Belarus als Wirtschaftsstandort: Aktuelle Entwicklungstendenzen

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 Präsentation transkript:

Belarus als Wirtschaftsstandort: Aktuelle Entwicklungstendenzen Schriftliche Präsentation des German Economic Team Belarus Robert Kirchner 5. Tag der Deutschen Wirtschaft in Belarus Minsk, 4. Oktober 2011

Makroökonomische Lage Investitionsstandort Schlussfolgerungen Anhang Inhaltsverzeichnis Makroökonomische Lage Investitionsstandort Schlussfolgerungen Anhang 2

1. Makroökonomische Lage 3

Basisindikatoren BIP (2010): 54,7 Mrd. USD Bevölkerung: 9,48 Mio. BIP/Kopf (2010): 5.771 USD Im Vergleich: Russland 10.437 USD; Ukraine 3.013 USD Anteil Industrie/BIP: 26,7%; Landwirtschaft/BIP: 7,4% Haupthandelspartner (Waren + Dienstleistungen): Exporte: EU 30%, Russische Föderation 39% Importe: EU 22%, Russische Föderation 52% Ratings: Moody‘s: B3/neg. (Ukraine: B2/stab.) Standard & Poor‘s: B-/neg. (Ukraine: B+/stab.)

Wirtschaftswachstum 2005-08: Hohes Wirtschaftswachstum, bedingt durch Gutes externes Umfeld Hohe Energiepreissubventionen seitens Russlands 2009: Relativ gute Reaktion auf globale Krise (u.a. IWF-Programm); dadurch kein drastischer BIP-Einbruch wie in der Region 2010: Sehr expansive Geld- und Fiskalpolitik im Wahljahr unterstützen Wachstum 2011: Währungskrise macht deutlichen Rückgang des Wachstums wahrscheinlich Bewertung: Historisch hohes Wachstum; deutlicher Abschwung in Zukunft aber unvermeidbar

Fiskalpolitik Auf den ersten Blick konservative Fiskalpolitik, d.h. geringe Defizite bzw. teilweise sogar Überschüsse Allerdings: Umfangreiche quasi-fiskalische Maßnahmen wie z.B. subventionierte Kredite an Staats-unternehmen Sehr intransparent Außerdem: Staatsverschuldung vorwiegend in USD, dadurch hohe Wechselkursrisiken Abwertung(en) in 2011 haben Schuldenstand dadurch deutlich erhöht Stabilisierung wichtige Herausforderung Bewertung: Gemischt, Risiken steigen

Inflation Bis 2010: Inflationsrate schwankte um die 10-Prozent Marke 2011: Währungskrise hat Abwertungs- und Inflationsspirale in Gang gesetzt Inflationsraten von über 60% sind weltweit ein Negativrekord Daher wichtig: Inflationsprozess muss schnell unter Kontrolle gebracht werden Straffung der Geldpolitik: Nationalbank hat die Zinsen auf 30% angehoben Straffung der Fiskal- und Einkommens-politik; Drosselung der Kreditvergabe Sonst: Gefahr einer weiteren makroökonomischen Destabilisierung Bewertung: Negativ, zentrale Herausforderung für Wirtschaftspolitik

Ausländische Direktinvestitionen (FDI) 2005/06: Belarus ein „Closed Shop“ 2007/2008: Anstieg; Hintergrund: „Öffnung“ des Landes für ausländische Investoren Danach allerdings wieder Rückgang während der globalen Finanzkrise 2011/12: Entwicklung sehr schwer zu prognostizieren Enger Zusammenhang mit selektiv durchgeführten Privatisierungen Gegenwärtig Verhandlungen z.B. über Beltransgaz (Gastransit) und Belaruskali (Düngemittelproduzent) Bewertung: Bisher Potential nicht ausgeschöpft

Offizieller Wechselkurs und Währungsreserven Traditionell Bindung an den US-Dollar Januar 2009: Abwertung in Folge der globalen Finanzkrise (IWF-Forderung) Ab Anfang 2011: Massive Währungskrise Abwertung um 36% im Mai löst das Problem nicht Administrative Beschränkungen führen zur Existenz eines Schwarzmarkts Seit Mitte September 2011: „Duales Wechselkurssystem“ Offizieller Wechselkurs (ca. 5580 USD/BYR) für bestimmte Geschäfte Freier Wechselkurs (ca. 7800 USD/BYR) Negativ: Geringer Reservebestand (4,5 Mrd. USD, ca. 6 Wochen Importdeckung) Bewertung: Zu früh, um ein Ende der Währungskrise zu konstatieren

Leistungsbilanz Bis 2010: Rapide Verschlechterung des Leistungsbilanzdefizits auf ein nicht nachhaltiges Niveau Diese Entwicklung, gepaart mit den Schwierigkeiten der Finanzierung (z.B. wenig FDI), wichtiger Grund für gegenwärtige Währungskrise Hoffnung: Vollzogene Abwertung und weitere Straffung der Geld- und Fiskalpolitik verbessern Defizit Allerdings Risiko, das die hohe Inflation die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit wieder „auffrisst“ Bewertung: Negativ, wobei die jüngste Abwertung positive Effekte haben dürfte

Externe Verschuldung Starker Anstieg der externen Verschuldung ist ein Spiegelbild hoher Leistungsbilanzdefizite Staatliche bzw. staatlich garantierte Verschuldung hier ein wesentlicher Treiber Abwertung hat Schuldenstand/BIP deutlich erhöht Negativ: Hoher Stand der kurzfristigen externen Verschuldung (über 30% vom BIP) Risikofaktor bei gegenwärtig sehr fragilen globalen Finanzmärkten Bewertung: Entwicklung negativ, Anstieg muss unter Kontrolle gebracht werden

