christus und seiner Kirche der katholisch-reformatorische Dialog darf sich nicht auf Einzelthemen beschränken (es geht um die Eigenart der Kirche, ihre Einheit mit und ihre Unterscheidung von Christus, ihrem Haupt)

78 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
Lehrschreiben der britischen und irischen Bischöfe über die Eucharistie „Ein Brot - Ein Leib“ (1998) Ansatz beim gemeinsamen Glauben an Christus: die Erlösung ist die Vergegenwärtigung der Gnade Christi in, durch und als Kirche vertieftes Verständnis der Eucharistie als Verbal-, Memorial- und Realgegenwart Christi Möglichkeiten, bei denen evangelische und orthodoxe Christen - trotz noch nicht vollständiger Kirchengemeinschaft - an der katholischen Eucharistie mit dem Empfang der Kommunion teilnehmen können (Todesgefahr, schwere Notlage, neu: einmalig bei freudigen oder traurigen Anlässen im Leben einer Familie) Unterschied zwischen einer „Feier des eucharistischen Opfers“ und dem „Empfang der heiligen Kommunion“ umgekehrt ist eine Teilnahme katholischer Christen am Abendmahl im Sinne des Empfangs der Gabe nicht möglich, durchaus aber der religiöse Mitvollzug des Wortes- und Gebetsteils

79 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
Beachtliche Annäherungen im Eucharistie- und Amtsverständnis weisen neuere Dialogdokumente auf, u.a. das Lima-Dokument (1982), aber auch die Studie des ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen „Lehrverurteilungen - kirchentrennend?“ (1988) Allerdings gibt es auch Rückschläge (vgl. das Papier „Ordnungsgemäß berufen“ von der VELKD 2006: Unterscheidung zwischen einer Ordination [zeitlich nicht befristet] und einer Beauftragung [zeitlich befristet]) 2.4.5 Ökumenische Annäherung in zentralen eucharistietheologischen Fragen Grundkonsens fußt auf dem Begriff des „Gedächtnisses“ (griech. anamnesis) Anamnese bedeutet nicht bloße „Erinnerung“, sondern das durch Worte und sichtbare Zeichen geschehende „Heraufholen“, „Wiederlebendig-werden“ eines Ereignisses oder einer Person aus der Vergangenheit in der Gegenwart in Form einer kultisch-zeichenhaften „Gedächtnisfeier“

80 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
2.4.5 Ökumenische Annäherung in zentralen eucharistietheologischen Fragen Das Bezeichnete wird vom Zeichen repräsentiert, indem es in ihm präsent ist. Die zum Gedächtnis verwendeten Zeichen sind damit Realsymbole: Sie symbolisieren das, was sie real enthalten Frage nach der genauen Zuordnung der Gegenwart des Leibes und Blutes Christi zu den Gaben von Brot und Wein Konsensdokumente im katholisch-anglikanischen, katholisch-lutherischen, katholisch-reformierten und multilateralen Rahmen (Lima-Erklärung mit den Orthodoxen!) zeigen eine grundlegende Übereinstimmung aller christlichen Kirchen in der Frage der Realpräsenz: Jesus Christus ist in der Gedächtnisfeier seines Lebens und Sterbens mit seiner ganzen Person (Gottheit, Menschheit, Leib, Geist und Seele) wahrhaft und wirklich gegenwärtig, um sich den Gläubigen zu ihrem Heil zu schenken

81 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
Diese Gegenwart kommt durch die von den Versammelten erbetene Herabkunft des Heiligen Geistes (Epiklese) zustande Differenzen bleiben zwischen den einzelnen Kirchen in der Frage, wie die Gegenwart Jesu Christi zustande kommt: Durch eine „Wandlung“ (kath./orth.) oder durch ein „Hinzukommen“ (luth.)? Ebenso ist strittig, in welcher genauen Beziehung die Elemente von Brot und Wein zur realen und personalen Gegenwart Jesu Christi stehen Eher sakramental denkende Christen (Römische Katholiken; Orthodoxe; viele Anglikaner; viele Lutheraner) sehen eine sehr enge Verbindung der Realpräsenz Christi zu den eucharistischen Elementen Andere Christen (Reformierte; viele Evangelisch-Unierte; einige Anglikaner; Freikirchen) halten die Gegenwart Jesu Christi für nicht wesentlich an Brot und Wein gebunden Bewegung in der Lehre und Praxis der Aufbewahrung und Verehrung der eucharistischen Elemente nach der Feier

82 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
Opfercharakter der Eucharistie: gemeinsame Überzeugung von Katholiken, Orthodoxen und Lutheranern ist, dass in der Eucharistie keine Wiederholung des Kreuzesopfers Christi geschieht Ungeklärt zwischen Katholiken und Protestanten ist die Frage, ob die Eucharistie nicht nur vergegenwärtigtes Opfer Christi ist - hier gibt es grundlegende Gemeinsamkeiten -, sondern ob und wie bei der Eucharistie von einem Opfer der Kirche gesprochen werden kann Evangelisch: Teilhabe des Gläubigen am geopferten Christus im Abendmahl - anschließendes Lob- und Dankopfer der versammelten Gemeinde (in Form von Dankgebet und Dienst an der Welt) Katholisch/Orthodox: Teilhabe der Gläubigen am vergegenwärtigten Opfer Christi - Ermöglichung der Hineinnahme des Lob- und Dankopfers der Kirche in die Hingabe Jesu an Gott-Vater - anschließendes Lob- und Dankopfer der versammelten Gemeinde (in Form von Dankgebet und Dienst an der Welt)

83 2.4 Theologische Grundlagenbesinnung in ökumenischer Hinsicht
Eucharistie und Einheit der Kirche Evangelisch: Gott bzw. Jesus Christus selbst lädt zum Gottesdienst, insbesondere zum Abendmahl, ein; Abendmahl ist Mittel auf dem Weg zur (Kirchen-) Gemeinschaft aller Christen Katholisch/orthodox: Eucharistie ist sowohl Tun Gottes als auch Tun der Kirche; Wenn die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen Eucharistie feiert, dann tut sie das als Glaubensgemeinschaft. Zu diesem Glauben gehört eine wesentliche Übereinstimmung im Verständnis der Sakramente und des kirchlichen Amtes sowie der Kirche selbst; Gottesdienstgemeinschaft spiegelt Sakraments-, Amts- und damit Kirchengemeinschaft wider; Das gemeinsame Herrenmahl als Ausdruck voller Kirchengemeinschaft ist Ziel der Einigungsbemühungen Dennoch ist schon jetzt eine wirkliche Gottesdienstgemeinschaft (im Sinn von Wortgottesdiensten etc.) möglich und notwendig – vgl. dazu die Anregungen von W. Kasper im „Wegweiser Ökumene und Spiritualität“

84 3. Liturgie – „Messerklärung“
3.1 Das eucharistische Hochgebet Grundlegender Aufbau (chronologisch): Eingangsdialog Präfation Sanctus Postsanctus Wandlungsepiklese Einsetzungsbericht mit Konsekration Anamnese Darbringungsgebet Kommunionepiklese Interzessionen Schlussdoxologie

85 3.1 Das eucharistische Hochgebet
3.1.1 Funktionen des Hochgebets Lobpreis der Großtaten Gottes, des Vaters Das ganze Hochgebet ist im Prinzip ein durchgehendes Lobgebet auf den einen Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus Eckpfeiler: Einleitungsdialog und Schlussdoxologie Lobpreis und Dank geschehen dadurch, dass wir die Großtaten Gottes ausrufen und verkünden. Die Verkündigung der Großtaten Gottes geschieht im Hochgebet darum mit erhobener Stimme, im Rufen Entwicklung: Singen – Sprechen – leises Rezitieren – später musikalische Überlagerung Heute gilt: „Die Texte, die der Priester als Vorsteher spricht, verlangen von ihrem Wesen her, dass sie mit deutlicher und lauter Stimme vorgetragen und von allen aufmerksam angehört werden. Deshalb ist gleichzeitig nichts anders zu beten oder zu singen; auch Orgel und andere Musikinstrumente haben zu schweigen“ (GORM 32).

