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Veröffentlicht von:Heinz Krämer Geändert vor über 7 Jahren
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Evaluation des ESUG aus Praktikersicht Ein “Erfolgsmodell” oder “gesetzgeberisches Versagen”? Norddeutsches Insolvenzforum Hamburg e.V Dr. iur. habil. Gerrit Hölzle Rechtsanwalt Fachanwalt für Insolvenzrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Fachanwalt für Steuerrecht
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Bewertung aus Praktikersicht - Was waren die Erwartungen der Praxis?
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InDat 02/2013: „Was 100 Praktiker vom ESUG halten“
„Das ESUG ist mehr als Eigenverwaltung und Schutzschirm. Es hat uns in Deutschland eine neue Sanierungskultur beschert.“ Burkhard Jung „Anerkennung, auch durch andere Jurisdiktionen, dass das deutsche Insolvenzrecht für Sanierungen geeignet ist.“ Eva Ringelspacher „Die Sanierung der Pfleiderer AG hat gezeigt: Die professionellen Störer müssen ihr Geschäftsmodell ändern, wir nicht.“ Horst Piepenburg „Das ESUG braucht ein kommunikatives und offenes Insolvenzgericht, das mit kritischem Sachverstand das Verfahren und die Rechte der Beteiligten wahrt.“ Nicole Langer „Das ESUG ist ein weiterer großer Schritt zu einer Sanierungskultur in Deutschland, (…)“ Axel Bierbach „Das ESUG hat nach nur wenigen Monaten zu einer deutlichen Veränderung der Kommunikationskultur in Insolvenzverfahren geführt“ Manuel Sack „Das ESUG hat geholfen, verkrustete Strukturen aufzubrechen, die Eigenverwaltung wird in Kürze aus dem deutschen Insolvenzrecht nicht mehr wegzudenken sein.“ Sven-Holger Undritz „Das ESUG öffnet Horizonte (…) vor allem der Restrukturie-rungspraxis, die die neuen Chancen nutzt und Herausforderungen meistert.“ Florian Jacoby „Der Rettende fasst an und klüngelt nicht (J.W. v. Goethe)“ Kolja v. Bismarck „Bei frühzeitiger Planung und Einleitung eröffnet das ESUG aussichtsreiche Möglichkeiten, ein Unternehmen kontrolliert im Wege eines Insolvenzplanverfahrens zu sanieren“ Heiko Tschauner „Das ESUG leistet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Sanierungsstandorts Deutschland“ Heinz Vallender
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Erwartungen des Gesetzgebers
BT-Drs. 17/5712, S. 17 (Begründung des Gesetzentwurfs): „Die Fortführung von sanierungsfähigen Unternehmen soll erleichtert (…) werden. (…) Ziel des Gesetzesentwurfs ist es daher, im Interesse einer Verbesserung von Sanierungschancen zu erreichen, dass Schuldner und Gläubiger in die Auswahl der maßgeblichen Akteure einbezogen werden und dass alle Beteiligten eine größere Planungssicherheit hinsichtlich des Ablaufs des Verfahrens erhalten. Die Möglichkeiten der Sanierung durch einen Insolvenzplan werden erweitert, Blockadepotential wird abgebaut.“ BT-Drs. 17/7511, S. 4 (Beschlussempfehlung Rechtsausschuss): „Mit der Einführung dieses Verfahrens ist auch die Hoffnung verbunden, zumindest einen Teil der Sanierungsfälle abzudecken, die in anderen Staaten mit vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren bewältigt werden. Für die Akzeptanz des Insolvenzverfahrens und für die Schaffung einer besseren Insolvenzkultur in Deutschland ist es von erheblicher Bedeutung, dass dieses angestrebte Ziel mit dem Verfahren auch erreicht wird.“
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Der Mensch – und das Gesetz – wächst mit seinen Aufgaben….
…doch das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht! Bei der Evaluation des ESUG und der Forderung nach einer „Insolvenzkultur“ in Deutschland muss man sich aber m.E. den geschichtlichen Hintergrund insbesondere im Vergleich zu den U.S.A. vor Augen führen, deren Chapter 11 und debtor in possession Procedures jedenfalls im Geiste Pate gestanden haben: USA Kontinentaleuropa schuldnerbezogenes Verfahren gläubigergetriebenes Verfahren
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1. These Die Erwartungshaltung an das ESUG, nämlich
die überkommene Wahrnehmung des Konkurses als ein `Scheitern des Unternehmers´ hinter uns zu lassen und eine Sanierungs- und Insolvenzkultur zu verordnen, dadurch zugleich den Bedarf vor-/außergerichtlicher Restrukturierungsverfahren mit zu erfassen und ein solches in Deutschland entbehrlich zu machen, weil die Zahl insolvenzgestützter Sanierungen infolge in der breiten Masse weggefallener Scheu vor dem Verfahren deutlich steigt und den `Erfolg´ nach Ablauf von (nur) fünf Jahren `messen´ zu können, übersteigt von vorneherein die Möglichkeiten dessen, was das ESUG überhaupt zu leisten in der Lage sein konnte!
