Elfriede Jelinek (* 1946): Die Liebhaberinnen (1975)

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Elfriede Jelinek (* 1946): Die Liebhaberinnen (1975)

Prosa: „bukolit. hörroman“. Wien 1979 (entst Prosa: „bukolit. hörroman“. Wien 1979 (entst. 1968) „wir sind lockvögel baby!“. Reinbek 1970 „Michael. Ein Jugendbuch für die Infantilgesellschaft“. Reinbek 1972 „Die Liebhaberinnen“. Reinbek 1975 „Die Ausgesperrten“. Reinbek 1980 „Die Klavierspielerin“. Reinbek 1983 „Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr“. Reinbek 1985 „Lust“. Reinbek 1989 „Die Kinder der Toten“. Reinbek 1995 „Gier“. Reinbek 2000 „Neid“. 2008, http://www.elfriedejelinek.com/

Roland Barthes: Mythen des Alltags (1957; dt. 1964)

so ist im laufe der jahre ein natürlicher kreislauf zustandegekommen: geburt und einsteigen und geheiratet werden und wieder aussteigen und die tochter kriegen, die hausfrau oder verkäuferin, meist hausfrau, tochter steigt ein, mutter kratzt ab, tochter wird geheiratet, steigt aus, springt ab vom trittbrett, kriegt selber die nächste tochter, der konsumladen ist die drehscheibe des natürlichen kreislaufs der natur [...]. (13)

die geschichte von b. und h die geschichte von b. und h. ist nicht etwas, das wird, sie ist etwas, das plötzlich da ist (blitz) und liebe heißt. die liebe kommt von der seite von brigitte. sie muß heinz davon überzeugen, daß die liebe auch von seiner seite her kommt. er muß erkennen lernen, daß es für ihn ebenfalls keine zukunft ohne brigitte geben kann. (10)

doch eines Tages kam das, was aus einem menschen erst einen menschen macht, auch zu paula [...] die liebe [...], hurra, das wichtigste im menschl. leben [...] paula sagt zur liebe, sie soll sich hinsetzen, gleich kriegt sie auch einen milchkaffee. aber die liebe setzt sich nicht folgsam hin, sie krallt sich an paula fest, wie soll das noch enden? (30,35)

Samuel Richardson (1689-1761): ‚Pamela, or Virtue Rewarded‘ (1740) Sophie von La Roche (1730-1807): ‚Geschichte des Fräuleins von Sternheim‘ (1771) Charlotte Brontë (1816-1855): ‚Jane Eyre‘ (1847) Gustave Flaubert (1821-1880): ‚Madame Bovary‘ (1857) Bernardin de Saint-Pierre: Paul et Virginie (1787) Leo Tolstoi (1828-1910): ‚Anna Karenina‘ (1878) Theodor Fontane (1819-1898): ‚Effi Briest‘ (1895)

Eine Interpretation, die das Phänomen der reduzierten Wirklichkeitserfassung nur als schriftstellerischen Mangel charakterisieren wollte, würde zu kurz greifen. [...] Eine Romanproduktion, die ihre gesellschaftliche Aufgabe darin sieht, den Rezipienten die Anpassung an die bestehenden Verhältnisse zu erleichtern, muß auch dem allgemeinen Erfahrungsschwund in der spätkapitalistischen Gesellschaft Rechnung tragen. Die Rezipienten, die an dem illusionären Bild eines ganz anderen Lebens festhalten wollen, als Gegenbild zu ihrem eigenen Alltag, würden einen kritischen Realismus, der ihnen die Aura, mit dem sie jenes andere Leben umgeben, zerstörte, ablehnen. [...] Den Realitäts-vorstellungen der Rezipienten – deren intellektuelle Verelendung sie doch mitverschuldet haben – nachkom-mend, beschränken sich die Produzenten der Kultur-industrie auf die Wiedergabe von Oberflächenphänomenen [...]. Christa Bürger, Textanalyse als Ideologiekritik, 1973

jetzt ist die liebe also schon zum x-ten mal gekommen, aber das bessere leben hat für paula noch immer nicht begonnen. zeit, daß endlich leben und entwicklung in diese verfahrene angelegenheit kommt! [...] paulas mutta kann sich nichts mehr wünschen, weil sie ihr schicksal schon konsumiert hat, ohne daß etwas dabei herausgekommen wäre. da sich die paulamutta also nichts mehr wünschen kann, weil es zu spät dafür ist, ist sie wunschlos glücklich. wunschlos glücklich geht die mutta auf das feld hinaus. (59)

von lust hat die mutta seit jahren nichts mehr verspürt von lust hat die mutta seit jahren nichts mehr verspürt. die lust, die die mutta früher manchmal verspürt hat, hat sie teuer zahlen müssen, mit einer ganzen kinderschar. auf die lust ist nämlich ein dauerhafteres glück gefolgt, ein glück, das nicht so aufregend, dafür aber beständiger war: das glück des kinderhabens. (61)