86 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Lobpreis der Großtaten Gottes, des Vaters Auch was wir „Wandlungsworte“ nennen, ist zuerst jubelnder Lobpreis des Vaters, Dank dafür, dass er uns Christus gesandt hat Wenn wir bei diesem zentralen Stück also vom „Einsetzungsbericht“ sprechen, müssen wir bedenken, dass es nicht darum geht, Gott und der Gemeinde das Geschehnis des Gründonnerstags zu berichten und zu erzählen Nicht der Gemeinde wird ein Stück Evangelium verkündet, sondern Gottes Volk preist - angeführt durch den Dienst des Priesters - den Vater dafür, dass er seinen Sohn als unseren Retter gesandt hat Fazit: Das ganze Hochgebet ist Lobpreis der großen Taten Gottes, ist Ausrufen seiner Heilstaten: der Lobpreis feiert als Zentrum die Opfertat, in der Christus seinen Leib hingegeben und sein Blut vergossen hat, die Hingabe, die er beim Abschiedsmahl im voraus vollzogen und den Seinen zum steten Gedächtnis aufgetragen hat

87 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Tischsegen über die Speisen Im Eucharistischen Hochgebet bittet die Kirche den Vater, er möge Brot und Wein durch Christus segnen und im Heiligen Geist heiligen, auf dass sie uns Christi Leib und Blut werden Solch Ausrufen des Gottesnamens, solch Beten über jemanden oder etwas wird fachlich als Epiklese (griechisch epikaleo = anrufen) bezeichnet Dabei hat die Epiklesebitte zunächst die Teilnehmer am Tisch im Auge, die die Kommunion empfangen, weniger die Gaben. Sie ist, wie dies einem Tischdank entspricht, zuerst Kommunionbitte (Kommunionepiklese) Weil die Teilnehmer aber durch den Empfang der Gaben vom Geist Christi erfüllt werden sollen, erbittet die Epiklese den Heiligen Geist auch über Brot und Wein (Wandlungsepiklese) Die Epiklese hat in den verschiedenen Riten einen verschiedenen Platz und verändert damit auch ihre Bedeutung Stellung und Bedeutung der Epiklese haben auch für die Frage Konsequenzen, ab welchem Augenblick die Gaben auf dem Altar als konsekriert zu behandeln sind

88 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Tischsegen über die Speisen Die alte Kirche hat dieses Problem noch kaum reflektiert; man betrachtete die Gaben nach gesprochenem Hochgebet als konsekriert, ohne sich auf einen bestimmten einzelnen Satz des Hochgebets festzulegen, das als Ganzes als Epiklese verstanden wurde Probleme der Praxis (etwa bei einem plötzlich notwendigen Abbruch der Eucharistiefeier) zwangen dazu, den Augenblick der Konsekration genau festzulegen Der Osten sieht in der speziellen Geistbitte der Epiklese den Moment, ab dem die Gaben als konsekriert behandelt werden, der Westen dagegen setzte im Gefolge der Scholastik das Aussprechen der Deuteworte Christi als Grenzlinie fest All dieses epikletische und anbetende Tun lässt die Teilnehmenden spüren: Der Lobpreis, der im Eucharistischen Hochgebet Gott dem Vater zum Dank für seine Heilstaten dargebracht wird, ist immer zugleich auch eine Bitte, Gott möge die Heilstat wiederum gegenwärtig machen

89 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Gedächtnis des Opfers Christi Im Eucharistischen Hochgebet gedenkt die Gemeinde des Auftrags Christi; sie verkündet seinen Tod und seine Auferstehung; sie bekennt sich zu seiner Lebenshingabe an den Vater und wird darin in sein Lebensopfer einbezogen Man nennt dieses Gedächtnis die Anamnese Im gedenkenden Verkünden und Tun wird die Vergangenheit in die Gegenwart hereingeholt Die eucharistische Versammlung wird schon in der Zwölfapostellehre „Opfer“ genannt Die Kirchenväter betonen, dass es sich dabei um kein blutiges Opfer handelt, sondern dass wir, wie Tertullian († ca. 220) schreibt, „rein durch das Gebet“ (pura prece) in Christi Hingabe einbezogen werden Das Hochgebet verkündet den einmaligen Inhalt der Eucharistie: die Opferhingabe Christi und unsere Einbeziehung in diese

90 3.1 Das eucharistische Hochgebet
3.1.2 Die Bedeutung der Nennungen im Hochgebet Teilhabe durch Namensnennung Diptychen oder Interzessionen: das Memento („Gedenke“) und das pro („für“), das una cum („zusammen mit“) und das communicantes („in Gemeinschaft mit“), vgl. römisches Hochgebet Am ältesten ist die Nennung der über die ganze Ökumene verbreiteten („katholischen“) Kirche Namentliche Nennung des Ortsbischofs als Garant der Verbindung mit der ganzen Kirche, sowie die Gemeinschaft der Bischöfe zusammen mit dem Papst Kosmische Dimension: Engel und Heilige, Brüder und Schwestern, die das Opfer ermöglichen und in der Ferne, die Neugetauften in der Osternacht, die Katechumenen in der Quadragesima, das Brautpaar in der Brautmesse, die Verstorbenen beim Totengedächtnis Durch das Erklingen der Namen werden die Genannten als gegenwärtig erfahren (Gemeinschaft über Raum und Zeit)

91 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Einfügung ins Hochgebet Im byzantinischen Ritus nennt der Priester gedenkend die Namen der Heiligen, des Bischofs, von Lebenden und Toten, während er aus dem großen einen Brot die nötigen kleinen Stücke ausschneidet Die abendländischen Kirchen außerhalb Roms ließen die Namen nach der Gabenprozession vor Friedengruß und Hochgebet verlesen Von diesem Platz weg wurde die Diptychenverlesung sowohl im stadtrömischen wie im byzantinischen Bereich in das eucharistische Hochgebet verlegt Als Motiv wird dabei der Wunsch genannt, die Namen während des eucharistischen Opfers zu nennen (Innozenz I., Cyrill von Jerusalem) So erklingen die Namen der Anwesenden und derer, mit denen sie sich verbunden wissen, im Raum des Christusopfers; sie werden hineingezogen in den heilschaffenden Kreis um Christus Die Gemeinschaft der Glaubenden ist wahrnehmbar versammelt vor dem Herrn am Kreuz

92 3.1 Das eucharistische Hochgebet
3.1.3 Akklamationen im Hochgebet Amen hebräisches Wort für „Es steht fest“ Das Amen der ganzen Gemeinde am Ende des Hochgebets ist entscheidendes Strukturelement der Eucharistiefeier Durch falsche Betonung (á-men statt a-mén) kommt der Ruf oft nicht zum Klingen Eröffnender Dialog – áxios-Ruf Alle Liturgien kennen einen einleitenden Dialog zum Hochgebet: Er beginnt mit dem Grußwechsel, im Abendland in der einfachen Formel „Der Herr sei mit euch“, im Osten meist in einer erweiterten Gestalt „Habemus ad Dominum“ = „Wir halten sie zum Herrn hin“ „áxion“ = „Richtig!“ Mit diesen beiden das Hochgebet rahmenden Rufen, dem áxion und dem Amen macht die versammelte Gemeinde deutlich: Es ist unser aller Opfer des Lobes, das dem Vater hier dargebracht wird

