Dr. Bahar Akcayer Schütte

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 Präsentation transkript:

Dr. Bahar Akcayer Schütte Irreguläre Migration Dr. Bahar Akcayer Schütte

Gliederung Einleitung Push- und pull-Faktoren Irreguläre Migration in Zahlen Wer ist Irregulär? Irreguläre Migration und Arbeitsmarkt Beispiele der irregulären Migration Europäische Politik gegen irreguläre Migration Wege aus der Irregularität Medienbilder über irreguläre Migration Lebenssituationen der irreguläre Migranten Schlussfolgerung

Einleitung In der Migrationsforschung und auch von vielen Migrantenorganisationen wird der Begriff der "illegalen" Migration abgelehnt. Es werden die Begriffe undokumentierte Migranten irreguläre Migranten benutzt.

Einleitung Undokumentierte Migranten sind Migranten, die außerhalb der Normen und Prozeduren stehen, die die Staaten etabliert haben, um die Bewegungen in, durch und aus dem Land von Migranten zu handhaben. Die Gruppe der Menschen ohne Papiere ist weniger homogen als zunächst suggeriert wird: Arbeitsmigranten Flüchtlinge Abgelehnte Asylbewerber Kinder und älter Menschen Studenten/innen etc.  

Push- und pull-Faktoren Push-Faktoren: ‣‣ Armut, Arbeitslosigkeit, Naturkatastrophen, Kriege, politische und soziale Konflikte, schlechter Zugang zu Bildung, Mangelhafte Gesundheitsvorsorgung, Hunger etc. Pull-Faktoren: ‣‣ Höhere Löhne, bessere Rechtsverständnis, Globalisierung, Familiäre Gründe, bessere Bildungschancen, bessere Gesundheitsvorsorgung, Sicherheit etc..

Zahlen Deutschland: >>>> ca. 500.000- 1 Mio. Europa >>>> ca. 5-8 Millionen Deutschland: >>>> ca. 500.000- 1 Mio. Köln: >>>> ca. 20.000

Wer ist irregulär? Die öffentliche Debatte konzentriert sich vor allem auf die Einreise. Hier können zwei Gruppen unterschieden werden: 1. Viele undokumentierte Migranten reisen legal ein, aber werden später illegal, weil sie länger als das Visa erlaubt geblieben sind oder weil sie die Bedingungen für ihren Aufenthalt verletzt haben. 2. Migranten, die die Grenze illegal übertreten oder die Grenze auf nicht erwartete Weise übertreten.

Irreguläre Migration und Arbeitsmarkt Ausbeutung und Abhängigkeit prägen in der Regel die Situation von irregulären Ein-wanderern. Ihre Arbeitsbedingungen in vielen Betrieben sind deutlich schlechter als die regulärer Arbeitskräfte, was sich etwa in niedrigeren Löhnen, fehlenden Arbeitsverträgen (und damit auch Rechten) und längeren Arbeitszeiten äußert.

Irreguläre Migration und Arbeitsmarkt Baugewerbe Gastronomie Hotel- und Gastwirtschaft Landwirtschaft Transportsgewerbe Private Pflegekraft Private Haushaltskraft Unterhaltungsbranche Prostitution

Irreguläre Migration und Arbeitsmarkt Profite der irregulären Arbeit für die deutschen Markwirtschaft (Alt, 2003) Baugewerbe: 12,0 Mrd. DM Private Haushalte: 5,5 Mrd. DM Restaurants und Hotels: 5,5 Mrd. DM Landwirtschaft 3,0 Mrd. DM

Beispiele wie die Menschen irregulär werden 1) eine alte Frau aus Russland: Sie reiste von Russland nach Deutschland mit einem Touristenvisa ein. Da sie altersbedingt nicht mehr allein in Russland leben konnte und bei ihrer Tochter sein wollte, blieb sie bei der Familie ihrer Tochter in Deutschland 2) ein Student aus Aserbaidchan: Sie konnte ihr Studium nicht in der vorgegebenen Zeit beenden und war aufgefordert Deutschland zu verlassen. Ihr Antrag auf Verlängerung wurde zurückgewiesen. Sie schämte sich vor ihrer Familie, die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt zu haben und blieb daher in Deutschland. 3) Ein Saisonarbeiter aus Polen Er kam mit einem Visa für 3 Monate als Erntehelfer. Sein Arbeitgeber war zufrieden mit seiner Arbeit und bat ihn zu bleiben. Er blieb und wurde irregulär. Er brauchte das Geld für eine medizinische Behandlung seiner Tochter.

Europäische Politik gegen irreguläre Migration Mit dem Vertrag von Amsterdam wurden zum 1. Mai 1999 die Bereiche der Asyl-, Flüchtlings- und Visapolitik sowie Grenzkontrollen (durch das Schengener Abkommen bzw. DFÜ-Abkommen) und Aufenthaltsrechte von Drittstaatsangehörigen in den Zuständigkeitsbereich der EU überführt. Oktober 1999 wurden flankierend Maßnahmen beschlossen, um Migrations-ströme in enger Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern zu steuern. Der Rat wurde beauftragt, auf Vorschlag der Kommission Gesetze zu verabschieden, welche die Einschleusung und wirtschaftliche Aus-beutung von Einwanderern wirksam verhindern und unter schwere Strafen stellen sollten. In Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 forderte der Europäische Rat auf einem Treffen im belgischen Laeken im Dezember desselben Jahres verstärkte Maßnahmen zur Begrenzung und Kontrolle von Zuwanderungsbewegungen und vor allem gegen die irreguläre Migration. Er forderte die Europäische Kommission auf, dazu einen Aktionsplan gegen irreguläre Einwanderung zu entwickeln. Dieser (KOM (2001) 672 endg.) wurde im Februar 2002 von den Staats- und Regierungs-chefs der EU in Sevilla angenommen.

