Präsentation herunterladen
Die Präsentation wird geladen. Bitte warten
Veröffentlicht von:Johannes Waldfogel Geändert vor über 6 Jahren
1
HeidelPräp! Dozentenkurs Gesetzliche Schuldverhältnisse
Wintersemester 2018/2019 PD Dr. Robert Magnus
2
1. Teil: Überblick und übergreifende Fragen
A. Überblick über die Gegenstände des Kurses B. Die unterschiedlichen Ordnungsfunktionen der ges. Schuldverhältnisse C. Gesetzliche Schuldverhältnisse in der Fallprüfung 2. Teil: Das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) A. Überblick über die möglichen Ansprüche und ihre Grundlagen B. Die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen C. Rechtsfolgenprobleme PD Dr. Robert Magnus
3
A. Überblick über die möglichen Ansprüche und ihre Grundlagen
3. Teil: Deliktsrecht A. Überblick über die möglichen Ansprüche und ihre Grundlagen B. Die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen C. Rechtsfolgenprobleme 4. Teil: Bereicherungsrecht PD Dr. Robert Magnus
4
6. Aufl. 2017, 260 S., 21,99 € 4. Aufl. 2016, 330 S., 23,90 € PD Dr. Robert Magnus
5
5. Aufl. 2016, 336 S., 24,00 € 8. Aufl. 2017, 558 S., 29,80 € PD Dr. Robert Magnus
6
1. Teil: Überblick und übergreifende Fragen
PD Dr. Robert Magnus
7
I. Überblick über die Gegenstände des Kurses
1. Das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) 2. Das Deliktsrecht ( §§ 823 ff. BGB) 3. Das Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) 4. Abgrenzungen PD Dr. Robert Magnus
8
Unterschiedliche Ordnungsfunktionen
Schadensausgleich nach unerlaubten Handlungen als Hauptaufgabe des Deliktsrechts Abschöpfung ungerechtfertigter Vermögensvorteile als Hauptaufgabe des Bereicherungsrechts Vertragssubstitution als Hauptaufgabe der GoA und unterschiedliche rechtspolitische Ziele PD Dr. Robert Magnus
9
Unterschiedliche Ordnungsfunktionen
Exkurs: Schutz subjektiver Rechtspositionen im Vorfeld von Schadensersatz und Bereicherungsrecht PD Dr. Robert Magnus
10
Unterschiedliche Ordnungsfunktionen
Schlechtes Wetter K ist ein bekannter Fernsehmoderator. Gegen ihn läuft ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung seiner damaligen Freundin. Die Tageszeitung B berichtet auf ihrem Online-Portal am über eine Einlassung des K in seiner ersten, nichtöffentlichen Vernehmung durch den Haftrichter. K beschreibt in dieser Einlassung u.a., dass ihn seine damalige Freundin bei seinen Besuchen vielfach schon ausgezogen oder mit hochgezogenem Strickkleidchen erwartet habe und dass mitunter auch Handschellen und Reitgerte bereitgelegen hätten. Im Erscheinungszeitpunkt war bereits Anklage erhoben. Das Hauptverfahren war jedoch noch nicht eröffnet. Am wird das Protokoll über die Einlassung von K vor dem Haftrichter aus Beweiszwecken in der öffentlichen Hauptverhandlung verlesen. PD Dr. Robert Magnus
11
Unterschiedliche Ordnungsfunktionen
Schlechtes Wetter K fordert von B am gerichtlich, bei Meidung von Ordnungsgeld und ggf. Ordnungshaft Berichte hierüber künftig zu unterlassen. Macht es für die Sachentscheidung einen Unterschied, ob das Gericht zeitnah im Rahmen einer einstweiligen Verfügung oder nach etwa einem Jahr, im Rahmen des Hauptsacheverfahrens, entscheiden wird? Was könnte K verlangen, wenn der Bericht aus für B nicht zu erkennenden Gründen falsch gewesen sein sollte (dabei zu unterstellen, dass bei Wahrheit veröffentlicht werden dürfte)? Vgl. BGH NJW 2013, 1681; vgl. ferner BGH NJW 2016, 1094 (Anspruch auf Löschung intimer Fotos nach Beziehungsende) PD Dr. Robert Magnus
12
Unterschiedliche Ordnungsfunktionen
Lösung: A. K gegen B auf Unterlassung aus § 1004 I 2 analog iVm § 823 I (APR) 1. Analogiefähigkeit von § 1004 I 2 (+) 2. Drohende Beeinträchtigung des APR durch B? a) RW Beeinträchtigung des APR durch Berichterstattung am 13.6.? Hier wahre Tatsachenbehauptung und Zusammenhang mit Verdacht schweren Sexualdelikts aber Intimssphäre, nicht-öffentliche Vernehmung und Unschuldsvermutung sprechen für RW Berichterstattung (+) b) Wiederholungsgefahr Faktisch ohne Weiteres (+); allerdings muss auch Wiederholung rw sein, was nach der Verlesung am wg. § 169 GVG zweifelhaft PD Dr. Robert Magnus
13
Unterschiedliche Ordnungsfunktionen
Lösung A. K gegen B auf Unterlassung aus § 1004 I 2 analog iVm § 823 I (APR) Nach BGH Wiederholungsgefahr (-), da nach dem keine RW mehr, a.A. vertretbar. 3. Ergebnis: Mit BGH Anspruch (+) bis 13.9., danach (-), nach anderer Ansicht durchgehend (+) B. K gegen B auf Richtigstellung gem. §1004 I 1 analog iVm §§ 823 II, 186 StGB (Variante der unwahren Tatsache) Verletzung des Schutzgesetzes § 186 StGB obj. (+); insoweit war B auch Handlungsstörer 2. Problem: Besteht nach Abschluss der Publikationshandlung noch eine Beeinträchtigung iSv § 1004 I 1? PD Dr. Robert Magnus
14
Unterschiedliche Ordnungsfunktionen
Lösung B. K gegen B auf Richtigstellung gem. §1004 I 1 analog iVm §§ 823 II, 186 StGB (Variante der unwahren Tatsache) Richtigerweise (+), weil K die von B ausgehende dauerhafte Rufbeeinträchtigung nicht ohne Eingriff in deren Rechtssphäre beseitigen könnte. 3. Anspruchsinhalt: Widerruf/Berichtigung allgemein anerkannter Anspruchsinhalt von § 1004 I 1 in diesen Fällen. 4. Ergebnis: Anspruch (+) C. K gegen B auf Richtigstellung aus § 1004 I 1 analog iVm APR (+) D. K gegen B auf Richtigstellung aus §§ 823 II iVm § 186 StGB/§ 823 I (APR), jew. iVm § 249 I (-) kein Verschulden der B PD Dr. Robert Magnus
15
Gesetzliche Schuldverhältnisse in der Fallprüfung
A. Vertragliche Ansprüche vor Ansprüchen aus ges. Schuldverhältnissen Vertrag schließt als Auftrag GoA (§§ 677 ff.) aus Vertrag bildet Rechtsgrund i.S.d. §§ 812 ff. Vertrag kann deliktische Haftung begrenzen oder Verjährung verkürzen (Bsp.: §§ 548, 606) B. Ansprüche aus c.i.c. vor deliktischen Ansprüchen Gesetzliche Haftungsmilderungen des verhandelten Vertrages gelten auch für c.i.c. und werden auf parallele deliktische Ansprüche erstreckt Zum Bereicherungsrecht besteht hingegen grds. freie Anspruchskonkurrenz In GoA Konstellationen grds. keine c.i.c. denkbar PD Dr. Robert Magnus
16
Gesetzliche Schuldverhältnisse in der Fallprüfung
C. Dingliche Ansprüche vor deliktischen und bereicherungsrechtlichen Ansprüchen §§ 987 ff. enthalten Spezialregelungen für Schadensersatz, Nutzungen und Verwendungen, die ggü. dem Delikts- und Bereicherungsrecht grds. abschließend sind (vgl. § 993 I 2. HS) Berechtigte GoA begründet Recht zum Besitz und verhindert dadurch EBV Unberechtigte GoA wird nach h.M. durch EBV gesperrt, während zur angemaßten Eigengeschäftsführung freie Anspruchskonkurrenz besteht (m.M. jeweils Vorrang GoA). PD Dr. Robert Magnus
17
Gesetzliche Schuldverhältnisse in der Fallprüfung
D. Ansprüche aus berechtigter GoA vor deliktischen und bereicherungsrechtlichen Ansprüchen Berechtigte GoA bildet Rechtfertigungsgrund im Rahmen der §§ 823 ff. Berechtigte GoA ist Rechtsgrund i.S.d. §§ 812 ff. E. Unberechtigte GoA, deliktische und bereicherungsrechtliche Ansprüche Feste Reihenfolge besteht nicht. Klausur ist sinnvoll zu gliedern. PD Dr. Robert Magnus
18
2. Teil: Die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
PD Dr. Robert Magnus
19
GOA Quelle: Wikimedia PD Dr. Robert Magnus
20
Überblick GoA: wenn jemand für einen anderen ein Geschäft tätigt, ohne dass sonstige rechtliche Beziehungen zwischen den Beteiligten bestehen. Regelungen GoA haben doppelte Zielsetzung: einerseits soll Position eines altruistisch im fremden Interesse Handelnden gegenüber gewöhnlichen Bereicherungsgläubigern gestärkt werden (vgl. Aufwendungsersatzanspruch §§ 677, 683 S. 1, 670). andererseits soll Einmischung in fremde Angelegenheiten abgewehrt und durch drohende Haftung unterbunden werden (vgl. Haftungsverschärfung in § 678 (Übernahmeverschulden) und Anspruch auch auf Herausgabe eines erzielten Gewinns (§§ 681 S. 2, 667). PD Dr. Robert Magnus
21
Überblick Durch GoA entsteht gesetzliches Schuldverhältnis
Es besteht ein enger sachlicher (und auch gesetzessystematischer) Zusammenhang mit dem Auftragsrecht PD Dr. Robert Magnus
22
Eigengeschäftsführung (unechte GoA)
Überblick GoA im weiteren Sinne echte GoA (§§ BGB) Eigengeschäftsführung (unechte GoA) berechtigte GoA (§§ 683, BGB) unberechtigte GoA (§ 684.1 BGB) irrtümliche Eigengeschäfts-führung (§ 687 I BGB) Angemaßte Eigengeschäfts-führung (§ 687 II BGB) PD Dr. Robert Magnus
23
Überblick Geschäftsführer Geschäftsherr Berechtigte GoA
Ansprüche Geschäftsführer Geschäftsherr Berechtigte GoA §§ 677, 683 S. 1, 670 (Schadensersatz u. § 1835 III) §§ 677, 280 I (AV) §§ 681 S. 2, 667 (Gewinn) Unberechtigte GoA §§ 684 S. 1 , 812 ff. (§ 818 III) §§ 677, 280 I (str.) § 678 (ÜV) §§ 681 S. 2, 667 (str.) Angemaßtes Eigengeschäft §§ 687 II, 684 S. 1 , 812 ff. §§687 II, 677, 280 I (AV) §§687 II, 678 (ÜV) §§ 687 II, 681 S. 2, 667 (Gewinn) PD Dr. Robert Magnus
24
Überblick Sandkastenheld
Der 45jährige Junggeselle G sitzt auf einer Bank am Spielplatz und hütet sein 5jähriges Patenkind, das gerade schaukelt. In der Sandkiste spielt nur ein Kind, die dreijährige D. Deren Mutter sitzt etwas abseits auf einer anderen Bank und stillt D’s vier Monate alte Schwester, eine Hundeleine neben sich liegend. Plötzlich schlägt sich aus dem nahe gelegenen Wäldchen ein Pitbull und rennt mit hohem Tempo auf den Sandkasten zu. G ist überzeugt, dass es das Tier auf D abgesehen hat. Ohne zu bemerken, dass der Hund freudig mit dem Schwanz wedelt und auch von D’s Mutter winkend begrüßt wird, hechtet er zum Sandkasten, packt die sofort losbrüllende D und rettet sich mit ihr auf dem Arm auf den Kletterturm. Dabei renkt er - insoweit schuldlos - D das Ellenbogen-Gelenk aus und zerreißt sich selbst die Hose an einem aus der Holzleiter herausstehenden Nagel. PD Dr. Robert Magnus
25
Überblick Sandkastenheld
Später fordert D, vertreten durch ihre Eltern, von G Ersatz der Heilungskosten wegen des ausgerenkten Ellenbogen-Gelenks. G tut die Verletzung der Kleinen zwar leid, sieht aber angesichts seiner guten Absicht keinen Grund für eine Zahlungsverpflichtung. Eher schon sei ihm von D die zerrissene Hose zu ersetzen. Welche Ansprüche bestehen zwischen D und G? PD Dr. Robert Magnus
26
Überblick Lösung: A. Anspruch D gegen G auf Ersatz der Heilungskosten aus§ 678 1. “Echte” unberechtigte GoA Geschäftsbesorgung/-führung ? (+), jedes rechtliche und tatsächliche Handeln b) Fremdes Geschäft? hier (+), da keine Anhaltspunkte dafür, dass G nicht lediglich altruistisch handeln wollte c) Ohne Auftrag (+) PD Dr. Robert Magnus
27
Überblick Lösung: A. Anspruch D gegen G auf Ersatz der Heilungskosten aus § 678 d) Fehlende Berechtigung? Problem: Geschäftsunfähigkeit der D, damit evtl. analoge Anwendbarkeit der §§ 104 ff., so dass Wille der gesetzl. Vertreter entscheidend? Dafür: Vertragssubstituierender Charakter der GoA. I.E. damit hier Berechtigung (-), da weder tatsächliche noch mutmaßliche Einwilligung oder auch nur Interesse auf Seiten der Mutter erkennbar. 2. Übernahmeverschulden des G (§ 678) a) Fahrlässige Unkenntnis ohne Weiteres (+) PD Dr. Robert Magnus
28
Überblick Lösung: A. Anspruch D gegen G auf Ersatz der Heilungskosten aus§ 678 b) Modifikation des Haftungsmaßstabs nach§ 680? Problem: Putativgefahr ausreichend, wenn subjektive Vorstellung und Abwehrwille vorliegen? Entscheidung hängt angesichts offenen Wortlauts, Telos und Systematik hier insbes. davon ab, ob GoA v.a. Aufdrängungsschutz oder Altruismusförderung dient. Hier: Obj. Gefahrenlage verlangt c) Nach hier vertretener Ansicht Übernahmeverschulden (+) PD Dr. Robert Magnus
29
Überblick Lösung: A. Anspruch D gegen G auf Ersatz der Heilungskosten aus § 678 3. Ergebnis: Anspruch dem Grunde nach (+), da auch adäquat kausal verursachter Schaden bei D vorliegt Problem: Kürzung des Anspruchs gem. §§ 254 II 2, 278? Richtigerweise (-), im Zeitpunkt des relevanten schädigenden Verhaltens des G (= Übernahme der Geschäftsführung) besteht noch kein Schuldverhältnis zwischen G und D, sondern wird erst durch Übernahme Geschäftsführung hergestellt. B. Anspruch D gegen G aus §§ 677, 280 I 1. Problem: Anwendbarkeit bei unberechtigter GoA? Nach h.M. (+), a.A. vertretbar. PD Dr. Robert Magnus
30
Überblick Lösung: B. Anspruch D gegen G aus §§ 677, 280 I
2. Exkulpation nach § 280 I 2 mögl., da kein Ausführungsverschulden vorliegt 3. Ergebnis: Anspruch (-) C. Anspruch D gegen G aus § 823 I 1. Rechtsgutsverletzung (+): Freiheit und Gesundheit/Körper 2. RW (+): indiziert, insbes. hier keine RF wg berechtigter GoA 3. Verschulden (-) auch hier kein Ausführungsverschulden, Übernahmeverschulden nur für Freiheitsentziehung kausal. 4. Ergebnis: Anspruch (-) PD Dr. Robert Magnus
31
Überblick Lösung: B. Anspruch D gegen G aus §§ 677, 280 I
2. Exkulpation nach § 280 I 2 mögl., da kein Ausführungsverschulden vorliegt 3. Ergebnis: Anspruch (-) C. Anspruch D gegen G aus § 823 I 1. Rechtsgutsverletzung (+): Freiheit und Gesundheit/Körper 2. RW (+): indiziert, insbes. hier keine RF wg berechtigter GoA 3. Verschulden (-) auch hier kein Ausführungsverschulden, Übernahmeverschulden nur für Freiheitsentziehung kausal. 4. Ergebnis: Anspruch (-) PD Dr. Robert Magnus
32
Überblick Lösung: D. Anspruch G gegen D aus§§ 677, 683 S. 1, 670 auf Ersatz für zerrissene Hose 1. Berechtigte “echte” GoA (-), s.o. 2. Ergebnis: Anspruch (-), damit auch Problem, wann Schaden = Aufwendung unerheblich. E. Anspruch G gegen D aus §§ 684 S. 1, 812 I 1 (-), da von D nichts erlangt wurde, insbesondere keine Aufwendungen erspart wurden. F. Gesamtergebnis D gegen G SchErs (+), G gegen D Ansprüche (-) PD Dr. Robert Magnus
33
Voraussetzungen berechtigte GoA
Geschäftsbesorgung Wahrnehmung fremder Interessen („für einen anderen“) ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung Berechtigung der Geschäftsführung gemäß §§ 683, 684 BGB PD Dr. Robert Magnus
34
Voraussetzungen berechtigte GoA
Geschäftsbesorgung = jede rechtsgeschäftliche, geschäftsähnliche oder auch rein tatsächliche Handlung Abgrenzung: Gefälligkeiten PD Dr. Robert Magnus
35
Wahrnehmung fremder Interessen („für einen anderen“)
Voraussetzungen berechtigte GoA Wahrnehmung fremder Interessen („für einen anderen“) Geschäftsführer (GF) muss mit Fremdgeschäftsführungswillen (FGW) handeln, d.h. mit dem Bewusstsein und dem Willen, eine Angelegenheit, die in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen fällt, für diesen zu besorgen Unterscheidung: objektiv fremdes Geschäft subjektiv fremdes Geschäft „Auch fremdes“ Geschäft PD Dr. Robert Magnus
36
Wahrnehmung fremder Interessen („für einen anderen“)
Voraussetzungen berechtigte GoA Wahrnehmung fremder Interessen („für einen anderen“) Unterscheidung: objektiv fremdes Geschäft: gehört schon äußerlich erkennbar dem Interessenkreis des Geschäftsherrn an FGW wird vermutet subjektiv fremdes Geschäft: objektiv zumindest neutral FGW muss irgendwie äußerlich erkennbar in Erscheinung treten auch fremdes Geschäft: gehört äußerlich erkennbar sowohl dem Interessenkreis des Geschäftsführers als auch demjenigen des Geschäftsherrn im Einzelnen sehr str. PD Dr. Robert Magnus
37
„Auch fremdes“ Geschäft
Voraussetzungen berechtigte GoA „Auch fremdes“ Geschäft Schadensabwendung von fremden und eigenen Rechtsgütern: FGW vermutet (str.) zugleich Erfüllung einer eigenen Verpflichtung des GF allgemeine öffentlich-rechtliche Pflicht des GF: FGW vermutet spezielle öffentlich-rechtliche Pflicht des Geschäftsführer: sehr str. (BGH: FGW; Lit.: v.a. bei hoheitlichem Handeln kein FGW) zivilrechtliche Pflicht ggü. Drittem: sehr str. (BGH: FGW) PD Dr. Robert Magnus
38
„Auch fremdes“ Geschäft
Voraussetzungen berechtigte GoA „Auch fremdes“ Geschäft zugleich Erfüllung einer eigenen Verpflichtung des GF (nichtige) zivilrechtliche Pflicht gegenüber Geschäftsherrn: sehr str. (BGH: FGW) Leistung eines von mehreren Schuldnern: kein FGW Handeln im Hinblick auf einen künftigen Vertragsschluss: sehr str. (BGH: kein FGW) PD Dr. Robert Magnus
39
Erbe gesucht! (vgl. BGH NJW 2000, 72)
Voraussetzungen berechtigte GoA Erbe gesucht! (vgl. BGH NJW 2000, 72) G ist gewerblich als “Erbensucher” tätig. In dieser Funktion ermittelte er aufgrund einer Veröffentlichung des Nachlassgerichts H. im Bundesanzeiger D als Erben des verstorbenen E. Daraufhin wandte er sich an D und bot ihm an, nach Abschluss einer Honorarvereinbarung über 20% des Nachlasswertes die Nachlassangelegenheit vollständig offen zu legen. D lehnte den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung ab, recherchierte selbst und kam so an die Erbschaft mit einem Gesamtwert von 1 Mio €. G fordert daraufhin die Zahlung von ,- € von D. PD Dr. Robert Magnus
40
Voraussetzungen berechtigte GoA
Lösung: A. Anspruch G gegen D auf Zahlung von € aus Vertrag (§ 675) (-) mangels Einigung B. Anspruch G gegen D aus§§ 677, 683 S. 1, 670 1. Geschäftsbesorgung (+) 2. Fremdheit Obj. wohl neutrales Geschäft (auch-fremd vertretbar). Jedenfalls aber kein Fremdgeschäftsführungswille, da hier ein Aufwand abgegolten werden soll der primär der Vorbereitung eines Vertragsschlusses im eigenen gewerblichen Interesse dient. 3. Ergebnis: Anspruch (-) Hinweis: BGH löst Fall bereits über “Anwendbarkeit” der Regelungen vor dem Hintergrund allgemeiner privatrechtlicher Risikoverteilungsregelungen. PD Dr. Robert Magnus
41
Reparierte Schönheit (BGH NJW 2009, 2590 ff.)