93 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Das Sanctus Schon vor der Mitte des 4. Jhs wird im Osten, im 5. Jh. auch im Westen im Hochgebet der Heilig-Ruf aufgegriffen, den die Serafim sich vor dem Thron Gottes gegenseitig zurufen (vgl. Jes 6,3) Grund für die Einfügung: arianische Kämpfe, Streit um das gleichwesentliche Gottsein Christi; hier war der trinitarisch verstandene dreimalige Ruf hochwillkommen als Bekenntnis zu Christus als der zweiten göttlichen Person Sanctus wird vielfach missverstanden als eine Art „Gesangseinlage“ ins Hochgebet, ist aber ein Einzelsatz im Gefüge des Hochgebets Gemeinde singt ihn zusammen mit dem Priester zunächst im selben Ton wie er, deutlich erkennbar in dem einfachen Choralsanctus (vgl. GL 403) Mit dem Heilig-Ruf verbindet sich das Benedictus („Hochgelobt, der da kommt im Namen des Herrn“) mit dem schon in der Zwölfapostellehre bezeugten rahmenden Hosanna-Ruf. Die Volksscharen hatten es am Palmsonntag gerufen beim Einzug des Herrn (vgl. Mk 11,9)

94 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Geheimnis des Glaubens Volksakklamation ähnlich dem Sanctus, um das entscheidende Geschehen der Eucharistie allen Teilnehmenden zugänglich zu machen im Deutschen in der Fassung: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ ruft auf zum Bekenntnis des unfassbaren Geschehens in der Feier der Eucharistie, dass wir Christi Tod und Auferstehung feiern dürfen in der Erwartung seines endzeitlichen Kommens Dass sich der Ruf, entgegen der Struktur des priesterlichen Vorstehergebetes, an Christus und nicht an den Vater wendet, ist hinnehmbar Volksruf und Gesang unterlagen nie den strengen Regeln der Gebetsrichtung Weitere Akklamationen in den Hochgebeten für Messfeiern mit Kindern, in anderen Riten und in anderen Ortskirchen

95 3.1 Das eucharistische Hochgebet
3.1.4 Die Hochgebete im Einzelnen Das Erste Hochgebet: Der Römische Kanon Herzstück des heutigen Römischen Kanons ist schon um das Jahr 390 in den Katechesen des Bischofs Ambrosius von Mailand bezeugt Gegen 500 dürfte der Römische Kanon im Wesentlichen seine endgültige Gestalt gefunden haben Analyse der praefatio communis (Aufnahme der Volksakklamation, Beifügungen bei der Anrede, Endstück als Überleitung zur Sanctusakklamation) Te igitur: Mittlerschaft Christi Drei Gruppen bei der Diptychenlesung (In primis: Die über die ganze Erde verbreitete Kirche; Memento: Gedächtnis der konkret versammelten Gemeinde; Communicantes: Gemeinschaft der Heiligen – 12 Apostel und 12 Märtyrer) Hanc igitur: Bitte um Annahme des Opfers

96 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Das Erste Hochgebet: Der Römische Kanon Quam oblationem: Epikletische Wandlungsbitte Abendmahlsbericht: Qui pridie (Konsekration des Leibes) – Simili modo (Konsekration des Blutes) Memores offerimus: Anamnese (Heilsgedächtnis) Supra quae: Bitte um Annahme des Opfers Supplices: Kommunionbitte – ursprüngliche Epiklese des Kanons Memento: Gedächtnis der leidenden Kirche Nobis quoque: Anempfehlungsbitte für den zelebrierenden Klerus mit zweiter Heiligenreihe (14 Märtyrer: 7 Männer- 7 Frauen) Per quem: Mittlerschaft Christi Per ipsum: Schlussdoxologie Zunächst hatte man geplant, den Text zu vereinfachen; doch hat man es vorgezogen, ihn in seiner archaischen Kraft stehen zu lassen

97 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Das Zweite Hochgebet: Hippolyt Viele Elemente des zweiten Hochgebetes gehen auf dasjenige zurück, das uns die dem Hippolyt von Rom zugeschriebene „Traditio Apostolica“ aus dem frühen 3. Jh. überliefert Präfation des zweiten Hochgebetes ist austauschbar, obwohl dadurch der Gebetsduktus des von der Traditio überlieferten Textes nicht gewahrt wird die Präfation dankt für die Schöpfung durch das Wort, für die Menschwerdung des Wortes, für seinen Tod und seine Auferstehung ursprünglicher Text der Traditio geht nahtlos in den Einsetzungsbericht über, da er kein Sanctus kannte Einführung eines Postsanctus zur Überleitung zu Epiklese und Einsetzungsbericht Wandlungsepiklese: Spiritus tui rore sanctifica Anamnese und Darbringungsgebet sind im 2. Hochgebet miteinander in aller Kürze vereinigt

98 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Das Zweite Hochgebet: Hippolyt Auf die Darbringung folgt unmittelbar ein Dank Kommunionepiklese: Anteilhabe an Christi Leib und Blut In den Interzessionen wird die hierarchische Struktur besonders erwähnt (Papst, Bischof, Priester, Diakone, alle im Dienst der Kirche), aber auch, und zwar vor der Bitte für den Klerus, die über den ganzen Erdkreis verstreute Kirche Memento der Verstorbenen und Gedächtnis der Heiligen Im zweiten Hochgebet wird urkatholisches Glaubens- und Gebetsgut zur Sprache gebracht Nachteil: etwas kurz, leicht „abgedroschen“ sinnvoll, das zweite Hochgebet stets zusammen mit der zu ihm gehörenden Präfation zu beten

99 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Das Dritte Hochgebet: Neuschöpfung (Vagaggini u.a.) Anregung des italienischen Liturgietheologen Cipriano Vagaggini Drei theologische Aspekte: 1. Betonung des Wirkens des Heiligen Geistes in der Heilsgeschichte und besonders in der Eucharistie. 2. Betonung der Tatsache, dass in der Eucharistiefeier die Kirche zunächst Christus selbst und sein Opfer und in der Folge auch sich selbst darbringt. 3. Gewollte Nüchternheit in der Kommemoration der Heiligen Nach der Reformarbeit macht das dritte Hochgebet einen recht geschlossenen und einheitlichen Eindruck Verzicht auf eine eigene Präfation Postsanctus: Lobpreis auf die ganze Schöpfung und Gottes Wirken in der Heilsgeschichte Gedankengang von der Heiligung der Welt findet seine organische Fortsetzung in der Epiklese Einsetzungsbericht ist an den Canon Romanus angelehnt und gründet auf dem paulinischen Bericht 1 Kor 11,23-26