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Ableitung aus der 1. These:
Augenmaß beim Anlegen der Messlatte, an welcher der Erfolg des ESUG gemessen werden soll! Die Frage, wo wir stehen, kann nur unter Berücksichtigung der Feststellung beantwortet werden, woher wir kommen! „Das ESUG“ ist ein dynamischer Prozess und kein statisches Projekt. Es kann daher nur um die Evaluation dessen gehen, welche Etmale auf dem Weg bereits erreicht sind, welche noch vor uns liegen, wie wir diese erreichen, und wo ggf. die Wegpunkte neu gesetzt oder auch nur verschoben werden müssen.
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Haben wir Wegpunkte des definierten Ziels erreicht - oder hat der Gesetzgeber in der Tat versagt?
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Kritik In der Fachpresse könnte die (subjektive) Wahrnehmung des `Erfolgs´ des ESUG unter-schiedlicher kaum sein: „teilweise gesetzgeberisches Versagen“ Frind, NZI 2016, 162 Demgegenüber positives Zwischenfazit nach einem Jahr Graf-Schlicker, ZInsO 2013, 1765 Kritisch zur Frage, ob das ESUG eine Sanierungskultur schaffen kann Römermann, GmbHR 2013, 337 ebenso, den Beginn einer Sanierungskultur bestätigend Gravenbrucher Kreis, ZIP 2015, 2159; ZIP 2016, 1208 „Das ESUG hat die Sanierungskultur in Deutschland gestärkt.“ Madaus, NZI 2017, 329 Ebenso kritisch in Bezug auf Zielerreichung Eidenmüller, KTS 2014, 401 BCG ESUG Studie Eigenverwaltungen: ca. 3 % Gut 1/3 der Eigenverwaltungen enden als Regelverfahren
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Sind absolute Fallzahlen aussagekräftig?
Mag die Aussage, dass nach wie vor nur rund 3 % aller Insolvenzverfahren als Eigen-verwaltungsverfahren geführt werden, auch richtig sein, so sagt dies nichts über den „Erfolg“ des ESUG! unstreitig dient das Eigenverwaltungsverfahren nicht der Bewältigung nicht-strategischer Insolvenzen kleiner und mittelgroßer Unternehmen ohne entsprechende Unternehmensorganisation. Das Eigenverwaltungsverfahren zielt vielmehr auf die Bewältigung solcher Verfahren größerer Unternehmen, die das Insolvenzverfahren als legitime strategische Option begreifen, den Erhalt des Unternehmens-, regelmäßig des Fortführungswertes unter Inanspruchnahme des insolvenzrechtlichen Werkzeugkastens bestmöglich gewährleisten zu können. vgl. die Eingangsvoraussetzungen, wie sie vom FORUM 270 e.V. vorgeschlagen werden Was sagt die Statistik, wenn man sie auf die für die Eigenverwaltung geeigneten Verfahren bezieht?
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Statistik geeigneter Eigenverwaltungen?
Eine offizielle Statistik zur Zahl der Eigenverwaltungen unter den Großverfahren (nach der Zahl der AN) ist mir nicht bekannt. Nach eigenen Erhebungen stellt sich das Verhältnis aber wie folgt dar: Von den TOP 5 – Verfahren des Jahres 2016 waren 4 Eigenverwaltungsverfahren. Von den TOP 15 – Verfahren des Jahres 2016 waren 9 Eigenverwaltungsverfahren. Von den TOP 50 – Verfahren des Jahres 2016 waren immerhin noch 28 Eigenverwaltungsverfahren. bei den potentiell für eine Eigenverwaltung geeigneten Verfahren liegt die Quote jedenfalls > 50 %
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2. These Die Eigenverwaltung
ist aus der Restrukturierungspraxis tatsächlich nicht mehr wegzudenken (vgl. einleitendes Statement von Undritz), sie ist aber kein Instrument für „Jedermann“, sondern im Grundsatz nur für Schuldner geeignet, die eine gewisse Unternehmensgröße, eine gewisse Unternehmensorganisation und die Motivation mitbringen, das Eigenverwaltungsverfahren als Sanierungsoption frühzeitig zu wählen, setzt deshalb ein hohes Maß an Transparenz aller Verfahrens-beteiligten (Schuldner, Berater, Gericht, Sachwalter) voraus, was die Vergütung einschließt: Die Eigenverwaltung sollte strukturell so angelegt sein, dass sie günstiger bleibt, als ein Regelverfahren, notwendige Voraussetzung ist das aber nicht. Die Eigenverwaltung hat, wie viele erfolgreiche Fälle belegen, zu einer deutlich zunehmenden Kooperationsbereitschaft aller Stakeholder beigetragen, was Sanierungen ganz erheblich fördert.
