Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

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 Präsentation transkript:

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Ethik = praktische Philosophie: die Beantwortung der Frage nach dem richtigen Handeln Ethik ist die Lehre von der Begründung normativer, d.h. handlungsleitender Aussagen. Ein System normativer Aussagen wird als Moral bezeichnet. Ethische Urteile beziehen sich also auf die Begründbarkeit von moralischen Handlungsanweisungen, die von Individuum zu Individuum und von Kultur zu Kultur variieren können. Umweltethik = Anwendung ethischer Prinzipien auf Fragen menschlichen Handelns in bezug auf die Geo- und Biosphäre Entnommen vom Wissenschaftlichen Beirat für Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung (WBGU (www.wbgu.de)), Sondergutachten 1999 Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik In der Ethik unterscheidet man deskriptive Ansätze (gelebte Sittlichkeit) präskriptive Ansätze (begründbare Prinzipien des individuellen und kollektiven Verhaltens) Weiter kann man unterscheiden in: Deontologischen Ansätzen: Prinzipien und Normen des Verhaltens, die sich auf der Basis eines externen Bewertungskriteriums für das Verhalten selbst oder die damit verbundene Gesinnung ableiten lassen (Schutz der Biosphäre = göttlicher Auftrag) Teleologische Ansätze: beziehen sich auf die Konsequenzen des Handelns. (zweckbezogen, vernunftbezogen (z.B. kategorischer Imperativ)) Konsensuale Ansätze: alle stimmen zu Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Zusammenfassung ethische Bewertungskonzepte: Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Kernfrage: Dürfen Menschen alles, was sie tun können? Antwort einfach: nein! aber: ist z.B. der Bruch eines Versprechens gerechtfertigt, wenn dadurch viele Menschenleben gerettet werden können? oder: ist Androhung von Folter gerechtfertigt, um möglicherweise ein Menschenleben zu retten? Konflikt: zwischen positiven und negativen Folgen Klaus Michael Meyer-Abich: „ ... Wir Menschen sind nicht dazu da, um die Welt wieder so zu verlassen, als wären wir gar nicht dagewesen. Wie für alle Lebewesen gehört es auch zu unserer Natur und zu unserem Leben, Veränderungen in die Welt zu bringen. Dies legitimiert natürlich nicht die zerstörerischen Lebensformen, auf die wir uns eingelassen haben. Aber erst dann, wenn wir die menschliche Weltveränderung grundsätzlich bejahen, können wir uns der entscheidenden Frage zuwenden, welche Veränderungen dem menschlichen Dasein angemessen sind und welche nicht“ (Meyer-Abich, 1997). Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Ethische Bewertung geschieht auf der Grundlage von Verhältnis zwischen: Dem Angebot an Produkten und Dienstleistungen, die unter Hinnahme von Naturverbrauch erzeugt werden Verluste, die in Natur und Umwelt dadurch entstehen Zu unterscheiden ist bei der Bewertung zwischen: Kategorischen Prinzipien – die unter keinen Umständen überschritten oder verletzt werden dürfen Kompensatorischen Prinzipien, bei denen ein Ausgleich mit anderen konkurrierenden Prinzipien zugelassen ist Konsens über wenige kategorische Prinzipien recht einfach möglich, z.B.: jedes menschliche Individuum hat ein Recht auf Leben, menschliche Freiheit wird als ein hohes Gut eingestuft soziale Gerechtigkeit ist anzustreben. Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Im Rahmen der Umweltethik werden meist drei Felder behandelt: – Umweltschutz, d.h. die Vermeidung oder Linderung direkter oder indirekter, gegenwärtiger oder zukünftiger Schädigungen und Belästigungen durch anthropogene Emissionen, Abfälle oder Landschaftsveränderungen, einschließlich Flächennutzung, sowie die langfristige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen für Menschen und andere Lebewesen – Tierschutz, d.h. die Suche nach vertretbaren und umsetzungsfähigen Normen zur Vermeidung oder Verminderung von Schmerzen und Leiden empfindungsfähiger Lebewesen – Naturschutz, d.h. der Schutz der Natur vor dem transformierenden Zugriff menschlicher Nutzung, im besonderen die Gesamtheit der Maßnahmen zum Erhalt, zur Pflege, zur Förderung und zur Wiederherstellung als wertvoll geltender Naturbestandteile, einschließlich Tier- und Pflanzenarten, Lebensgemeinschaften, Landschaften und der dazu notwendigen natürlichen Lebensgrundlagen Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Die Sicht des