100 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Das Dritte Hochgebet: Neuschöpfung (Vagaggini u.a.) In der Anamnese ist die eschatologische Dimension deutlich vorhanden Kommunionepiklese: Der Heilige Geist wird nicht direkt auf die Gläubigen herabgerufen, um sie zu einem guten Kommunionempfang zu bereiten, sondern seine Gnadengaben erscheinen geradezu als Frucht der Kommunion Kurzes, nüchternes Heiligengedächtnis (Vagagginis Wunsch) Fürbitten für die pilgernde Kirche: Bitte um Frieden und Heil als Früchte des Friedens mit Gott; Bitte für die Kirche als Pilgerin auf dem Weg zur Vollendung unter der Leitung ihrer Vorsteher; Bitte über die Kirche hinaus für alle verstreuten Kinder Gottes Gedanke der Gemeinschaft findet seine eschatologische Erweiterung in der Totenfürbitte (Einschub für die Totenmessen ist eine Zusammenstellung verschiedener biblischer Bilder aus den Johannes- und Paulusbriefen) Schlussdoxologie: eschatologische Zielsetzung

101 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Das Vierte Hochgebet: Ostkirche erinnert an ostkirchliche Anaphoren und lehnt sich an antiochenische Traditionen des Hochgebets an, das möglichst alle Heilsdaten nennen will Ebenfalls ostkirchlicher Überlieferung entspricht, dass das vierte Hochgebet kein Auswechseln der Präfation gestattet die hymnische Schilderung der Heilsgeschichte beginnt mit der Präfation und geht nach dem Sanctus der Gemeinde bruchlos weiter (das vierte ist darum das „heilsgeschichtliche Hochgebet“) Feste Präfation: Christus wird erst nach dem Sanctus genannt die alle Heiligung vollendende Tätigkeit des Heiligen Geistes lenkt auf die Epiklese über, mit der ein in sich geschlossener Kanonteil beginnt, der aus Epiklese, Einsetzungsbericht, Anamnese, Bitte um Annahme des Opfers und Zuwendung seiner Früchte besteht ausgeprägteste Epiklese unter allen Hochgebeten (Zeitpunkt der Wandlung wird bewusst offen gelassen)

102 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Das Vierte Hochgebet: Ostkirche Einsetzungs- oder Stiftungsbericht: Der Text stellt das Abendmahl in den „Kairos“, den entscheidenden „Zeitpunkt“ nach der Theologie des Johannesevangeliums, in die entscheidende Stunde des Erlösungsvorganges von Kreuzigung, Tod und Auferstehung Anamnese: nicht nur rückwärts gewandt auf die Heilstaten, sondern auch das eschatologische Heil der Vollendung vorwegnehmend (gelungene Verankerung des Opfercharakters) Kommunionepiklese: Die Gemeinde nimmt Teil an dem Leib und Blut der Opfergabe Christus Interzessionen: das ganze Volk in seiner hierarchischen Struktur; alle Menschen, die Gott mit aufrichtigem Herzen suchen; Verstorbene Eschatologischer Schluss: es ist das Wesen des Menschen schlechthin, Gottes Kind und Erbe des Himmels zu sein - die Ecclesia triumphans erscheint stellvertretend in der Gottesmutter in der Erwähnung der Apostel und aller Heiligen Schlussdoxologie: Vergegenwärtigung der gesamten Heilsgeschichte

103 3.1 Das eucharistische Hochgebet
Weitere Hochgebete Weitere Hochgebete entstanden in den Jahren nach dem Konzil 1974: drei Hochgebete für die Messfeier mit Kindern (viele Akklamationen) 1975: zwei Hochgebete zum Thema „Versöhnung“ 1970: Hochgebet für die Messfeier mit Gehörlosen Schweiz 1974, von Rom approbiert 1991: Hochgebet für Messen für besondere Anliegen mit vier unterschiedlichen Präfationen und darauf bezogenen Interzessionen (aufgenommen in die neue lateinische Editio typica von 2002) neben diesen offiziellen Hochgebeten erschienen, besonders in den Niederlanden, seit Ausgang der 60er Jahre des 20. Jhs eine ganze Reihe von Hochgebeten privater Herkunft, die aber niemals zum Gebrauch in der Liturgie zugelassen waren

104 3.2 Der Kommunionteil 3.2.1 Das Herrengebet
In allen Riten steht vor der Austeilung der heiligen Kommunion das Vaterunser hat nicht vor allem wegen der Brotbitte mit der Eucharistie zu tun Bitte um das Kommen des Gottesreiches gehört zum ursprünglichsten Inhalt der Eucharistie Nicht ohne Grund steht dem ersten Wort „Vater“ des Gebets als letztes Wort der „Böse“ gegenüber; in diese Spannung zwischen Gott und dem Widersacher weiß sich die Jüngergemeinde hineingestellt Vaterunser ist Gebet um Sündenvergebung und dient der Vorbereitung auf den Kommunionempfang Papst Gregor der Große ( ) hat das Vaterunser ohne Zäsur eng an das Eucharistische Hochgebet angeschlossen Sprechen durch die ganze Gemeinde war zunächst nicht das Normale, ist aber seit dem Missale von 1970 selbstverständlich

105 3.2 Der Kommunionteil 3.2.1 Das Herrengebet
Einleitung: verschiedene Formeln möglich; Ort für eine freie Hinführung, aber keine zweite Predigt Schluss / Embolismus: akzentuiert das Böse zunächst auf die Kriegsnöte der Völkerwanderungszeit und bittet nachdrücklich um Frieden Daran schließt sich sehr sinnvoll die altchristlich Doxologie „Denn dein ist das Reich…“ an, mit der sich die Christenheit dem Vater anvertraut Dass der Priester beim Herrengebet die Orantenhaltung einnimmt, geht darauf zurück, dass es seit Gregor als Amtsgebet verstanden wurde, dass allein vom Priester gebetet werden sollte und die Gläubigen nur mit der letzten Bitte „sed libera nos a a malo“ daran beteiligt waren Seitdem es wieder ein echtes Gemeindegebet geworden ist (una cum populo), ist die Orantenhaltung zwar vorgeschrieben, aber eigentlich inkonsequent Entweder müssten Priester, Konzelebranten und Gemeinde gemeinsam die Hände falten oder alle die urchristliche Orantenhaltung vollziehen (vgl. Abtei Fulda)

106 3.2 Der Kommunionteil 3.2.2 Der Friedensgruß
In den meisten Liturgiefamilien steht der Friedensgruß am Ende der Fürbitten als Abschluss und Besiegelung des Gläubigengebets Im römischen Ritus: innere Beziehung zum Kommunionempfang Die Glieder der Gemeinde müssen untereinander ausgesöhnt sein und miteinander Frieden haben, damit es zur wirklichen Kommunion, zur Gemeinschaft mit und um Christus kommen kann Geschichtliche Entwicklung: im römischen Raum Umarmung, im germanischen Raum andere Formen Missale Romanum 1570: Friedenskuss mit Hilfe der Paxtafel Heute gilt: Die Form (Umarmung, Kuss, Händereichen, freundliches Zunicken) soll die jeweilige Bischofskonferenz festlegen GORM (Nr. 154): Priester soll bei der Weiterreichung des Friedensgrußes immer innerhalb des Altarraumes bleiben Priester spricht das Friedensgebet nicht als Oration, sondern mit gefalteten Händen und variabler Einleitung