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Ableitung aus der 2. These:
Die materiellen Errungenschaften des ESUG sind aus der Gestaltungspraxis nicht mehr wegzudenken: dies gilt insb. für die gesellschaftsrechtl. Möglichkeiten des Insolvenzplans, die viele Sanierungen erst eröffnen. Das ESUG ist auch wirtschaftlich erfolgreich und hat bereits wesentliche Meilen-steine erreicht: In wirtschaftlich bedeutenden Verfahren, in denen das Ziel des Gesetzgebers, Arbeitsplätze zu erhalten, mit dem größten Effekt erreicht werden kann, ist die Eigenverwaltung die präferierte Verfahrensart Die Kooperationsbereitschaft insb. auch von Lieferanten und Kunden ist durch Anerkennung der Eigenverwaltung gestiegen, was wiederum die Bereitschaft der Schuldner fördert, früher in das Verfahren einzutreten Das wiederum fördert die Bereitschaft zu `strategischen Insolvenzen´, die geeignet sind, Werte zu erhalten…
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Die strategische Insolvenz - ökonomischer Sinn? -
Eine der wenigen ökonomischen Studien, die den Effekt einer strategischen, also geplanten Insolvenz, auf die Wertentwicklung des Unternehmens im Vergleich zu nicht geplanten Insolvenzen untersucht, stammt aus den USA (Coelho/John/Taffler [2011]): Im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag büßten (alle) Unternehmen durchschnittlich 50 % ihres Aktienkurses ein bei Antragstellung verlieren (alle) Unternehmen noch einmal durchschnittlich 25 % des Aktienkurses bei nicht-strategischen Insolvenzen folgt im ersten Jahr nach dem Antrag noch einmal ein Verlust von durchschn. 29 % war die Insolvenz mit Eigenantrag strategisch geplant, folgt in den ersten 6 Monaten nach Antragstellung ein Plus von 29 % vgl. zur strategischen Insolvenz auch die Dissertation von Bulgrien, Strategische Insolvenzen (2015)
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Die Evaluation nutzen - wo gibt es Anpassungs- und Verbesserungsbedarf, um die Zielerreichung in der weiteren Entwicklung voranzutreiben?
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Kritik ernst nehmen… So sehr das ESUG auch das Denken der Beteiligten und die Wahrnehmung des Verfahrens von außen beeinflusst hat, so ist selbstverständlich die Kritik ernst zu nehmen und sollte die Evaluation genutzt werden, die Vertrauensbasis weiter zu stärken. Vertrauen stärken heißt, Ursachen für Vertrauensdefizite zu erkennen: Die Planbarkeit des Verfahrens muss weiter entwickelt werden… vgl. bereits die Gesetzesbegründung: „(…) die deutsche Rechtsordnung als wenig geeignet für Sanierungen ansehen, wird unter anderem genannt, dass der Ablauf eines deutschen Insolvenzverfahrens für Schuldner und Gläubiger nicht berech-enbar sei...“ (BT-Drs. 17/5712, S. 17).
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Planbarkeit… die Transparenz bei allen Beteiligten muss noch mehr in den Fokus rücken; das betrifft Schuldner und Berater ebenso wie Gerichte… Vorbefassungen aller Beteiligten einschließlich Beratern, vorgeschlagenen vGA-Mitgliedern etc. und nicht nur des Sachwalters müssen verpflichtend offengelegt werden Gerichte müssen vorbehaltlos und unvoreingenommen zu Vor- und verfahrensleitenden Gesprächen bereit sein Klare Eingangsvoraussetzungen für eine Eigenverwaltung erhöhen die Planbarkeit; persönliche Befindlichkeiten einzelner (Ge)Richte(r) schaden der Entwicklung der Sanierungspraxis im Ganzen, da es Erinnerungen an die „intransparente“ Vergabe-praxis einzelner Gerichte in Vor-ESUG-Zeiten weckt Die unterschiedliche Handhabung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ist unerträglich. Hier muss gesetzliche Abhilfe geschaffen werden.
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Kritik ernst nehmen… So sehr das ESUG auch das Denken der Beteiligten und die Wahrnehmung des Verfahrens von außen beeinflusst hat, so ist selbstverständlich die Kritik ernst zu nehmen und sollte die Evaluation genutzt werden, die Vertrauensbasis weiter zu stärken. Vertrauen stärken heißt, Ursachen für Vertrauensdefizite zu erkennen: Die Planbarkeit des Verfahrens muss weiter entwickelt werden… vgl. bereits die Gesetzesbegründung: „(…) die deutsche Rechtsordnung als wenig geeignet für Sanierungen ansehen, wird unter anderem genannt, dass der Ablauf eines deutschen Insolvenzverfahrens für Schuldner und Gläubiger nicht berech-enbar sei...“ (BT-Drs. 17/5712, S. 17). Wo Missbrauch befürchtet wird, müssen Missbrauchsschranken eingezogen werden…
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Missbrauchsschranken…
