Soziale Auswirkungen von Studiengebühren

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Soziale Auswirkungen von Studiengebühren Effizienzmängel und Finanznot der Hochschulen Studiengebühren in den USA, in Australien und in Österreich Soziale Auswirkungen Gebühren für Langzeitstudierende? Die Gerechtigkeitsfrage Nagel-DSW-10.2.2005

Ausgangspunkt: Abbrüche 2001 verlassen 8,6% der deutschen und 20,3% der ausländischen Schulabgänger die Schule ohne Abschluss. Ca. 25% der Ausbildungsverträge werden vorzeitig gelöst. Ca. 30% der Studierenden brechen das Studium vorzeitig ab, z. T. zugunsten einer Berufsausbildung. Die schulischen Abbrecherquoten werden z.T. durch die Schule selbst produziert (PISA). Allgemein: „Bedarf“ an sozialer Ungleichheit (Teichler) Bildungs- und beschäftigungsmeritokratische Schwelle Man riskiert, Begabungs- und Lernpotentiale zu verschenken! Nagel-DSW-10.2.2005

Sensible Bereiche: Zuwanderer 2002: In D 8.9% Ausländer, EU-Durchschnitt knapp 5% Sonderproblem Spätaussiedler Beschäftigungsquote der Deutschen steigt seit 1982 um 4%, die der Ausländer sinkt um knapp 10% Hohe Arbeitslosenquote, ca. 80% der arbeitslosen Ausländer ohne beruflichen Abschluss (Deutsche: 40%) Sprachdefizite (Ausländer ca. 40%, Aussiedler 25%) Teilnahmequote an beruflicher Weiterbildung 12% (Deutsche: 30%) Zurückgehende Beteiligung an der Berufsausbildung Niedrige Studierendenzahlen Risiko: Defizite bei der Integration der Zuwanderer Nagel-DSW-10.2.2005

Effizienzmängel und Finanznot der Hochschulen Finanzzuweisungen an die Hochschulen stagnieren Übersteuerung aus den siebziger Jahren wird durch die Politik der Globalhaushalte ersetzt. Man kann Wettbewerb nicht durch Wettbewerb um die Finanzen ersetzen. Viele gewichten Forschung höher als Lehre. Viele Studierende verlieren den Anschluss. Sortierschule und Sortierhochschule Humboldts Gelehrtenrepublik und die USA Nagel-DSW-10.2.2005

Abhilfe durch Studiengebühren? Die Finanzminister holen sich die Einnahmen sofort oder im Wege der Abschmelzung der Etatmittel. Selbst wenn die Einnahmen in den Hochschulen verbleiben würden, würden sie weniger als 10% der Mittel ausmachen. Um Studienbewerber aus armen Familien nicht zu benachteiligen, müsste der Bund das Bafög aufstocken. Es gibt kein adäquates Stipendiensystem, das den weniger Armen helfen würde. Dohmen/Hui: Ca. 50% der Studienkosten (v. a. Lebenshaltungskosten) tragen die Studierenden. Nagel-DSW-10.2.2005

Studiengebühren in den USA: Höchst unterschiedliche soziale Wirkungen You must be dumb and rich or smart and poor, then you can study. Stipendien reichen nicht mehr, auch Kalifornien erhöht 2004 Gebühren Dramatische Verschuldung der Studierenden Den Armen stehen praktisch nur noch die Community Colleges offen. Die Gebührenerhöhungen treffen jetzt die Mittelschichten. Nagel-DSW-10.2.2005

In den Niederlanden: Stipendien werden abgesenkt, Gebühren erhöht Niederlande: Schütt aus hol zurück, Erhöhung der Gebühren 2004 Stipendien für alle, dafür kein Kindergeld ab 18 Stipendien werden abgesenkt. Kredite? Wer bei den Eltern wohnt, kann davon die Studiengebühren nicht mehr bezahlen. Da alles langsam geschah, ist bisher keine Abschreckung bei Ersteinschreibungen erkennbar. Nagel-DSW-10.2.2005

In Australien: Abschöpfung der Bildungsrendite Juristen und Mediziner zahlen am meisten. „Subventionen“ für Geistewissenschaften Wer gleich zahlt, bekommt 20% Rabatt. Wer mehr zahlt, kommt mit einer schlechteren Note in den Masterstudiengang. Ausländer werden zur Kasse gebeten. Ziel: Markthochschulen, nicht Gelehrtenrepubliken. Nagel-DSW-10.2.2005

Studiengebühren in Österreich Einführung im WS 2001 Höhe: 726 Euro im Jahr Studierende: Rückgang 20% Ersteinschreibungen: Rückgang 15% Inländische Ersteinschreibungen heute noch niedriger als 2000. Vor 2000 jährliche Steigerungen um ca. 8%. Nagel-DSW-10.2.2005

Was lehrt uns das Beispiel Österreich? Einführung war nicht sorgfältig vorbereitet. Geld ging unmittelbar an den Finanzminister. Konkurrenz zur dualen Berufsausbildung. Teilzeitstudierende nicht berücksichtigt. Studium ohne Einschreibung ist möglich. Risiko des Kaskadeneffekts (Potenzielle Studienbewerber verdrängen andere aus der dualen Berufsausbildung). Nagel-DSW-10.2.2005

Studiengebühren für Langzeitstudierende? Alle Ökonomen sagen nein, weil es die Teilzeitstudierenden trifft. Selbst bei den Bummlern ist es unklug, sie dann abzuschrecken, wenn sie die Hochschule kaum noch belasten und u. U. kurz vor dem Abschluss stehen. Niedersachsen: Hohe Verwaltungskosten Gangbare Alternative: Studienkonten (Rheinland-Pfalz). Kontingentierung des Rechts auf Bildung, Anreiz zu zügigem Studium (Weiterbildung), Credits müssen wegen ECTS sowieso eingeführt werden. Nagel-DSW-10.2.2005

Zur Gerechtigkeit: Finanziert die Kranken-schwester das Studium des Chefarzts? Sturn/Wohlfahrt: Chefarzt zahlt entsprechend mehr Steuern. Nagel: Krankenschwestern sollen lebenslang lernen und u. U. selbst Medizin studieren! Krankenschwestern haben Kinder, an deren gebührenfreiem Studium sie interessiert sind. Unzulässige Partialbetrachtung (Barbaro) Fazit: Stammtischargument. Nagel-DSW-10.2.2005

Sind niedrige Gebühren akzeptabel? Wer sich nur wegen des Semestertickets einschreibt, wird zwar durch 50 oder 100 Euro abgeschreckt, aber das zu Recht. Die Dienstleistungen der Hochschulen müssen ausgebaut werden (Beispiel USA: Placement Office). Niedrige Gebühren, u. U. gestundet, ermöglichen mehr Kontaktveranstaltungen zur Berufswelt, bessere Information und Betreuung,. Nagel-DSW-10.2.2005

Die Gerechtigkeitsfrage Aristoteles unterscheidet zwischen austeilender und ausgleichender Gerechtigkeit, die austeilende ist vorrangig. John Rawls: Freiheit, Chancengleichheit und Differenzprinzip nach dem Maximin-Grundsatz. Hessische Verfassung: Gebührenverbot Vorbild Skandinavien Manchmal sind die gerechtesten Systeme die effizientesten! Nagel-DSW-10.2.2005