107 3.2 Der Kommunionteil 3.2.3 Das Brotbrechen
Das Brotbrechen gehört von Anfang an zum Ritus der christlichen Eucharistie, ja der Begriff „Brotbrechung“ (fractio panis) wurde zu einer der ältesten Bezeichnungen für das Herrenmahl zwei Leitlinien: Einheitsgedanke und Opfermotiv Der Mahlvorgang des Brotbrechens, der im wörtlichen Sinn die „Teilnahme“ erst ermöglicht, weist zurück auf das Kreuzesopfer, an dem wir in der Messfeier Anteil bekommen Das zunächst praktisch erforderliche Brechen des Brotes ist durch den Einheitsgedanken und das Opfermotiv aufs Innigste in das geistliche Geschehen der Eucharistie einbezogen „Lied zur Brechung“ (confractorium): stadtrömische Liturgie führte einen immer gleichbleibenden Ruf ein, der mit Zwischenpausen ständig wiederholt wurde, bis die Brechung zu Ende war: das Agnus Dei Ab dem 9. Jh. dritte Bitte: „Dona nobis pacem“

108 3.2 Der Kommunionteil 3.2.3 Das Brotbrechen
seit dem 11./12. Jh. gibt es für die Volkskommunion vorgefertigte kleine Scheibchen, keine größeren Brote mehr GORM (Nr. 321): „Die Zeichenhaftigkeit verlangt, dass die Materie der Eucharistie tatsächlich als Speise erkennbar ist. Daher soll das eucharistische Brot, auch wenn es ungesäuert ist und in der herkömmlichen Form bereitet wird, so beschaffen sein, dass der Priester in einer mit dem Volk gefeierten Messe das Brot wirklich in mehrere Teile brechen und diese wenigstens einigen Gläubigen reichen kann. Die kleinen Hostien werden jedoch keineswegs ausgeschlossen, wenn die Zahl der Kommunizierenden oder andere seelsorgliche Gründe sie erforderlich machen.“ Überlegung, ob nicht eine größere „Konzelebrationshostie“ mit einem Umfang von cm angebracht wäre, um das gemeinsame Essen vom einen Brot besser sichtbar zu machen (v.a. für kleinere Gruppen)

109 3.2 Der Kommunionteil 3.2.4 Die Mischung (Commixtio)
Beimischung eines Stückes von dem konsekrierten Brot in den Kelch Einheit von Fleisch und Blut: Bekenntnis zum neuen Leben des Herrn, zu seiner Auferstehung, die eine Fortsetzung der Feier des Herrenmahles erst möglich macht Einheit von Menschheit und Gottheit: Die Mischung ist für dieses Denken „sichtbare Epiklese“, der man im Mittelalter konsekrierende Kraft zugeschrieben hat. Am Karfreitag senkte man damals ein Stück von der am Gründonnerstag konsekrierten Hostie in den Kelch mit dem ungeweihten Wein in der Überzeugung, der Wein werde durch die Beimischung der Hostie konsekriert Einheit der Kirche: Mischungsbrauch ist in der römischen Messfeier aus der Tradition des Fermentums entstanden, war darum früher auch vor der Brotbrechung vorgesehen. Er konkretisiert den Frieden unter den Brüdern und Schwestern, die Einheit der Kirche; denn nur so schenkt uns der Empfang des Leibes und Blutes Christi ewiges Leben

110 3.2 Der Kommunionteil 3.2.4 Die Mischung (Commixtio)
Begleitwort, das der Priester bei der Mischung spricht, heißt in der deutschen Übersetzung: „Das Sakrament des Leibes und Blutes Christi schenke uns ewiges Leben.“ offen für eine Übernahme des Gedankengangs der Einheit von Menschheit und Gottheit Consignatio: die Bekreuzigung des Kelches mit der eucharistischen Partikel ist nach der erneuerten Liturgie nicht mehr vorgesehen Die Rubrik sagt ganz einfach, dass ein kleines Fragment der Hostie vom Priester in den Kelch gesenkt wird

111 3.2 Der Kommunionteil 3.2.5 Die Spendung der Kommunion
im Osten und Westen wird der Kommunionempfang ab dem 4. Jh. mehr und mehr als eine Sonderleistung empfunden, nicht mehr als die normale Teilnahme an der Messfeier Dekret des Papstes Pius X. über die tägliche Kommunion im Jahre 1905 hat die regelmäßige häufige Kommunion wieder möglich gemacht Art und Weise, wie die Glieder der Gemeinde die eucharistischen Gaben empfangen, wird im Laufe der Zeit von zunehmender Ehrfurcht geprägt (vgl. Cyrill von Jerusalem: „Mache die linke Hand zu einem Thron für die rechte, die den König empfangen soll.“) Aufkommen der Mundkommunion im Mittelalter; heute frei, zwischen Hand- oder Mundkommunion zu wählen Dialog zwischen Spender und Empfänger im Lauf der Jahrhunderte veränderbar Kniender Kommunionempfang allgemeiner Brauch ab dem 16. Jh. AEM: bei stehendem Empfang vorher Zeichen der Verehrung

112 3.2 Der Kommunionteil 3.2.5 Die Spendung der Kommunion
Kelchkommunion: Verschiedene Praktiken im Osten und Westen; wurde im Westen nicht verboten, sondern verschwand allmählich durch den Nichtgebrauch des Angebotes Heute ist das Bewusstsein für sinnenfällige Zeichen wieder stärker da: erst im Empfang der beiden Gestalten von Brot und Wein wird das Zeichen wirklich sinnenhaft verstanden Kommuniongesang: bestand zunächst aus einem geeigneten Psalm, in dessen Verse die Gemeinde immer wieder mit einem kurzen Ruf einfiel; beginnt sofort mit der Kommunion des Priesters und nicht erst, wie vielfach üblich, wenn die Gemeinde herantritt Kommunionvers: regelmäßig der Heiligen Schrift entnommen; häufig greift er auf das Tagesevangelium zurück Notwendigkeit der Stille Möglichkeit der Musik ohne Gesang (Orgelspiel o.ä.)

113 3.2 Der Kommunionteil 3.2.6 Abschluss des Kommunionteils
Kommunionteil der Messe wird durch Gebet abgeschlossen, das hier deutlicher als sonst in mehreren Stufen geschieht Bedeutung der Stille – Priester an seinem Sitz Dankgesang: richtet sich an Christus oder an den Vater, nicht aber an Maria oder sonst eine oder einen Heiligen Möglichkeit des Vortrags eines geeigneten meditativen Textes durch einen Sprecher, der dazu aber nicht an den Ambo (dem Ort der Verkündigung des Wortes Gottes) treten sollte Schlussgebet: Bittgebet – häufig um die Erfüllung dessen, was die gottesdienstliche Feier verspricht; Ort des Schlussgebets: Priestersitz oder Altar Zum Abschluss der Kommunion gehören auch das Abräumen des Altares (mit Messbuch und Korporale) und die Reinigung der heiligen Gefäße, v.a. der Kommunionschale und des Kelches (Ort der Purifizierung: Kredenz)

114 3.3 Die Gabenbereitung Volkstümliche Katechese: Dreiteilung der Messe in Opferung, Wandlung, Kommunion Problematik des Begriffs Opferung (von Offertorium) Die Neuausgabe des Messbuchs vermeidet wegen möglicher Missverständnisse den alten Namen Offertorium und spricht von der „Gabenbereitung“ (praeparatio donorum) Auch der Begriff „Gabenbereitung“ ist missverständlich: Bereitet werden nicht die Gaben, sondern der Altar (weißes Tischtuch, Korporale, Kelch, Purifikatorium) Dann folgen drei Teile: I. Die Gaben werden in festlicher Prozession herbeigebracht II. Die Gaben werden unter Riten und Gebeten auf dem Altar niedergelegt III. Der ganze Vorgang wird mit Gebet abgeschlossen