Voraussetzungen berechtigte GoA Reparierte Schönheit (BGH NJW 2009, 2590 ff.) Mieter G nimmt anlässlich seines Auszugs Schönheitsreparaturen in der von D gemieteten Wohnung vor. Die Vertragsklausel, die ihn hierzu verpflichtet hat, ist allerdings nach jüngster Rechtsprechung des BGH unwirksam gem.§ 307 BGB, was beiden Parteien weder bekannt war noch bekannt sein konnte. G, der die Wohnung mit Hilfe seiner handwerklich äußerst talentierten Verwandtschaft gestrichen hat, fordert nun von D den Betrag, den eine entsprechende Renovierung durch einen Fachbetrieb gekostet hätte. PD Dr. Robert Magnus
42
Voraussetzungen berechtigte GoA
Lösung: Anspruch G gegen D auf Ersatz hypot. Kosten für Leistung eines Fachbetrieb gem.§§ 539 I, 677, 683 S. 1, 670 1. Renovierung = Geschäftsbesorgung (+) 2. Fremdheit (+) Obj. fremd (+), aber wg. vermeintlicher Verpflichtung aus dem MietV kein Fremdgeschäftsführungswille 3. Ergebnis: Anspruch (-) B. Anspruch G gegen D aus § 812 I 1 Fall 1 1. Etwas erlangt: Reparturleistung (+) 2. Durch Leistung des G? PD Dr. Robert Magnus
43
Voraussetzungen berechtigte GoA
Lösung: B. Anspruch G gegen D aus § 812 I 1 Fall 1 (+), da ihm auch Tätigkeiten der Verwandten, die er “organisiert” hat, zuzurechnen sind (diese adressieren ihre Leistung allein an G und nicht D) 3. Ohne Rechtsgrund (+) 4. Haftungsinhalt und -umfang Hier nur Wertersatz gem. § 818 II denkbar. Problem: Höhe des Wertersatzes BGH: Nur die tatsächlichen Aufwendungen Lit. z.T.: Fachbetriebskosten wegen Abschöpfungsgedankens, richtigerweise wohl abzgl. Betrag für fehlende Gewährleistungsansprüche PD Dr. Robert Magnus
44
Voraussetzungen berechtigte GoA
Lösung: C. Anspruch G gegen D aus § 280 I wg. Verwendung unwirksamer AGB hier (-), da kein Vertretenmüssen PD Dr. Robert Magnus
45
Funkenflug (vgl. BGHZ 40, 28 ff.)
Voraussetzungen berechtigte GoA Funkenflug (vgl. BGHZ 40, 28 ff.) Die Lokomotive der Privatbahn B verursacht beim Bremsen Funkenflug, der ein Getreidefeld des A entzündet. Die Feuerwehr löscht den Brand. Ansprüche F gegen B aus GoA? Wahrnehmung fremder Interessen (Fremdgeschäftsführungswille)? pro (BGH): auch fremdes Geschäft contra: Geschäftsführerin – Feuerwehr – will sich nicht dem Interesse des Geschäftsherrn unterordnen; Kostenerstattung ist im öffentlichen Recht abschließend geregelt PD Dr. Robert Magnus
46
ohne Auftrag oder sonstige Befugnis
Voraussetzungen berechtigte GoA ohne Auftrag oder sonstige Befugnis kein den Geschäftsführer verpflichtender Vertrag und keine gesetzlich eingeräumte Befugnis (z.B. bei Eltern, Organ einer juristischen Person) str.: bei nichtigem Vertragsverhältnis wenn Grenzen eines wirksamen Vertrages überschritten werden PD Dr. Robert Magnus
47
Berechtigung der Geschäftsführung
Voraussetzungen berechtigte GoA Berechtigung der Geschäftsführung Gemäß§ 683 S.1 BGB Gemäß§§ 683 S.2, 679 BGB Gemäß§ 684 S.2 BGB PD Dr. Robert Magnus
48
Berechtigung der Geschäftsführung
Voraussetzungen berechtigte GoA Berechtigung der Geschäftsführung § 683 S.1 BGB: Übernahme konkreter Geschäftsführung durch diesen Geschäftsführer entspricht (im Zeitpunkt der Übernahme) dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn Interesse: objektiv (Sicht eines verständigen Dritten) und wirklicher Wille (rein subjektiv) oder, wenn wirklicher Wille nicht erkennbar, mutmaßlicher Wille (i.d.R. = objektives Interesse) aber: Übereinstimmung mit Willen genügt entgegen dem Wortlaut! PD Dr. Robert Magnus
49
Berechtigung der Geschäftsführung
Voraussetzungen berechtigte GoA Berechtigung der Geschäftsführung §§ 683 S.2, 679 BGB: Widerspruch zum Willen des Geschäftsherrn, aber Erfüllung einer Pflicht des Geschäftsherrn Rechtspflicht gesteigertes öffentliches Interesse an Erfüllung oder Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn § 684 S.2 BGB: Genehmigung Ausdrücklich oder konkludent PD Dr. Robert Magnus
50
Voraussetzungen berechtigte GoA
Teure Skiferien D ist mit einer Gruppe von Freunden im oberbayerischen Lenggries für einige Tage beim Skifahren. Die Gruppe wohnt im Gasthof Alpenrose. Weil D der beste Skifahrer der Gruppe ist, setzt er sich auch des öfteren ab, sucht nach Tiefschneehängen oder verausgabt sich am oberen Garlandhang, der berühmten Buckelpiste am Brauneck. Er trifft dann zumeist auch erst nach dem letzten Lift wieder im Hotel ein. Am vorletzten Abend taucht D jedoch auch lange nach Liftschluss nicht auf. Selbst beim Abendessen, das die Gruppe üblicherweise gemeinsam gegen Uhr einnimmt, ist er nicht da. Nun macht man sich ernsthafte Sorgen und alarmiert, weil man Schlimmstes befürchtet, die Bergwacht. Diese startet eine umfangreiche Suchaktion, nachdem sie zunächst erfolglos Konktakt zu allen Liftstationen und Berghütten aufgenommen hat. Die Suche bleibt jedoch ohne Erfolg. PD Dr. Robert Magnus
51
Voraussetzungen berechtigte GoA
Teure Skiferien Den Grund hierfür erfahren die Freunde und die Bergwacht allerdings schon am nächsten Tag: D hatte im Lift eine attraktive Holländerin kennen gelernt und mit ihr die Nacht in dem am Sylvensteinsee gelegenen Hotel “Jäger von Fall” verbracht. Seine Freunde zu benachrichtigen hielt er nicht für notwendig. Schließlich sei er ja ein erwachsener Mensch. Die von der Bergwacht für die Suchaktion in Rechnung gestellten 7.500,- EUR will D deshalb ebenfalls nicht bezahlen. PD Dr. Robert Magnus
52
Voraussetzungen berechtigte GoA
Lösung: A. Ansprüche F gegen D gem. §§ 677, 683 S.1, 670 Voraussetzungen einer berechtigten GoA (-), da entweder schon tatsächlich entgegenstehender Wille oder jedenfalls kein mutmaßlicher Wille mangels Interesses. Analogie zu §678? wohl (-) B. Ansprüche F gegen D aus § 829 (analog) (-) PD Dr. Robert Magnus
53
Lästige Bestattungskosten (BGHZ 191, 325)
Voraussetzungen berechtigte GoA Lästige Bestattungskosten (BGHZ 191, 325) Bestattungsunternehmen U beerdigt den verstorbenen Ehemann der A, obwohl diese die Erteilung eines entsprechenden Auftrags ausdrücklich abgelehnt hatte. Weil die Ehe zerrüttet und weder Nachlass- noch eigene Mittel vorhanden waren, sah sich A weder verpflichtet noch finanziell in der Lage, für die Bestattung zu sorgen. Auch auf die Möglichkeit einer Kostenerstattung beim Sozialamt gem. § 74 SGB XII wollte sie sich nicht verweisen lassen. Hat U Ansprüche gegen A? PD Dr. Robert Magnus
54
Voraussetzungen berechtigte GoA
Lösung: Anspruch U gegen A auf Ersatz Bestattungskosten gem. §§ 677, 683 S.1, 670 1. Fremdes Geschäft Geschäftsbesorgung (+) Obj. fremd (+), da Totenfürsorge bei A als Ehefrau (resultiert nicht aus § 1968!, Rechtsgrundlage umstr., z.T.: Landesbestattungsgesetze, z.T. Erblasserwille oder hilfsweise nächste Angehörige). Trotz subsidiärer Verpflichtung der Gemeinde soll sich Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens grds. immer auf den primär zuständigen Totenfürsorgepflichtigen beziehen. 2. Ohne Auftrag (+) PD Dr. Robert Magnus
55
Voraussetzungen berechtigte GoA
Lösung: Anspruch U gegen A auf Ersatz Bestattungskosten gem. §§ 677, 683 S.1, 670 3. Übernahmeberechtigung Wirklicher Wille (-), damit auch kein Rückgriff auf mutmaßlichen Willen oder gar nur Interesse möglich § 679 hier eindeutig (+), erkennbar auch an entsprechenden öffentlichechtlichen Pflichten in den Bestattungsgesetzen Problem: Verhältnis zu § 241a, dessen Grundwertung hier zur Anspruchsverneinung führen müsste. IE (-), da entweder § 241a hier teleologisch zu reduzieren, da kein wettbewerbwidriges Verhalten der U, jedenfalls aber Vorrangigkeit der Wertung des § 679 vor der allgemeinen Regel des § 241a PD Dr. Robert Magnus
56
Voraussetzungen berechtigte GoA
Lösung: Anspruch U gegen A auf Ersatz Bestattungskosten gem. §§ 677, 683 S.1, 670 4. Anspruchsinhalt und -umfang Nur echte Aufwendungen oder auch Entgelt? Grds. nach Analogie zu § 1835 III auch Entgelt. Allerdings auch hier § 670 zu beachten (“Erforderlichkeit”). Deshalb hier nur Kostenersatz iHd der Erstattung, die A nach SGB erlangen kann. PD Dr. Robert Magnus
57
A. Ansprüche des Geschäftsherrn
Rechtsfolgen berechtigte GoA A. Ansprüche des Geschäftsherrn Ansprüche aus § 681 BGB § 681 S.1 BGB: Anzeigepflicht §§ 681 S.2, 666 BGB: Auskunftspflicht §§ 681 S.2, 667 BGB: Herausgabe des Erlangten §§ 681 S.2, 668 BGB: Verzinsung PD Dr. Robert Magnus
58
A. Ansprüche des Geschäftsherrn
Rechtsfolgen berechtigte GoA A. Ansprüche des Geschäftsherrn Schadensersatzansprüche: §§ 280 I, 677 BGB Pflichtverletzung: Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung Vertretenmüssen: Haftungsprivileg nach § 680 BGB Ausnahme: § 682 BGB §§ 280 I, 681, BGB PD Dr. Robert Magnus
59
A. Ansprüche des Geschäftsherrn
Rechtsfolgen berechtigte GoA A. Ansprüche des Geschäftsherrn Schadensersatzansprüche: § 823 I BGB berechtigte GoA als Rechtfertigungsgrund, wenn Rechtsguts-verletzung notwendig mit Geschäftsübernahme zusammenhängt sonst jdf. § 680 BGB analog PD Dr. Robert Magnus
60
B. Ansprüche des Geschäftsführers
Rechtsfolgen berechtigte GoA B. Ansprüche des Geschäftsführers §§ 683 S.1, 670 BGB: Aufwendungsersatzanspruch Aufwendungen = alle freiwilligen Vermögensopfer auch Ersatz von Schäden (= unfreiwilliger Vermögensopfer), sofern sich darin das typische Risiko der Geschäftsführung verwirklicht hat Geschäftsführer durfte sie den Umständen nach für erforderlich halten kein Ausschluss nach§ 685 BGB PD Dr. Robert Magnus
61
B. Ansprüche des Geschäftsführers
Rechtsfolgen berechtigte GoA B. Ansprüche des Geschäftsführers §§ 683 S.1, 670 BGB: Aufwendungsersatzanspruch Inhalt des Aufwendungsersatzanspruchs auch: Befreiung von freiwillig eingegangenen Verbindlichkeiten (§ 257 BGB) Vergütung für eigene Arbeitsleistungen analog § 1835 III BGB PD Dr. Robert Magnus
62
Der Abschlepper (BGH NJW 2016, 2407)
Rechtsfolgen berechtigte GoA Der Abschlepper (BGH NJW 2016, 2407) K stellt ihren Wagen auf dem Supermarktparkplatz des V ab. Nachdem die Höchstparkdauer von 90 Minuten überschritten ist, lässt V das Auto für 219,50 Euro umsetzen. Kann V diese Kosten von K ersetzt verlangen? PD Dr. Robert Magnus
63
Rechtsfolgen berechtigte GoA
Lösung: Anspruch V gegen K auf Ersatz Abschleppkosten gem. §§ 677, 683 S.1, 670 1. Fremdes Geschäft Geschäftsbesorgung (+) Obj. fremd (+), da K nach § 862 bzw. § 861 zur Entfernung des PKW verpflichtet Dass V auch im eigenen Interesse tätig, schließt FGW nicht aus („auch fremdes“ Geschäft) 2. Ohne Auftrag (+) PD Dr. Robert Magnus
64
Rechtsfolgen berechtigte GoA
Lösung: Anspruch V gegen K auf Ersatz Abschleppkosten gem. §§ 677, 683 S.1, 670 3. Übernahmeberechtigung Erfüllung der Verpflichtung aus §§ 861, 862 im objektiven Interesse und nach BGH entspricht sofortige Entfernung auch dem mutmaßlichen Willen (a.A. § 679) 4. Anspruchsinhalt und -umfang Aufwendungen für das Abschleppen auch erforderliche i.S.d. § 670 soweit sie nicht über übliche Kosten hinausgehen PD Dr. Robert Magnus
65
Voraussetzungen unberechtigte GoA
Geschäftsbesorgung Wahrnehmung fremder Interessen („für einen anderen“) ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung Keine Berechtigung der Geschäftsführung gemäß §§ 683, 684 BGB PD Dr. Robert Magnus
66
Rechtsfolgen unberechtigte GoA
Dem Geschäftsherrn stehen nach h.M. sämtliche Ansprüche zu, die er auch bei einer berechtigten GoA geltend machen kann Argument: a maiore ad minus Zudem kann der Geschäftsherr gem. § 678 auch bei einem bloßen Übernahmeverschulden (und fehlendem Ausführungsverschulden) Schadensersatz verlangen PD Dr. Robert Magnus
67
Schadensersatzanspruch des Geschäftsherrn aus § 678 BGB
Rechtsfolgen unberechtigte GoA Schadensersatzanspruch des Geschäftsherrn aus § 678 BGB unberechtigte Übernahme der Geschäftsführung (im Zeitpunkt der Übernahme) mindestens leichte Fahrlässigkeit des Geschäftsführers bzgl. des seiner Übernahme der Geschäftsführung entgegenstehenden Willens („musste ... erkennen“) – Ausnahme: § 680 BGB Haftung für alle adäquat kausal durch die unberechtigte Geschäftsübernahme entstandenen Schäden (Haftung für bloßes Übernahmeverschulden) PD Dr. Robert Magnus
68
Rechtsfolgen unberechtigte GoA
Geschäftsführer kann gem. § 684 S.1 die Herausgabe des vom Geschäftsherrn Erlangten nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (Rechtsfolgenverweisung): Geschäftsherr muss ersparte Aufwendungen herausgeben, sofern er (noch) bereichert ist (Wertersatz, § 818 II; nicht z.B. bei fehlgeschlagenen Aufwendungen) Einwand der Entreicherung § 818 III (Unterschied zu§ 670) bei Genehmigung des Geschäftsherrn: Aufwendungsersatz nach §§ 684 S.2, 683 S.1, 670 PD Dr. Robert Magnus
69
Eigengeschäftsführung
Eigengeschäftsführung (unechte GoA) irrtümliche Eigengeschäfts-führung (§ 687 I BGB) angemaßte Eigengeschäfts-führung (§ 687 II BGB) Wahlrecht des Geschäftsherrn: §§ 677 (i.V.m. 280 I), 678, 681, 682 BGB (GF dann: §§ 687 II 2, 684 S.1 BGB) oder allgemeine Regeln allgemeine Regeln (§§ 812 ff., 823 ff., 987 ff. BGB) PD Dr. Robert Magnus
70
Eigengeschäftsführung
Die irrtümliche Eigengeschäftsführung nach § 687 I setzt voraus: ein objektiv fremdes Geschäft dass der Geschäftsführer irrtümlich für sein eigenes Geschäft hält (kein FGW) Die irrtümliche Eigengeschäftsführung wird nach den allg. Regeln behandelt, §§ 677 ff. finden keine Anwendung PD Dr. Robert Magnus
71
Eigengeschäftsführung
Die angemaßte Eigengeschäftsführung nach § 687 II setzt voraus: ein objektiv fremdes Geschäft fehlende Berechtigung dreifachen Vorsatz des Geschäftsführers (jeweils positive Kenntnis): Kenntnis der Fremdheit des Geschäfts Kenntnis der fehlenden Berechtigung Wille zur Eigengeschäftsführung PD Dr. Robert Magnus
72
Rechtsfolgen unberechtigte GoA
In Trümmern Für ihre Baustelle in der Industriestraße 10 benötigt die Baufirma G einen Lagerplatz, auf dem sie die Baumaterialien abstellen kann. In Betracht kommt nur das benachbarte Grundstück Industriestraße 12, ein unbebautes Trümmergrundstück. G fragt beim Eigentümer des Grundstücks, D, an, ob sie das Grundstück für die Lagerung der Materialien nutzen dürfe. Zu diesem Zweck würde sie auch die notwendige Enttrümmerung vornehmen. D lehnt kategorisch ab. G enttrümmert das Grundstück daraufhin gleichwohl und nützt es während der Bauzeit auf dem Grundstück Nr. 10 als Lagerstätte. D fordert später von G eine Nutzungsentschädigung iHv. von insgesamt ,- EUR, was der marktüblichen Miete für ein unbebautes und freies Grundstück in dieser Lage und für diesen Zeitraum entspricht. G hält dem entgegen, dass die Enttrümmerung ebenfalls mindestens ,- EUR gekostet habe und das Grundstück in seinem jetzigen enttrümmerten Zustand mindestens ,- EUR mehr wert sei als zuvor. PD Dr. Robert Magnus