es ist ein natürlicher schwund unter den leibesfrüchten zu bemerken und festzustellen. das macht aber nichts, weil man sich immer neue machen kann, wenn welche ausfallen. das machen ist schon nicht angenehm, das austragen womöglich noch weniger, das kriegen ist beileibe kein spaß, und das haben geht einem an die nieren. aber immerhin: die existenz als mutter ist wieder für einige jahre gerechtfertigt und gesichert. (69)

brigitte, die hausherrin, die gerade mit dem haushalten beschäftigt ist, kommt verabschieden. sie ist ein sauberes, ein wenig fülliges frauchen geworden. die ehe schlägt ihr gut an, das sieht man. sie strahlt mit ihren küchenkästen um die wette. der haß hat sie innerlich schon ganz aufgegessen. aber die freude am besitz ist ihr geblieben. daran klammert sie sich mit eiserner faust. (111)

[...] da sind pfarrer, lehrer, fabrikarbeiter, spengler, tischler, schlosser, uhrmacher, fleischhauer! und selcher! und viele andre, u.v.a. und alle brauchen sie ununterbrochen frauen und verwenden sie auch, aber selber wollen sie auf keinen fall eine schon gebrauchte frau kaufen und weiterverbrauchen. nein. das wird dann schwierig. [...] gebrauchte frauen werden selten und wenn, dann vom erstverbraucher genommen. (15)

brigitte hat einen körper zu bieten brigitte hat einen körper zu bieten. außer brigittes körper werden zur gleichen zeit noch viele andre körper auf den markt geworfen. das einzige, was brigitte auf diesem weg positiv zur seite steht, ist die kosmetische industrie. und die textilindustrie. brigitte hat brüste, schenkel, beine, hüften und eine möse. das haben andre auch, manchmal sogar von besserer qualität. [...] zu hause hilft brigitte nichts, das hieße kapital und arbeitskraft in ein von vorneherein zum scheitern verurteiltes mit verlust arbeitendes kleinunternehmen zu stecken. aussichtslos. hoffnungslos. (12)

paulas mickriger bauch, der bald schon dick aufgeschwollen sein wird, sodaß man für das gleiche geld plötzlich viel mehr kilogramm paula bekommen könnte, steht zur versteigerung. aber keiner will ihn haben. bei einem schwein wäre das ein enormer wertzuwachs. bei paula ist es ein zeichen, daß sie leicht zu haben war, zu leicht, und jetzt umso schwerer anzubringen ist. [...] von paulas kopf ist nicht die rede. wer paulas körper und ihre arbeitskraft nimmt, der bekommt paulas kopf als draufgabe geschenkt. als werbegeschenk oder treuegabe. (78f.) paula hat keine bezeichnung der güteklasse mehr, wie sie sogar die tafeläpfel haben müssen. paula hat keinen handelswert mehr. [...] alle meinen, daß erich, wenn er schon nachgeben muß, erst nachgeben soll, wenn das kind schon anwesend, und so die wertreduzierung paulas zu einer entwertung geworden ist. (93)

eine menge gesunder landkinder sind vor ihr da hineingegangen und als kranke wieder herausgekommen. manche schon haben dort ihr glück gefunden und es anschließend wieder verloren, die meisten haben dort ihr unglück gefunden. wenige haben dort etwas gefunden, das spaß gemacht hätte. das glücksgefühl ist hier nicht die regel, hier herrschen die kalkulationen, die additionen und sub-traktionen vor. es ist eine eisige kälte. (71)

In der Kälte-Metapher konzentriert sich die Erfahrung, daß nur in der Trennung von wärmenden familiären Binnenräumen auch die Chance erhöhter Mobilität liegt. [...] Schließlich steht die Kälte-Metapher in einer langen Tradition, in der sie eine Kritik bezeichnet, die es sich nach dem Vorbild Nietzsches zur Aufgabe macht, die Wärmeisolierungen der moralischen Fiktionen, die das Leben der Menschen umhüllen, zu entfernen [...]. Helmut Lethen, 1989

[Die Bourgeoisie] hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst [...]. Alexander Bormann, 1991

es ist schade, daß brigitte heinz so sehr haßt es ist schade, daß brigitte heinz so sehr haßt. heute zum beispiel kniet brigitte vor der klomuschel im schrebergartenhaus von heinz und dessen eltern auf dem kalten fußboden. dieser fußboden ist kälter als die liebe, die heiß ist und heinz heißt. (12)

überall auf den türschwellen sitzen angestorbene frauen wie zerquetschte eintagsfliegen, sitzen da wie mit flüssigem asphalt angeklebt und überblicken pau-senlos ihre eigenen kleinen hausfrauenreiche, in denen sie königinnen sind. manchmal macht sie ein spülmittel zur königin, manchmal ein patentkochtopf. (54) die leiche von brigittes mutter liegt auf dem sofa und liest in der fürstenhäuserzeitung. in ihrem heim ist sie königin. (78)