115 3.3 Die Gabenbereitung 3.3.1 Die Prozession mit den Gaben
Brot, Wein und Wasser müssen zur Verfügung stehen Es war von Anfang an selbstverständlich, dass diese Gaben von den Teilnehmern mitgebracht wurden Verschiedene Praxis in der byzantinischen und der römischen Liturgie (hier zogen die Teilnehmer am Beginn der eigentlichen Eucharistiefeier persönlich in Prozessionsreihen zum Altar und legten ihre Gaben in die Hand des Bischofs und der Priester) Als die Naturalwirtschaft aufhörte, konnten Brot und Wein nicht mehr sinnvoll gespendet werden; seither bringen die Gläubigen ihre Spenden in Form von Geldgaben zum Gottesdienst Beim sog. „Opfergang“ wird kein Opfer dargebracht Brot und Wein sind keine „Opfergaben“ Gabenprozession: ein von den Päpsten mit Nachdruck gefordertes Zeichen (vgl. WJT)

116 3.3 Die Gabenbereitung 3.3.1 Die Prozession mit den Gaben
Im Opfergang bringt der Einzelne seine Sorgen und Ängste zum Ausdruck in der Eucharistie, die er mitfeiert (vgl. römisches Hochgebet) Als seit dem hohen Mittelalter der Opfergang seinen erkennbaren Bezug zum Messgeschehen verlor und immer weniger geübt wurde, reichten die Gläubigen dem Priester außerhalb der Messfeier eine Gabe mit der Bitte, ihr Anliegen in der Messe vorzubringen (in einem komplizierten Prozess hat sich daraus das heutige Messstipendium entwickelt) Gefahr: Leute „bestellen“ und „bezahlen“ eine Messe, ohne an ihr überhaupt teilzunehmen Chance: Möglichkeit, als Teilnehmer einer Messfeier einer besonderen Gebetsbitte auch spür- und sichtbaren Ausdruck zu verleihen Der Gabengesang ist ein Prozessionslied (in den überlieferten Texten kommt nicht der Opfergedanke zum Ausdruck, sondern das Motiv des freudigen Hinzutretens) und endet darum, sobald die Gaben entgegengenommen und auf dem Altar niedergestellt sind Danach ist eine kurze Stille sinnvoll

117 3.3 Die Gabenbereitung 3.3.2 Das Niederlegen von Brot und Wein
Niederlegung des Brotes auf den Altar Mischung von Wein und Wasser mit Begleitgebet (Diakon: möglichst an der Kredenz; Priester: an der Seite des Altars) Altarinzens: Entstehung, Art und Weise Gebete beim Niederstellen von Brot und Wein (Dilemma: Nachdem das eigentliche Gebet über die Gaben im Eucharistischen Hochgebet geschieht, können die Begleitgebete inhaltlich nichts anderes bringen als eine Vorausnahme von Motiven des Hochgebets) Art der jüdischen Lobpeisgebete (berakah) – an dieser Stelle kein Opfer, sondern ein „Vor-Gott-bringen“ Doppelte Bedeutung von offerimus: Darbringung (Vor-Gott-bringen) und Hingabe; letzteres kommt im priesterlichen Hingabegebet zum Ausdruck, das an Dan 3 orientiert ist insgesamt fünf (stille) Gebete, die der Priester bei der Gabenbereitung bzw. beim Niederlegen von Brot und Wein zu verrichten hat

118 3.3 Die Gabenbereitung 3.3.3 Das Gebet über die Gaben
Drei Elemente: Händewaschung – Gebetseinladung – Gabengebet Händewaschung / Lavabo: Kein praktischer Reinigungsvorgang, sondern urmenschlicher Brauch, sich spürbar auf das Beten vorzubereiten Der Priester lässt sich dazu seitlich vom Altar aus einem Krug (also möglichst nicht aus dem Kännchen für die Mischung) Wasser über die Hände (nicht nur die Fingerspitzen) gießen und trocknet sie dann mit einem eigenen Tuch (nicht mit einem zweiten Kelchtüchlein) Er spricht dabei ein Gebet mit der Bitte um innere Reinheit, orientiert an Ps 51, 4 („Wasch meine Schuld von mir ab, und mach mich rein von meiner Sünde!“) Vorschlag M. Kunzler: Alle, die sich an der Austeilung der Kommunion beteiligen, sollen sich zum Zweck der Buße und Selbstheiligung zum bevorstehenden Dienst die Hände waschen lassen (sowohl als spirituelle Vorbereitung als auch in hygienischer Hinsicht)

119 3.3 Die Gabenbereitung 3.3.3 Das Gebet über die Gaben
Orate fratres: Aufforderung leitet nicht nur das Gabengebet ein, sondern war und ist auf das Hochgebet hingerichtet Oratio periculosa: Priester wandte sich vor dem gefahrvollen Schritt ins Hochgebet an die Mitbrüder und die ganze Gemeinde und rief ihnen zu: Es ist doch eure Sache, es ist doch auch euer Opfer; betet für mich, dass ich meinen Dienst recht verrichte Antwort des Volkes kam erst später auf (Suscipiat) Sinn des Suscipiat: Einheit zwischen dem Opfer Christi, dem darzubringenden Opfer des Priesters und dem Opfer der Gemeinde - Es ist unser gemeinsames Opfer, das darin besteht, am Opfer Christi Anteil zu haben Drei Formen der Gebetseinladung (Form A: „Lasst uns beten zu Gott, dem allmächtigen Vater, dass er die Gaben der Kirche annehme zu seinem Lob und zum Heil der ganzen Welt.“; Form B: „Lasset uns beten.“; Form C: Orate fratres + Suscipiat)

120 3.3 Die Gabenbereitung 3.3.3 Das Gebet über die Gaben
Gebet über die Gaben (Oratio super oblata): Gehört zusammen mit dem Tagesgebet und dem Schlussgebet zu den Präsidialgebeten des Priesters und beendet – ähnlich wie die beiden anderen – einen Teil der Messe, in diesem Fall die Gabenbereitung Gabengebete benennen einerseits die Situation am Ende der Bereitung (das Volk ist um den Altar versammelt und erwartet das eucharistische Hochgebet), andererseits greifen sie verschiedene Bitten auf Im Messbuch von 1970/75 gibt es neben den Gabengebeten für die einzelnen gebotenen Gedenktage, Feste, Hochfeste und Sonntage insgesamt weitere 12 Gabengebete zur Auswahl Als entscheidendes Korrektiv steht am Ende eines jeden Gabengebetes die Schlussformel „durch Christus, unseren Herrn“ Fazit: Gerade die Gabenbereitung macht deutlich – Die gesamte Feier der Eucharistie ist ganz und untrennbar Teilhabe zugleich am Mahl und am Opfer des Herrn

121 3.4 Die Liturgie des Wortes
3.4.1 Die Einheit von Wortgottesdienst und Eucharistiefeier Es ist nicht sicher, dass die christlichen Gemeinden gottesdienstliche Zusammenkünfte in der Form organisierter Wortgottesdienste gehalten haben Die selbständige Wortverkündigung ist zunächst ein missionarischer Vorgang, mit dem die Apostel sich an die Außenstehenden wenden Schon am Anfang steht die Einheit von Wort- und Sakramentsgottesdienst Unabhängig davon ist ziemlich sicher, dass sich im 4. Jh. der jüdische Synagogengottesdienst und der Wortgottesdienst der Christen gegenseitig beeinflusst haben Wort und Sakrament stehen im christlichen Gottesdienst allerdings nicht einfach parallel; vielmehr gibt es eine innere Bewegung, ein Weiterschreiten vom Wort zum Sakrament II. Vatikanum: „Die beiden Teile, aus denen die Messe gewissermaßen besteht, nämlich Wortgottesdienst und Eucharistiefeier, sind so eng miteinander verbunden, dass sie einen einzigen Kultakt ausmachen“ (SC 56)