Europäische Politik gegen irreguläre Migration Nach Ablauf des fünfjährigen Tampere-Programms wurde im Jahr 2004 dessen Folgeprogramm, das so genannte Haager Programm, beschlossen. Es bildet ebenso wie der Vorläufer ein mehrjähriges Programm (2005-2010) für den Bereich der Justiz- und Innenpolitik, in dem grundsätzliche Ziele der Politik der Europäischen Union gegenüber irregulärer Zuwanderung festgelegt sind. Die europäische Kommission legte im Juli 2006 eine Mitteilung über politische Prioritäten bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung von Drittstaatsangehörigen (KOM: "Migration und Entwicklung - konkrete Leitlinien" vor.

Europäische Politik gegen irreguläre Migration Das Haager Programm "Die Sicherheit der Europäischen Union und ihrer Mit-gliedsstaaten ist dringlicher denn je, insbesondere in An-betracht der Terroranschläge, die am 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten und am 11. März 2004 in Madrid verübt wurden. Die Bürger Europas erwarten zu Recht von der Europäischen Union, dass sie im Hinblick auf die grenzüberschreitenden Probleme wie irreguläre Einwanderung, Menschenhandel und -schmuggel, Terrorismus sowie organisierte Kriminalität und deren Verhütung gemeinsam und noch wirksamer vorgeht [...]".

Europäische Politik gegen irreguläre Migration Maßnahmen des Haager Programms 1. Grenzschutz, 2. Partnerschaft mit Drittländern, 3. Partnerschaft mit Herkunfts- und Transitländern, 4. Rückführungspolitik, 5. Beschäftigungspolitik, 6. Visapolitik, 7. Informationsaustausch, 8. Polizeiliche Zusammenarbeit, 9. Strafrecht, 10. Legalisierungsmöglichkeiten

Europäische Politik gegen irreguläre Migration EU Programm: “Solidarität und Handhabung von Migration” der Periode 2007 bis 2013. Der Etat beträgt 4 Milliarden Euro (Focus Migration): >>> Externer Grenz-Etat (1.820 Mio. Euro) >>> Europäischer Rückkehr-Etat (676 Mio. Euro) >>> Europäischer Flüchtlings-Etat (699 Mio. Euro) >>> Europäischer Integration-Etat (825 Mio. Euro)

Wege aus der Irregularität Legalisierungsprogramme (Regulierungsprogramme) Härtefallregelung Ehe, Mutterschaft oder Vaterschaft eines deutschen Kindes oder eines/r legal hier lebenden Migranten/in, humanitäre Gründe

Argumente für Legalisierungsprogramme Kein Mensch ist illegal, Menschenrechte und soziale Rechte sollten für alle Menschen gelten. Ein Leben ohne Menschenrechte ist nicht akzeptabel. Viele leben hier ihr Leben lang und sind integriert. Undokumentierte Migrante sind leicht auszubeuten und sie haben keinen Zugang zum Gesundheitssystem oder Schulen repressive Migrationspolitik wird krititisiert Finanzielle Aspekte: billigere und realistischere Lösung als die Abschiebung aller illegalen Migranten Liegt im nationalen Interesse: es würde Kriminalität senken, illegale Anstellungen beseitigen und Menschenschmuggel stoppen

Argumente für Legalisierungsprogramme Kontra Einige Wirtschaftssektoren hängen von der Arbeit illegaler Migranten ab Die Profite durch undokumentierte Arbeiter entsprechen denen von Arbeiten, die man in Billiglohnländer produzieren lässt Selbst-Interesse der Staaten: keine Nachteile wie bei den regulären Migranten (Familienzusammenführung, Aufnahme in das soziale System) Ist ein Instrument einer unzulänglichen Migrationspolitik Ist ein Instrument um eine überforderte Bürokratie auszugleichen Liegt im Eigeninteresse der Migranten, die sonst keine Arbeit finden Attraktiver Effekt auf künftige Migranten

Argumente für Legalisierungsprogramme Schwierigkeiten Die Daten, die ein undokumentierter Migrant gibt, können gegen ihn verwandt werden, wenn der Antrag scheitert. Die Kriterien für die Legalisierung beinhalten viele Personen von anfang an nicht. (Deadline, maintenance, living space) Keine fundamentale Lösung, sondern nur eine kurzfristige Lösung, die auch schwer zu erweitern ist

Irreguläre Migration in der Medien

Lebenssituationen der irregulären Migranten >>> Große Abhängigkeit von Kontakt- und Vermittlungs- personen aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse fehlendes Wissen über nationalen und lokalen Bedingungen Angst >>> Fehlende Ressourcen ( für eine Wohnung) >>> Keine geregelte Gesundheitsvorsorgung >>> Kein Rechtanspruch auf einem Kindergartenplatz, aber Kinder können die Schule besuchen >>> Kein Recht auf reguläre Arbeit

Schlussfolgerung Irreguläre Migranten unterscheiden sich kaum von Migranten anderer internationaler Wanderformen: Sie wollen genau so außerhalb des Heimatlands arbeiten, Ausbildungschancen bekommen, Gesundheitsversorgung haben, Sicherheit haben, Überleben, neue Zukunftsperspektiven bekommen.