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Begriff und Geltung des Rechts

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Präsentation zum Thema: "Begriff und Geltung des Rechts"—  Präsentation transkript:

1 Begriff und Geltung des Rechts
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO Begriff und Geltung des Rechts Robert Alexy Alber Studienausgabe 2002

2 Übersicht Das Problem des Rechtspositivismus Der Begriff des Rechts
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO Übersicht Das Problem des Rechtspositivismus Der Begriff des Rechts Hauptelemente Positivistische Rechtsbegriffe Kritik positivistischer Rechtsbegriffe Die Geltung des Rechts Abschluss-Definition

3 Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO
1.1 Grundpositionen Positivistische Rechtsauffassung Trennungsthese: Recht so zu definieren, dass es keine moralischen Elemente einschließt. Kelsen: „Jeder beliebige Inhalt kann Recht sein“ Nichtpositivistische Rechtsauffassung Verbindungsthese: Begriff des Rechts ist so zu definieren, dass er moralische Elemente enthält.

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1.2 Positionen des BVG (1) Entzug der Staatsangehörigkeit emigrierter Juden aus rassischen Gründen in der 11.Verordnung zum Reichbürgergesetz 1968: Die Staatsangehörigkeit nie verloren, da die Verordnung von Anfang an nichtig war. “Recht und Gerechtigkeit stehen nicht zur Disposition des Gesetzgebers.“ „Einmal gesetztes Unrecht wird nicht dadurch Recht, dass es angewendet und befolgt wird.“

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1.2 Positionen des BVG (2) Contra legem Entscheidung bei Entschädigungen (§ 253 BGB) Bindung an Gesetz und Recht (Art.20, Abs.3 GG) “Das Recht ist nicht mit der Gesamtheit der geschriebenen Gesetze identisch.“ Ein Rechtspositivist muss eine contra-legem Entscheidung als außerrechtliche Korrektur empfinden und definieren; ein Nicht-Positivist kann solche Entscheidungen als rechtens ansehen.

6 2. Rechtsbegriff 2.1 Hauptelemente
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 2. Rechtsbegriff 2.1 Hauptelemente Woher kommt das Recht? Ordnungsgemäße, autoritative Gesetztheit Positivismus und Nicht-Positivismus Was soll Recht bewirken? Soziale Wirksamkeit Was sind die Inhalte und wie überprüfen? Inhaltliche Richtigkeit Nur Nicht-Positivismus, Naturrecht

7 2. Rechtsbegriff 2.2 Positivistische Rechtsbegriffe
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 2. Rechtsbegriff 2.2 Positivistische Rechtsbegriffe Viele Kombinationen und Interpretationen Primär soziale Wirksamkeit Äußerer Aspekt einer Norm (Beobachterperspektive) Max Weber: Physischer und psychischer Zwang zu gerichtetem Handeln oder Ahndung bei Verletzung durch eigens hierfür geschaffenen Stab von Menschen Th. Geiger: Soziale Ordnung einer zentral organisierten Großgesellschaft, monopolistischer Sanktionsapparat Pragmatischer Instrumentalismus, z.B. O.W. Holmes‘ Voraussagedefinition („Law is what the court will do“)

8 2. Rechtsbegriff 2.2 Positivistische Rechtsbegriffe
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 2. Rechtsbegriff 2.2 Positivistische Rechtsbegriffe 1. Primär soziale Wirksamkeit 2. Innerer Aspekt einer Norm Motivation zur Befolgung oder Anwendung der Norm; Entscheidend die psychische Disposition Ernst Rudof Bierling: „Recht im juristischen Sinne ist im allgemeinen alles, was Menschen, die in irgendwelcher Gemeinschaft miteinander leben, als Norm und Regel für dieses Zusammenleben wechselseitig anerkennen.“ Niklas Luhmann: „Wir können Recht nunmehr definieren als Struktur eines sozialen Systems, die auf kongruenter Generalisierung normativer Verhaltenserwartungen beruht.“