Jaffé (ZHR 175, 38 [2010]) befürchtete einen Missbrauch dahingehend, dass nicht insolvente Unternehmen den Reizen des ESUG erliegen und sich das Verfahren erschleichen könnten, um die Vorteile zu nutzen… Das ist in der Praxis wohl kaum das hervorstechende Problem, da problematischer erscheint, dass die Eigenverwaltung auch von solchen Schuldnern angestrebt wird, die hierfür nicht geeignet sind. Auch dieses Problem kann durch klare Eingangshürden gelöst werden. Die Chance, `wohlwollende´ Verwalter zu platzieren ist für Schuldner und Gläubiger verlockend; die `Hygiene´ in der Verfahrensanbahnung leidet darunter ganz erheblich Lösung kann in einer `objektivierten Gläubigerbeteiligung´ liegen (s. sogleich: Vorschläge) Allerdings: die Eigenverwaltung ist kein „höchstpersönliches Amt“ (Hammes, NZI 2017, 233) – wessen auch? Berat(ung/er) in der Eigenverwaltung sind nicht verwerflich…
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Kritik ernst nehmen… So sehr das ESUG auch das Denken der Beteiligten und die Wahrnehmung des Verfahrens von außen beeinflusst hat, so ist selbstverständlich die Kritik ernst zu nehmen und sollte die Evaluation genutzt werden, die Vertrauensbasis weiter zu stärken. Vertrauen stärken heißt, Ursachen für Vertrauensdefizite zu erkennen: Die Planbarkeit des Verfahrens muss weiter entwickelt werden… vgl. bereits die Gesetzesbegründung: „(…) die deutsche Rechtsordnung als wenig geeignet für Sanierungen ansehen, wird unter anderem genannt, dass der Ablauf eines deutschen Insolvenzverfahrens für Schuldner und Gläubiger nicht berech-enbar sei...“ (BT-Drs. 17/5712, S. 17). Wo Missbrauch befürchtet wird, müssen Missbrauchsschranken eingezogen werden… Die Gefährdung der `kulturellen Entwicklung´ muss vermieden werden…
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Kulturelle Entwicklung nicht gefährden…
Das ESUG hat eine Sanierungskultur in Deutschland befördert… Der außergerichtliche Restrukturierungsrahmen nach dem EU RL-Entwurf hat das Potential, die positive Entwicklung des ESUG zu gefährden, da das Insolvenzverfah-ren erneut stigmatisiert werden könnte. Beschränkung des Anwendungsbereichs (einschl. des Moratoriums) auf Finanzgläubiger Klare Grenzziehung zu den Insolvenzantragsgründen – Restrukturierungsrahmen muss zeitlich deutlich vorverlagert sein Ausschüttungssperre, Verlängerung der Frist des § 135 InsO und Wegfall der Privilegierung von Sanierungsfinanzierungen, wenn sich in einem späteren Insolvenzverfahren herausstellt, dass bereits Antragsgründe eingetreten waren vgl. dazu demnächst Hölzle in ZIP 2017 (erscheint im Juli, vorss. Heft 27 oder 28)
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3. These Das ESUG ist gelungen und hat die richtigen Tendenzen in Gang gesetzt, es ist aber in der Entwicklung begriffen, die durch maßvolles Eingreifen befördert werden kann: An einigen wenigen Stellen sind wohlbedachte Anpassungen durch den Gesetzgeber erforderlich Die weitere Entwicklung des ESUG wird die „Dinosaurier“ und ein jedes, „kurfürstliches“ Verständnis von Insolvenzregentschaft ihrem geschichtlich belegten Schicksal zuführen Maßvolles Eingreifen bedeutet auch, die nötigen Spielräume im Restrukturierungsrahmen auf europäischer Ebene zu erkämpfen, um die deutschen Errungenschaften der vergangenen fünf Jahre nicht zu gefährden
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Ableitung aus der 3. These: Anpassungsvorschläge
Schaffung von Eingangsvoraussetzungen für die Eigenverwaltung Mindestgröße (z.B. 20 Mio Umsatz, 100 AN) Dispensmöglichkeit bei begründeter Darstellung entsprechender Organi-sation und Vorausset-zungen Keine Verletzung von Buchführungspflichten Keine USt-/LSt-, SozVers.- Rückstände „Objektivierte Gläubigerbeteiligung“ bei der Verwalterauswahl Vorschlag von mind. 2, rglm. 3 Kandidaten der örtlichen Liste, aus denen das Gericht auswählt (dazu bereits Hölzle/Pink, ZIP 2011, 360, 364) „Transparenzhygiene“: Statuierung von Offenlegungspflichten für alle Verfahrensbeteiligten, deren Rolle über die bloße Gläubigerstellung hinausgeht Planbarkeit Ausweitung des § 270b Abs. 3 InsO auch auf § 270a InsO
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…noch Fragen?
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Evaluation des ESUG aus Praktikersicht
Norddeutsches Insolvenzforum e.V. Hamburg, 19. Juni 2017 Evaluation des ESUG aus Praktikersicht Evaluation des ESUG aus Praktikersicht
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Vorweg: THESEN & TATSACHEN
Hauptproblem ESUG: Die Eigenverwaltung (EVA) ist - konstruktionsbedingt - missbrauchsanfällig. Die Missbrauchsanfälligkeit wird durch das ESUG massiv verschärft. Gesetzmäßige Verfahrenseinleitung und -durchführung ist vielfach nicht gewährleistet, auch wegen Schlechtleistung von Beratern. Schafft die Eigenverwaltung ab! Alternativ: deutliche Verschärfung der Zugangsvoraussetzungen.