Vergleich der Krisen 2009 und 2011 (I) Ursache: In der globalen Finanzkrise 2008/09 wurde Belarus vorwiegend durch externe Faktoren getroffen, insbesondere auf zwei Ebenen: Sinkende Exporterlöse (fallende Exportpreise sowie –mengen der Hautexportgüter) Plötzlicher Stopp der Kapitalzuflüsse Reaktion: Schnelle Reaktion der Entscheidungsträger für ein IWF-Anpassungsprogramm, relativ ungestörte Implementation bis zum Programmende in März 2010 Programmschwerpunkte: Straffung Fiskal- und Geldpolitik; Abwertung, Strukturreformen Resultat: Negative Auswirkungen auf Belarus weniger stark als in der Region Stagnation in Belarus im Vergleich zu hohen BIP-Verlusten in der Ukraine und auch in Russland Bewertung: Insgesamt gute Krisenreaktion; Involvierung des IWF half, die negativen Auswirkungen der globalen Finanzkrise zu begrenzen

Vergleich der Krisen 2009 und 2011 (II) Ursache: Im Unterschied zur Krise 2009 sind die Ursachen der gegenwärtigen Währungskrise intern begründet, insbesondere durch sehr expansive Geld- und Fiskalpolitik im Vorfeld der Wahlen 2010 Diese Politik hat existierende externe Ungleichgewichte (Leistungsbilanzdefizit) weiter verschärft Reaktion: Bisher noch kein kohärentes Anpassungsprogramm zur Krisenbewältigung; eher einzelne, teilw. auch widersprüchliche und stark administrative Maßnahmen Die Unterstützung durch externe Geber fällt geringer als erwartet aus; ein IWF-Programm ist gegenwärtig nicht in Sicht Resultat: Keine nachhaltige Stabilisierung in Sicht; geringe Glaubwürdigkeit der Wirtschaftspolitik Bewertung: Im Vergleich zur Krise 2009 bisher deutlich schlechteres Krisenmanagement

2. Investitionsstandort 14

Geschäfts- und Investitionsklima (I) Seit 2008: Maßnahmen zur Deregulierung der Wirtschaft, u.a.: Vereinfachungen bei Preisregulierung und Lizenzerteilung Reduktion der Anzahl der von Unternehmen zu zahlenden Steuern Erleichterung der Unternehmensregistrierung Doing-Business-Index (DBI) der Weltbank 2011: Platz 68 (Platz 115 in 2008) Positiv bewertete Indikatoren: Unternehmensgründung (Platz 6) Geschäftsregistrierungsverfahren (7) Vertragsdurchsetzung (12) Negativ bewertete Indikatoren Steuersystem (183, letzter Rang!) Grenzüberschreitender Handel (128) – vgl. Transitproblematik Investorenschutz (109)

Geschäfts- und Investitionsklima (II) Problematisch: Reformen sind bisher eher punktuell erfolgt Stark formale Orientierung an Kriterien des DBI („Ziel: Top 30“) Aber fundamentale Schwachpunkte unverändert Bisher enttäuschender FDI-Zustrom, d.h. Verbesserungen im Investitionsklima haben sich nicht in neuen Projekten ausl. Investoren niedergeschlagen „Direktive Nr. 4“ (Dezember 2010) Maßnahmenkatalog zu fortgesetzter Deregulierung Umsetzung allerdings durch Währungskrise gefährdet Unstete Ordnungspolitik verunsichert Investoren Bewertung: Sehr gemischt

Allgemeine Standortfaktoren Standortvorteile: Niedriges Lohnniveau bei hohem Ausbildungsstand Geographische Nähe zum EU-Binnenmarkt Guter Zugang zu russischem Markt (Zollunion) Transportinfrastruktur und industrielle Basis noch relativ gut erhalten Standortnachteile: Trotz angesprochener Verbesserung im Investitionsklima immer noch starke staatliche Eingriffe in den Wirtschaftsprozess: Zeitaufwändige und hohe Besteuerung sowie gravierende bürokratische Hindernisse Weitgehende wirtschaftliche (WTO) und politische Integrationsfortschritte (EU) nicht unmittelbar zu erwarten Risiken wegen starker Abhängigkeit von russischer Konjunktur Weiterhin unter dem Weltmarktpreis liegende Energieimportpreise implizieren zukünftige Kostenrisiken

3. Schlussfolgerungen 18

Schlussfolgerungen Makroökonomische Lage Nach guter Entwicklung 2005-2008 und einer vergleichsweise „milden“ Krise im globalen Krisenjahr 2009 wurden 2010 falsche Weichen in der Wirtschaftspolitik gestellt Folge: Massive Währungskrise 2011, die bisher nicht umfassend unter Kontrolle gebracht wurde Erwartung: Stabilisierung der Lage nur bei entschlossenem Eingreifen der Entscheidungsträger; Abschwung 2012 erscheint unvermeidlich Investitionsstandort Partielle Verbesserungen im Investitions- und Geschäftsklima sind erfolgt; allerdings weiterhin hoher Handlungsbedarf Grundsätzlich vorhandene Standortfaktoren machen Belarus zu einem potentiell interessanten Investitionsstandort; allerdings signifikante Risiken vorhanden, die man berücksichtigen muss

4. Anhang 20

Eckdaten German Economic Team Belarus Anfang Projekt: 2003 Finanzierung: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Rahmen des TRANSFORM-Programms (inklusive Nachfolgeprogramm) Durchführende Institution BE Berlin Economics GmbH

Kontakt Robert Kirchner kirchner@berlin-economics.com German Economic Team Belarus c/o BE Berlin Economics GmbH Schillerstr. 59, D-10627 Berlin Tel: +49 30 / 20 61 34 64 0 Fax: +49 30 / 20 61 34 64 9 E-mail: info@get-belarus.de