9 2. Rechtsbegriff 2.2 Positivistische Rechtsbegriffe
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 2. Rechtsbegriff 2.2 Positivistische Rechtsbegriffe 2. Primär setzungsorientierte Rechtsbegriffe Anal. Rechtstheorie (Logik + Begriff, Teilnehmersicht) John Austin: „Every law or rule is a command.“ Der Befehl ist sanktionsbewehrt und nur Recht, wenn von einer übergeordneten Instanz Kelsen: Normative Zwangsordnung Hart: Rule of recognition ( soziale Tatsache) „What the Queen in Parliament enacts is law.“

10 2.3 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Argumente für Trennungs- oder Verbindungsthese
Positivist Nicht-Positivist Analytische Stützungs- argumente Es besteht kein begriff- lich notwendiger Zusam- menhang zwischen Recht und Moral Ein solcher Zusam- menhang kann bestehen, muss es aber nicht. Normative Stützungs- Für Ziel/Normerreichung Nichteinschluß morali-scher Elemente in Rechtsbegriff erforderlich Für Z./N.erreichung Einschluß moralischer Elemente in Rechts-begriff erforderlich Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO

11 2.3 Kritik positiv. Rechtsbegriffe These der Positivismus-Kritik
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 2.3 Kritik positiv. Rechtsbegriffe These der Positivismus-Kritik Es gibt einen begrifflich notwendigen Zusammenhang zwischen Recht und Moral Es gibt zusätzlich normative Gründe für einen Einschluss moralischer Elemente in den Rechtsbegriff

12 2.3 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Begriffsrahmen für die Positivismus-Kritik
Geltungsfrei Denkmodell ungesetzt Normen Innensicht Beobachter-Perspektive Klassifizierung Fehlt moralisches Kriterium keine Rechtsnorm Analytisch begrifflich notwendig Nicht-geltungsfrei = Recht gilt Prozeduren Außensicht Teilnehmer-Perspektive Qualifizierung Ideal:Fehlt morali-sches Kriterium Rechtsfehler Normativ 32 Perspektiven und 64 mögliche Thesen (in Kombination mit der These, dass ein notwendiger Zusammenhang Recht/Moral besteht oder nicht).. Halbierung der Zahl durch Einschluss der Geltung. Beobachter/Teilnehmer-Perspektive als Prämisse Trifft Trennungs- oder Verbindungsthese zu? Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO

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2.3 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Beobachterperspektive: Einzelne Normen Radbruches Unrechtsargument: „Positiv gesetztes Recht hat Vorrang vor der Gerechtigkeit, auch wenn es unzweckmäßig und ungerecht ist, außer der Widerspruch erreicht ein unerträgliches Maß.“  Jüdische Staatsangehörigkeit, Verbindungsthese Kann aus Beobachtersicht nicht gestützt werden, da begriff- licher Zusammenhang zwischen Recht und Moral nicht evident Verbindungsthese nicht akzeptabel

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2.3 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Beobachterperspektive: Rechtssysteme Was auf einzelne Norm zutrifft, muss nicht für das gesamte Rechtssystem gelten. Ausgangsfrage daher: Muss zwischen Rechtssystem und Moral eine begrifflich notwendige Beziehung herrschen? Formelle Anforderung für Zusammenhang Moral/R.System Lon Fullers „Internal morality of law“ stellt 8 Anforderungen, u.a.: Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit (legality) Keine Willkür Allgemeinheit des Gesetzes (generality of law) nicht ad hoc Publizität & Veröffentlichung (promulgation) Verbot der Rückwirkung (retroactive laws) Regeln müssen verständlich sein für Adressat Keine Widersprüchlichkeit, kein häufiger Wechsel Adressat muss Anforderungen genügen können