Figuren der Wiederholung: erich mäht gras fürs futter Figuren der Wiederholung: erich mäht gras fürs futter. erich mäht gras fürs futter. das ist heute schon der hunderttausendste tag, an dem erich gras fürs futter mäht. (47) paula arbeitet hier als ungelernte näherin am fließband. paula arbeitet hier als ungelernte näherin am fließband. (121) was sich paula wünscht, ist endlich ein eigenes kleines heim. was sich paula wünscht, ist endlich ein eigenes kleines heim zum schalten und walten wie es brigitte hat. (113) bald werden aber die hochzeitsglocken läuten! bald werden aber die hochzeitsglocken läuten! bim bam bim bam. (100)

heute ist endlich der ersehnte tag gekommen heute ist endlich der ersehnte tag gekommen. strahlendblaues wetter begrüßt den langersehnten tag. heute ist endlich der ersehnte tag gekommen. strahlendblaues wetter begrüßt den langersehnten tag. brigitte hat ein bodenlanges weißes kleid an, das die schneiderin eigens für sie genäht hat. paula hat ein bodenlanges weißes kleid an, das die schneiderin, ihre frühere lehrherrin, eigens für sie genäht hat. brigitte hat ein bukett aus weißen rosen im arm. paula hat ein bukett aus weißen rosen im arm. (106)

Antithetik: beide frauen müssen das geld ihrer männer sparen Antithetik: beide frauen müssen das geld ihrer männer sparen. heinz und brigitte werden damit erfolg haben. erich und paula werden damit keinen erfolg haben. ein elektroinstallateur verdient ganz gut. ein holzarbeiter verdient schlecht. erich trinkt. heinz trinkt nur selten und in maßen. erich vertrinkt fast alles. heinz vertrinkt nichts, weil er einen ehrgeiz und einen verstand hat. (107)

brigitte und heinz stöhnen zweistimmig vor liebe brigitte und heinz stöhnen zweistimmig vor liebe. brigitte hat dabei ein unangenehmes, heinz ein angenehmes gefühl im körper. der körper zählt für brigitte als mittel zum besseren zweck. der körper zählt für heinz viel, nämlich das meiste außer seinem beruflichen fortkommen. und gutes essen! heinz macht das spaß, brigitte keinen. (44f.)

„Metatext“: wir werden demnächst eine schöne hochzeit beschreiben, damit die handlung nicht zu unerfreulich wird. man darf nicht nur negatives und unschönes beschreiben. (102) über das abgemähte feld zieht ein schwarm vögel in den wald hinein, einer hinter dem andren, bald kommt der herbst. für Ihr geld können Sie hier nicht auch noch naturschilderungen erwarten! wir sind doch nicht im kino. (81) paula soll nicht über ihren eigensinnigen kleinen kopf hinauswollen, tadelt der fortsetzungsroman. wenn paula im sinne des fortsetzungsromans vernünftig geblieben wäre, wäre sie nicht auf die bahn gekommen, die ihr untergang sein sollte. (115)

„Heimatliteratur“: Max Mell, Karl Heinrich Waggerl „Anti-Heimatroman“: Gernot Wolfgruber, Franz Innerhofer, Josef Winkler

dies ist kein heimatroman dies ist kein heimatroman. dies ist auch kein liebesroman, selbst wenn das so aussieht. obwohl dies scheinbar von der heimat und der liebe handelt, handelt es doch nicht von der heimat und der liebe. dieser roman handelt vom gegenstand paula. (101)

Die Autorin hält [...] eine leidenschaftslose und nüchtern kalkulierte Beschreibung der Vorgänge nicht durch. Manchmal verzerrt der Haß auf das, was die Frauen unterdrückt, die Proportionen des Dargestellten. [...] Die Erzählerin rechnet mit ihren Figuren ab, denen sie keine Chance läßt, gar kein anderes Leben gestattet; sie zensiert ihr Verhalten immer wieder mit beißender Ironie. Sie kennt keine Sympathie, nur Wut. Thomas Zenke, FAZ v. 11. 10. 1975

Hier wird weder erzählt oder beschrieben noch grammatisch meditiert, Bewußtsein demonstriert, sprachlich weder dokumentiert noch demontiert; Elfriede Jelinek referiert in dürren Worten den sozialen Auf- und Abstieg zweier Gegenstände, die Brigitte und Paula heißen und wie ein Computer das ausspucken, was die Autorin beweisen will: soziale Ungerechtigkeit. [...] Banale Rationalisierung menschlicher Beziehungen verödet die Sprache, ohne sie für die Analyse zu schärfen. Soviel literarische Anregungen Elfriede Jelinek auch aufgenommen haben mag, wiedergegeben hat sie ein trostloses Elaborat von Behauptungen, Klischees und vulgären Sprachübungen. Hans-Peter Klausenitzer, DIE WELT v. 24. 1. 1976

Zum Witz: Sigmund Freud: Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten, 1905 Jean Paul: Vorschule der Ästhetik, 1804 Verhältnis „inkommensurabler (unanmeßbarer) Größen“ Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung, 1819 „Inkongruenz“ von Begriff und Gegenstand