73
Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz A. Vertragliche Ansprüche (-) B. §§ 677, 681 S. 2, 667 Voraussetzung: Echte und berechtigte GoA? (-) schon keine echte GoA, da kein FGW, jedenfalls aber keine Berechtigung C. §§ 687 II, 681 S. 2, 667 I. Anwendbarkeit neben §§ 987 ff. (+), da kein Privilegierungsbedarf für den bösgläubigen Geschäftsanmaßer II. Besorgung eines obj. fremden Geschäfts (+), Ziehung von Nutzungen aus dem Grundstück steht dem Egt zu PD Dr. Robert Magnus
74
Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz C. §§ 687 II, 681 S. 2, 667 III. Ohne Berechtigung (+) IV. Kenntnis der Fremdheit, der mangelnden Berechtigung und fehlender FGW (+) V. Geltendmachung des Anspruchs hier zunächst zu unterstellen (evtl. vorbehaltlich einer Günstigkeitsprüfung bei den Gegenansprüchen). VI. Umfang des Anspruchs? Entrümpelung wurde im selben Wert erbracht und ohne diese wäre Nutzung nicht möglich gewesen PD Dr. Robert Magnus
75
Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz C. §§ 687 II, 681 S. 2, 667 VI. Umfang des Anspruchs? Hier unproblematisch ,- €: Entspricht dem obj. Wert, aber auch dem subj. Wert für G (war zu einem Investment iHv ,- bereit; ob Entrümpelung gegengerechnet werden kann, ist Frage von Aufwendungsersatzsprüchen) D. §§ 987 I, 990 I. Vindikationslage (+), § 687 II begründet nicht etwa ein RzB iSv § 986 II. Bösgläubigkeit iSv § 990 (+) PD Dr. Robert Magnus
76
Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz D. §§ 987 I, 990 III. Gezogene Nutzungen (+), Gebrauchsvorteile iSv § 100, hier mit ,- zu veranschlagen; Enttrümmerungskosten sind Frage der §§ 994 ff. IV. Anspruch iE (+) E. §§ 812 I 1 Fall 2, 818 I, II I. Anwendbarkeit neben §§ 987 ff.? hier (+), da nach den Wertungen der §§ 992 f. und des § 988 kein Privilegierungsbedarf PD Dr. Robert Magnus
77
Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz E. §§ 812 I 1 Fall 2, 818 I, II II. Etwas erlangt (+), Nutzung/Gebrauchsvorteil III. In sonstiger Weise auf Kosten des D? (+), Eigenmächtige Verschaffung des Besitzes am Grundstück IV. Ohne Rechtsgrund? (+), § 687 II kann keinen Rechtsgrund herstellen, auch wenn Anspruch geltend gemacht wird. PD Dr. Robert Magnus
78
Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil I: Ansprüche D gegen G auf Nutzungsersatz E. §§ 812 I 1 Fall 2, 818 I, II V. Umfang des Anspruchs auch hier = ,-, wenn man richtigerweise davon ausgeht, dass nur der Wert der i.o.S. erlangten Nutzung zu taxieren ist Sowohl obj. als auch subj. sind hier ,- EUR zu veranschlagen (G war die Nutzung ja Investment für Entrümpelung wert). Die Entrümpelungskosten sind nicht eine Frage von §818 III, sondern von etwaigen Gegenansprüchen. VI. Anspruch iE (+) PD Dr. Robert Magnus
79
Teil II: Ansprüche G gegen D wegen der Enttrümmerung
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil II: Ansprüche G gegen D wegen der Enttrümmerung A. §§ 687 II 2, 684 S. 1, 818 ff. I. Anwendbarkeit neben den §§ 994 ff. ? Nach h.M. (-) da insoweit Ersatz für Verwendungen verlangt, a.A. vertretbar, ggf. Frage der Konkurrenzen II. Besorgung eines obj. fremden Geschäfts? (+), Enttrümmerung grds. Aufgabe des Egt III. Ohne Berechtigung IV. Dreifacher Vorsatz (+) PD Dr. Robert Magnus
80
Teil II: Ansprüche G gegen D wegen der Enttrümmerung
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil II: Ansprüche G gegen D wegen der Enttrümmerung A. §§ 687 II 2, 684 S. 1, 818 ff. V. Umfang Wenn Geltendmachung unterstellt Umfang ,-, da es nur um ersparte Aufwendungen für Enttrümmerung geht. VI. Problem der aufgedrängten Bereicherung? Hier unproblematisch, weil D die aufgedrängte Leistung seinem Vermögen durch Geltendmachung des Nutzungsersatzes zwangsläufig inkorporiert (für ein Trümmergrundstück wäre eine Miete deutlich geringer ausgefallen). VII. Anspruch iHv ,- EUR (+) , wenn neben EBV überhaupt anwendbar PD Dr. Robert Magnus
81
Teil II: Ansprüche G gegen D wegen der Enttrümmerung
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil II: Ansprüche G gegen D wegen der Enttrümmerung B. §§ 994 II, 683, 670 (-), da keine notwendige Verwendung. C. § 996 (-) wegen Bösgläubigkeit des G. D. § 812 I 1 Tatbestandsvoraussetzungen der allgemeinen Verwendungskondiktion sind gegeben. Anwendbarkeit neben EBV aber fraglich (h.M. (-)) PD Dr. Robert Magnus
82
Teil II: Ansprüche G gegen D wegen der Enttrümmerung
Rechtsfolgen berechtigte GoA Lösung: Teil II: Ansprüche G gegen D wegen der Enttrümmerung E. Konkurrenzen Verhältnis von §§ 994 ff. zu §§ 687 II, 684 sowie zu § 812 (allgem. Verwendungskondiktion)? §§ 994 ff. nach h.M. abschließend M.M.: Differenzierungen im EBV wohl nur Versuch, Problem aufgedrängter Bereicherung zu bewältigen. Danach vorzugswürdig, allgemeines BereicherungsR und §§ 687 II, 684 unter strikter Achtung der Grundsätze des Aufdrängungsschutzes neben den §§ 994 ff. anzuwenden PD Dr. Robert Magnus
83
3. Teil: Das Deliktsrecht
(§§ 823 ff) PD Dr. Robert Magnus
84
Aufgaben und Struktur des Deliktsrechts
Überblick Aufgaben und Struktur des Deliktsrechts Rechtsgüterschutz Grds. kein Schutz des Erwerbs und kein Ersatz reiner Vermögensschäden Grenzen des Deliktsrechts bestimmen die Abgrenzung der individuellen Freiheitssphären PD Dr. Robert Magnus
85
Aufgaben und Struktur des Deliktsrechts
Überblick Aufgaben und Struktur des Deliktsrechts Prävention Genugtuung Kompensation PD Dr. Robert Magnus
86
Aufgaben und Struktur des Deliktsrechts
Überblick Aufgaben und Struktur des Deliktsrechts Unterschiedliche Gründe für eine Haftung Unterscheidung nach Art der Haftung: Verschuldenshaftung Haftung für vermutetes Verschulden Gefährdungshaftung PD Dr. Robert Magnus
87
II. Wichtige Anspruchsgrundlagen
Überblick II. Wichtige Anspruchsgrundlagen Verschuldenshaftung Haftung für Rechtsgutsverletzungen nach § 823 I Haftung für Schutzgesetzverletzungen nach § 823 II Haftung für vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach§ 826 Haftung des Beamten für Amtspflichtverletzungen nach § 839 Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a PD Dr. Robert Magnus
88
II. Wichtige Anspruchsgrundlagen
Überblick II. Wichtige Anspruchsgrundlagen Haftung für vermutetes Verschulden Haftung für unerlaubte Handlungen von Verrichtungsgehilfen nach§ 831 Haftung für Aufsichtspflichtverletzungen nach§ 832 Haftung des Halters zahmer Nutztiere nach § 833 S. 2 Haftung des Tieraufsehers nach § 834 Gebäudehaftung nach §§ 836 – 838 Haftung des Fahrzeugführers nach § 18 StVG PD Dr. Robert Magnus
89
II. Wichtige Anspruchsgrundlagen
Überblick II. Wichtige Anspruchsgrundlagen Gefährdungshaftung Haftung bei irrtümlich angenommener Selbsthilfeberechtigung nach § 231 Allgemeine Tierhalterhaftung nach § 833 S. 1 Haftung des Fahrzeughalters, § 7 I StVG und des Schwarzfahrers nach § 7 III 1 HS 1 StVG Str.: § 1 ProdHaftG Weitere Gefährdungshaftungen in Sondergesetze: §§ 1, 2 HaftpflG; §§ 33 I, II, 1, 3; 54 f. LuftVG; §§ 25, 26 AtomG; § 22 WHG; § 84 ArzneimittG; § 1 UmweltHG; § 32 GentechnikG PD Dr. Robert Magnus
90
II. Wichtige Anspruchsgrundlagen
Überblick II. Wichtige Anspruchsgrundlagen Gemeinsamkeiten der Gefährdungshaftung Eröffnung einer Gefahrenquelle Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen“ Unterschied zur Risikohaftung und Aufopferungshaftung PD Dr. Robert Magnus
91
II. Wichtige Anspruchsgrundlagen
Überblick II. Wichtige Anspruchsgrundlagen Aufopferungshaftung § 904 S. 2 (Einwirkung auf Sache zur Gefahrenabwehr) § 906 II 2 (Entschädigung für Immissionen) § 912 II 2 (Überbauentschädigung) § 917 II 2 (Entschädigung für Notwegerecht) § 14 S. 2 BImSchG (Schadensersatz für Immissionen) PD Dr. Robert Magnus
92
II. Wichtige Anspruchsgrundlagen
Überblick II. Wichtige Anspruchsgrundlagen Risikohaftung § 717 II 2 ZPO (Vollstreckung aus noch nicht rechtskräftigen Titel) § 945 ZPO (Ersatz bei Aufhebung von Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes) PD Dr. Robert Magnus
93
III. Unterschiede Vertrags- und Deliktsrecht
Überblick III. Unterschiede Vertrags- und Deliktsrecht Rechtsprechung erweitert Vertragsrecht, um Schwächen des Deliktsrecht zu umgehen: Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Rechtsprechung erweitert deliktsrechtliche Ansprüche, um Schwächen des Vertragsrechts zu umgehen: Weiterfressermangel-Rechtsprechung PD Dr. Robert Magnus
94
Überblick Vertrag Delikt Schutz Verantwortlichkeit Minderjährige
Relative Wirkung/ Äquivalenzinteresse Absolute Wirkung/ Integritätsinteresse Verantwortlichkeit Minderjährige §§ 106 ff. § 828 Verantwortlichkeit Dritter § 278 § 831 Verschulden § 280 I 2 (vermutet) § 823 (voller Nachweis, Ausnahmen) Schaden Vermögensschäden erfasst Reine Vermögensschäden nicht erfasst PD Dr. Robert Magnus
95
Überblick Vertrag Delikt Verjährung Ausschluss
§§ 438, 634a, 651j (Mängelrechte) = 2 Jahre Allg. Verjährung nach §195 = 3 Jahre Ausschluss §§ 276 III, 278 S. 2 § 309 Nr. 7b bei AGB i.d.R. kein Ausschluss P: Gilt vertraglicher Ausschluss auch für deliktische Ansprüche? PD Dr. Robert Magnus
96
III. Unterschiede Vertrags- und Deliktsrecht
Überblick III. Unterschiede Vertrags- und Deliktsrecht Grds. sind vertragliche und deliktische Anspruchsgrundlagen nebeneinander zu prüfen. Gläubiger erhält Schadensersatz jedoch nur einmal. Nach der Rechtsprechung werden vertragliche Haftungsausschlüsse und gesetzliche Haftungsmilderungen (§§ 521, 599, 690, 708) auch im Deliktsrecht angewandt. Argument: Kein Unterlaufen vertraglicher Wertungen durch Deliktsrecht. PD Dr. Robert Magnus
97
III. Unterschiede Vertrags- und Deliktsrecht
Überblick III. Unterschiede Vertrags- und Deliktsrecht Für vertragliche und deliktische Ansprüche gelten jeweils eigene Verjährungsregeln. Ausnahme: §§ 548, 606 (kurze mietrechtliche Verjährung) werden auch in das Deliktsrecht übertragen. § 377 HGB schließt konkurrierende deliktsrechtliche Ansprüche nach Rechtsprechung nicht aus. Argument: Durch Vertragsbeziehung soll Geschädigter nicht schlechter gestellt werden, als andere geschädigte Dritte. PD Dr. Robert Magnus
98
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Leben Körper und Gesundheit Freiheit Eigentum sonstiges (absolutes) Recht PD Dr. Robert Magnus
99
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Verseuchtes Blut (BGH NJW 1953, 417) F muss sich im Krankenhaus U einer Bluttransfusion unterziehen. Dabei wird ihr schuldhaft mit Lues (Syphilis) infiziertes Blut übertragen, ohne dass dies jedoch bemerkt würde. Später wird F schwanger. Ihr Kind K kommt mit angeborener Syphilis zur Welt und fordert von der Klinik Schadensersatz. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
100
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch K gegen U aus §§ 280 I, 611 iVm § 328 analog Vertrag F-U (+), aber keine Einbeziehung des K in die Schutzwirkung (Leistungsnähe fehlt) B. Anspruch K gegen U aus § 823 I Rechtsgutsverletzung? Problem: Gesundheit von K war hier nie unbeschädigt, sondern von Anfang beschädigt. „Logisch” ist damit eine Rechtsverletzung nicht zu begründen PD Dr. Robert Magnus
101
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch K gegen U aus § 823 I h.M. erkennt eine solche gleichwohl wegen der Besonderheit des in Frage stehenden Rechtsguts an. BGH: „Lebensgüter (…) sind der Rechtsordnung vorausgegeben. Sie sind Ausdruck der Personhaftigkeit des Menschen, ein Teil der Natur und ein Teil der Schöpfung. (…) jeder Mensch hat ein Recht auf diese Lebensgüter und damit darauf, dass nicht von Menschenhand das organische Wachstum gestört oder beeinträchtigt werde. Jede Entziehung oder Störung, die von einem Menschen herrührt und das natürliche Wachstum (…) beeinträchtigt, ist eine Verletzung dieser Rechtsgüter. PD Dr. Robert Magnus
102
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch K gegen U aus § 823 I Weitere Voraussetzungen des § 823 I liegen vor. Ergebnis: Anspruch (+) PD Dr. Robert Magnus
103
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I „Kind als Schaden“ (BGH NJW 1983, 1371) F ist schwanger. Bei den Routineuntersuchungen übersieht ihr Gynäkologe A schuldhaft eine Rötelninfektion. F bringt deshalb schließlich ein schwerst behindertes Kind (K) zur Welt. Mit der Begründung, dass sie bei Kenntnis der Schädigung abgetrieben hätte, fordert sie von A Schmerzensgeld sowie Schadensersatz in Höhe des vollen, auch behinderungsbedingten Unterhalts. Auch ihr Ehemann M fordert Ersatz der Unterhaltskosten. Zudem fordern die Eltern auch im Namen ihres Kindes Schadensersatz. PD Dr. Robert Magnus
104
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch F gegen A aus §§ 280 I, 611 (+) Problem: „Kind als Schaden“ Lösung BGH: Nicht Kind, sondern Unterhaltspflicht ist Schaden B. Anspruch M gegen A aus §§ 280 I, 611 iVm § 328 (+) C. Anspruch des K aus §§ 280 I, 611 iVm § 328 (-) D. Anspruch des K aus§ 823 I (-) Kein Anspruch wegen der eigenen, beeinträchtigten Existenz („wrongful life“) (str.) Ohne Pflichtverletzung des A gäbe es K gar nicht PD Dr. Robert Magnus
105
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Leben Körper und Gesundheit Freiheit Eigentum sonstiges (absolutes) Recht PD Dr. Robert Magnus
106
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Gefangen im Fleet (BGH NJW 1971, 886; NJW 2015, 1174) S hat zwei Schiffe, mit denen er hauptsächlich für die Mühle M Transporte vornimmt. Die Mühle liegt an einem Fleet, das sie mit dem Elbhafen H verbindet. Der Wegeunterhalt für das Fleet obliegt A. Infolge jahrelanger Nachlässigkeit stürzt Ende Oktober 2017 eine Ufermauer des Fleets ein. Ein auf der Mauer ruhendes Wohnhaus wird zum Teil mitgerissen. Um den weiteren Einsturz des Hauses zu verhindern, wird dieses mit langen Balken gestützt, die in die gegenüberliegende Ufermauer verspannt werden. Hierdurch wird das Fleet bis Mitte 2018 unpassierbar. Im Zeitpunkt des Einsturzes liegt ein Schiff des S, die MS Mühle, an der Mühle und kann infolgedessen nicht mehr zum Hafen gelangen. PD Dr. Robert Magnus
107
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Gefangen im Fleet (BGH NJW 1971, 886; NJW 2015, 1174) Das andere Schiff, die MS Hafen, liegt im Hafen und kann im fraglichen Zeitraum nicht mehr, wie zwischen S und M vertraglich vereinbart, Ladung an der Mühle aufnehmen und wegtransportieren. S verlangt von A Schadensersatz in Höhe von ,- EUR. Durch die Sperrung des Fleets habe er pro Schiff ,- EUR Verdienstausfall gehabt. PD Dr. Robert Magnus