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2.3 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Beobachterperspektive: Rechtssysteme (2) Materielle Anforderung für Zusammenhang M/RS Höffe: Normensysteme, die bestimmte fundamentale Gerechtigkeitskriterien verletzen sind keine Rechtsordnung; solche Kriterien sind das Prinzip des distributiven Vorteils und das der kollektiven Sicherheit. Sinnlose, räuberische oder prädatorische sind schon begrifflich kein Rechtssystem,werden dies aber trotz allen Unrechts durch die Einführung einer Herrscherordnung mittels Verankerung eines Richtigkeitsanspruchs (klassifizierender Charakter)

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2.3 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Klammer Beobachter-/Teilnehmerperspektive Die Trennungsthese ist aus der Beobachter- perspektive für Einzelnormen uneingeschränkt zutreffend, gerät aber bei Rechtssystemen an ihre Grenze, wenn das System nicht den Anspruch der Richtigkeit erhebt oder erfüllt. Der Anspruch auf Richtigkeit ist somit eine Klammer zw. Beobachter- u. Teilnehmerperspektive

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Richtigkeitsargument Richtigkeitsargument: Rechtsnormen, einzelne rechtliche Entscheidungen sowie Rechtssysteme im ganzen erheben notwendig Anspruch auf Richtigkeit. Wo das explizit oder implizit nicht der Fall ist, bestehen keine Rechtsysteme, sondern rechtliche Fehlerhaftigkeit. Damit ist aber die Verbindungsthese noch nicht bewiesen. Einspruch der Positivisten führt zu zwei komplexen Erwiderungen Das Unrechtsargument Das Prinzipienargument

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Unrechtsargument (2) Unrechtsargument (Radbruch) mit Blick auf einzelne Normen Sprachargument (Hoerster: Wie Rechtsbegriff ersetzen?) Klarheitsargument Effektivitätsargument Rechtssicherheitsargument Relativismusargument Demokratieargument Unnötigkeitsargument Redlichkeitsargument