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zum Missbrauch der EVA… eine kleine (!) Auswahl der »Stimmen«:
RegE InsO, 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 222, S. 224 zu § 333; Foltis, in: FK-InsO, § 274 Rn. 11 (»Die Eigenverwaltung ist per se missbrauchsanfällig…«); Huhn, Eigenverwaltung, 2003, Rn. 909, 1116; Koch, Eigenverwaltung, 1998, S. 142 f., 152; Schlegel, Eigenverwaltung, 1999, S. 208; Grub, Kölner Schrift InsO, 1997, S. 513, 520 f.; Uhlenbruck, in: FS Metzeler, 2003, S. 85, 86 f., 92, 100; Thole, ZIP 2013, 1937, 1944; Brand, KTS 2014, 1 ff.; Hammes, NZI 2017, 233 f.; Frind, ZIP 2017, 993 f., 999; Häsemeyer, in: FS Schilken, 2015, S. 693, 694 f.; Ehlers, ZInsO 2015, 1417 f.; Graeber, in: FS Vallender, 2015, S. 165, 177 f., 180; Jaffé, in: FS Vallender, 2015, S. 281, 283, 285; Madaus, KTS 2015, 115, 131; Pape, in: FS Vallender, 2015, S. 363, 372 f., 376; Thole, Deutscher Insolvenzrechtstag 2016, Impulsreferat Eigenverwaltung, S. 2 (»keine hinreichende Bindung des Schuldners an § 1 InsO und das Gläubigerbefriedigungsziel«); Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands, Insolvenzverwalter prangern Missbrauch an, Presseerklärung vom ; BAKInsO e.V., ZInsO 2014, 2566 f.; ders. ZInsO 2013, 2549; Entschließung des 3. Deutschen Gläubigerkongresses, ZInsO 2014, 1270 f. oder: Berlin erhöre uns und kehre um! Zum Hauptproblem EVA gleich ausführlich…
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Vorweg: Wo liegen die sonstigen Probleme?
Vertrauen der Gläubiger in die Geschäftsführung (und Eigenverwaltung) – oftmals nicht vorhanden § 56a InsO - »Unsitte«: präsumtive Gläubigerausschüsse und manipulative Zusammensetzung, Zeitpunkt der Einsetzung hierdurch: beratergesteuerte Auswahl des vorl. Insolvenzverwalters/ Sachwalters Vorschlag BAKInsO aufgreifen: drei Vorschläge GLA zur Person des vorl. Insolvenzverwalters/ Sachwalters
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Vorweg: Wo liegen die sonstigen Probleme?
grundsätzlich: zu geringe Vergütung – aber auch Qualifikation - der GLA-Mitglieder (Lösung durch Gläubigerschutzverbände?) unscharf: Was ist ein nachteilsindizierender Umstand? Begründung von Masseverbindlichkeiten in der vorl. EVA Was ist mit Sanierungskultur und Insolvenzstandort Deutschland gemeint? Die Sanierung der Anteilsinhaber? Ist die bestmögliche Befriedigung der Insolvenzgläubiger und die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters/ Sachwalters der Schnee von gestern? (Nein! Vgl. zutr. Bork, ZIP 2013, 145 ff.) Antwort: Nein! Die Gesetzesmaterialien sind eindeutig.
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Quelle: http://www.zeithistorische-forschungen.de/1-2010/id%3D4745
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Sind die Würfel schon gefallen? Widersprüchliche Agitprop-Stimmen
Ziele im Wesentlichen erreicht. (DAV, Stellungnahme 6/17 durch den Ausschuss Insolvenzrecht pp., Jan. 2017, S. 3, 4; The Boston Consulting Group - BCG, Studie »Fünf Jahre ESUG«, März 2017, S. 3, 4 ) Wirklich? 50% aller »Probefahrten« enden mit einer Panne, dazu später… Eher kein Einfluss auf die Unabhängigkeit der Verwalter in größeren Verfahren erkennbar. (DAV, Stellungnahme 6/17, a.a.O., S. 5) Und in kleinen und mittleren Verfahren? Kleine Unternehmen i.S.d. §267 HGB machen 67% aller EVA- Verfahren aus. (BCG, a.a.O., S. 6)
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Sind die Würfel schon gefallen? Widersprüchliche Agitprop-Stimmen
Spürbar frühere, wenngleich nicht regelmäßig rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrages in Verfahren nach § 270b InsO. (DAV, a.a.O., S. 7) …das sieht die BCG ganz anders, dazu später Eigenverwaltungsverfahren sind für die Gesellschafter nach wie vor sehr attraktiv! (BCG, a.a.O., S. 2) Das ist die Hauptsache, oder? Und wie sieht es für die Gläubiger aus? Verfahren mit insolvenzerfahrenen Personen als Organe sind erfolgreicher als solche, in denen ausschließlich Berater tätig sind. (DAV, Stellungnahme 6/17, S. 8) Schlichte, nicht belegte Behauptung!
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Sind die Würfel schon gefallen? Widersprüchliche Agitprop-Stimmen
»Verfahren können von Einleitung bis Aufhebung innerhalb von neun bis zehn Monaten abgewickelt werden.«(BCG, a.a.O., S. 4) Wirklich wahr??? 1.236 EVA-Verfahren wurden von Personen- und Kapitalges. seit März 2012 beantragt bzw. durchgeführt wurden bislang geschlossen bzw. aufgehoben. (BCG, a.a.O., S. 5) spricht das für eine durchschnittlich zehnmonatige Verfahrensdauer? Anzahl EVA lt. IFM Bonn: 2012 = 346/ 2013 = 420 / 2014 = 227 / 2015 = 261 (inkl. Einzelunternehmer : 2012 = 96/ 2013 = 69/ 2014 = 36/ = 33)
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Sind die Würfel schon gefallen? Widersprüchliche Agitprop-Stimmen
»Bislang sind nur 31% der von Unternehmen als Eigenverwaltung beantragten Eigenverwaltungsverfahren abgeschlossen.« (BCG, a.a.O., S. 8) Aha! Wer hat an der Uhr gedreht? …und dann kommt es! »Durchlaufzeiten Eröffnung bis Aufhebung« - »Gesamtdurchschnitt der offenen Verfahren: 763 Tage.« (BCG, a.a.O., S. 11, Abb. 10) Das sind »mehr« als »neun bis zehn Monate«, oder? Aber: Regelverfahren ohne Insolvenzplan dauern im Durchschnitt länger als zwei Jahre. Aber, aber: Vergleichsmaßstab müssten die Regelverfahren mit Insolvenzplan sein, nicht die Liquidationsregelverfahren.