108
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Ansprüche wegen der MS Mühle I. Vertragliche Ansprüche (-) II. Dingliche Ansprüche (-) III. § 823 I 1. Rechts- oder Rechtsgutsverletzung a) Eigentumsverletzung? Nach h.M. (+), wenn wegnahmegleiche Beeinträchtigung die Nutzungsmöglichkeit nahezu vollständig ausschließt str., ob Mindestvoraussetzungen in zeitl./qualitativer Hinsicht PD Dr. Robert Magnus
109
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Ansprüche wegen der MS Mühle A.A. (-), es geht um Änderung der Sach-Umweltbeziehung und damit um negative Einwirkung, die nur dann Eigentumsbeeinträchtigung darstellt, wenn durch besonderen Rechtssatz verboten (im Fall (-), da hier nur Gemeingebrauch an Wasserstraße beeinträchtigt ). b) Recht am Gewerbebetrieb Es fehlt an Betriebsbezogenheit des Eingriffs, da er nicht final gegen den betrieblichen (Produktions-)prozess gerichtet war 2. Rechtswidrigkeit und Verschulden ggf. (+) 3. Kausaler Schaden ebenfalls (+) PD Dr. Robert Magnus
110
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Ansprüche wegen der MS Hafen Anspruch aus § 823 I Eigentumsverletzung? Auch nach h.M. hier (-) Schiff kann noch für andere Zwecke eingesetzt werden (durchaus frgl., je nach Fallgestaltung). Streit um Eigentumsverletzung bei reiner Beeinträchtigung Nutzungsmöglichkeit ohne Substanzbeeinträchtigung hier unerheblich. PD Dr. Robert Magnus
111
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Geplatzte Reifen (BGH NJW 2004, 1032) V veräußert der K-GmbH im Frühjahr 2016 einen gebrauchten Ferrari für ,- €. In den Verkaufsbedingungen des V findet sich ein Gewährleistungsausschluss sowie ein Ausschluss vertraglicher Schadensersatzansprüche, soweit diese auf leichter Fahrlässigkeit beruhen. Vor dem Verkauf hatte V neue Reifen aufgezogen. Dabei hatte er allerdings leicht fahrlässig übersehen, dass das Produktionsdatum der Reifen bereits so weit zurück lag, dass sie für den Ferrari mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 295 km/h nicht mehr hätten verwendet werden dürfen. Im Herbst 2018 platzt bei einer Fahrt des Ferrari auf der Autobahn der linke Hinterreifen. Es kommt zu einem Unfall, bei dem der Wagen Totalschaden erleidet. Der Wiederbeschaffungswert beträgt ,- €, weshalb die K-GmbH V in Höhe dieses Betrags in Anspruch nimmt. PD Dr. Robert Magnus
112
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: Anspruch K gegen V aus §§ 433, 434, 437 Nr. 3, 280 I Einordnung des Mangelfolgeschadens in die §§ 280 ff Schuldverhältnis, Pflichtverletzung, Vertretenmüssen, Schaden (+) Aber wirksamer Haftungsausschluss Zudem Verjährung der Gewährleistungsrechte nach § 438 I Nr. 3 Ergebnis: Anspruch (-) B. Anspruch K gegen V aus § 823 I Verletzung des Eigentums des K? PD Dr. Robert Magnus
113
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch K gegen V aus § 823 I Verletzung des Eigentums des K? Aufziehen der fehlerhaften Reifen keine Eigentums-Verletzung, da zu diesem Zeitpunkt noch kein Eigentum des K bestand Mangelnde Information über die Fehlerhaftigkeit der Reifen nach Übereignung ist richtigerweise keine Verletzung einer aus dem erlangten Eigentum resultierenden Pflicht, sondern allenfalls eine (nach)vertragliche. Eigentums-Verletzung nach den Grundsätzen der sog. Weiterfresserschäden? PD Dr. Robert Magnus
114
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch K gegen V aus § 823 I Verletzung des Eigentums des K? Hier i.E. (+), da zwischen geltend gemachtem Schaden und ursprünglichen Mangel keine Stoffgleichheit besteht. Allerdings: fragwürdige Dogmatik, a.A. gut vertretbar, weil hierdurch Integritäts- und Äquivalenzinteresse vermengt werden. C. Anspruch K gegen V aus § 1 ProdHaftG Nach § 1 S. 2 ProdHaftG erforderlich, dass eine „andere“ als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird PD Dr. Robert Magnus
115
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: C. Anspruch K gegen V aus § 1 ProdHaftG Hier nicht der Fall Weiterfressermangel-Rechtsprechung (wohl) nicht in das ProdHaftG übertragbar, das auf europäischer RL beruht PD Dr. Robert Magnus
116
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Leben Körper und Gesundheit Freiheit Eigentum sonstiges (absolutes) Recht: Grunddienstbarkeit PD Dr. Robert Magnus
117
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Die verdächtige Gasleitung (BGH NJW-RR 2012, 1048) U führte im Auftrag der G Rodungsarbeiten auf Waldgrundstücken durch. Die Grundstücke waren mit dem im Grundbuch eingetragenen Recht der E-AG belastet, einen 8 m breiten Grundstückstreifen (Schutzstreifen) zum Verlegen und Betreiben einer unterirdischen Gasfernleitung nutzen zu dürfen. Zugleich war dem Eigentümer die Bebauung des Schutzstreifens untersagt. Im Mai fuhr ein Mitarbeiter der U mit einem 20 t schweren Kettenbagger über den Schutzstreifen und rutschte dabei von den zum Schutz der Gasleitung verlegten Baggermatten ab. Die E-AG ließ die Gasleitung freilegen und überprüfen. Es wurde eine innerhalb der Norm liegende Verformung („Unrundheit“) festgestellt, die keiner Reparatur bedurfte. Eine Unterbrechung der Gaszufuhr war nicht erforderlich. Die E-AG fordert von U Ersatz der für die Überprüfung der Ferngasleitung entstandenen Kosten. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
118
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch aus § 280 I iVm Grds. über DrittschutzV I. Sonderverbindung/Vertrag zwischen G und U (+): WerkV Einbeziehung von E in den Vertrag Gläubigernähe (+), wenn G auch Eigentümer des Grdst. Einbeziehungsinteresse der G (+), wenn ihre Eigentümer-Stellung unterstellt wird, aufgrund des dann zu E in Anbetracht der Dienstbarkeit bestehenden Rechtsverhältnisses Erkennbarkeit für U (+), Indiz: Wurden extra Baggermatten ausgelegt Schutzbedürftigkeit (+), da keine eigenen vertraglichen bzw vertragsähnlichen Ansprüche der E gegen U erkennbar PD Dr. Robert Magnus
119
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch aus § 280 I iVm Grds. über DrittschutzV IIII. Pflichtverletzung (+) IV. Vertretenmüssen: § 280 I 2 iVm § 278 (unproblematisch erfüllt) V. Kausaler Schaden? Problem: Schaden adäquat kausal durch Pflichtverletzung verursacht, da ja grds. aus eigener Initiative untersucht wurde? Hier i.E. aber (+) wegen einer angesichts der Gefahr zweifellos bestehenden (gesetzlichen) Untersuchungspflicht als Verkehrssicherungspflicht. PD Dr. Robert Magnus
120
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch aus§ 831 M = Verrichtungsgehilfe (+) Rw Verwirklichung eines deliktischen Haftungstb i. d. Person des Verrichtungsgehilfen? 1. Eigentums-Verletzung am Rohr? E gem § 95 trotz Verbindung mit dem Grundstück Eigentümer der Rohre. Da die Rohre im Fall einen “Schlag” bekommen haben, Eigentums-Verletzung auch unproblematisch (+). 2. Verletzung der Dienstbarkeit als sonstiges Recht iSv § 823 I? PD Dr. Robert Magnus
121
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch aus§ 831 2. Verletzung der Dienstbarkeit als sonstiges Recht iSv § 823 I (+), wenn grundstücksbezogener Eingriff dazu führt, dass das durch die Dienstbarkeit vermittelte Nutzungsrecht nicht mehr uneingeschränkt ausgeübt werden kann. Hier fragl. I.E. aber jedenfalls dann (+), wenn aufgrund des Umfallens des Baggers nicht nur die Frage aufkam, ob die Rohre (und damit das Eigentum), sondern auch ob die Grundstücksverhältnisse so verändert wurden, dass die Nutzung mittels der Rohre nicht mehr ohne Reparaturen/Veränderungen möglich war. PD Dr. Robert Magnus
122
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch aus§ 831 2. Verletzung der Dienstbarkeit als sonstiges Recht iSv § 823 I Folgeproblem kann hier darin liegen, dass nach Untersuchung feststeht, dass Grundstück in seiner Tauglichkeit für die Ausübung der Nutzung obj. völlig unbeeinträchtigt geblieben ist. Dann zu klären, ob bereits der Verdacht einer solchen Beeinträchtigung die Beeinträchtigung selbst ersetzt bzw. ob auch hins. der Dienstbarkeit Verkehrspflichten bestanden, die bereits das Erzeugen des Verdachts einer Beeinträchtigung durch das Umfallen schweren Geräts auf dem Schutzstreifen als Verletzung der Dienstbarkeit selbst erscheinen lassen. PD Dr. Robert Magnus
123
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch aus§ 831 2. Verletzung der Dienstbarkeit als sonstiges Recht iSv § 823 I BGH hat im Fall Verletzung der Dienstbarkeit bejaht. 3. RW in der Person des Verrichtungsgehilfen (+) III. Keine Exkulpation des Geschäftsherrn (+), da keine Anhaltspunkte dafür, dass U den Mitarbeiter sorgfältig ausgesucht und überwacht hat. IV. Schaden, Problem hier grds. wie oben bei § 280. V. Ergebnis: Anspruch (+) PD Dr. Robert Magnus
124
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Leben Körper und Gesundheit Freiheit Eigentum sonstiges (absolutes) Recht : Besitz PD Dr. Robert Magnus
125
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Gestohlene Ruderboote (BGH NJW 1981, 865) Für seinen Bootsverleih in Meersburg am Bodensee erwirbt K von V zwei Ruderboote zum Gesamtpreis von 5.000,- EUR. K weiß nicht, dass V die Boote von E gestohlen hatte, der seinerseits einen Bootsverleih in Überlingen am Bodensee betreibt. Einige Wochen später entdeckt E bei einem Ausflug nach Meersburg zufällig die vermissten Boote an der Anlegestelle von K. Ohne diesen zu fragen, macht er sie kurzentschlossen los und verbringt sie nach Überlingen. Nachdem K die vermissten Boote zwei Wochen später wiederum bei E entdeckt und diesen zur Rede stellt, lassen sich die Dinge schließlich aufklären. K verzichtet auf die Herausgabe der Boote, fordert aber von E Schadensersatz i.H.v. 1000,- EUR dafür, dass er die Boote in den vergangenen zwei Wochen nicht vermieten konnte. PD Dr. Robert Magnus
126
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch K gegen E aus§ 823 I Handlung des E (+) Verletztes Rechtsgut: Besitz? E ist wegen § 935 Eigentümer der Boote und K hat auch kein Recht zum Besitz gem. § 986 Allerdings hat K einen Anspruch aus§ 861 auf Herausgabe der Boote, weil E verbotene Eigenmacht iSd § 858 begangen hat Führt verbotene Eigenmacht des E zu Schadensersatzansprüchen wegen der entgangener Nutzungsmöglichkeit? PD Dr. Robert Magnus
127
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch K gegen E aus§ 823 I Verletztes Rechtsgut: Besitz? (-) Arg.: Sinn und Zweck des Besitzschutzes. III. Ergebnis: Anspruch (-) PD Dr. Robert Magnus
128
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch K gegen E aus§ 823 I Verletztes Rechtsgut: Besitz? (-) Arg.: Sinn und Zweck des Besitzschutzes. III. Ergebnis: Anspruch (-) PD Dr. Robert Magnus
129
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Leben Körper und Gesundheit Freiheit Eigentum sonstiges (absolutes) Recht : Rahmenrechte PD Dr. Robert Magnus
130
Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR)
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR) APR wird durch Rspr aus Art. 1, 2 I GG abgeleitet Es verbietet (u.a): Verletzung von Ehre, Ruf und Ansehen eines Menschen (statische Seite) Es garantiert (u.a.): Selbstbestimmung, soziale Geltung und das Recht zur freien Entfaltung (dynamische Seite) Ggü. besonderen Persönlichkeitsrechten ( § 12 ff. (Namensrecht), strafrechtlicher Ehrenschutz, Recht am eigenen Bild, …) ist es grds. subsidiär PD Dr. Robert Magnus
131
Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR)
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR) Nicht jede Beeinträchtigung von Persönlichkeitsinteressen ist untersagt bzw. führt zu einem Anspruch APR = Rahmenrecht, dessen Inhalt im Wege einer Interessenabwägung im Einzelfall zu bestimmen ist Rechtswidrig ist der Eingriff nur, wenn das Schutzinteresse des Geschädigten die schutzwürdigen Belange des Schädigers überwiegt Bei besonders schwerwiegenden Verletzungen wird auch immaterieller Schaden ersetzt PD Dr. Robert Magnus
132
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR) Vss.: Bestimmung der betroffenen Interessen, ihrer Schutzwürdigkeit und der Eingriffsintensität sowie Bestimmung der wahrgenommenen Interessen, ihrer Schutzwürdigkeit und der Notwendigkeit ihrer konkreten Durchsetzung Prüfungsort: Rechtswidrigkeit – sie ist nicht indiziert, sondern muss positiv festgestellt werden (Interessenabwägung) PD Dr. Robert Magnus
133
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR) Feststellung der Eingriffsintensität: Unterscheidung zw. Sozial-, Privat- und Intimsphäre (Drei-Sphären-Theorie) Eingriff in das öffentliche Wirken und Leben (Sozialsphäre, z.B. berufliches Leben) Eingriff in den häuslichen Kreis (Privatsphäre, z.B. Familienleben) – nur bei Vorliegen zwingender Gründe Eingriff in den Bereich der engsten Privatheit (Intimsphäre, z.B. Tagebuchaufzeichnungen, Sexualleben) – genießt absoluten Schutz! Zusätzlich: Schwere des Eingriffs und seiner Folgen PD Dr. Robert Magnus
134
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR) Besonderheit: Schutz des Rechts am eigenen Bild in §§ 22, 23 KunstUrhG § 22 S. 1-3 KunstUrhG: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. …“ PD Dr. Robert Magnus
135
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR) Besonderheit: Schutz des Rechts am eigenen Bild in §§ 22, 23 KunstUrhG § 23 Abs. 1 KunstUrhG: „(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: 1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte… (2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.“ PD Dr. Robert Magnus
136
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR) BGH: Unterscheidung absolute und relative Personen der Zeitgeschichte EGMR: Unterscheidung nach öffentlichem Interesse an den Themen der Berichterstattung PD Dr. Robert Magnus
137
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Autocomplete-Funktion (BGH NJW 2013, 2348) Die Kl. macht gegen die Bekl., die unter der Internetadresse eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungs- ansprüche geltend. Seit April 2017 hat die Bekl. eine Autocomplete-Funktion in ihre Suchmaschine integriert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer während der Eingabe seiner Suchbegriffe automatisch verschiedene Suchvorschläge in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der unter anderem die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht. PD Dr. Robert Magnus
138