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Sprachargument Das Wort »Recht« ist vage und daher unscharf. Hoerster fordert, einen Ausdruck zu nennen, der wertneutral positives Recht beschreibt ohne Moral-Inklusion. Aus Beobachtersicht ist dies ein triftiges Argument; er sieht dies prozedual (Normerzeugung wie Normanwendung). Der Teilnehmer (Richter z.B.) sieht auch zunächst eine Prozedur (erzeugte Norm), kann ihr aber nur ein prima facie-Recht zusprechen, da sie im Ergebnis (Normanwendung) kein Recht sein könnte. Gäbe es irgendeinen Fall, aus gutem Grund gegen ergangene Norm zu entscheiden, wäre das Hoerstersche Argument aus der Teilnehmerperspektive falsch, da es den Ausschluss moralischer Elemente aus dem wie immer gestalteten Begriff nicht begründen kann.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Klarheitsargument Hart verlangt Klarheit beider Rechtsformulierung (Gesetze) welche unter Einschluss von moralischen Elementen verloren ginge. Man könne verwerflichen Gesetzen (Nazis) jederzeit moralische Vorhaltungen machen, aber nicht den Rechtsanspruch entziehen. Aber: Einfachheit darf nicht auf Kosten von Adäquatheit gehen (Ott). Außerdem können auch komplexe Begriffe klar sein. Die Grenzproblematik zwischen extremem und nicht extremem Unrecht ist eher ein Problem der Rechtssicherheits-, nicht des Klarheitsarguments. Der Nichtpositivist erkennt den ethischen Gehalt durchaus an. Bei extremem Unrecht müssen daraus aber rechtliche Konsequenzen folgen. Das Klarheitsargument kann daher ebenfalls nicht überzeugen.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Effektivitätsargument Positivist Radbruch ändert seine Meinung nach 1945; Hart sieht im Einschluss von Moral keine sichere Methode, Unrecht zu vermeiden. Hoerster hat dies sich gegen die Wirksamkeit nicht-positivistischer Gesetzgebung richtende Argument präzisiert: Auch dann würde ein Nichtbefolgen eines unrechten Gesetzes zu Bestrafung führen. Positivismus ermögliche eine kritischere Haltung gegenüber dem Recht. Aber Rechtsnorm muss gar nicht der Moral entsprechen (schwache Verbindungsthese), nicht mit Moral identisch sein. Sie dürfen dieser nur nicht extrem widersprechen (minimalistischer Ansatz). Das E.argument hingegen ist ein Stück weit berechtigt; allerdings muss der Positivist zeigen, dass seine Auffassung Unrecht besser vermeidet. Da aber ist das Risiko eines Hitler belangt zu werden eher geringer.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Rechtssicherheitsargument Gefährdung der Rechtssicherheit ist ein viertes Argument gegen die np-Rechtsauffassung. Dies trifft wohl zu, auf den starken Nicht-Positivismus (jedes Unrecht führt zu Verlust der Rechtsqualität) und kann bis zum Anarchismusargument gehen. Extremes Unrecht aber ist recht leicht zu erkennen, ist außerdem evident, so dass die schwache Verbindungsthese höchstens zu leichten Einbußen der Rechtssicherheit führen dürfte. Auf der Habenseite steht ein Gewinn an materieller Gerechtigkeit, welche man ebenfalls hohe Bedeutung bemessen muss; beide sind also gegeneinander abzuwägen.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Relativismusargument These des radikalen Relativismus: »Kein Gerechtigkeitsurteil, nicht nur solche über extreme Ungerechtigkeit, sind rational begründbar oder objektiv erkennbar.« Dagegen Hoerster: »Keine Garantie, dass die moralischen Urteile eines Individuums, z.B. eines Richters aufgeklärter ist als das positive Recht.« Radbruch hat nach 1945 anerkannt, dass es einen anerkannten Satz an Menschenrechten gibt, der sich dem Relativismus entzieht. Ein Satz wie „Die physische und materielle Vernichtung einer Bevölkerungsminderheit aus rassistischen Gründen“ scheint rational widerlegbar, sein Gegenteil rational begründbar. Damit wäre das Relativismusargument widerlegt.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Demokratieargument »Der nichtpositivistische Rechtsbegriff birgt die Gefahr, dass Richter sich unter Berufung auf Gerechtigkeit gegen Entscheidungen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers stellen.« (Auch als Gewalten-teilungseinwand bekannt – Judikative mischt sich in Belange der Legislative) Der Nichtpositivist verlangt dies aber nur im Kernbereich der extremen Ungerechtigkeit (Schwache Verbindungsthese). Die verfassungsgerichtliche Kontrolle von Grundrechtsverletzungen in Demokratien geht darüber weit hinaus. Wer sich also gegen die schwache Verbindungsthese unter Berufung auf das obige Argument stellt, müsste sich noch weit mehr gegen diese Kontrolle wenden.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Demokratieargument »Der nichtpositivistische Rechtsbegriff birgt die Gefahr, dass Richter sich unter Berufung auf Gerechtigkeit gegen Entscheidungen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers stellen.« (Auch als Gewalten-teilungseinwand bekannt – Judikative mischt sich in Belange der Legislative) Der Nichtpositivist verlangt dies aber nur im Kernbereich der extremen Ungerechtigkeit (Schwache Verbindungsthese). Die verfassungsgerichtliche Kontrolle von Grundrechtsverletzungen in Demokratien geht darüber weit hinaus. Wer sich also gegen die schwache Verbindungsthese unter Berufung auf das obige Argument stellt, müsste sich noch weit mehr gegen diese Kontrolle wenden.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Unnötigkeitsargument »Der Gesetzgeber kann Unrecht in Unrechtsstaaten nach deren Zusammenbruch auch durch rückwirkende neue Gesetzgebung zu Unrecht nach positivistischer Auffassung machen.« Im Strafrecht gilt aber mit Verfassungsrang »Nulla poena sine lege«; rückwirkendes Strafrecht ist verboten. Im Zivilrecht wäre obiges möglich, würde aber zur Instrumentalisierung der Bürger führen in Fällen, wo der Gesetzgeber säumig bleibt. Nichtpositivismus schützt also Grundrechte der Bürger. Außerdem müssten Richter Unrecht sprechen, in Hoffnung darauf, dass dies später ihre Urteile durch neue Gesetze aufgehoben würden. Beides spricht eindeutig für den nichtpositivistischen Ansatz.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Redlichkeitsargument »In Strafrechtsfällen führt der nichtpositivistische Ansatz zu einer Umgehung des Grundsatzes »Nulla poena sine lege«. Hart bezieht sich auf einen Fall aus 1949, wo eine Frau wegen Denunziation ihres Mannes in 1944 mit der Absicht, ihn los zu werden. (angebliche abfällige Bemerkung über Hitler führte zu Todesurteil, welches in Frontdienst gewandelt wurde) Hart: »Redlicher wäre gewesen, rückwirkend das Gesetz zu ändern.« Stärkster Einwand. Wird aber nichtig, wenn man sich auf die schwache These beruft: Danach wäre bereits zum Zeitpunkt der Tat klar erkennbar gewesen, dass es sich hier um extremes Unrecht handelte.