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Behauptung ist nicht Beweis.
Wir wissen: Behauptung ist nicht Beweis. William Shakespeare ( ) u.a. So wollen wir uns zunächst erinnern, was der Gesetzgeber erreichen wollte…
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Was wollte der Gesetzgeber?
An der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger festhalten, (RegE ESUG, 2011, BT-Drucks. 17/5712, S. 17; einschr. DAV, Stellungnahme 6/17, S. 9, dessen Empfehlungen zu § 1 InsO unnötig sind, weil sie sich aus dem Gesetz ergeben, vgl. § 270 I 2 InsO). Anreize für eine frühzeitige Eröffnungsantragstellung geben, um eine Sanierung zu fördern (s.u. Ziff. 6), (RegE ESUG, 2011, a.a.O., S. 1, 17) die EVA nur Schuldnern eröffnen, wenn Gläubiger sie für vertrauenswürdig halten, (RegE ESUG, 2011, a.a.O., S. 12)
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Was wollte der Gesetzgeber?
den Gläubigereinfluss stärken, (RegE ESUG, 2011, a.a.O., S. 17 f., 19) das Verfahren verbilligen, (RegE InsO, 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 85, 100; Kommission für InsR, Erster Bericht, 1985, S. 89, 126: »Das Reorganisationsrecht ist so zu ordnen, daß die Befriedigung der Gläubiger nicht durch aussichtslose Reorganisationsversuche verschlechtert wird, wenn das Liquidationsverfahren eingeschlagen wird.«) Sanierungschancen erhöhen. (RegE ESUG, 2011, BT-Drucks. 17/5712, S. 1, 17; vgl. auch Körner, NZI 2007, 270, 276, der die frühzeitige Insolvenzantragstellung zutreffend als große Ausnahme bezeichnet.)
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…und was NICHT? Fortführung eines Unternehmens als Selbstzweck etablieren (Vermögensorientierung, RegE InsO, 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 77, 83) illoyale Vermögensverschiebungen oder sonstige Gläubigergefährdungen in der EVA dulden (RegE InsO, 1992, a.a.O., S. 74, 224; vgl. zu den rechtspolitischen Forderungen: Gravenbrucher Kreis, ESUG: Erfahrungen, Probleme, Änderungsnotwendigkeiten; Thesenpapier, Stand Oktober 2015, ZIP 2015, 2159 ff. Unter anderem wird ein gemeinsames Antragsrecht des Sachwalters und des Gläubigerausschusses auf Beendigung der Eigenverwaltung gefordert, S. 2162). keine regelhafte Form des Insolvenzverfahrens für Unternehmen schaffen Zutreffend h. M.: AG Hamburg, – 67c IN 1/14, NZI 2014, 566, 567; AG Hamburg, – 67c IN 501/13, ZIP 2014, 487; AG Duisburg, – 62 IN 167/02, ZIP 2002, 1636, 1638 (»Babcock«); BAKInsO- Entschließung v unter Graf-Schlicker, ZInsO 2013, 1765, 1767; Haarmeyer, ZInsO 2013, 2345; Pape, ZIP 2013, 2285; a. A. wohl Beth, NZI 2014, 487, 491.
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…und was NICHT? eine Fremdverwaltung im Kostüm der Eigenverwaltung… Ein missbräuchlicher Austausch der Geschäftsleitung soll verhindert und deren Unabhängigkeit gestärkt werden -RegE ESUG, 2011, BT-Drucks. 17/5712, S. 42 (zu Nr. 47, Einfügung eines § 276a).
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Man muss sich immer Zeit nehmen: die Zeit offenbart erst die Wahrheit.
Evaluation - oder: Man muss sich immer Zeit nehmen: die Zeit offenbart erst die Wahrheit. Lucius Annaeus Seneca (ca. 4 v. Chr - 65 n. Chr) Besser als Evaluation sind allerdings taugliche Gesetze – das gilt für die InsO in besonderer Weise:
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Wolfgang Heinrich Puchta, 1827 (sic!)
Taugliche Gesetze müssen »mehr aus dem Gebiete der Erfahrung als der Speculation« geschöpft werden; anderenfalls »bringen sie den Keim ihrer Hinfälligkeit mit in ihr kurzes, durch Novellen mühsam gefristetes Daseyn.« Wolfgang Heinrich Puchta, 1827 (sic!) Quelle: Beiträge zur Gesetzgebung und Praxis des bürgerlichen Rechtsverfahrens, Bd. 2: Über den Concursproceß, Erlangen 1827, S. VI, zitiert bei Falk, ZRG GA 131 (2014), 266 ff., 279.