122 3.4 Die Liturgie des Wortes
3.4.1 Die Einheit von Wortgottesdienst und Eucharistiefeier Wortgottesdienst muss nicht immer seine Vollform aufweisen Andererseits gilt: Seit dem II. Vatikanischen Konzil soll jede liturgische Feier (selbst die Feier der Buße in Form der Einzelbeichte) wenigstens ein kurzes Schriftwort enthalten Nicht aus historischem Interesse wird in der Liturgie aus der Bibel vorgelesen. Vielmehr soll dadurch das darin geborgene Heilsereignis gegenwärtig werden. Was beim sakramentalen Wort, z.B. in der Beichte beim „Ich spreche dich los“, dem Glaubenssinn selbstverständlich ist, gilt in der Grundstruktur von jedem Wort der Verkündigung: Es ereignet sich, was es sagt.

123 3.4 Die Liturgie des Wortes
3.4.2 Der Aufbau des Wortgottesdienstes Grundschema: Lesung – antwortender Gesang – Volksgebet, abgeschlossen durch den Priester Heutiger Aufbau: erste Lesung – Graduale (Zwischengesang) – zweite Lesung – Halleluja – Evangelium – Predigt – Credo – Fürbitten Ob die römische Liturgie jemals allgemein zwei Lesungen vor dem Evangelium gekannt hat, ist bis heute nicht geklärt Unabhängig davon wollte das Zweite Vatikanische Konzil den Gemeinden den Tisch des Gotteswortes reichlicher decken DBK: Möglichkeit, bei seelsorgerlicher Notwendigkeit eine der beiden ersten Lesungen auszulassen (GORM jetzt anders) Sonntags meist 1. Lesung und Evangelium aufeinander abgestimmt der Psalm wird, weil ein Schriftwort, vom Ambo aus verkündet; seinem Wesen nach muss er von einem Kantor gesungen werden; im Notfall wird er stattdessen von einem Lektor nur sprechend vorgetragen Möglichkeit eines Psalmlieds

124 3.4 Die Liturgie des Wortes
3.4.2 Der Aufbau des Wortgottesdienstes Auf die zweite Lesung erfolgt keine eigene Antwort; der Halleluja-Gesang gehört zum Evangelium, er begleitet die feierliche Prozession Halleluja auch nach dem Evangelium sinnvoll Homilie: Der Vorsteher legt der Gemeinde das Gotteswort aus die Gemeinde antwortet im Glaubensbekenntnis Das Fürbittgebet beschließt als Antwort der Gemeinde auf die vernommene Heilszusage den Verkündigungsteil der Eucharistiefeier Rituelle Gestaltung: Bedeutung des Ambo Vortrag der Lesungen ist nicht Sache des Priesters Rechte Ausübung des Lesedienstes im Gemeindegottesdienst fordert eine Reihe natürlicher Voraussetzungen Hohe Bedeutung des Evangeliums: Evangeliar, Prozession, Selbstbekreuzigung, Kantillation, eigene Gebete des Diakons / Priesters, Akklamation der Gemeinde

125 3.4 Die Liturgie des Wortes
3.4.3 Die einzelnen Elemente des Wortgottesdienstes Die Perikopen Zunächst hat man einen Brief oder ein Buch der Schrift in aufeinanderfolgenden Gottesdiensten fortlaufend weitergelesen; man spricht von lectio currens (lateinisch für „laufende Lesung“) oder lectio continua Später wählte man von vornherein bestimmte Abschnitte für die Verkündigung aus, die man Perikopen nennt (nach dem griechischen Wort perikopto = ringsum abschneiden) Die Sonntagsreihe ordnet den drei Jahren A, B und C je eines der drei synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) zu, die in ihrem Jahr jeweils fortlaufend gelesen werden Das Evangelium nach Johannes kommt nach alter Tradition in allen Jahren an den Sonntagen vor und nach Ostern zur Geltung Die alttestamentlichen Lesungen sind in Entsprechung zu den jeweiligen Evangeliumsperikopen ausgewählt

126 3.4 Die Liturgie des Wortes
Die Perikopen Sonntage: Während in den besonderen Zeiten (Advent und Weihnachtszeit, Fasten- und Osterzeit) alle drei Lesungen nach Möglichkeit unter einem gemeinsamen Thema stehen, bietet unterm Jahr die zweite Lesung eine fortlaufende Verkündigung der Briefe ohne erkennbaren Bezug auf die beiden anderen Lesungen Wochentage: Für die erste Lesung ist ein Zyklus von zwei Jahresreihen ausgearbeitet; dabei lesen Jahre mit ungerader Zahl Reihe I, mit gerader Zahl Reihe II. In diesem Zyklus werden praktisch alle Bücher der Schrift in ihren wesentlichen Teilen fortlaufend gelesen; Altes und Neues Testament wechseln sich dabei alle paar Wochen ab Diese Werktagsordnung gilt auch an einfallenden Gedenktagen von Heiligen; sie wird nur unterbrochen durch Feste und Hochfeste und besondere Anlässe wie Trauungen und Beerdigungen

127 3.4 Die Liturgie des Wortes
Der Psalm – psalmus responsorius Auf die erste Lesung antwortet gemäß dem Grundschema der Wortverkündigung ein Psalm Dreifache Funktion des Psalms: Verkündigung, Gesang, Besinnung Die genannten Funktionen drängen auf eine Beteiligung der Gemeinde Im Psalm antwortet die Gemeinde auf die Machttat Gottes, die in der Verkündigung an ihr Wirklichkeit wird Die Lektionare bieten zu jeder ersten Lesung sorgsam ausgesuchte Psalmverse, die vom Sänger vorgetragen werden sollen, und nennen dazu einen Kehrvers der Gemeinde statt des vorgesehenen Psalms kann auch das frühere Graduale gesungen werden (möglichst von einer Schola), das den Psalm auf einen einzigen Vers verkürzt, dafür Responsum und Vers musikalisch ausgestaltet Das deutsche Messbuch sieht als Übergangsform auch vor: „Im Notfall darf der Antwortpsalm durch einen anderen dazu geeigneten Gesang ersetzt werden“. Dies sollte allerdings kein beliebiges Lied, sondern ein Psalmlied sein

128 3.4 Die Liturgie des Wortes
Der Ruf vor dem Evangelium unterscheidet sich grundsätzlich vom Psalm: Er ist ohne Bindung an eine vorausgehende Lesung, er wird nie vom Sänger am Ambo aus angestimmt, sondern ist Aufgabe der Schola und ihrer Kantoren begleitet den festlichen Zug, in dem das Evangelienbuch mit Weihrauch und Lichtern zum Ambo gebracht wird kann nur gesungen, nie gesprochen werden In der vorösterlichen Bußzeit verzichtet Rom nach altem Brauch auf das Halleluja (anders die byzantinische Liturgie); an seine Stelle tritt eine andere Christusakklamation, z.B. „Lob sei dir, Herr, König der ewigen Herrlichkeit“ (GL 173,1) oder „Lob dir Christus, König und Erlöser“ (GL 562) Das germanische Mittelalter entwickelte eine Erweiterung des Hallelujarufes in der Form der Sequenz Im deutschen Messbuch bis heute: Victimae paschali laudes (Ostern), Veni sancte spiritus (Pfingsten), Lauda Sion (Fronleichnam), Stabat mater (Gedenktag der Schmerzen Mariens) Die berühmte Sequenz für die Totenmesse (Dies irae) wurde gestrichen