28 2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive Unrechtsargument bezogen auf ganze Rechtssysteme Argument könnte lauten: Ein Normensystem verliert dann seine Rechtscharakter, wenn es im großen und ganzen extrem ungerecht ist. a) Ausstrahlungsthese:In einem extrem ungerechten Rechtssystem strahlt dies auf dessen Normen aus; diese verlieren daher ihre Richtigkeit nicht mehr erst bei eigener extremer Ungerechtigkeit im Einzelfall. Überzeugt nicht. b) Zusammenbruchsthese: Eine einzelne Norm verliert aus moralischen Gründen nur dann ihren Rechtscharakter, wenn sie extrem ungerecht ist. Besteht ein System aus vielen solcher Normen, bricht es zusammen. Zusammenbruch nicht zwingend. Tatbestand Einzelnormen bleibt.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Prinzipienargument Es geht um den Rechtsalltag, nicht um extrem ungerechte Normen. Hart: Jedes positive Recht hat eine offene Struktur (Vagheit Sprache, Normwidersprüche, Fehlen von Normen). Im Offenheitsbereich kann daher nicht nach positivem Recht entschieden werden, sondern nach nicht- oder außerrechtlichen Maßstäben (zweifelhafte Fälle). »Im Offenheitsbereich gilt rechtliche Verbindung von Recht & Moral; es gelten Regeln (definitive Gebote) und Prinzipien (Optimierungsgebote)« Dieses Argument führt zu Thesen begrifflicher & qualifizierender Art: Inkorporationsthese Moralthese Richtigkeitsthese

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Inkorporationsthese »Jedes minimal entwickelte Rechtsystem enthält notwendig Prinzipien.« BRD: Menschenwürde (Art.1, Abs.1 GG), Freiheit (AA 2.1), Gleichheit (AA 3.1), Rechtsstaat, Demokratie, Sozialstaat (art.20,28. Abs.1 Satz1) Der Positivist bestreitet aber auch hier Verbindung von Recht & Moral: 1) Inkorporation von Prinzipien ausschließlich Frage positiven Rechts Aber: bei allen zweifelhaften Fällen stützen sich Richter auf Prinzipien, die wegen des Richtigkeitsarguments dann auch Teil des Rechts sind. 2) Behauptung: Es gibt Rechtsysteme ohne zweifelhafte Fälle. Aber: Von einer minimalen Stufe an enthalten alle Rechtsysteme Prinzipien.