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Autocomplete-Funktion (BGH NJW 2013, 2348) Der Kl. stellte im Mai 2018 fest, dass bei Eingabe seines Namens RS in dem sich im Rahmen der Autocomplete-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen „RS (voller Name) Scientology“ und „RS (voller Name) Betrug“ erschienen. Der Kl. hat unter anderem behauptet, er stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen. Bestehen Unterlassungs- und Schadensersatzpflichten? PD Dr. Robert Magnus
139
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch K gegen G aus§ 823 I Eigene Handlung von G? (+) unmittelbare Zurechnung und Verantwortung für das Verhalten der Nutzer, eigene Aussage von Google erkennbar II. Beeinträchtigung des APR des K (+) III. Rechtswidrigkeit? Interessenabwägung fällt zugunsten des K aus (a.A. vertretbar) IV. Verschulden (-) B. Anspruch K gegen G aus § 1004 I 1 (+) PD Dr. Robert Magnus
140
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Recht am Gewerbebetrieb (ReaG) Beeinträchtigung der in einem Unternehmen zusammengefassten Vermögensinteressen Nicht: Arbeitskraft und bloße Erwerbschancen; „gegenständliche Verkörperung“ erforderlich BGH: geschützt ist, „was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur Betriebsräume und -grundstücke, Maschinen und Gerätschaften, Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte, sondern auch Geschäftsverbindungen, Kundenkreis und Außenstände “ PD Dr. Robert Magnus
141
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Recht am Gewerbebetrieb (ReaG) Gleichwohl: kein genereller Vermögensschutz bei fahrlässiger Schädigung Bedürfnis Schutzbereich (ReaG) einzuschränken: Betriebsbezogener Eingriff in den Gewerbebetrieb Feststellung der Widerrechtlichkeit (Interessenabwägung) Subsidiarität (Auffangtatbestand) PD Dr. Robert Magnus
142
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Recht am Gewerbebetrieb (ReaG) Betriebsbezogenheit (+), wenn die Grundlagen des Betriebes bedroht sind oder der vorhandene Funktionszusammenhang der Betriebsmittel auf längere Zeit aufgehoben und dadurch die Tätigkeit des Betriebs als solche in Frage gestellt wird (BGH NJW 1983, 812, 813) ausschließlich Eingriffe relevant, die sich gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten (BGHZ 138, 311, 317) PD Dr. Robert Magnus
143
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Recht am Gewerbebetrieb (ReaG) Betriebsbezogenheit Zusätzlich (u.U.): Willensrichtung des Schädigers Nicht ausreichend: Ausfall/Verlust eines wichtigen Mitarbeiters, Fahrzeugs oder einer Maschine (arg. keine hinreichend schwere Betriebsbeeinträchtigung) Typische Fallgruppen: Schutzrechtswarnungen, geschäftsschädigende (wahre) Kritik, Boykottaufrufe, unfaire Produkttests PD Dr. Robert Magnus
144
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Recht am Gewerbebetrieb (ReaG) Betriebsbezogenheit Zusätzlich (u.U.): Willensrichtung des Schädigers Nicht ausreichend: Ausfall/Verlust eines wichtigen Mitarbeiters, Fahrzeugs oder einer Maschine (arg. keine hinreichend schwere Betriebsbeeinträchtigung) PD Dr. Robert Magnus
145
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Magnetzauber (BGH NJW 2015, 773) U stellt Hochleistungsmagnete, die zur Einsparung von Brennstoffen beim Betrieb von Heizungsanlagen dienen sollen. Der Wissenschaftsjournalist J teilte den Kunden von U per mit, dass er an einem Artikel über „einen groß angelegten Schwindel“ durch U arbeite. Die Energieeinsparwirkung der Magnete entspreche der eines Perpetuum mobiles. Die wissenschaftliche Begründung des Herstellers zur „angeblichen Wirkung“ sei „völliger Unsinn“. Sie seien Opfer eines Betruges. Angebliche Effizienzsteigerung seien die Folge einer normalen Wartung und Reinigung, die eventuell beim Einbau der Magnete erfolgte. U verlangt von J Unterlassung und Schadensersatz. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
146
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: A. Anspruch U gegen J aus § 1004 iVm § 824 Unwahre Tatsachenbehauptung? (-) Werturteile im Vordergrund, tatsächliche Elemente, die mit dieser Wertung untrennbar verbunden, treten zurück B. Anspruch U gegen J aus § 1004 I 1 i.V.m. § 823 I Verletzung eines Unternehmenspersönlichkeitsrechts (Art. 2 I, 19 III GG)? Rechtswidrigkeit muss durch Interessensabwägung ermittelt werden Zugunsten des J streiten Meinungs- und Pressefreiheit Äußerungen sind zudem (mutmaßlich) wahr PD Dr. Robert Magnus
147
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch U gegen J aus § 1004 I 1 i.V.m. § 823 I Verletzung eines Unternehmenspersönlichkeitsrechts (Art. 2 I, 19 III GG)? Auch Form der Äußerung ist zwar scharf aber noch keine reine Schmähkritik/Formalbeleidigung U muss Äußerung hinnehmen II. Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 12, 19 III GG)? Subsidiarität ggü APR? Verletzung des Rechts grds. (+) PD Dr. Robert Magnus
148
Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Die Rechtsgutsverletzung bei § 823 I Lösung: B. Anspruch U gegen J aus § 1004 I 1 i.V.m. § 823 I II. Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 12, 19 III GG)? Aber Eingriff nicht rechtswidrig, da Interessensabwägung zugunsten des J (s.o.) C. Ergebnis Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der U (-) PD Dr. Robert Magnus
149
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Conditio sine qua non-Formel (Äquivalenztheorie) Kausalität (+), wenn die Handlung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Rechtsgutsverletzung (in ihrer konkreten Gestalt) entfiele Adäquanztheorie Kausalität (+), wenn die vom Handelnden gesetzte Bedingung im allgemeinen und nicht nur unter ganz besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem äußeren Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umstände zur Herbei-führung der Rechtsgutsverletzung geeignet war (RGZ 133, 126) PD Dr. Robert Magnus
150
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Schutzzweck der Norm Kausalität (+), wenn sich diejenige Gefahr realisiert, vor der das Gesetz (bzw. die verletzte Verhaltenspflicht) Schutz gewähren will. (-), bei Verwirklichung des allg. Lebensrisikos Problem: Mittelbare Schädigungen (Verursachung der Schädigung des Opfers durch Dritte) Problem: Schockschäden Problem: Herausforderungsfälle PD Dr. Robert Magnus
151
Überwindung von Kausalitätsproblemen über § 830 I 2
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Überwindung von Kausalitätsproblemen über § 830 I 2 (1) Haftungsvoraussetzungen mit Ausnahme des Kausalitätsnachweises bei jedem Beteiligten gegeben (2) Jeder Beteiligte kann den Schaden verursacht haben (Schadenseignung), ein Beteiligter muss ihn verursacht haben (3) Welcher Beteiligte den Schaden tatsächlich verursacht hat, bleibt unklar [(4) Räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen den Handlungen der Beteiligten] PD Dr. Robert Magnus
152
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Die Steinschlacht (BGH NJW 1972, 40) Der 7jährige A spielte zusammen mit seinem 9jährigen Freund B auf der Straße und traf dort den 10 Jahre C sowie den 6 Jahre alten D. Die Kinder gerieten in Streit und bewarfen sich anschließend wechselseitig mit Steinen. Einer der Steine - wer ihn geworfen hat, ließ sich nicht ermitteln - traf den A am rechten Auge. Sein Sehvermögen wurde erheblich beeinträchtigt. A verlangt € Schadensersatz von C und D wg. der ihm entstandenen Arztkosten und der Minderung seiner späteren Erwerbstätigkeit. Zudem verlangt er ein angemessenes Schmerzensgeld iHv €. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
153
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Lösung: A. Anspruch A gegen D aus § 823 I Rechtsgutsverletzung: Körper/Gesundheit (+) Vertretenmüssen aber gem. § 828 Abs. 1 (-) B. Anspruch A gegen C aus § 823 I Rechtsgutsverletzung (+) Handlung C (+) Kausalität? Verursachung der RGV durch Handlung des C nicht nachweisbar PD Dr. Robert Magnus
154
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Lösung: B. Anspruch A gegen C aus § 823 I III. Kausalität? Aber in jedem Fall Zurechnung eines eventuell kausalen Verhaltens des D über Regelungen der Mittäterschaft nach § 830 I 1 Voraussetzungen Mittäterschaft (gemeinsamer Tatplan, gemeinsame Tatausführung) liegen vor Demnach entweder direkte kausale Verursachung des Schadens durch eigene Handlung oder Zurechnung der Schadensverursachung durch D über § 830 I 1 Auf § 830 I 2 braucht nicht zurückgegriffen zu werden PD Dr. Robert Magnus
155
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Lösung: B. Anspruch A gegen C aus § 823 I III. Kausalität? (Es wäre auch fraglich, ob § 830 I 2 greift, obwohl D gem. § 828 I die Deliktsfähigkeit fehlt (str.)) IV. Rechtswidrigkeit wird aufgrund RGV vermutet (+) V. Verschulden, § 828 III Für 10 jährigen C war erkennbar, dass bei Steinschlacht entsprechende Schäden eintreten können PD Dr. Robert Magnus
156
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Lösung: B. Anspruch A gegen C aus § 823 I VI. Kausaler Schaden (+) Arztkosten und auch künftiger Verdienstausfall werden von § 249 I erfasst Schmerzensgeld ist nach § 253 zu gewähren VII. Mitverschulden des A gem. §§ 254 I, 828 III Auch A hätte erkennen können, dass er sich in Gefahr begibt und selbst auch schwere Schäden verursachen kann Daher Kürzung des Anspruchs um 50 % wg Mitverschuldens PD Dr. Robert Magnus
157
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Lösung: C. Ergebnis A hat einen Anspruch aus § 823 I iHv € gegen C PD Dr. Robert Magnus
158
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Doppelter Unfall (BGH NJW 1979, 544) M wird von A auf der Straße angefahren und kommt dadurch zu Fall. A hält nicht, sondern macht sich über allem Berge davon. Kurz danach erfasst B mit seinem Wagen den unfallbedingt auf der Straße liegenden M und schleift ihn einige Meter mit, bevor er zum Stehen kommt. M lebt noch, erliegt jedoch zwei Stunden später seinen Verletzungen. Unklar bleibt, ob der Tod des F schon auf die Verletzungen zurückzuführen ist, die ihm A beim Erstunfall zugefügt hat, oder ob für den Tod die Verletzungen ursächlich waren, die M bei dem Folgeunfall mit B erlitten hat. Beide Verletzungen waren grundsätzlich geeignet, den Tod des F herbeizuführen. Die hinterbliebene Ehefrau F des M macht Ersatzansprüche gegen A und B geltend. PD Dr. Robert Magnus
159
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Lösung: Anspruch F gegen A aus §§ 7, 18 StVG iVm § 844 BGB Betrieb bzw. Führen eines PKWs durch A A sowohl Halter als auch Führer des PKW Kausale Verursachung des Todes des M? Hinsichtlich eigenen Unfall unklar A hat jedoch kausale Ursache dafür gesetzt, dass M auch von B angefahren wurde Auch dieser Zweitschaden ist A daher zuzurechnen IV. Verschulden des A (nur bei § 18 erforderlich) (+) VI. Ergebnis: Anspruch (+) PD Dr. Robert Magnus
160
II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen II. Kausalitäts- und Zurechnungsfragen Lösung: B. Anspruch F gegen B aus §§ 7, 18 StVG iVm § 844 BGB Betrieb bzw. Führen eines PKWs durch B B sowohl Halter als auch Führer des PKW Kausale Verursachung des Todes des M Hinsichtlich eigenen Unfall unklar Keine Zurechnung des vorherigen Verhaltens des A Anwendung von § 830 I 2? BGH (-), wenn ein Schädiger (hier: A) sicher feststeht, Argumentation mit Sinn und Zweck der Vorschrift (a.A. gut vertretbar) IV. Ergebnis: Anspruch (-) PD Dr. Robert Magnus
161
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Rechtswidrigkeit Lehre vom Erfolgsunrecht und Lehre vom Handlungsunrecht Nach h.M. indiziert die Tatbestandsverwirklichung die Rechtswidrigkeit (Ausnahme: mittelbare Schädigungen und Rahmenrechten) Einzelne Rechtfertigungsgründe: Notwehr (§ 227) und Notstand (§§ 228, 904) Festnahmerecht (§ 127 StPO), Selbsthilfe (§229), Besitzer (§859), Vermieter (§562b), Eigentümer (§910) PD Dr. Robert Magnus
162
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Verschulden Grds. voller Verschuldensnachweis bei § 823 I Ausnahme: Vermutetes Verschulden und Umkehr der Beweislast bei Produzentenhaftung und schweren ärztlichen Behandlungsfehlern Ausschluss der Haftung bei krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder vorübergehender Bewusstlosigkeit nach § 827 Haftung für actio libera in causa nach § 827 S. 2 Einschränkung der Haftung von Minderjährigen nach § 828 PD Dr. Robert Magnus
163
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Verschulden Hühnerpest (BGH NJW 1969, 269) U betreibt eine Hühnerfarm mit mehreren tausend Hühnern. Um die Hühner vor der Hühnerpest zu schützen, beauftragte er den Tierarzt A entsprechende Impfungen an den Hühnern vorzunehmen. A bezog den dabei verwendeten Impfstoff vom Hersteller H. Die im Impfstoff enthaltenen Viren waren allerdings noch so stark, dass die geimpften Hühner an der Hühnerpest erkrankten und an dieser Krankheit auch starben. U verlangt den Ersatz seines Schadens von A und H. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
164
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Verschulden
Lösung: A. Anspruch U gegen A aus §§ 631, 634 Nr. 4, 280 I Abschluss eines Werkvertrages (+) Vorliegen eines Sachmangels gem. § 633 (+) Vertretenmüssen? Eigenes Verschulden des A (-), Fehlerhaftigkeit des Impfstoffes für A nicht erkennbar Zurechnung des Verschuldens des Herstellers über § 278 (-), der Hersteller ist insoweit kein Erfüllungsgehilfe des A IV. Ergebnis: Anspruch (-) PD Dr. Robert Magnus
165
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen Verschulden
Lösung: B. Anspruch U gegen A aus § 823 I Rechtsgutsverletzung: Eigentumsverletzung (+) Kausale Handlung des A (+) Rechtswidrigkeit (+) Verschulden (-) Ergebnis: Anspruch (-) C. Anspruch U gegen A aus § 831 (-) H ist als selbstständiger Unternehmer kein Verrichtungsgehilfe des A PD Dr. Robert Magnus
166
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Verschulden Lösung: D. Anspruch U gegen H aus §§ 433, 437 Nr. 3, 280 I VSD I. Einbeziehung des U in den Schutzbereich des Vertrages zwischen A und H? (-) Es fehlt an der Gläubigernähe und der Erkennbarkeit für H E. Rückgriff des U bei H über die Grundsätze der Drittschadensliquidation I. Vertraglicher Gewährleistungsanspruch des A gegen H (+) II. Schaden und fehlender (vertraglicher) Anspruch des U (+) III. Zufällige Schadensverlagerung (-) PD Dr. Robert Magnus
167