Menschen auf die Natur 1a. Anthropozentrische Perspektiven utilitaristischer Prägung – Natur als ”Füllhorn” für die Ressourcennutzung: In diesem Verständnis bietet die Natur die Ressourcengrundlage für die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse. – Natur als Modelliermasse oder Ausgangspunkt für die Schaffung von Kulturland (Garten, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Stoffkreisläufe): In diesem Verständnis heißt Umweltgestaltung, die Möglichkeiten des Menschen, Naturland in das für ihn fruchtbringende Kulturland umzuwandeln, es wirtschaftlich zu nutzen und auf Dauer zu erhalten. Natur ist nicht unmittelbar nutzbringend für den Menschen, sondern nur in ihrer Umformung als Kulturland. Diese Umformung ist aber von natürlich gegebenen Bedingungen abhängig und durch die Leistungsfähigkeit der naturgegebenen Stoffkreisläufe begrenzt. Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Die Sicht des Menschen auf die Natur 1b. Anthropozentrische Perspektiven mit protektionistischer Prägung – Natur als erhaltenswerte Wildnis: In diesem Verständnis von Natur ist die Erhaltung von unberührten Naturflächen ein für die Menschen unmittelbar gegebenes Bedürfnis unabhängig von der möglichen Nutzung der dort enthaltenen Ressourcen. Umweltnutzung bedeutet deshalb nicht nur den Erhalt der Ressourcenbasis, sondern darüber hinaus die Anerkennung eines von Menschen geschützten Existenzwerts der Natur, wie sie sich ohne menschliche Eingriffe darstellt. – Natur als Schutzobjekt vor menschlichen Eingriffen: Nach diesem Verständnis geht es bei der Umweltgestaltung weniger um den Erhalt der Lebensgrundlagen des Menschen als um den Erhalt der Natur (oder der heute vorhandenen Umwelt) vor dem Eingriff des Menschen. Jede weitere Expansion menschlicher Eingriffe in die Umwelt und jede intensive Nutzung der Umwelt ist nach diesem Naturkonzept zu vermeiden. Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Die Sicht des Menschen auf die Natur 2. Biozentrische Perspektiven – Natur als Einheit der Schöpfung: In diesem Verständnis haben alle Lebewesen eine prinzipielle Berechtigung, ihren Platz in der Natur einzunehmen. Durch die Möglichkeiten der Menschen, den ihnen naturgemäß zustehenden Platz weiter auszudehnen, als es diesem Verständnis der natürlichen Ordnung entsprechen würde, obliegt ihnen die besondere Verantwortung, das Lebens- und Ressourcennutzungsrecht der Mitgeschöpfe nicht über Gebühr zu beeinträchtigen und sich selbst in den eigenen Ansprüchen so weit zu bescheiden, daß eine naturnahe Koexistenz zwischen Menschen, Tieren und Pflanzen zustandekommt. Dabei wird aber die Priorität menschlicher Interessen im Zielkonflikt zwischen den Ressourcennutzungskonkurrenten nicht in Frage gestellt. Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Perspektiven der Natur aus Sicht des Menschen – Natur als Hort von gleichberechtigten Mitgeschöpfen: In diesem Verständnis haben alle Lebewesen nicht nur eine Berechtigung auf adäquaten Lebensraum; sie haben auch die gleichen Rechte auf Lebensentfaltung im Rahmen der natürlichen Ordnung wie die Menschen. Im Zielkonflikt um die Ressourcennutzung sollen alle Lebewesen prinzipiell gleiche Chancen erhalten. Nur im Fall einer existentiellen Bedrohung des eigenen Lebens hat der Mensch Vorrang vor den immanenten Ansprüchen seiner belebten Umwelt. Daraus folgt: Der Mensch ist also moralisch dazu angehalten, gegenüber der belebten Natur eine Art Vormundschaft auszuüben, weil die Natur aus sich heraus keine eigenen Rechte beanspruchen kann, dennoch aber eine für den Menschen wichtige und über den wirtschaftlichen Nutzwert hinausgehende Wertigkeit besitzt Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Spezielle Prinzipien und Normen zur Nutzung der Biosphäre Einziges kategorisches Prinzip: Erhaltung der systemaren Funktionen der Biosphäre: alle Eingriffe des Menschen, bei denen die Existenzfähigkeit der menschlichen Gattung insgesamt oder eines nennenswerten Teils der heute oder künftig lebenden Individuen gefährdet ist (abgeleitet aus dem Grundprinzip des Erhalts menschlichen Lebens ) Kompensatorische Prinzipien: abgestuft definiert nach „safe minimum standards“ die globalen biogeochemischen Kreisläufe, bei denen die Biosphäre als Mitverursacher, Modulator oder auch „Nutznießer“ beteiligt ist (kategorisch), die Diversität von Ökosystemen und Landschaften, die als Träger der Vielfalt in der Biosphäre tragende Funktion haben (sinnvoll, kompensationsfähig), die genetische Vielfalt und die Artenvielfalt, die sowohl „Modelliermasse der Evolution“ als auch Grundelemente ökosystemarer Funktion und Dynamik darstellen (sinnvoll, kompensationsfähig). Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Bei kompensatorischen Prinzipien ist eine Abwägung notwendig: positive Seite der Abwägung: die durch Nutzung geschaffenen wirtschaftlichen und kulturellen Werte, etwa in Form von Einkommen, Subsistenz (Selbstversorgung) oder einem ästhetisch ansprechenden Landschaftsbild (Parks, Ziergärten usw.) negativen Seite der Abwägung: Zerstörung gegenwärtiger oder künftiger Nutzungspotentiale, der Verlust von unbekannten, aber in Zukunft möglicherweise benötigten Naturressourcen und die Verletzung ästhetischer, kultureller oder religiöser Attribute, die mit Umwelt und Natur verbunden werden. Das hat schon viel von der Nachhaltigkeitsdiskussion vom Beginn der Vorlesung Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Umweltethik Wie wägt man ab? Abwägung von zwei Voraussetzungen abhängig: bestmögliches Folgewissen (Was geschieht, wenn ich Option A anstelle von B wähle) ein nachvollziehbarer, konsistenter Abwägungsprozeß (Sind die erwartbaren Folgen von A wünschenswerter oder erträglicher als die Folgen von Option B?) notwendig, den Abwägungsprozeß zwischen den verschiedenen Handlungsoptionen nach rationalen Kriterien zu gestalten. Dimensionen identifizieren, die für eine Bewertung herangezogen werden sollen Oft verwendet: die ökonomische Bewertung biosphärischer Leistungen Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Kooperation Konfliktlösung ist Grundbestandteil von Abwägungen Kooperation ist Grundbestandteil von Konfliktlösungen Normale Annahme: einer gewinnt, einer verliert Frage: gibt es Situationen oder Verhaltensweisen, bei dem beide gewinnen Diese Situationen nennt man win-win Situationen Klassisches Betätigungsfeld der Spieltheorie: Spieltheorie untersucht das Wesen der Kooperation sowie Ihre Nutzung. Sie versucht zu zeigen, dass unter Nutzung von kooperativem Verhalten sowohl der Nutzen für jedes einzelne Individuum als auch für die Gemeinschaft gesteigert werden kann. Wichtige Kriterien für Kooperation sind Transparenz und Vertrauen. Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Kooperation Prisoner‘s Dilemma: Ist ein klassisches Spiel um Kooperation. Man unterscheidet zwei Arten von Spielen: Nullsummenspiele: was der eine gewinnt verliert der andere (z.B. Poker) Nicht-Nullsummenspiele: es gibt Züge, von denen beide Spieler profitieren, wenn sie kooperieren Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Kooperation Ausgangssituation: Zwei Verdächtige, sie und Ihr Komplize, werden von der Polizei aufgegriffen. Die Polizei hat nur unzureichende Beweise für eine Anklage auf ein Kardinalverbrechen, kann Kleinigkeiten Beweisen und bringt Sie beide zur weiteren Beweissicherung in unterschiedlichen Zellen unter. Die Polizei verhört Sie daraufhin beide und bietet Ihnen beiden denselben Deal an: Wenn Sie die gemeinsame Tat zugeben (und dabei Ihrem Komplizen die Hauptschuld zuschieben) und Ihr Komplize schweigt, dann werden Sie freigelassen (wegen der Hilfe für die Polizei) und Ihr Komplize bekommt 10 Jahre. Wenn er die gemeinsame Tat zugibt und Sie schweigen, dann geht er frei aus und Sie bekommen die 10 Jahre Wenn Sie beide nichts sagen, kann die Polizei Ihnen nur kleinere Sachen nachweisen und Sie beide bekommen je 6 Monate Wenn Sie beide die Tat zugeben bekommt jeder von Ihnen 6 Jahre. Was tun? Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Kooperation So ist die Situation: Sie leugnen gestehen Er/Sie leugnet Beide 6 Monate Er/Sie bekommt 10 Jahre, Sie sind frei gesteht Sie bekommen 10 Jahre, er/sie ist frei Beide bekommen 6 Jahre Welche Optionen gibt es: Annahme: Sie beide sind totale Egoisten, einziges Ziel: so wenig Strafe wie möglich zwei Optionen: entweder kooperieren und nichts sagen oder Ihren Komplizen betrügen indem Sie gestehen Resultat Ihrer Optionen hängen von der Entscheidung Ihres Komplizen ab!!!! Können Sie ihm/ihr vertrauen? Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Kooperation Und nun wird gespielt: Sie erwarten, dass Ihr Komplize stumm bleibt. Ihre optimale Wahl wäre zu gestehen => Sie sind frei und er/sie bekommt 10 Jahre Sie erwarten, Ihr Komplize gesteht, dann ist Ihre beste Wahl auch zu gestehen, dann sitzen Sie nämlich nur 6 und nicht 10 Jahre (Ihr Komplize auch) Wenn Sie beide kooperieren und stumm bleiben bekommen Sie nur beide 6 Monate. Resultat: Geständnis ist offensichtlich die dominante Strategie für beide Spieler. Egal, was der andere tut, Sie können Ihre Strafe durch Gestehen immer reduzieren. Blöderweise führt das aber zu einem schlechten Resultat, wenn beide so denken, dann bekommen sie beide 6 Jahre. Das ist der Kern des Dilemmas. Aus Sicht der Gruppe (der beiden Verdächtigen) wäre die optimale Handlungsweise, dass beide miteinander kooperieren und sich verlässlich daran halten, zu schweigen. Dann bekommen beiden nur 6 Monate. Jede andere Entscheidung wäre schlechter. Aber: wenn jeder egoistisch handelt sitzen beide für 6 Jahre. Klassisches win-win Dilemma Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Kooperation Weiter: Was wäre, wenn der Spieler, der gesteht, nicht freikommt, sondern ebenfalls eine Strafe bekommt und nach 3 Monaten das gleiche Verhör wieder stattfindet? Wenn heute mein Komplize betrügt (und gesteht) dann kann ich ihn beim nächsten Mal (nach 3 Monaten) dafür bestrafen, indem ich selbst betrüge. Wie sieht rationale Kooperation in einem solchen Fall aus........... Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Tragedy of the Commons Die Tragödie des Gemeingüter (The Tragedy of the Commons): Die Metapher geht so: das Almend ist ein von allen Viehbauern eines Dorfes genutztes Stück Weideland (oder Wald). Jeder Farmer hat die Tendenz, mehr Vieh anzuschaffen, um es auf dem Allmend weiden zu lassen. Grund: aus seinem Handeln entstehen ihm keine direkten Kosten aber ein direkter Nutzen. Nach einigen Jahren degradiert der Boden durch Übernutzung, das Almend wird unbrauchbar und das Dorf verschwindet. Und so sieht das dann aus: Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Tragedy of the Commons Die Ursache für die „Tragödie der Gemeingüter“ ist darin zu suchen, dass wenn Individuen öffentliche Güter nutzen, sie nicht die gesamten Kosten ihrer Aktivitäten berücksichtigen. Wenn sie ihren individuellen Gewinn maximieren ignorieren sie die Kosten, die sie an anderer Stelle verursachen. Dies bezeichnet man als Externalität. Naturressourcen sind damit aus der Sicht des handelnden Individuums Externalitäten. Sie haben keinen Eigentümer, sie kosten nichts und alle brauchen sie. Die beste nicht-kooperative Kurzzeitstrategie für ein Individuum in einer Almendsituation ist nämlich, mehr als den jeweiligen Anteil an dem betrachteten Gemeingut (hier Naturressourcen) zu nutzen. Bei begrenzten Naturressource bzw. bei begrenzter Regenerationsfähigkeit der Naturressource führt diese nicht-kooperative Strategie der Individuen unweigerlich zur Übernutzung und damit zum Verlust der Nachhaltigkeit. Zu lösen ist das durch Kooperation. Die „tragedy of the commons“ wird seit 20 Jahren intensiv diskutiert, da noch immer nicht klar ist, wie Menschen (oder Lebewesen) sich in verschiedenen Situationen optimal verhalten. Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Tragedy of the Commons Die „tragedy of the commons“ kann als kollektives Prisoner‘s dilemma angesehen werden. Die Individuen der Gruppe haben zwei Optionen: Kooperation innerhalb der Gruppe. Kooperation findet dann statt, wenn die Beteiligten überein kommen, eine Naturressource zu schützen und Regeln für ihre Nutzung einzuführen und damit Übernutzung verhindern. Individuelle Nutzungsoptimierung: Entscheidung dafür, mehr zu nutzen „als dem Individuum zusteht“. Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement

Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement Tragedy of the Commons Wie sehen Lösungen aus? Oft wird eine übergeordnete Macht gefordert, die Maßnahmen zum Schutz der Naturressource fordert und erzwingt (der „weise Diktator“,siehe Zimbabwe heute) Maßnahmen können auch von den Ressourcennutzern gemeinschaftlich ausgewählt werden Privatisierung bei gleichzeitigen Anreizen, mit der Ressource so umzugehen, dass Nachhaltigkeit entsteht Der erste Vorschlag ist weltfremd, alle weiteren Vorschläge setzen voraus, dass man den langfristigen Wert der nachhaltigen Nutzung der Naturressource und die damit verbundene win-win Situation objektiv und für alle Beteiligten transparent darstellen kann. Wie geht so etwas? Dabei kann die Umweltökonomie helfen! Prof. W. Mauser: Vorlesung: Integratives Umweltmanagement