31 2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Moralthese
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Moralthese »Aus der Existenz von Prinzipien folgt nicht Verbindung Moral/Recht« Entkräftung: »Es besteht ein notwendiger Zusammenhang zwischen Recht und irgendeiner Moral«. Da sich in Prinzipien, die bei zweifelhaften Fällen berücksichtigt werden, stets solche mit Verbindung zu irgendeiner Moral finden (z.B. Vertrauensschutz, Rassentrennung, Umweltschutz), ist diese These richtig. Diese Prinzipien gehören gleichzeitig zur Moral und zum Recht und daher ist die auf ihnen beruhende Entscheidung des Richters anders zu bewerten als von den Positivisten behauptet. Der Richter entscheidet inhaltlich aufgrund moralischer, der Form nach aufgrund rechtlicher Gründe.

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2.4 Kritik positiv. Rechtsbegriffe Teilnehmerperspektive: Richtigkeitsthese Mit der Moralthese ist der Nichpositivist aber kaum zufrieden. Er sagt: »Es besteht ein notwendiger Zusammenhang zwischen Recht und richtiger Moral« Dies ist in rechtstaatlichen Fällen (BRD 6 Grundprinzipien) leicht nachzuweisen, da der Richter sich auf moralische Richtigkeit stützt. In anderen Fällen (Nazi-D) gilt aber eine Verbindung zum Unrechtsargument: Es gilt hier nicht die Behauptung, dass das Recht stets moralisch richtig sei (klassifizierend). Vielmehr gilt, dass auch bei großem Unrecht die fragliche Norm nicht ihren Rechtscharakter verliert, nur dass sie eine rechtlich fehlerhafte Norm oder Entscheidung darstellt (qualifizierend). Notwendige Ideale Dimension des Rechts

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3. Die Geltung des Rechts Soziale Wirksamkeit  Soziologischer Geltungsbegriff Inhaltliche Richtigkeit  Ethischer Geltungsbegriff Ordnungsmäße Gesetztheit  Juristischer Geltungsbegriff

34 3.1 Die Geltung des Rechts Soziologischer Geltungsbegriff
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.1 Die Geltung des Rechts Soziologischer Geltungsbegriff Norm sozial, wenn entweder befolgt oder wenn Nichtbefolgen sanktioniert wird. Ihre Geltung also eine Sache des Grades (% Befolgung, % Sanktionierung im Falle von Nichtbefolgung) Sanktionierung schließt Zwang ein; In entwickelten Rechtssystemen ist dieser staatlich organisiert.

35 3.1 Die Geltung des Rechts Ethischer Geltungsbegriff
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.1 Die Geltung des Rechts Ethischer Geltungsbegriff Zugrunde liegt Vernunft- und Naturrecht Deren Normen beruhen auf der inhaltlichen Richtigkeit, nicht auf deren sozialen Wirk-samkeit oder ordnungsgemäßen Gesetztheit Richtigkeit ist moralisch gerechtfertigt.

36 3.1 Die Geltung des Rechts Juristischer Geltungsbegriff
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.1 Die Geltung des Rechts Juristischer Geltungsbegriff Im Gegensatz zu den beiden anderen Begriffen beinhaltet der juristische Geltungsbegriff Elemente dieser beiden; er ist rechtlich. Schließt er nur die soziale Geltung ein, ist er positivistisch. Ein engerer rechtlicher Begriff kann sich aber durchaus nur auf die ordnungsgemäße Setzung begrenzen. Internes Problem: Zirkulärer Begriff, da die Definition rechtlicher Geltung sich selber bereits voraussetzt ( Problem der Grundnorm) Externes Problem: Verhältnis zu den beiden anderen Begriffen

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3.2 Die Geltung des Rechts Geltungskollisionen: Rechtlich/Sozial (Norm/ System) Größte Probleme, wenn ganze Normensysteme kollidieren: Sezession, Revolution, Bürgerkrieg während diese anstehen. Drei Möglichkeiten: Keins der beiden Normensysteme gilt Dasjenige gitl, welches sich durchsetzen wird Das alte gilt, bis sich das neue durchgesetzt hat Anders als bei Rechtssystemen verliert eine einzelne Norm nicht ihre rechtliche Gültigkeit bei geringer sozialer Wirksamkeit, wenn diese ein Minimum an Wirkung aufweist oder eine Wirkungschance behält. Dieses Minimum lässt sich nicht allgemein exakt festlegen. Derogation durch Gewohnheitsrecht führt zur Unwirksamkeit der Norm.