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Verschulden Lösung: F. Anspruch U gegen H nach § 823 I RGV (+) Kausale Verletzungshandlung (+), Inverkehrbringen des schädlichen Impfstoffes Rechtswidrigkeit (+) Verschulden Nachweis obliegt grds. U. Hier praktisch nicht zu erbringen, da U keinen Einblick in die Betriebsabläufe bei H Daher Umkehr der Beweislast durch Rspr. H muss sich entlasten, was ihm nicht gelingt PD Dr. Robert Magnus
168
Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen
Verschulden Lösung: F. Anspruch U gegen H nach § 823 I Kausaler Schaden (+) Ergebnis: Anspruch (+) PD Dr. Robert Magnus
169
Haftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 II
Gesetz im Sinne von Art. 2 EGBGB enthält Gebot/Verbot, das auch dem Schutz des Verletzten dient Individualschutz Sachlicher Schutzbereich Persönlicher Schutzbereich Setzt Schutzgesetz kein Verschulden des Schädigers voraus, muss im Rahmen des § 823 II gleichwohl mind. Fahrlässigkeit vorliegen PD Dr. Robert Magnus
170
Gefährliche Räumung (BGH NJW 2014, 64)
Haftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 II Gefährliche Räumung (BGH NJW 2014, 64) Der Gerichtsvollzieher G macht gegenüber A einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten wegen einer Schussverletzung geltend, die ihm der erwachsene Sohn S des A im Zusammenhang mit einer von A beauftragten Räumung einer Wohnung zugefügt hat. S hatte eine krankhafte Persönlichkeitsstörung, die unter anderem zur Folge hatte, dass er zwanghaft Gegenstände sammelte, mit denen er die gesamte von ihm und dem A bewohnte Immobilie vollgestellt hatte. A hatte gegen seinen Sohn einen Räumungstitel erwirkt und den G mit der Räumung beauftragt. Als G mit der eigentlichen Räumung beginnen sollte und an der Haustür klingelte, wurde ihm von A geöffnet. PD Dr. Robert Magnus
171
Gefährliche Räumung (BGH NJW 2014, 64)
Haftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 II Gefährliche Räumung (BGH NJW 2014, 64) Der hinter A stehende S stieß seinen Vater jedoch beiseite und schoss mit einer halbautomatischen Pistole auf den Oberkörper des G. Die Pistole hatte er zuvor am Morgen vor dem Eintreffen des G dem A auch gezeigt. G wurde schwer verletzt. Er macht A für die Tat mitverantwortlich und verlangt von ihm Schmerzensgeld (mindestens €) und Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
172
Haftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 II
Lösung: A. Anspruch G gegen A aus §§ 631, 280 I Abschluss eines Werkvertrages? Gerichtvollzieher ist kraft hoheitlichen Amtes und öffentlichen Auftrages tätig und nicht infolge eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses. Er ist folglich auch nicht Vertreter des G B. Anspruch G gegen A aus § 823 I Verletzung des Körpers und der Gesundheit des G (+) Keine eigene Handlung des A Kausale Unterlassung durch A? PD Dr. Robert Magnus
173
Haftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 II
Lösung: B. Anspruch G gegen A aus § 823 I III. Kausale Unterlassung durch A? Bestehen einer Garantenpflicht aus Ingerenz oder wegen besonderer Verantwortlichkeit für die Räumlichkeiten (-), kein vorangehendes pflichtwidriges Tun oder Unterlassen des A Auch keine Garantenpflicht aufgrund des erteilten Vollstreckungsauftrages IV. Ergebnis: Anspruch (-) C. Anspruch G gegen A aus § 823 II iVm § 323c StGB § 323c StGB ist ein Gesetz i.S.d. Art. 2 EGBGB und enthält ein gesetzliches Gebot PD Dr. Robert Magnus
174
§ 323c StGB Unterlassene Hilfeleistung (…)
Haftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 II § 323c StGB Unterlassene Hilfeleistung (…) (1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (…) PD Dr. Robert Magnus
175
Haftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 II
Lösung: C. Anspruch G gegen A aus § 823 II iVm § 323c StGB Vermittelt § 323c StGB einen Individualschutz? Allgemeininteresse an solidarischer Schadensabwehr in Notlagen/ soziale Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft Nach BGH aber auch konkrete Berechtigung des in Not Geratenen Aber: Untätig Bleibender darf nicht haftungsrechtlich mit aktiven Haupttäter gleichgestellt werden, Umgehung der Haftungsbeschränkungen in § 823 I und § 832 BGH: Untätigkeit begründet bei § 323c StGB eine Straftat, A kann bei S über §§ 840, 426 Regress nehmen PD Dr. Robert Magnus
176
Haftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes gem. § 823 II
Lösung: C. Anspruch G gegen A aus § 823 II iVm § 323c StGB III. Voraussetzungen des § 323c StGB sind vorliegend erfüllt IV. Der sachliche und persönliche Schutzbereich des § 323c StGB sind folglich eröffnet IV. Ergebnis: Anspruch (+) D. Anspruch G gegen A aus § 832 A war für seinen erwachsenen Sohn nicht aufsichtspflichtig (ein Dritter war zwischenzeitlich zum Betreuer des Sohnes bestellt worden) PD Dr. Robert Magnus
177
Haftung für den Verrichtungsgehilfen nach § 831
Prüfungsschema Verrichtungsgehilfe Tatbestandsmäßige, rechtswidrige Handlung iSd. §§ 823 ff. BGB des Verrichtungsgehilfen (kein Verschulden erforderlich!) In Ausführung der Verrichtung Keine Exkulpation gem. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB (Haftung für vermutetes Verschulden) Schaden PD Dr. Robert Magnus
178
Verrichtungsgehilfeneigenschaft
Haftung für den Verrichtungsgehilfen nach § 831 Verrichtungsgehilfeneigenschaft Rspr: derjenige, der mit Wissen und Wollen des Geschäftsherren in dessen Interesse tätig und von dessen Weisungen abhängig ist (+), wenn der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder nach der Zeit und Umfang bestimmen kann Bsp: Arbeitnehmer PD Dr. Robert Magnus
179
In Ausführung der Verrichtung
Haftung für den Verrichtungsgehilfen nach § 831 In Ausführung der Verrichtung unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen aufgetragener Verrichtung und schädigendem Verhalten Fehlt nur, wenn schädigendes Verhalten lediglich „bei Gelegenheit“ dieser Tätigkeit (Bsp. Diebstahl des Malergesellen bei Tätigkeit in Wohnung des Auftraggebers) PD Dr. Robert Magnus
180
Exkulpationsmöglichkeit in § 831 I S. 2
Haftung für den Verrichtungsgehilfen nach § 831 Exkulpationsmöglichkeit in § 831 I S. 2 Haftung für vermutetes Verschulden und vermutete haftungsbegründende Kausalität Dezentralisierter Entlastungsbeweis in Großbetrieben Ist die Leitung, Auswahl und Überwachung höheren Angestellten übertragen, genügt es, wenn Geschäftsherr nachweist, dass er diesen Angestellten sorgfältig ausgewählt und überwacht hat Jedoch verbleibende Haftung bei Organisationsverschulden PD Dr. Robert Magnus
181
Gefährdungshaftung des Halters nach § 7 StVG
Haftung nach dem StVG Gefährdungshaftung des Halters nach § 7 StVG Kraftfahrzeug (§ 1 Abs. 2 StVG) oder Anhänger Halter Rechtsgutsverletzung Bei Betrieb des Kraftfahrzeuges Ausschluss gem. § 7 Abs. 2 StVG (höhere Gewalt), § 7 Abs. 3 StVG (Schwarzfahrt), § 8 StVG Kausaler Schaden (Haftungsausschuss bzw. -minderung gem. §§ 17, 9 StVG sowie Höchstbeträge gem. §§ 12 ff. StVG) PD Dr. Robert Magnus
182
Haftung des Fahrers für vermutetes Verschulden gem. § 18 StVG
Haftung nach dem StVG Haftung des Fahrers für vermutetes Verschulden gem. § 18 StVG Führer eines Kfz oder Anhängers Haftung nach § 7 StVG (einschl. Ausnahmen) Verschulden bzw. Exkulpation, § 18 Abs. 1 S. 2 StVG Kausaler Schaden (Haftungsminderung bzw. -ausschluss gem. §§ 18 Abs. 3, 17 StVG bzw. § 9 StVG) § 18 StVG ist neben § 7 StVG anwendbar (ggf. Gesamtschuld) PD Dr. Robert Magnus
183
Rechtsfolgen der deliktischen Haftung
Anwendung der §§ 249 ff., 842 ff. (Natural-)Restitution und Kompensation Ersatz immaterieller Schäden in § 253 Ausweitung der Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden in § 844 III bei Tötung nahestehender Person Nutzungsausfallschaden und Kommerzialisierungsgedanke Ersatzfähigkeit fehlgeschlagener Aufwendungen (Theaterkartenfälle) Vorteilsausgleichung Schadensminderungspflicht in § 254 II 1 PD Dr. Robert Magnus
184
Rechtsfolgen deliktischer Haftung
Ohne Helm? (BGH NJW 2014, 2493) K begehrt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall. Sie befuhr gegen mit ihrem Fahrrad die C.-Straße in Richtung Zentrum auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle. Am rechten Fahrbahnrand parkte S mit ihrem Pkw. S öffnete unmittelbar vor der sich nähernden K die Fahrertür. K konnte nicht mehr ausweichen, prallte gegen die Tür, stürzte zu Boden und fiel auf den Hinterkopf. Dabei zog sich K, die keinen Fahrradhelm trug, schwere Schädel- Hirnverletzungen zu. K verlangt Schadensersatz von S i.H.v € ( € Arzt- und Behandlungskosten, € Verdienstausfall, € Schmerzensgeld, € für eine ihr wegen der Verletzung entgangene Luxuskreuzfahrt). S behauptet ein Mitverschulden der K von mindestens 50 %, weil diese keinen Helm getragen habe. Wie ist die Rechtslage? PD Dr. Robert Magnus
185
Rechtsfolgen deliktischer Haftung
Lösung: Anspruch K gegen S aus §§ 7, 18 StVG Betrieb bzw. Führen eines PKWs (+), Ein- und Aussteigen gehört noch zum Betrieb II. S sowohl Halter als auch Führerin des PKW III. Körper- und Gesundheitsschädigung bei K (+) IV. Verschulden der S (nur bei § 18 erforderlich) (+) VI. Kausaler Schaden (+) Geltend gemachte Posten sind mit Ausnahme der Kreuzfahrt (frustrierte Aufwendungen) nach §§ 249, 253 ersatzfähig PD Dr. Robert Magnus
186
Rechtsfolgen deliktischer Haftung
Lösung: Anspruch K gegen S aus §§ 7, 18 StVG VII. Mitverschulden gem. §§ 9 StVG, 254 II? Es besteht keine allgemeine Helmpflicht für Fahrradfahrer und auch keine allgemeine Überzeugung, dass das Tragen eines Helmes zwingend erforderlich ist, nur ca. 11 % der Radfahrer tragen regelmäßig einen Helm S kann daher nicht erwarten, dass K im eigenen Interesse Schutzmaßnahmen ergreift, die nicht üblich und von Gesetzes wegen auch nicht vorgeschrieben sind VIII. Ergebnis: K hat einen Schadensersatzanspruch iHv € gegen S PD Dr. Robert Magnus
187
4. Teil: Das Bereicherungsrecht
(§§ 812 ff) PD Dr. Robert Magnus
188
Grundtatbestände und Bedeutung
Zweck: Ausgleich (Rückverschiebung) nicht gerechtfertigter Vermögensverschiebungen aufgrund von Billigkeitserwägungen gesetzliches Schuldverhältnis nach ganz hM („Trennungstheorie“) Unterscheidung: Leistungskondiktion (§ 812 I 1 Fall 1 BGB: „durch Leistung“) Nichtleistungskondiktion (§ 812 I 1 Fall 2 BGB: „in sonstiger Weise“) Nähe zum Vertragsrecht Nähe zum Deliktsrecht PD Dr. Robert Magnus
189
Nichtleistungskondiktion
§ 812 I 1 Fall 1/§ 813 I Ausschluss: §§ 814, 817 S.2 § 812 I 2 Fall 1 Ausschluss: § 817 S.2 § 812 I 2 Fall 2 Ausschluss: §§ 815, 817 S.2 § 817 S.1 Nichtleistungskondiktion § 812 I 1 Fall 2 BGB (Grundtatbestand) § 816 I 1 BGB § 816 I 2 BGB § 816 II BGB § 822 BGB PD Dr. Robert Magnus
190
Konkurrenzen: Vorrang der Leistungskondiktion
Die Nichtleistungskondiktion ist gegenüber der Leistungskondiktion grds. subsidiär. Gründe: Jeder soll (nur) das Insolvenzrisiko desjenigen tragen, den er sich als Vertragspartner ausgesucht hat Gründe: Einwendungen aus Vertragsverhältnissen sollen zwischen den Parteien (und nur zwischen diesen) auch bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung bestehen bleiben PD Dr. Robert Magnus
191
Konkurrenzen: Vorrang der Leistungskondiktion
Aber: Ausnahmen aus Wertungsgründen in Dreipersonenverhältnissen, wenn Vermögensverschiebung durch scheinbar Verfügenden nicht zurechenbar veranlasst wurde Empfänger der Vermögensverschiebung nicht schutzwürdig ist (bspw. wegen Kenntnis von Mängeln oder der Unwirksamkeit des RG) PD Dr. Robert Magnus
192
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
= Bereicherungsanspruch bei Leistung auf eine Nichtschuld: korrigiert Auswirkungen des Abstraktionsprinzips Voraussetzungen: etwas erlangt durch Leistung ohne rechtlichen Grund gegebenenfalls: kein Ausschluss nach § 814 oder § 817 S. 2 PD Dr. Robert Magnus
193
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
„etwas erlangt“ = jeder Vermögensvorteil des Schuldners Rechtsposition, Befreiung von Verbindlichkeit, § 812 II BGB, etc. str. bei Gebrauchsvorteilen und Dienstleistungen hM: nur bei ersparten Aufwendungen wohl hL: immer (nicht gegenständlicher) Vermögensvorteil PD Dr. Robert Magnus
194
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
durch Leistung des Gläubigers = bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens Zweckrichtung bei § 812 I 1 Fall 1 BGB: Tilgung einer Verbindlichkeit Bestimmung der Zweckrichtung und Zuordnung der Leistung zu einer Rechtsbeziehung h.M.: Maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont §§133, 157 BGB (analog), das Vertrauen eines redlichen Empfängers ist schutzwürdig m.M.: Wille des Leistenden ist entscheidend, Argument: §§ 267, 366 I, 367 II PD Dr. Robert Magnus
195
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
Ohne rechtlichen Grund kein rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Anspruch auf den geleisteten Gegenstand oder dauernde (peremptorische) Einrede (§ 813 I BGB) nicht Verjährungseinrede (§§ 813 I 2, 214 II BGB) hM: nicht § 275 II, III BGB im Zeitpunkt der Leistung: Rechtsgrund bestand nie oder (str.) ist durch Anfechtung weggefallen PD Dr. Robert Magnus
196
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
Kondiktionsausschlüsse § 814 (Kenntnis der Nichtschuld) Fall 1: positive Kenntnis der Nichtschuld/dauernden Einrede = venire contra factum proprium Fall 2: Leistung entsprach einer sittlichen Pflicht oder einer Anstandspflicht § 817 S. 2 (Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten) hM (str.): entgegen Wortlaut („gleichfalls“) auch (und: erst recht) bei einem Gesetz- oder Sittenverstoß nur des Leistenden hL: § 817 S. 2 auch auf Anspruch aus § 985 anwendbar – sehr str. PD Dr. Robert Magnus
197
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1 Kondiktionsausschluss
§ 817 S. 2 (Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten) hM (str.): subjektives Element: Leistender muss sich der Gesetz- oder Sittenwidrigkeit bewusst gewesen sein oder sich dieser Einsicht leichtfertig verschlossen haben Einschränkung aus Schutzzweck der verletzten Norm (früher hM: bei Schwarzarbeit) oder aus Treu und Glauben (§ 242) Wuchermiete/Wucherzins: nur Gebrauchsmöglichkeit wurde geleistet Sache/Darlehensbetrag kann nach Ablauf der eigentlich vereinbarten Vertragsdauer herausverlangt werden PD Dr. Robert Magnus
198
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1 Kondiktionsausschluss
§ 817 S. 2 (Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten) str. dann: kann Gläubiger angemessenen (Miet-)Zins verlangen? Wuchermiete: nach hM (BGH) ja aA: wegen § 817 S. 2 nein Wucherdarlehen: nach hM (BGH) wegen § 817 S. 2 nein mM: Wertersatz (in Höhe des angemessenen Darlehenszinses) nach § 818 II PD Dr. Robert Magnus