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»Speculationen« führen zu Konstruktionsfehlern
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Konstruktionsfehler …Schuldner
Fehlerhafte Einschätzung der menschlichen Natur, die nur selten bereit ist - und schon gar nicht in wirtschaft- lichen Notzeiten - Eigeninteressen dem Gläubigerge- samtinteresse unterzuordnen. Schuldner kann nicht Interessenwahrer der Gläubiger sein – stärkste Fall einer gesetzlich verursachten, aber negierten »Interessenkollision«. Verhaltensökonomik (Risikoabwägung zu Lasten der Gläubiger) (vgl. allg. auch Falk/Alles, ZIP 2014, 1209 ff.)
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Konstruktionsfehler …Sachwalter
Einbindung in ein faktisches Abhängigkeitssystem Sachwalter ist grundsätzlich kein zuverlässiger Wächter, weil er faktisch vom Schuldner oder dessen Berater bestimmt wird. Er schielt auf die nächste Bestellung, die nur durch »laissez faire« zu erreichen ist. Das hat der Gesetzgeber offenbar nicht bedacht. Folge: Verletzung der Anzeigepflicht > Fallbeispiel Gelebte Loyalität zum Berater (Zitat:»…man muss zumindest ein halbes Auge bei insolvenzzweckwidrigen Handlungen zudrücken.«)
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Konstruktionsfehler …Berater, Gläubigerausschuss
Vom Gesetzgeber unbedacht: Gefahr einer kostenträchtigen Nebeninsolvenzverwaltung durch (ungeeignete) Berater Einflussnahme auf Sachverständige und Sachwalter > Fallbeispiel Gläubigerausschuss : Berater nimmt auf Besetzung und Arbeitsweise bestimmenden Einfluss. > Fallbeispiel Und: Gläubigerausschuss wird faktisch nicht überwacht.
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Konstruktionsfehler …weitere
Keine (ausdrückliche) gesetzliche Haftung von organschaftlichen Vertretern und Beratern entsprechend §§ 60 f. InsO. Wer Insolvenzverwaltung betreibt (oder von Beratern betreiben lässt), sollte auch wie ein Verwalter haften… Erfahrung, Ausstattung und Qualifikation der Insolvenzgerichte teilweise unzureichend. Keine bundesweite Konzentration der Insolvenzgerichte. (vgl. allg. Horstkotte/Laroche/Waltenberger/Frind, ZInsO 2016, 2186, 2192) Alles alte Kamellen, aber den Gesetzgeber interessiert es nicht…
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Sind die Ziele tatsächlich erreicht?
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zu 1) Bestmögliche Befriedigung der Gläubiger?
Ziel nicht erreicht! Enorme Beratungskosten! In aller Regel kein Kostenvorteil zu erzielen (Einzelheiten. s. Hammes, NZI 2017, 233 ff.; so auch DAV aaO., S. 3, 10: »Einsatz von Beratern gibt Anlass zur Sorge«, auch wegen explosiver Kostenausweitung; und BCG, aaO.: »Die von Gläubigern erwarteten Sanierungsbeiträge steigen tendenziell«.) Für Kleinunternehmen untragbar (Das typische Unternehmen in EVA hat ø € 4,5 Mio. Umsatz, 42 Mitarbeiter, BCG, aaO. S. 6). Natürliche Tendenz zur Haftungsvermeidung Kostenduplizierung bei gescheiterten Verfahren (41 % aller bislang eröffneten Verfahren lt. BCG, aaO. S. 8; statistisch nicht erfasst sind die bereits bei Verfahrenseinleitung abgewiesenen Anträge). Übrigens: erst 31% der EVA-Verfahren sind abgeschlossen (BCG, aaO S. 8).
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Zu 2) Rechtzeitigere Antragstellung?
Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht… Isolierte Praktikersicht: Kein Unterschied zum Verhalten im Normalverfahren > unrichtige§ 270b Bescheinigungen BCG: …kein Hinweis auf schnellere Antragstellung. Die hohe Quote von Übergängen in das Regelverf. sowie die eher mäßigen Ergebnisse sprechen eher dafür, dass die meisten Anträge nicht früher als vor Einführung des ESUG gestellt werden (BCG, aaO., S. 3).
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zu 3) EVA nur für vertrauenswürdige Schuldner?
Verfahren steht offen wie ein Scheunentor… Wirtschaftskriminelle verschaffen sich Zugang zum Verfahren vgl. Fälle bei Frind, ZIP 2017, 933 ff. Auch Berater muss vertrauenswürdig sein Bedenken an der Zuverlässigkeit des Schuldners werden durch die Beauftragung eines Insolvenzexperten nicht ausgeräumt Fallbeispiel: »Der Großhändler«
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Zu 4) Stärkung des Gläubigereinflusses?
Grundsätzlich: ja, aber es kommt auf die Beteiligten an… unkritische Übernahme von Besetzungsvorschlägen des Schuldnerberaters, unvollständige Gläubigerlisten Unart der »präsumtiven vorl. Gläubigerausschüsse« mangelhafte Qualifikation der Mitglieder unverhohlene Instrumentalisierung durch Berater »Man solle sich lieber um den Gläubigerstandort Deutschland kümmern (als den Sanierungsstandort). Sonst wollen keine Gläubiger mehr deutsche Schuldner haben!« (Lüke, ZIP 2010, 1371)
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Zu 5) Verbilligung des Verfahrens?
