Kinderschutz macht Schule

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 Präsentation transkript:

Kinderschutz macht Schule Kindeswohlgefährdung in der Schule - Beurteilungskriterien und Handlungsoptionen -

Bedeutung von Indikatoren zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdung Ein Indikator (lat. indicare = anzeigen) ist ein Hilfsmittel, das die Verfolgung intransparenter Abläufe ermöglicht, indem es das Erreichen oder Verlassen bestimmter Zustände anzeigt. Indikatoren sind „Anzeiger“ für nicht direkt und unmittelbar beobachtbare Phänomene bzw. für innere oder latente Zustände. Indikatoren sollen objektiv feststellbare Sachverhalte sein, die sich eindeutig mit dem Phänomen, dass sie anzeigen sollen, in Beziehung setzen lassen (blaue Flecken  Schläge  Misshandlung  Kindeswohlgefährdung).

Ziele indikatorengestützter Instrumente zur Erfassung von Kindeswohlgefährdung Präzise Beschreibung relevanter Anhaltspunkte für eine potenzielle Kindeswohlgefährdung Gezielte Wahrnehmung ermöglichen und Genauigkeit von Beobachtungen schärfen Vermeidung blinder Flecken Transparenz durch kontinuierliche Dokumentation sichern Rationalität in der Argumentation gewinnen

! Wichtiger Hinweis ! Keine Zusammenstellung von Anhaltspunkten/Indikatoren kann abschließend alle Bereiche von Gefährdungslagen abdecken Indikatorengestützte Instrumente sind lediglich Hilfsmittel zur Strukturierung von Wahrnehmungs- und Bewertungsprozessen Es gilt: Möglichst beteiligungsorientierte Vorgehensweise – Problemkonstruktion gemeinsam mit den Eltern vornehmen

Beispielhafte Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung 1. Äußere Erscheinung des Kindes Massive oder wiederholte Zeichen von Verletzungen wie Blutergüsse, Striemen, Narben, Knochenbrüche, Verbrennungen etc. ohne erklärbare nachvollziehbare Ursache bzw. häufige Krankenhausaufenthalte aufgrund von angeblichen Unfällen Starke Unterernährung Retardierungen im kognitiven und motorischen Bereich ohne adäquate Förderung Desolate Körperhygiene (Schmutz- und Kotreste auf der Haut, unbehandelte entzündete Hautoberfläche, faulende Zähne, Ungezieferbefall) Mehrfach völlig witterungsunangemessene und völlig verschmutzte Kleidung

Beispielhafte Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung 2. Verhalten des Kindes Völlige Distanzlosigkeit und/ oder Aggressivität Selbst- und fremdgefährdendes Verhalten Apathisches oder stark verängstigtes Verhalten Äußerungen des Kindes die auf Misshandlungen, Missbrauch und Vernachlässigung hinweisen Kind/ Jugendlicher wirkt benommen/ berauscht unter Einfluss von Drogen, Alkohol oder Medikamenten

Beispielhafte Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung 2. Verhalten des Kindes Massive Sprachverzögerung ohne medizinische Begründung und ohne entsprechende Förderung Kind hält sich wiederholt zu altersunangemessenen Zeiten ohne Erziehungsperson in der Öffentlichkeit auf Kind/ Jugendlicher hält sich an jugendgefährdenden Orten auf Wiederholte oder schwere gewalttätige und/ oder sexuelle Übergriffe gegen andere Personen Kind begeht häufig Straftaten

Beispielhafte Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung 3. Verhalten des Kindes im schulischen Kontext Lernverhalten Arbeitsverhalten Sozialverhalten Sozialer Rückzug Selbstschädigendes Verhalten Emotionale Instabilität Massive Schulversäumnisse Hinweis: Hier geht es nicht um Schwankungen in der Tagesform, sondern um drastische, zeitlich anhaltende Veränderungen!

Beispielhafte Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung 4. Verhalten von Erziehungspersonen in der häuslichen Gemeinschaft Nicht ausreichende und völlig unzuverlässige Bereitstellung von Nahrung Wiederholte oder schwere Gewalt zwischen den Erziehungspersonen und/ oder gegenüber dem Kind Massives Beschimpfen, Ängstigen und Erniedrigen des Kindes Verweigerung der Krankheitsbehandlung Verweigerung der Förderung eines behinderten Kindes Kind wird häufig oder über einen langen Zeitraum unbeaufsichtigt oder in Obhut offenkundig ungeeigneter Personen gelassen/ auch ständig wechselnde Betreuungspersonen