199
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
Ärger mit der Waschmaschine Käufer K bestellt bei Einzelhändlerin V eine Waschmaschine. Dabei wird vereinbart, dass die Waschmaschine direkt durch einen Subunternehmer der V an H geliefert werden soll. V wiederum kauft die Maschine beim Hersteller H, wobei sie, ohne das mit K abgesprochen zu haben, als Vertreterin des K auftritt. H liefert die Maschine direkt an K. Welche Ansprüche hat H gegen K, wenn K den Kaufvertrag mit H nicht genehmigt? PD Dr. Robert Magnus
200
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
Lösung: Anspruch H gegen K aus § 985 Besitz des K (+) Eigentum des H a) Übereignung H-K nach § 929? (-) keine wirksame Einigung, K nahm ein Angebot des V an b) Gutgläubiger Erwerb durch K von V gem. §§ 929, 932 Antezipierte Einigung (+) Übergabe? Problem: V hatte nie Besitz, aber Geheißerwerb aus Sicht des K (+) Einigsein (+) PD Dr. Robert Magnus
201
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
Lösung: Anspruch H gegen K aus § 985 II. Eigentum des H b) Gutgläubiger Erwerb durch K von V gem. §§ 929, 932 Voraussetzungen des § 932 (+) Scheingeheißerwerb? III. Ergebnis K hat gutgläubig Eigentum erworben, Anspruch aus § 985 (-) PD Dr. Robert Magnus
202
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
Lösung: B. Anspruch K gegen H aus § 812 I 1 (LK) I. Etwas erlangt Besitz und Eigentum an der Waschmaschine (+) II. Durch Leistung des H? H wollte seine ggü K vermeintlich bestehende Pflicht aus dem Kaufvertrag erfüllen, aus Sicht des H daher Leistung (+) K ging hingegen davon aus, das H insoweit nur Bote des V, aus Sicht des K daher Leistung des V Nach h.M. gem. §§ 133, 157 objektiver Empfängerhorizont maßgeblich = hier Sicht des K PD Dr. Robert Magnus
203
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
Lösung: B. Anspruch K gegen H aus § 812 I 1 (LK) II. Durch Leistung des H? Anfechtung der Leistungsbestimmung gem. § 119 I? Führt nicht zu einer Leistung des H, passt vom Rechtsfolgenziel § 142 I schon nicht III. Ergebnis: Keine Leistung des H C. Anspruch K gegen H aus § 812 I 1 (NLK) I. Grds. Vorrang der Leistungsbeziehung V-K II. Ausnahme aus Wertungsgründen nicht ersichtlich H hat Leistung veranlasst und K auch schutzwürdig PD Dr. Robert Magnus
204
Allgemeine Leistungskondiktion, § 812 I 1 Fall 1
Lösung: C. Anspruch K gegen H aus § 812 I 1 (NLK) III. Ergebnis Kein Anspruch H gegen K aus § 812 I 1 (NLK) H muss sich vielmehr nach § 179 an V halten PD Dr. Robert Magnus
205
Leistungskondiktion aus § 812 I 2 Fall 1
(condictio ob causam finitam) Voraussetzungen: etwas erlangt durch Leistung (Zweck: Tilgung einer Verbindlichkeit) endgültiger Wegfall des rechtlichen Grundes nach dem Leistungszeitpunkt wegen Parteivereinbarung; Schenkungswiderruf Ausschlussnorm: § 817 S. 2 BGB PD Dr. Robert Magnus
206
Leistungskondiktion aus § 812 I 2 Fall 2
(condictio ob rem) Voraussetzungen: etwas erlangt durch Leistung (Zweck: Nicht Tilgung einer Verbindlichkeit) Zweckvereinbarung Nichteintritt des bezweckten Erfolgs Ausschlussnormen: § 815 und § 817 S. 2 PD Dr. Robert Magnus
207
Leistungskondiktion aus § 812 I 2 Fall 2
(condictio ob rem) Beispiele: Leistung, um ein Verhalten des Empfängers herbeizuführen, zu dem sich dieser nicht wirksam verpflichten kann (z.B. Erbeinsetzung, s. § 2302 BGB) Leistung auf einen erkanntermaßen unwirksamen Vertrag Leistung auf einen Vertrag, wenn der Leistende einen über dessen Erfüllung hinausgehenden Erfolg erzielen will (hM, sehr str.) Leistungen zwischen Lebensgefährten im Hinblick auf Fortbestand der Beziehung (sog. Nebengüterrecht) PD Dr. Robert Magnus
208
Leistungskondiktion aus § 817 S. 1
(codictio ob turpem vel iniustam causam) Voraussetzungen: etwas erlangt durch Leistung Zweck der Leistung so, dass Empfänger durch Annahme gegen gesetzliches Verbot oder gute Sitten verstößt kein Bewusstsein des Empfängers vom Sittenverstoß erforderlich neben den übrigen Fällen der Leistungskondiktion anwendbar (geringe eigenständige Bedeutung) PD Dr. Robert Magnus
209
Leistungskondiktionen
Kein Kindergarten Der kinderliebe V verkauft und übereignet der Gemeinde G ein Grundstück zum Freundschaftspreis von € in der – der G bekannten – Erwartung, dass G darauf einen Kindergarten errichtet. Nur deswegen trennt V sich überhaupt von dem Grundstück. Nach gelungener Lobbyarbeit des Supermarktbetreibers S allerdings will G nun das Grundstück für € an S weiterveräußern, der darauf einen Supermarkt errichten möchte. Kann V „sein“ Grundstück von G herausverlangen? PD Dr. Robert Magnus
210
Leistungskondiktionen
Lösung: A. Anspruch V gegen G aus § 812 I 1 (LK) I. Etwas erlangt Besitz und Eigentum an dem Grundstück (+) II. Durch Leistung des V (+) III. Ohne Rechtsgrund? (-), es besteht ein wirksamer Kaufvertrag Anfechtung des KV durch V wegen arglistiger Täuschung nach § 123? (-), keine Täuschungsabsicht der G bei Vertragsschluss Verwendung für Kindergarten war auch keine auflösende Bedingung für den Kaufvertrag PD Dr. Robert Magnus
211
Leistungskondiktionen
Lösung: B. Anspruch V gegen G aus § 812 I 2 Var. 2 (ob rem) I. Etwas erlangt durch Leistung (+) Zweckvereinbarung zwischen V und G? Verwendung Grundstück für Kindergarten/Abgrenzung zu einem bloßen, einseitigen Motiv (hier beides vertretbar) III. Verfehlung des vereinbarten Zwecks (+) IV. Ergebnis: Anspruch (+) PD Dr. Robert Magnus
212
Nichtleistungskondiktion
§ 812 I 1 Fall 2 BGB (Grundtatbestand) Eingriffs-, Verwendungs- oder Rückgriffskondiktion § 816 I 1 BGB § 816 I 2 BGB § 816 II BGB § 822 BGB Durchgriffskondiktion } Eingriffskondiktion PD Dr. Robert Magnus
213
Voraussetzungen (§ 812 I 1 Fall 2)
Eingriffskondiktion Bereicherter erlangt durch eigenen Eingriff, Handeln Dritter oder Naturereignis Vorteil, der durch die Rechtsordnung einem anderen zugewiesen ist Voraussetzungen (§ 812 I 1 Fall 2) etwas erlangt in sonstiger Weise (nicht durch Leistung), hier: durch Eingriff auf Kosten des Bereicherungsgläubigers ohne rechtlichen Grund PD Dr. Robert Magnus
214
Eingriffskondiktion in sonstiger Weise (nicht durch Leistung), hier: durch Eingriff durch Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts: Eingriff in eine Rechtsposition, deren wirtschaftliche Verwertung nach der Rechtsordnung einem anderen zusteht auf Kosten des Bereicherungsgläubigers Bestimmung des Gläubigers des Bereicherungsanspruchs: derjenige, dem die wirtschaftliche Verwertung der Rechtsposition zugewiesen ist PD Dr. Robert Magnus
215
Eingriffskondiktion Meine Domain (BGH NJW 2012, 2034)
K hatte bei der DENIC einen Domainnamen („gewinn.de“) für sich registrieren lassen. Er wurde auch einige Zeit bei der auf der Internetseite der DENIC möglichen „WHOIS-Abfrage“ als Inhaber geführt. Später wechselten die Angaben; der Kläger wurde nicht mehr als Inhaber genannt. Die B schloss mit einem Dritten einen Kaufvertrag über diesen Domainnamen. K behauptete, sein mit der DENIC geschlossener Vertrag bestehe fort; er sei Inhaber des Domainnamens, bei der „WHOIS-Abfrage“ werde jedoch die B genannt. Er verlangt von der Beklagten die Einwilligung in seine Eintragung als Inhaber und administrativer Ansprechpartner (Admin-C) des Domainnamens, hilfsweise Feststellung, dass er als Vertragspartner der DENIC Inhaber der Domain sei, äußerst hilfsweise, dass die Beklagte nicht Inhaberin der Domain sei. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
216
Eingriffskondiktion Lösung: A. Vertragliche Ansprüche (-)
B. § 894 analog (-) ein solches privates Verzeichnis ist nicht vergleichbar mit einem öffentlichen Register, das insbes. Erwerbsmöglichkeiten u.ä. verschafft (§§891, 892) C. § 1004 I 1 analog (-) Internetdomain nach bisher h.M. keine absolut geschützte Rechtsposition, sondern nur ein relativ wirkender vertraglicher Anspruch D. § 823 I iVm § 249 I (-) keine absolut geschützte Rechtsposition und auch kein Verschulden PD Dr. Robert Magnus
217
Eingriffskondiktion Lösung: E. § 812 I 1 Fall 2 Etwas erlangt
(+) Eintragung in die Whois-Liste; auch Weisungsposition gegenüber der DENIC, wenn eine solche zum Forderungsinhalt gehört II. Leistung der K (-) III. In sonstiger Weise auf Kosten der K? Hier problematisch, ob in ein Recht der K eingegriffen wurde und der Zuweisungsgehalt dieses Rechts betroffen ist. Bei § 812 (EK) aber kein absolutes Recht erforderlich, soweit schuldrechtliche Position eine Ausschluss- und Zuordnungsfunktion aufweist IV. Ohne Rechtsgrund (+) PD Dr. Robert Magnus
218
Eingriffskondiktion Lösung: E. § 812 I 1 Fall 2 V. Anspruchsinhalt
Herauszugeben ist alles, was mit der Forderungsinhaberschaft verbunden ist, also auch die “Registerstellung” (dies kann technisch nur durch Zustimmung gegenüber der DENIC erfolgen). PD Dr. Robert Magnus
219
Eingriffskondiktion - § 816 I 1
Rechtsfortwirkungsanspruch (tritt an die Stelle des beeinträchtigten Rechts des Gläubigers, v.a. des Anspruchs aus § 985) lex specialis gegenüber § 812 I 1 (EK) § 816 I 1 Berechtigter Nichtberechtigter Verfügung (z.B. § 932 ) = Leistung Vorrang der Leistungskondiktion! Erwerber PD Dr. Robert Magnus
220
Eingriffskondiktion - § 816 I1
Rechtsfolge: Herausgabe des „durch die Verfügung“ Erlangten str. hM: Herausgabe des Entgelts Arg: Systematik (Vergleich mit § 816 I 2); Zuweisungsgehalt des beeinträchtigten Rechts aA: Ersatz des objektiven Werts des Gegenstands (§ 818 II BGB) Arg.: Wortlaut: „durch die Verfügung erlangt“ ist die Befreiung von der zugrundeliegenden Verbindlichkeit Jedenfalls: kein Abzug des vom Verfügenden zuvor selbst für Sache gezahlten Kaufpreises (Rechtsfortwirkungsanspruch, vorher: § 985) PD Dr. Robert Magnus
221
Eingriffskondiktion - § 816 I1
Auswirkungen des Streits nur bei Entgelt > Wert des Gegenstands und Gutgläubigkeit des Verfügenden (1) Entgelt höher als Wert des Gegenstands hM: Herausgabe der gesamten Entgelts aA: Ersatz (nur) des objektiven Werts aber bei Bösgläubigkeit des Verfügenden daneben Anspruch aus §§ 687 II, 681.2, 667 BGB auf Herausgabe erlangten Entgelts (2) Entgelt geringer als Wert des Gegenstands hM: nur Herausgabe des Entgelts aA: Wertersatz, aber (redlicher) Verfügender ist nach § 818 III BGB entreichert, soweit Wert > Entgelt PD Dr. Robert Magnus
222
Eingriffskondiktion - § 816 I1
Neue Schuhe (BGH NJW 1971, 1452) Dieb D stiehlt der Lederfabrikantin F Leder (Marktwert: Euro) und veräußert es für Euro an die gutgläubige Zwischenhändlerin Z, die es ihrerseits für Euro an den (ebenfalls gutgläubigen) Hersteller H weiterveräußert. H fertigt daraus Schuhe, wird dann aber insolvent. D ist nicht auffindbar. F fragt nach ihren Ansprüchen gegen Z. PD Dr. Robert Magnus
223
Eingriffskondiktion - § 816 I1
Lösung: A. Anspruch F gegen Z aus § 816 I 1 I. Verfügung eines Nichtberechtigten Z hat das Leder an H veräußert. In der Übereignung Z-H liegt eine Verfügung Wg. § 935 hat Z von D trotz Gutgläubigkeit kein Eigentum an dem Leder erworben. Er ist daher Nichtberechtigter Wirksamkeit der Verfügung der Berechtigten F gegenüber? Auch H konnte wg. § 935 zunächst nicht wirksam Eigentum am Leder erwerben Infolge der Verarbeitung trat allerdings ein gesetzlicher Eigentumserwerb des H nach § 950 ein PD Dr. Robert Magnus
224
Eingriffskondiktion - § 816 I1
Lösung: A. Anspruch F gegen Z aus § 816 I 1 II. Wirksamkeit der Verfügung der Berechtigten F gegenüber? Gleichwohl hat F die Möglichkeit, die Verfügung Z-H noch nachträglich zu genehmigen (§ 184) H erwirbt dann vom Berechtigten, die Verfügung ist wirksam und die Voraussetzungen des § 816 I 1 liegen vor III. Rechtsfolge Z muss an F herausgeben, was er infolge der Verfügung erlangt hat Anspruch auf Herausgabe des Veräußerungserlöses iHv € B. Anspruch F gegen Z aus § 812 I 1 (EK) (-) § 816 I1 ist insoweit lex specialis PD Dr. Robert Magnus
225
Eingriffskondiktion - § 816 I 2
= Ausnahme vom Vorrang der Leistungskondiktion (Grund: unentgeltlicher Erwerber weniger schutzwürdig) keine Bereicherung Berechtigter Nichtberechtigter unentgeltliche Verfügung (z.B. § 932 ) = Leistung § 816 I 2 Erwerber PD Dr. Robert Magnus
226
Eingriffskondiktion - § 816 II
Voraussetzungen Leistung an einen Nichtberechtigten Wirksamkeit der Leistung gegenüber dem Berechtigten (Erfüllungswirkung; insbesondere: § 407 BGB) gleichgestellt: Genehmigung der Leistung an den Nichtberechtigten und Erfüllungswirkung nach §§ 362 II, 185 BGB Rechtsfolge: Herausgabe des Geleisteten §535 II Vermieter (alt) Mieter §407 §§ 873, 925 §816 II §535 II Vermieter (neu) PD Dr. Robert Magnus
227
Verwendungskondiktion § 812 I 1 (VK)
Voraussetzungen: etwas erlangt in sonstiger Weise (nicht durch Leistung), hier: durch Verwendung Verwendung = Aufwendung von Sachen oder Arbeitskraft, die zur Erhaltung, Verbesserung oder Wiederherstellung der Sache getätigt nicht durch Leistung: Verwendender darf Vermögen des Bereicherten nicht bewusst und zweckgerichtet gemehrt haben auf Kosten des Bereicherungsgläubigers (Vermögensopfer) ohne rechtlichen Grund PD Dr. Robert Magnus
228
Verwendungskondiktion § 812 I 1 (VK)
Konkurrenzen keine Verwendungskondiktion bei GoA und bei angemaßter Eigengeschäftsführung auch nicht bei Verwendungen eines Besitzers Verwendungskondiktion ist selten! PD Dr. Robert Magnus
229
Rückgriffskondiktion § 812 I 1 (RK)
Voraussetzungen: etwas erlangt: Befreiung von einer Verbindlichkeit insbesondere: nach § 267 BGB keine Rückgriffskondiktion, wenn der Schuldner (S) durch die Leistung nicht befreit wird bei Übergang der Forderung auf den Leistenden bei Aufwendungsersatzanspruch des Leistenden gegen S bei fehlendem Fremdtilgungswillen des Leistenden (irrtümliche Annahme einer eigenen Verbindlichkeit): keine Erfüllung In sonstiger Weise: Nicht durch Leistung auf Kosten des Bereicherungsgläubigers (Vermögensopfer) ohne rechtlichen Grund PD Dr. Robert Magnus
230
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§ 818 I)
Grundsatz: Herausgabe des Erlangten in natura (Rückübereignung, Rückabtretung, Herausgabe des Besitzes etc.) auch tatsächlich gezogene Nutzungen (§ 818 I Fall 1) und Surrogate (§ 818 I Fall 2) „aufgrund des erlangten Rechts“ z.B.: Einziehung der (rechtsgrundlos) abgetretenen Forderung „als Ersatz“ z.B.: Versicherungssumme hM: nicht Erlös aus dem Weiterverkauf des Erlangten Arg.: ist auf Geschäftstüchtigkeit des Empfängers gegründet, der – anders als bei § 816 I 1 – als Berechtigter verfügt hat PD Dr. Robert Magnus
231
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§ 818 II)