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3.2 Die Geltung des Rechts Geltungskollisionen: Recht-Moral (Normsystem) Kein Rechtssystem ohne Anspruch auf Richtigkeit (implizit oder explizit). Problem, wenn erhoben, aber de facto ein Unrechtssystem besteht. Unrechtsargument funktioniert nur bei Einzelnormen. Bestehende Asymmetrie: Rechtliche Geltung eines Rechtssystems ist stärker von der sozialen als von der moralischen Geltung abhängig. Erst wenn viele Einzelnormen ihre soziale Akzeptanz verlieren, bricht das Rechtssystem zusammen. Zwischen den drei Größen o. Gesetztheit-s. Wirksamkeit-i. Richtigkeit besteht kein Sowohl-als-auch, sondern eine geordnete Rangstufung.

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3.2 Die Geltung des Rechts Geltungskollisionen: Recht-Moral (Einzelnormen) Unrechtsargument gilt: Bei extremer Ungerechtigkeit verlieren Einzelnormen ihren Rechtscharakter. Ähnlicher Charakter wie das Argument bei Recht-Sozial (Minimum an Wirkung, Wirkungschance). Wenn also ein Minimum an moralischer Rechtfertigung besteht, gilt das Unrechtsargument nicht. Auch hier sind im allgemeinen die Abwägungen sehr kompliziert und schwer zu treffen. Danach zeigt sich, dass von den drei Größen die ordnungsgemäße Gesetztheit im Rahmen eines sozial wirksamen Rechtssystem das dominierende Kriterium der Geltung von Einzelnormen ist. Dies bestätigt täglich auch die juristische Praxis.

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3.3 Grundnorm Ausblendung von sozialer Wirksamkeit und inhaltlicher Richtigkeit führt zu einem Begriff der rechtlichen Geltung im engeren Sinn. Diese hat das interne Problem der Zirkularität, welches durch eine Grundnorm aufgehoben werden kann. Wichtigste Formen: Analytische Grundnorm (Kelsen) Normative Grundnorm (Kant) Empirische Grundnorm (Hart)

41 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (1)
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (1) Grundnorm begründet die Geltung aller Normen eines Rechtssystem außer ihrer eigenen Die Verfassung V ist gesetzt und sozial wirksam Die Verfassung V gilt rechtlich Es ist rechtlich geboten, sich gemäß der Verfassung V zu verhalten Übergang von 2 auf 3 enthält Übergang von Sein auf Sollen  unerlaubt (»Humesches Gesetz«; natürlich kann es für 3 gute Gründe geben)  Wenn eine Verfassung tatsächlich gesetzt und sozial wirksam ist, dann ist es rechtlich geboten, sich gemäß dieser Verfassung zu verhalten.

42 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (2)
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (2) Die Notwendigkeit einer Grundnorm Erste These: Teilnehmer an einem Rechtssystem, die von der Verfassung sagen, dass diese rechtlich gilt oder dass es geboten ist, sich ihr gemäß zu verhalten, müssen eine Grundnorm voraussetzen. Zweite These: Wenn die Frage nach rechtlicher Geltung nicht willkürlich abgebrochen werden soll, muss ein Teilnehmer eine Grundnorm voraussetzen, soll die Verfassung rechtlich gelten und man sich ihr gemäß verhalten soll.

