Adlerauge, sei wachsam! Ein Versuch, den Blick für das Wesentliche bei lyrischen Texten zu schärfen
Wolfgang Ratz, atemholen (Quelle: http://www.abyssal.de/anthologie/kindergarten.htm) wer mit steinen spricht zählt die stunden anders wer sich mit dem holz befreundet wurzelt tiefer wer sich mit dem wasser vermählt findet in der wüste das meer wer sich an die erde verschenkt hält den himmel in händen
Gleicher Strophenbeginn! Augenscheinlich: wer wer wer wer Gleicher Strophenbeginn!
Ebenfalls parallel im Strophenbau: wer mit den steinen wer sich mit dem holz wer sich mit dem wasser wer sich an die erde Nomen bilden Reihe: von unbelebt und starr zu organisch!
Auch bei den Verben: eine Reihe – immer engere Beziehungen! Einmal geht‘s noch: wer mit den steinen spricht wer sich mit dem holz befreundet wer sich mit dem wasser vermählt wer sich an die erde verschenkt Auch bei den Verben: eine Reihe – immer engere Beziehungen!
Jetzt braucht man nur noch die vollständigen Verse weiterzudenken: wer mit den steinen spricht zählt die stunden anders wer sich mit dem holz befreundet wurzelt tiefer wer sich mit dem wasser vermählt findet in der wüste das meer wer sich an die erde verschenkt hält den himmel in händen Was passiert dem, der … ? Immer Wundersameres!
Es ergibt sich der bekannte Aufbau: Einleitung Formaluntersuchung (hatten wir eben – in diesem Fall Beleuchtung der Bauart) Intention des Autors (folgt bei Ratz direkt aus 2.) Eigene Gedanken zur Thematik (bei Durchsicht Strophe für Strophe nach erwähntem Bauplan unerschöpflich! Grundgedanke: Was hat der/die … , was andere nicht haben?) Abschluss mit Resümee (Zusammenfassung des „ersten Sinns“ [Mensch und Natur] und des „zweiten Sinns“ [an wen oder was man sich noch verschenken kann])