129 3.4 Die Liturgie des Wortes
Die Homilie Frühere Praxis: Predigt galt deutlich als eine Unterbrechung der Messfeier; der Priester legte Manipel und Messgewand ab, die Kerzen am Altar wurden gelöscht II. Vatikanum: Predigt ist Teil der Liturgie selbst In der sonntäglichen Homilie ist der Priester nicht in der Rolle des Missionars, nicht in der Situation des Moralpredigers und nicht in der Lage des Apologeten Die sonntägliche Homilie richtet das Wort an Getaufte, deren Herz für das Wort Gottes geöffnet ist Die Homilie ist wichtigster Dienst des der Messfeier vorstehenden Priesters (auch wochentags) Laien können hingegen nur in anderen Gottesdiensten, etwa in der Stundenliturgie, eine Homilie halten Ort der Homilie ist an erster Stelle der Vorstehersitz des Priesters Das früher zu Beginn und am Schluss der Homilie übliche Kreuzzeichen hat seinen Sinn verloren

130 3.4 Die Liturgie des Wortes
  Das Credo eigentlicher Ort des Credo ist die Tauffeier Um 500 wurde im Osten das Credo als Taufbekenntnis in den eucharistischen Gottesdienst eingeführt Rom nahm das Credo auf Drängen des deutschen Kaisers Heinrich II. im Jahre 1014 widerstrebend in die Messfeier an Sonn- und Festtagen auf Das für die Messfeier vorgesehene Nizänisch-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis (GL 356) ist vermutlich aus dem Taufbekenntnis der Jerusalemer Kirche erwachsen Das alte Taufbekenntnis der römischen Kirche, das in der Karolingerzeit überarbeitet und wieder in die Tauffeier aufgenommen wurde, liegt in unserem kürzeren Apostolischen Glaubensbekenntnis (GL 2,5) vor GORM kennzeichnet es deutlich als Abschluss des Wortgottesdienstes Die Sinngebung für das Credo wird das Taufmotiv bleiben, die Erneuerung der persönlichen Entscheidung für den dreieinigen Gott

131 3.4 Die Liturgie des Wortes
Die Fürbitten – Das Allgemeine Gebet der Gläubigen In Rom fand das Fürbittgebet einen ersten Niederschlag um die Wende des 1. Jhs im Ersten Klemensbrief (Kapitel 59-61) Das in der Karfreitagsliturgie erhaltene römische Gläubigengebet dürfte ins 3. Jh. zurückreichen Die liturgische Bewegung belebte das Fürbittgebet das II. Vatikanum ordnete an, dass besonders an Sonn- und Feiertagen „unter Teilnahme des Volkes Fürbitten gehalten werden für die heilige Kirche, für die Regierenden, für jene, die von mancherlei Not bedrückt sind, und für alle Menschen und das Heil der ganzen Welt“ (SC 53) Keine „Uns-Bitten“, sondern „Für-Bitten“ Soll das Gläubigengebet wirklich das Allgemeine Gebet der Gläubigen sein, muss es von allen Gliedern der versammelten Gemeinde getragen sein Ausführender: Diakon (bis auf Gebetssatz am Ende) Adressat: Gott Vater oder Jesus Christus

132 3.5 Eröffnung und Entlassung
3.5.1 Der feierliche Einzug Papst begab sich für die großen gemeinsamen Gottesdienste der römischen Stadtkirche mit großem Gefolge in festlichem Zug zur jeweiligen Stationskirche. Dort wechselte er zunächst die Kleidung in einem Vorraum und legte seine Amtsinsignien an Bedeutung der liturgischen Paramente (Tunika, Planeta, Pallium, Manipel) Weihrauch – Lichter – Kreuz Das Voraustragen des Kreuzes gehört ganz natürlich zu jeder Prozession von Christgläubigen. Das Vortragskreuz wurde vor oder neben dem Altar aufgestellt Bedeutung der Beweihräucherung (anfangs abgelehnt, später Ausdruck der Reinigung, Entsühnung und Heiligung) Umschreiten des Altars – wird so aus dem Alltag ausgegrenzt und hervorgehoben als Ort besonderer Gottesgegenwart Bedeutung des Eröffnungsverses (Antiphona ad introitum)

133 3.5 Eröffnung und Entlassung
3.5.2 Christushuldigungen In und außerhalb Roms geschah die Eröffnung der Messfeier vor allem durch huldigende Zurufe an den Kyrios, den Herrn, der sein Volk zusammengerufen hat Hilfreich zum rechten Verständnis des Kyrie kann auch der mittelalterliche Brauch sein, den Ruf durch einen Einschub, einen Tropus, zu erweitern Falsch wäre es, den Kyrie-Ruf durch Bußrufe zu erweitern Kyrie richtet sich ausschließlich an Christus Von seiner Entstehung her ist der Kyrie-Ruf Sache der versammelten Gemeinde. Es ist nicht Aufgabe des vorstehenden Priesters, ihn anzustimmen, der Ruf geht vielmehr zwischen Sänger(chor) und der ganzen Gemeinde hin und her Gloria ist als Intensivierung des Kyrie-Rufes zu verstehen und gehört zu den altchristlichen Hymnen (Biblischer Ausgang: Lk 2, 14, Akklamationen, dreiteilige Christuslitanei - Herausstellung der Einzigartigkeit Jesu) Österlicher Charakter

134 3.5 Eröffnung und Entlassung
3.5.3 Die Eröffnung heute Eröffnungsteil der Messe hat vor allem sammelnden Charakter, er will zur gemeinsamen Feier hinführen soll keinesfalls am Ambo oder am Altar vollzogen werden; vielmehr hat der Priester für diese Zusammenführung der Gemeinde seinen Platz am Vorstehersitz GORM 120: Heutige Prozessionsordnung Begrüßung des Altars: Bedeutung von Kuss und Weihrauch Einführung in die Feier (mystagogisch) Drei Formen des Kyrie + Asperges Gloria und Glorialied Tagesgebet als Sammlungsgebet (collecta) Insgesamt ein „buntes Bild“

135 3.5 Eröffnung und Entlassung
3.5.4 Der Abschluss der Messfeier: Die Entlassung Bedeutung der Vermeldungen: Einladung zu kommenden Veranstaltungen und Gottesdiensten; Mitteilung von Problemen und Aufgaben in der Gemeinde – Ausführender der Vermeldungen (Laie, Diakon, Priester)? „Gebet über das Volk“ (oratio super populum) – im derzeitigen römischen Messbuch wurden 27 solcher Segensgebete als Angebot zur freien Auswahl aufgenommen Dreiteiliger Schlusssegen an Festtagen, der mit dem Kreuz und der Anrufung des dreifaltigen Gottes beschlossen wird Entlassruf (früher vor dem Segen, jetzt danach): „Ite missa est“ – neue Möglichkeiten seit 2008 – „Ite ad Evangelium Domini nuntiandum“, „Ite in pace, glorificando vita vestra Dominum“, „Ite in pace“ Kuss des Altars am Ende der Liturgie Auszug mit liturgischen Laiendiensten Schlussevangelium (Johannesprolog) ist weggefallen


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