43 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (3)
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (3) 2. Die Möglichkeit einer Grundnorm Auf Basis des Prinzipienarguments gilt nicht der Satz „Zum Recht gehört alles und nur das, was ordnungsgemäß gesetzt und sozial wirksam ist.“ sondern nur der abgeschwächte Satz „Zum Recht gehört alles, was ordnungsgemäß gesetzt und sozial wirksam ist.“ (noch eine weitere Abschwächung erforderlich wg. des Unrechtarguments)

44 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (4)
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (4) 3. Der Inhalt der Grundnorm Nach Kelsen gänzlich inhaltsneutral (beliebiger Inhalt) Dies widerspricht Unrechtsargument (extremes Unrecht)  Unrechts und Prinzipienargument berücksichtigt: »Wenn eine Verfassung tatsächlich gesetzt und sozial wirksam ist, dann ist es rechtlich geboten, sich gemäß dieser Verfassung zu verhalten wie es dem Anspruch der Richtigkeit entspricht, und wenn ihre Normen nicht extrem ungerecht sind und.«

45 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (5)
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (5) 4. Aufgaben der Grundnorm Kategorientransformation: Übergang vom Sein zum Sollen (Rechtserzeugung) Kriterienfestlegung: Was kann Recht erzeugen? Hierbei muss Prinzipienargument berücksichtigt werden, da sonst positivistischer Charakter entsteht Einheitsstiftung: Grundnorm die gemeinsame Quelle Grundnorm kann nicht positivistisch sein (Kelsen lehnt das ab)

46 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (6)
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.3 Grundnorm a) Analytische Grundnorm (Kelsen) (6) 5. Status der Grundnorm Grundnorm kann nicht positivistisch sein; Kelsen lehnt das ab, kommt aber später selbst zu 4 Eigenschaften Notwendige Voraussetzung (transzendental-logisch) Mögliche Voraussetzung (andere Wirkungsweisen) Gedachte Norm (nur gedacht – problematisch) Begründungsunfähigkeit (leicht widerlegbar, das Grundnorm leicht durch moralische oder Zweckmäßigkeitsüberlegungen begründbar ist.

47 3.3 Grundnorm b) Normative Grundnorm (Kant) (7)
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.3 Grundnorm b) Normative Grundnorm (Kant) (7) Formuliert Idee einer Grundnorm als „natürliches Gesetz“; sie kann a priori durch die Vernunft erkannt werden. Eng mit der Moralphilosophie verknüpft. Das positivistische Recht hat Aufgabe, diesen natürlichen Anspruch zu sichern. Auf den Inhalt der Grundnorm kommt es auch Kant nicht an. Kant räumt positivem Recht Vorrang ein (Umstände halber?) und seine Auffassung müsste um das Unrechtsargument modifiziert werden.

48 3.3 Grundnorm c) Empirische Grundnorm (Hart) (8)
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 3.3 Grundnorm c) Empirische Grundnorm (Hart) (8) „Rule of recognition“ (Anerkennungsregel)  ultimate rule für das Rechtssystem. Ähnelt Kelsens Grundnorm. „What the Queen enacts in parliament is law.“ Existiert nur als komplexe zusammenhängende Praxis. Eine empirische Grundnormtheorie muß aber scheitern, da sie den Übergang vom Sein zum Sollen nicht adäquat erfassen kann.

49 4. Definition (1) Das Recht ist ein Normensystem, das
Dr.Hans Gscheidmeyer CONCRETIO 4. Definition (1) Das Recht ist ein Normensystem, das Anspruch auf Richtigkeit erhebt aus der Gesamtheit der Normen besteht die zu einer gesetzten sozial wirksamen Verfassung gehören nicht extrem ungerecht sind ein Minimum an Wirksamkeit bzw. eine reale Chance auf Wirksamkeit aufweisen

50 Definition (2) (Forts.) Das Recht ist ein Normensystem, Zu dem Prinzipien und sonstige normative Argumente gehören, auf die sich die Prozedur der Rechtsanwendung stützt und/oder stützen muss, um den Anspruch der Richtigkeit zu erfüllen. Coaching-Konzept Dr. Hans Jochen Gscheidmeyer


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