bei Unmöglichkeit der Herausgabe: Wertersatz (§ 818 II) Bemessung str. ganz hM: Ersatz des objektiven Werts = Marktwert des Erlangten Arg: Systematik: subjektive Aspekte sind erst bei § 818 III zu berücksichtigen aA: Wertermittlung anhand des subjektiven Nutzens des Erlangten für den Empfänger PD Dr. Robert Magnus
232
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§ 818 III)
kein Anspruch, soweit Bereicherungsschuldner entreichert ist (Grund: Vertrauen des Bereicherungsschuldners auf die Beständigkeit seines Erwerbs wird geschützt) ersatzloser Wegfall der Bereicherung (nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten kein Wegfall, wenn Schuldner Aufwendungen aus dem eigenen Vermögen erspart hat Luxusausgabe subjektive Betrachtung: Erlangtes (das nicht gegenständlich herausgegeben werden kann) ist/ wird für den Schuldner wertlos PD Dr. Robert Magnus
233
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§ 818 III)
kein Anspruch, soweit Bereicherungsschuldner entreichert ist (Grund: Vertrauen des Bereicherungsschuldners auf die Beständigkeit seines Erwerbs wird geschützt) ersatzloser Wegfall der Bereicherung (nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten kein Wegfall, wenn Schuldner Aufwendungen aus dem eigenen Vermögen erspart hat Luxusausgabe subjektive Betrachtung: Erlangtes (das nicht gegenständlich herausgegeben werden kann) ist/ wird für den Schuldner wertlos PD Dr. Robert Magnus
234
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§ 818 III)
Folge einer Entreicherung wegen unentgeltlicher Weitergabe: Anspruch des Bereicherungsgläubigers gegen den Dritten, § 822 Entreicherung (§ 818 III) Gläubiger Empfänger unentgeltliche Weitergabe als Berechtigter (= Unterschied zu § 816 I 2 BGB) = Leistung § 822 = Ausnahme vom Vorrang der Leistungskondiktion Dritter PD Dr. Robert Magnus
235
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§§ 818 IV, 819 I)
Voraussetzungen der verschärften Haftung (alternativ) § 818 IV BGB: Bereicherungsanspruch rechtshängig (§§ 261, 253 ZPO: mit Zustellung der Klageschrift) § 819 I BGB: Empfänger kennt den Mangel des Rechtsgrundes beim Empfang oder erfährt ihn später ausreichend: Empfänger kennt die für den Mangel des Rechtsgrunds maßgeblichen Tatsachen und verschließt sich bewusst der Einsicht in die Nichtigkeitsfolge ggf.: Kenntnis des Vertreters (§ 166 I BGB) PD Dr. Robert Magnus
236
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§§ 818 IV, 819 I)
Voraussetzungen der verschärften Haftung bei minderjährigem Empfänger str.: M1: §§ 106 ff. analog: Kenntnis des gesetzlichen Vertreters (arg: Gläubiger weniger schutzwürdig als bei Schadensausgleich) M2: §§ 827 ff. analog: bei Einsichtsfähigkeit Kenntnis des Minderjährigen M3 ( h.M.): bei Leistungskondiktion analog §§ 106 ff. (Kenntnis des gesetzlichen Vertreters), bei Nichtleistungskondiktion §§ 827 ff. PD Dr. Robert Magnus
237
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§§ 818 IV, 819 I)
Rechtsfolge: Haftung „nach den allgemeinen Vorschriften“ §§ 291, 292 (= allgemeine Vorschriften bei Rechtshängigkeit) § 291: Verzinsung einer Geldschuld § 292 bei Pflicht zur Herausgabe eines bestimmten Gegenstandes §§ 292 II, 989: bei verschuldeter Unmöglichkeit der Herausgabe Schadensersatzanspruch §§ 292 II, 987: Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen §§ 292 II, 994 II: nur Ersatz notwendiger Verwendungen PD Dr. Robert Magnus
238
Umfang des Bereicherungsanspruchs (§§ 818 IV, 819 I)
Rechtsfolge: Haftung „nach den allgemeinen Vorschriften“ hM: Ausschluss der Berufung auf Entreicherung (§ 818 III), verschuldensunabhängige Wertersatzpflicht nach § 818 II auch dann, wenn der Empfänger nicht mehr bereichert ist §§ 275 ff. str. PD Dr. Robert Magnus
239
Saldotheorie Bei Rückabwicklung nichtiger oder wirksam angefochtener Verträge stehen sich regelmäßig Kondiktionsansprüche beider Vertragsparteien gegenüber, wenn Leistungen im Hinblick auf Vertrag erbracht Saldotheorie möchte vertragliches Synallagma ins Bereicherungsrecht übertragen. Saldotheorie greift nur, wenn beide Leistungen bereits ausgetauscht sind PD Dr. Robert Magnus
240
Saldotheorie Anwendungsbereich: Rückabwicklung gegenseitiger Verträge
Problem: Berufung auf § 818 III BGB führt zu unbilligen Ergebnissen Kaufvertrag Verkäufer Käuferin Pech für K! (casum sentit dominus) €€€€€ Kaufvertrag nichtig Verkäufer Käuferin § 812 I 1 Fall 1 (Rückzahlung) § 812 I 1 Fall 1, aber § 818 III Pech für V! ( casum sentit dominus) PD Dr. Robert Magnus
241
Saldotheorie (1) Verschiedenartige Leistungspflichten (Geld gegen Ware) werden nur Zug- um-Zug zurückerstattet (§§ 320, 322) (2) Gleichartige Leistungspflichten (Geld gegen Geld) werden automatisch miteinander verrechnet (saldiert). (3) Ist eine Partei entreichert, muss sie sich Entreicherung als Abzugsposten auf ihren eigenen Bereicherungsanspruch anrechnen lassen. Grund: Keine Bevorzugung Sachschuldner gegenüber Geldschuldner (Kaufpreis ist dem Werte nach immer im Vermögen des Geldschuldners noch vorhanden). Sache geht beim Sachschuldners unter = Beherrschbarkeit und Vermeidbarkeit sprechen für Risikozuweisung an diesen PD Dr. Robert Magnus
242
Saldotheorie Beispiel: Rückabwicklung eines Kaufvertrags (Kaufsache = Auto (untergegangen); Kaufpreis = Euro; Marktwert: Euro) Kaufvertrag Verkäufer Käuferin Euro § 812 I 1 Fall 1 BGB: Euro Verkäufer Käuferin PD Dr. Robert Magnus
243
Saldotheorie Beispiel: Rückabwicklung eines Kaufvertrags (Kaufsache = Auto (untergegangen); Kaufpreis = Euro; Marktwert: Euro) V K § 812 I 1 (LK): Herausgabe des Autos Herausgabe unmöglich § 818 II: Wertersatz (9.000 Euro) K in voller Höhe entreichert (§ 818 III) kein Anspruch des V Saldotheorie: K darf sich nicht auf Entreicherung berufen, d.h. V K §§ 812 I 1 (LK), 818 II BGB: Wertersatz (9.000 Euro) (4) Saldierung: Verrechnung mit Bereicherungsanspruch K V auf Herausgabe des gezahlten Kaufpreises, § 812 I 1 (LK) ( Euro): Anspruch K V aus §§ 812 I 1 (LK) in Höhe von Euro Kaufvertrag Verkäufer Käuferin Euro PD Dr. Robert Magnus
244
Saldotheorie : Ausnahmen
Saldotheorie nicht anwendbar, wenn Bereicherungsschuldner nicht oder Bereicherungsgläubiger besonders schutzwürdig. Daher keine Anwendung zugunsten eines arglistig Täuschenden oder zulasten eines beschränkt Geschäftsfähigen, eines Geschäftsunfähigen oder eines Bewucherten. wenn im Zeitpunkt der Beschädigung Kaufsache Verkäufer bösgläubig (§ 819) oder Klage des Käufers auf Rückzahlung Kaufpreis rechtshängig (§ 818 IV) wenn Verschlechterung oder Untergang Kaufsache auf durch Verkäufer verschuldeten Mangel zurückzuführen PD Dr. Robert Magnus
245
Der rasende Anwalt V veräußert seinen gebrauchten Porsche Cheyenne Turbo mit 500 PS (Neupreis ,- €) zum Schnäppchenpreis von ,- € an den unerkannt geisteskranken Düsseldorfer Anwalt K, der bar bezahlt. Kurze Zeit später wird die Geisteskrankheit des K unübersehbar und ein Betreuer für ihn bestellt. Dieser fordert den Kaufpreis von V zurück. V ist hierzu aber nur gegen Rückübereignung des Wagens bereit. Allerdings ist K bereits am ersten Tag mit dem neuen Wagen völlig unverschuldet in einen schweren Unfall verwickelt worden, bei dem der Porsche Totalschaden erlitten habe, ohne dass allerdings Ansprüche gegen Dritte aus dem Unfall erwachsen seien. Wie durch ein Wunder sei er mit dem Leben davongekommen. Kann Ks Betreuer gleichwohl die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe ,- € verlangen? PD Dr. Robert Magnus
246
Anspruch K gegen V auf Zahlung von 65.000 € aus § 812 I 1 Fall 1
Lösung: Anspruch K gegen V auf Zahlung von € aus § 812 I 1 Fall 1 1. Etwas erlangt (+): ,- € 2. Durch Leistung (+) 3. Ohne Rechtsgrund (+) 4. Problem: Umfang Nach Saldotheorie muss sich K grds. seine eigene Entreicherung (§ 818 III) aufgrund des Untergangs des Wagens als Abzugsposten auf seinem Bereicherungsanspruch anrechnen lassen. Dieser reduziert sich damit auf null. Die Saldotheorie findet jedoch keine Anwendung zulasten eines Geschäftsunfähigen 5. Ergebnis: Anspruch (+) PD Dr. Robert Magnus
247
Mehrpersonenverhältnisse
Probleme: Bereicherungsausgleich zwischen welchen Personen? BGH NJW 1999, 1393, 1394: Es „verbietet sich jede schematische Lösung.“ Lösung unter Rückgriff auf grundlegende Wertungen (1) Jeder Partei des fehlerhaften Kausalverhältnisses sollen die Einwendungen gegen ihren Vertragspartner erhalten bleiben (insbesondere wegen des gezahlten Kaufpreises). (2) Jede Partei soll vor Einwendungen geschützt werden, die aus dem Rechtsverhältnis ihres Vertragspartners zu einem Dritten stammen. (3) Jede Partei soll nur das Risiko der Insolvenz desjenigen tragen, den sie sich selbst als Vertragspartner ausgesucht hat. PD Dr. Robert Magnus
248
Mehrpersonenverhältnisse
Durchlieferung bei Mangel Kausalgeschäfte: Rückabwicklung im jeweiligen Leistungsverhältnis A B § 812 I 1 Fall 1 B C § 812 I 1 Fall 1 Kaufvertrag + Anweisung, an C zu liefern Hersteller A Zwischenhändler B Leistung Lieferung Kauf-vertrag Leistung keine Direktkondiktion Endabnehmer C PD Dr. Robert Magnus
249
Mehrpersonenverhältnisse
Überweisung bei Überweisungsfehler Rückabwicklung A C (und B A: § 675u S. 2 ) Grund: Wertung der §§ 675j, u, z (und C behält etwaigen Anspruch gegen B) Ausnahme: Angabe einer falschen Kontonummer durch C (§ 675r I 2) Deckungsverhältnis (zB Girovertrag) + Anweisung zur Überweisung Bank B Überweisender C § 675u S. 2 Valutaverhältnis (z.B. KaufV) Überweisung Direktkondiktion § 812 I 1 Fall 2 Überweisungs-empfänger A PD Dr. Robert Magnus
250
Mehrpersonenverhältnisse
Überweisungen Fehlerhafte Überweisungen (BGH NJW 2015, 3093) Die Bank B nimmt A auf Erstattung von 5000 € in Anspruch, die sie von dem bei ihr geführten Konto der C auf ein Konto des A bei einer anderen Bank überwiesen hat. A hatte der C Leistungen iHv € in Rechnung gestellt und C daher zunächst der B den Auftrag erteilt, 5000 € von ihrem Konto auf das Konto des A zu überweisen. Wegen fehlerhafter Angaben schlug die Überweisung aber fehl. Eine zweite Überweisung nahm C daher selbst online von einem anderen Konto aus vor. Den Mitarbeitern der B teilte C mit, dass die Überweisung nicht mehr ausgeführt werden solle. Gleichwohl wurde die Überweisung durch B nach Korrektur der Angaben durchgeführt. B hat die 5000 € dem Konto der C wieder gutgeschrieben und nimmt nun A auf Rückzahlung des überwiesenen Betrages in Anspruch. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
251
Mehrpersonenverhältnisse Anspruch B gegen A aus § 812 I 1 (NLK)
Überweisungen Lösung: Anspruch B gegen A aus § 812 I 1 (NLK) 1. Etwas erlangt (+): 5.000,- € 2. Nicht durch Leistung? Vorrangige Leistungsbeziehung C-A, die eine Rückgriffskondiktion ausschließt? Nach dem objektiven Empfängerhorizont des A muss dieser davon ausgehen, dass C durch die Zahlung ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen will und B lediglich als sog. Leistungsmittler fungiert Allerdings besteht eine Ausnahme vom Vorrang der Leistungskondiktion, wenn derjenige, aus dessen Vermögen die Leistung fließt, sie nicht zurechenbar veranlasst hat und deshalb besonders schutzwürdig ist PD Dr. Robert Magnus
252
Mehrpersonenverhältnisse Anspruch B gegen A aus § 812 I 1 (NLK)
Überweisungen Lösung: Anspruch B gegen A aus § 812 I 1 (NLK) 2. Nicht durch Leistung? Eine zurechenbare Veranlassung der Leistung liegt nach den Grundsätzen des Bankrechts nur vor, wenn die Überweisung durch den Kontoinhaber nach § 675j autorisiert war Die ursprüngliche Autorisierung hat C der Bank aber wieder wirksam entzogen. Daher muss hier zum Schutze der C eine Ausnahme vom Grundsatz der „Rückabwicklung übers Eck“ (B-C, C-A) gemacht werden und B stattdessen ein unmittelbarer Zugriff bei A ermöglicht werden 3. Auf Kosten der B (+) PD Dr. Robert Magnus
253
Mehrpersonenverhältnisse Anspruch B gegen A aus § 812 I 1 (NLK)
Überweisungen Lösung: Anspruch B gegen A aus § 812 I 1 (NLK) 4. Ohne Rechtsgrund (+) 5. Ergebnis: Anspruch (+) PD Dr. Robert Magnus
254
Mehrpersonenverhältnisse
Einbau Wertungen der §§ BGB: bei Übereignung D B hätte B Eigentum erworben (§§ 929, 932): Rückabwicklung E D und D B bei Übereignung D B hätte B kein Eigentum erworben (bösgläubig / § 935): Direktkondiktion E B (§§ 951, 812 I 1 Fall 2) zB KaufV (oder kein Vertrag) Eigentümer E Nichtberechtigter D keine Übereignung Direktkondiktion, §§ 951, 812 I 1 Fall 2? Problem: Zufall, ob E nach § 946 oder vorher nach § 929 erwirbt Werk-vertrag Einbau der Sache (zB Ziegel): § 946 BGB Erwerber B PD Dr. Robert Magnus
255
Mehrpersonenverhältnisse
Zahlungen Dritter Der gute Onkel Die Studentin M berichtet ihrem Onkel O, dass sie mit ihrer Miete bei V in Höhe von € in Verzug ist. Ohne noch einmal mit M Rücksprache zu halten, überweist O eine Woche später € an V. Der Überweisung ist der Hinweis mit dem Hinweis „Begleichung der Miete der M“ beigefügt. M hatte allerdings die noch ausstehende Miete bereits wenige Tage zuvor an V überwiesen. O fordert deshalb die 1.000,- € von V zurück. Zu Recht? PD Dr. Robert Magnus
256
Mehrpersonenverhältnisse
Zahlungen Dritter Lösung: I. Anspruch O gegen V aus § 812 I 1 (LK) 1. Etwas erlangt (+): 1.000,- € 2. Durch Leistung des O? Bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (+) Allerdings bestand der Zweck hier nicht in der Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit gegenüber V, sondern in der Begleichung einer Schuld der M Für V sieht es vom objektiven Empfängerhorizont so aus, als sei O im Auftrag und auf Veranlassung der M als deren verlängerter Arm tätig gewesen Daher Leistung der M und keine Leistung des O (a.A. vertretbar = Berücksichtigung der subj. Kenntnisse des V) 3. Ergebnis: Anspruch (-) PD Dr. Robert Magnus
257
Mehrpersonenverhältnisse
Zahlungen Dritter Lösung: II. Anspruch O gegen V aus § 812 I 1 (RK) 1. Etwas erlangt (+): 1.000,- € 2. Nicht durch Leistung? Grds. liegt hier eine vorrangige Leistungsbeziehung K-V, die eine Rückgriffskondiktion ausschließt V hat die Leistung jedoch von M bereits erhalten und weiß daher (oder hätte zumindest wissen müssen), dass O ohne Rechtsgrund zahlt. V ist daher nicht schutzwürdig und aus Wertungsgründen ist eine Ausnahme vom Vorrang der Leistungskondiktion zu machen 3. Auf Kosten des O (+) PD Dr. Robert Magnus
258
Mehrpersonenverhältnisse
Zahlungen Dritter Lösung: II. Anspruch O gegen V aus § 812 I 1 (RK) 4. Ohne Rechtsgrund (+) 5. Ergebnis: Anspruch (+) PD Dr. Robert Magnus
Ähnliche Präsentationen
© 2025 SlidePlayer.org Inc.
All rights reserved.