Meta-Emotionen Christoph Jäger Universität Innsbruck
Agenda I. Erster Teil: Grundbegriffe Einleitung Meta-Emotionen: ihre allgemeine intentionale Struktur Meta-Emotionen im Lichte von Bewertungstheorien II. Zweiter Teil: Anwendungen 4. Meta-Emotionen und Überlebensschuld 5. Stufen des Willens und Einheit des Selbst
Meta-Emotionen Erster Teil: Grundbegriffe 1. Einleitung
“I hate to love you” (Rihanna, 2007) “Lacrimae amantur et dolores” (Augustinus, ca. 397)
“Tränen und Leid werden geliebt”; [manchmal] ist Schmerz ein Genuss” (lacrimae amantur et dolores; dolor ipse est voluptas; Augustinus, Confessiones, 3,2,3; 3,2,2 ). “Ich liebte es zu lieben” (amare amabam; s. auch: amans amare; Augustinus, Confessiones, 2,1,1). “Man schämt sich, nicht schamlos zu sein” (pudet non esse impudentem; Augustinus, Confessiones).
Was Meta-Emotionen nicht sind beliebige Arten affektiver Zustände, die von anderen Emotionen verursacht werden müssen Emotionen, die sich auf Emotionen anderer richten Emotionen, die sich auf nicht-emotionale Zustände desselben Subjekts richten
Meta-Emotionen: die wichtigsten Eigenschaften Positive oder negative, kongruente oder diskrepante Valenz Intentional Intrapersonal Ihre Objekte: affektive Zustände niedrigerer Stufe (inkl. Stimmungen) Nicht jede Emotion wird Gegenstand einer höherstufigen ME
2. Meta-Emotionen: ihre allgemeine intentionale Struktur
Intentionale Strukturen von ME Hans fürchtet sich davor, dass er in eine Depression verfällt. Et(a,At'(a)) Hans ärgert sich darüber, dass er sich vor Fido fürchtet. Et(a,E't'(a,o)) Maria ärgert sich darüber, dass er sich davor fürchtet, dass Fido sie beißt. Et(a,E't'(a,p))
Negative ME (?) E(a,~A(a)) ~E(a,A(a)) ~E(a,~A(a)) Positive ME E(a,A(a)) E(a,E'(a,o)) E(a,E'(a,p))
Meta-Emotionen Meta-Emotionen sind intentionale affektive Zustände oder Episoden, die ein Subjekt in einem bestimmten Zeitraum oder zu einem bestimmten Zeitpunkt hinsichtlich affektiver Zustände oder Episoden hat, in denen es sich – im selben oder einem anderen Zeitraum oder Zeitpunkt – befindet oder zu befinden glaubt.
3. Meta-Emotionen im Lichte von Bewertungstheorien Zentrale Bewertungskriterien Hedonische Valenz Zielrelevanz Normative Adäquatheit Kontrollierbarkeit
These Meta-Emotionen entstehen, wenn eine Person ihre eigenen Emotionen im Lichte der von Bewertungstheorien diskutierten Kriterien bewertet.
Meta-Emotionen Zweiter Teil: Anwendungen 4. Meta-Emotionen und Überlebensschuld
Eine weite Definition (Existential) survivor guilt refers to feelings you have about staying alive in situations where others died or about being less injured or harmed than others (Matsakis 1999). Eine engere Definition ‘Survivor guilt’ is the term used to describe the feelings of those who, fortunately, emerge from a disaster which mortally engulfs others (Hass 1995).
Überlebensschuld ist “anxiety about warranting envious resentment”. David Velleman (2004): Überlebensschuld ist “anxiety about warranting envious resentment”. “A survivor can rationally feel anxiety about providing grounds for ... vicarious or sympathetic resentment”.
Probleme mit Vellemans Ansatz Überlebensschuld ohne das Gefühl, verantwortlich zu sein, ist nur dann rational, wenn das Subjekt glaubt, einen guten Grund für „neidisches Übelwollen“ anderer zu liefern. Angst/Sorge ist keine Form von Schuld.
Überlebensschuld als Meta-Emotion Positive Emotionen wie Erleichterung, Freude, Dankbarkeit usw. hinsichtlich des eigenen Überlebens (oder Wohlergehens) werden angesichts des Leides anderer als normativ unangemessen zensiert und mit Schuldgefühlen belegt.
5. Stufen des Willens und Einheit des Selbst
Harry Frankfurt: Personen sind Wesen mit der Fähigkeit zu höherstufigen Wünschen (Volitionen). 2. Stufe W 1. Stufe W W W __ __ +
Wünsche und Willen Ein Wunsch, der, falls an seiner Umsetzung nicht gehindert, verwirklicht wird, ist ein Wille. Personen haben (höherstufige) Wünsche in Bezug darauf, welche ihrer Wünsche erster Stufe zu einem Willen werden mögen.
“Do I really want to be what I am now. (i. e “Do I really want to be what I am now? (i.e. have the desires and goals I now have?) … A person is a subject who can pose the de jure question: is this the kind of being I ought to be, or really want to be?” (Charles Taylor über Frankfurts Theorie)
Einheit des Selbst und höherstufige Volitionen Frankfurt: Ein „fragmentiertes Selbst“ ist ein Selbst, dessen Wünsche (und Willen) erster Ordnung nicht seinen Wünschen zweiter Ordnung entsprechen.
Thesen (C.J.) 1. Die Identität eines Selbst ist nicht nur durch seine Volitionen, sondern auch durch seine Emotionen konstituiert. 2. Wer oder was man „sein möchte“, ist daher auch eine Frage, die die eigenen Emotionen und emotionalen Dispositionen betrifft.
3. Erfolgreiche Affektregulation ist wesentlich eine Angelegenheit von Meta-Emotionen.