Nein, nein und nochmals nein! Ausnahmen bestätigen die Regel. Kosten des Insolvenzmanagements Kosten des Gläubigerausschusses Kosten des Scheiterns der EVA (hohe Wahrscheinlichkeit) Kosten besonderer Sanierungsgeschäftsführer ausführlich Hammes, NZI 2017, 233 ff.
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Zu 6) Sanierungschancen verbessert?
Grundsätzlich nicht… Indikator: keine rechtzeitigere Antragstellung (s.o. Ziff. 2) Ökonomische Grundbedingungen unverändert. Verfahrenszugang nicht an Sanierungswahrscheinlichkeit geknüpft. »Geheimverfahren« mag kurzfristige Vorteile bringen, kann aber nicht gewollt sein (Gläubigereinfluss). Schuldner hat in der Fremdverwaltung adäquate Möglichkeiten, Sanierung zu fördern und Gläubiger von seinem Konzept zu überzeugen.
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Was haben wir bekommen? Zusammenfassung
Ein »experimentelles Verfahren« - Scheitern in 50% der Fälle, ein (zulasten der Gläubiger) im Vergleich zur Fremdverwaltung in aller Regel teureres Verfahren, keine rechtzeitigere Insolvenzantragstellung, keine ausreichende Ermittlung nachteilsindizierender Umstände und Berücksichtigung der Gläubigerinteressen, ein von Beratern gesteuertes Nebeninsolvenzverfahren, mit enormen Haftungserleichterungen für die Handelnden. (Schaal, Haftung der Geschäftsführungsorgane einer insolvenzrechtlich eigenverwaltenden GmbH oder AG, 2017, S. 6).
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Was haben wir bekommen? Zusammenfassung
Weil EVA ein Geschäftsmodell für Berater geworden ist, wird es stärker genutzt als vor Inkraftreten des ESUG. Aber: »stark abnehmender Anteil mittlerer und großer Unternehmen bei den Eigenverwaltungen«; »…starke Abnahme neu beantragter Eigenverwaltungsverfahren…« (vgl. BCG, a.a.O., S. 2, 9: Anteil 2,6% an Gesamtverfahren; 2010: 214/ 2011: 192/ 2015: 261) Kein klar definiertes Verfahrensziel (Sanierung!). Wettbewerbsverzerrungen (auch) durch Folgeinsolvenzen. Bspw. Mehrfachgewährung von Insolvenzgeld pp. Die Unkenrufe vor Einführung der EVA sind Realität geworden.
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de lege ferenda
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Neufassung des § 270 InsO hier: Abs. 2
(2) Die Anordnung setzt voraus, dass der Schuldner die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Anordnung der Eigenverwaltung gleichzeitig gestellt hat, bei Stellung dieser Anträge ausschließlich Überschuldung und / oder drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt und der Schuldner die Gewähr dafür bietet, die Eigenverwaltung jederzeit ordnungsgemäß zu führen; dies setzt insbesondere voraus, dass…
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Neufassung des § 270 InsO der Eröffnungsantrag rechtzeitig und richtig gestellt worden ist (§ 15a), bei Antragstellung weder Sozialversicherungsbeiträge noch Abgabenverbindlichkeiten des Schuldners länger als eine Woche fällig sind, der Schuldner bei Antragstellung darlegt, wie seine finanz- und leistungswirtschaftliche Sanierung erfolgen soll, der Schuldner zur Eigenverwaltung geeignet ist, insbesondere über die hierfür notwendigen rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse verfügt, sichergestellt ist, dass die Anordnung nicht zu einem Nachteil für die Gläubiger führen wird, und keiner der in § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 genannten Fälle vorliegt.
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Neufassung des § 270 InsO hier: Abs. 3
(3) Ist der Schuldner keine natürliche Person, so sind ihm bei der Anwendung des Absatzes 2 das Verhalten, die Zuverlässigkeit und die sonstige Eignung seiner organschaftlichen Vertreter und der an ihm beteiligten Personen (§ 101 Abs. 1) zuzurechnen. Gleiches gilt, auch wenn der Schuldner eine natürliche Person ist, für das Verhalten, die Zuverlässigkeit und die sonstige Eignung der Personen, die in den zwei Jahren vor Antragstellung oder danach wesentlichen Einfluss auf die Führung der Geschäfte ausgeübt haben.
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Ausblick Die Evaluation wird kein belastbares Ergebnis hervorbringen können. Fachkunde der Insolvenzgerichte bleibt verbesserungswürdig. (vgl. Horstkotte/Laroche/Waltenberger/Frind, ZInsO 2016, 2186, 2192) »Evaluation« wird die (nicht belegten und widersprüchlichen) Lobgesänge der interessierten Kreise nach Berlin tragen (so wie es sich für ein Lobbyistengesetz »gehört«). Ändern wird sich nichts, jedenfalls nichts von Bedeutung, wenn man von der starken Abnahme der EVA-Verfahren einmal absieht, was auch der »Lernkurve« der Gläubiger und Gerichte zu verdanken ist.
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Fachanwalt für Insolvenzrecht Diplom Betriebswirt (BA)
Dirk Hammes Rechtsanwalt Fachanwalt für Insolvenzrecht Diplom Betriebswirt (BA) Dr.-Alfred-Herrhausen-Allee 15 47228 Duisburg Mobil Duisburg. Essen. Kleve. Düsseldorf. Bochum
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