Beispielhafte Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung 4. Verhalten von Erziehungspersonen in der häuslichen Gemeinschaft Verweigerung von Trost und Schutz und Körperkontakt Isolierung des Kindes (z.B. Kontaktverbot zu Gleichaltrigen) Gewährung des unbeschränkten Zugangs zu Gewalt verherrlichenden oder pornographischen Medien Häufig berauschte und/ oder benommen bzw. eingeschränkt steuerungsfähige Erscheinung der Eltern, die auf Drogen-, Alkohol bzw. Medikamentenmissbrauch hindeuten Hinweise auf nicht behandelte psychiatrische Erkrankung der Erziehungspersonen wie stark verwirrtes Erscheinungsbild/ Apathie/ Suizidalität Geistige oder schwere körperliche Behinderung der Erziehungsperson, die sie an der Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgabe hindert. Die Hilfe Dritter wird verweigert

Beispielhafte Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung 5. Wohnsituation der Familie Obdachlosigkeit Wohnung ist vermüllt, völlig verdreckt, verschimmelt oder weist Spuren von äußerer Gewalteinwirkung auf (z.B. stark beschädigte Türen) Nichtbeseitigen von erheblichen Gefahren im Haushalt wie defekte Stromkabel, offene Steckdosen, Herumliegen von Spritzbesteck Offensichtlich zu geringer Wohnraum (z.B. Einraumwohnung) / fehlen von eigenem Schlafplatz für das Kind Fehlende oder defekte Heizung, fehlender Strom, kein fließendes Wasser Nicht artgerechte und gesundheitsschädliche Tierhaltung Fehlen von jeglichem Spielmaterial

Beispielhafte Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung 6. Soziale Situation des Kindes Isolation der Familie im Wohnumfeld Desintegration in der eigenen Familie Keine Abgrenzung zu anderen Menschen/ „Dauerbelagerung“ von Besuchern Existentielle finanzielle Notlagen Verschuldung Fehlende Krankenversicherung Fehlende Tagesstruktur der Familie (insbes. Tag- Nachtrhythmus)

Kinderschutz durch Verfahrensabläufe sichern Informationen sammeln – Wahrnehmungen kontinuierlich dokumentieren Einschätzung zur Kindeswohlgefährdung gemeinsam vornehmen Rückendeckung durch Information der Vorgesetzten Beteiligung der Familie Hinwirken auf Inanspruchnahme von Hilfen Information an das Jugendamt

Umgang mit Kindeswohlgefährdung in der Schule - Prozessgestaltung Informationen sammeln Wahrnehmungen und Beobachtungen kontinuierlich dokumentieren Was ist wann, wie häufig, wo, in welchem Kontext wahrgenommen worden? Trennung von Information und Interpretation!

Umgang mit Kindeswohlgefährdung in der Schule - Prozessgestaltung 2. Einschätzung zur Kindeswohlgefährdung gemeinsam vornehmen Aktivierung des Kollegiums/Teams Inanspruchnahme von Fachberatung - auch anonym - (z.B. Beratungslehrer/innen, Schulpsycholog(inn)en, Schulsozialarbeiter/innen, spezialisierte Beratungsstellen) Leitung einbeziehen OGS: Kooperation von Lehr- und pädagogischen Fachkräften

Umgang mit Kindeswohlgefährdung in der Schule - Prozessgestaltung Beteiligung der Familie – Schwieriges wirksam zur Sprache bringen Möglichkeiten der Thematisierung überprüfen (Gespräch in der Schule / Hausbesuch / Anwesenheit Fachberatung) Information der Familie über Gefährdungseinschätzung: Benennen der wahrgenommenen gewichtigen Anhaltspunkte für eine KWG Klärung der Situation und gemeinsame Konstruktion von Problem und Lösung Falls eigene Fachlichkeit und Hilfekontext nicht ausreicht: Einbeziehen des Jugendamtes

Umgang mit Kindeswohlgefährdung in der Schule - Prozessgestaltung Hilfen anbieten/Hinwirken auf Inanspruchnahme von Hilfen Ggf. auf Angebote wie Schuldnerberatung, Kleiderkammer, Möbelbörse hinweisen Hilfen vom Jugendamt: Rechtsanspruch der Eltern auf Unterstützung hervorheben Ggf. Begleitung der Eltern zum Jugendamt/zum Gespräch Wiederholte Risikoeinschätzung mit Kollegium/Team/Fachberatung/Leitung zur Bewertung der Situation

Umgang mit Kindeswohlgefährdung in der Schule - Prozessgestaltung 6. Information an das Jugendamt Vorherige Information der Familie über Einschätzung einer Notwendigkeit, weitere Hilfen durch das JA zu aktivieren Ggf. standardisierte Formblätter zur Informationsübermittlung/Rückmeldung an Schule Name und Anschrift des Kindes / der Familie Welche Kindeswohlgefährdung liegt aus Ihrer Sicht vor? Wie stellt sich die Situation aus Ihrer Sicht dar? Was wurde von Ihnen bereits im Blick auf die Eltern veranlasst? Wie haben die Eltern auf die Gesprächsangebote/Hilfen reagiert? Wie hoch schätzen Sie das Gefährdungsrisiko ein?

! Vielen Dank !