Vorlesung XII Occupational Health Psychology Prof. Dr. Jürgen Hoyer Dresden, 09. Juli 2015.

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Vorlesung XII Occupational Health Psychology Prof. Dr. Jürgen Hoyer Dresden, 09. Juli 2015

Gliederung 1.Was ist OHP? 2.Arbeit und Gesundheit: Modelle & Studien 3.Praxisbeispiele betrieblicher Gesundheitsförderung 4.AktivA – Gesundheitsförderung unter Arbeitslosen GesundheitspsychologieFolie 2

Occupational Health Psychology “The application of psychology to improving the quality of work life and to protecting and promoting the safety, health and well- being of workers.” (Sauter, Hurrell, Fox, Tetrick, & Barling, 1999) GesundheitspsychologieFolie 3

Handlungsfelder Arbeitssicherheit Steigende Anforderungen am Arbeitsplatz (Informationstechnologie, mobile Arbeit) Vereinbarkeit von Arbeit, Familie & Gemeinschaft  Work-Life-Balance Neue Beschäftigungsverhältnisse, Flexibilisierung Mobbing & Gewalt am Arbeitsplatz Interventionen: Trainings, Arbeits- und Organisationsgestaltung GesundheitspsychologieFolie 4

Ziele Verringerung der Ausfallzeiten, weniger Fluktuation Erhöhung der Produktivität, der Loyalität, des Einsatzes Verbesserung des Arbeitsklimas (Freundlichkeit, Respekt, Stimmung, u.a. zwischen Arbeitern/Angestellten und Management) Verbesserung des Arbeitslebens (höhere Sicherheit, weniger Unfälle und Krankheit; Arbeits- und Lebenszufriedenheit, Gesundheit) GesundheitspsychologieFolie 5

Stress = Arbeitsbedingungen UND ihre individuelle Bewältigung GesundheitspsychologieFolie 6

Erwerbsformen in Deutschland (Dietz & Walwei, 2006) GesundheitspsychologieFolie 7

GesundheitspsychologieFolie 8

Gliederung 1.Was ist OHP? 2.Arbeit und Gesundheit 1.Einführung 2.Modelle & Studien 3.Praxisbeispiele betrieblicher Gesundheitsförderung 4.AktivA – Gesundheitsförderung unter Arbeitslosen GesundheitspsychologieFolie 9

NIOSH (National Institute of Occupational Safety & Health) Folie Gesundheitspsychologie

Weitere Zahlen Psychische Störungen (bis 2020) die zweithäufigste Ursache für Arbeitsausfälle und verminderte Arbeitsfähigkeit Zunahmen der Krankschreibung wegen psychischer Störungen bei 70-80% seit den 90er Jahren (AOK, DAK). Überproportional stark bei Arbeitslosen Häufigster Grund für Frühverrentung Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA): Hauptgründe sind zunehmende berufliche Belastungen, permanenter Zeitdruck, schlechteres Betriebsklima und Unsicherheit über die berufliche Zukunft GesundheitspsychologieFolie 11

GesundheitspsychologieFolie 12

GesundheitspsychologieFolie 13

GesundheitspsychologieFolie 14

Arbeitsplatz und psychische Störungen Naheliegend: Zusammenhang zw. psychosozialen Arbeits- merkmalen und psychischer Gesundheit? Aber auch: Zusammenhang zw. Tätigkeit per se und psychischer Gesundheit? Stansfeld et al, 2009 n = 5.497, Jahre, UK % Prävalenz psych. Störungen „letzte Woche“ GesundheitspsychologieFolie 15

Exkurs: „Burnout“ – ein entbehrliches Konzept? GesundheitspsychologieFolie 16

Literatur Richter,P. (2006). Occupational Health Psychology. In H.-U. Wittchen & J. Hoyer (Hrsg.), Klinische Psychologie und Psychotherapie. Heidelberg: Springer. Leidig, S., Limbacher, K. & Zielke, M. (Hrsg.) (2006). Stress im Erwerbsleben: Perspektiven eines integrativen Gesundheitsmanagements. Lengerich: Pabst Science Publishers GesundheitspsychologieFolie 17

Gliederung 1.Was ist OHP? 2.Arbeit und Gesundheit 1.Einführung 2.Modelle & Studien 3.Praxisbeispiele betrieblicher Gesundheitsförderung 4.AktivA – Gesundheitsförderung unter Arbeitslosen GesundheitspsychologieFolie 18

Job demands–control model (Karasek, 1979; Arbeitsintensität(-anforderungen) und Tätigkeitsspielraum) Welche Teiltätigkeiten in welcher Abfolge? vorgegebener Takt? Abstraktere Definition: Mitbestimmung und Partizipation Gesundheitspsychologie Schwierigkeit der Aufgaben (qualitativ) Zeitdruck (quantitativ) Konstrukte nicht ganz unabhängig Gesundheitsrisiko (anerkannt für KHK bei gegebener Vulnerabilität) gesundheits-/lern-/ persönlichkeits- förderlich Folie 19

Job demands–control(-support) model (Johnson & Hall, 1988, Arbeitsintensität, Tätigkeitsspielraum & soz. Unterstützung) zusätzliche Dimension: soziale Unterstützung als pot. Schutzfaktor/Ressource oder besonders hohes Gesundheitsrisiko: hohe Arbeitsintensität, niedriger Tätigkeitsspielraum, soziale Isolation am Arbeitsplatz (iso-strain) GesundheitspsychologieFolie 20

Effort-reward imbalance (Siegrist, 1996; Gratifikationskrisen) Grundprinzip: Anforderungen und Belohnungen müssen im Gleichgewicht sein: Ungleichgewicht kann aufrechterhalten werden: (1) keine Arbeitsplatzalternativen (2) strategische Überlegungen (3) personeneigene Präferenzen: overcommitment (vgl. Typ-A) Gesundheitspsychologie Effort: erbrachte Leistung, definiert durch Anforderungen und Verpflichtungen Reward: Belohnung Lohn, Gehalt Wertschätzung Aufstiegmöglichkeiten.. Folie 21

JDC & ERI integriert: Prädiktion mentaler Belastung über ½ Jahr (GHQ-12; Rydstedt, Devereux & Sverke, 2007) Gesundheitspsychologie DCS und ERI kombiniert Vorhersagewert bescheiden Folie 22

Welche Vorhersagekraft haben diese Modelle? Welche Aussagekraft haben diese arbeitspsychologischen Modelle hinsichtlich der Determinanten von Gesundheit? relativ geringe Varianzaufklärung meist Fragebogen = Selbstauskunft, selten objektive Maße (Diagnosen, physiologische Maße)  durchschlagende Persönlichkeitsfaktoren (Neurotizismus o.ä.)? Dennoch relativ weit verbreitete und anerkannte Modelle (akademisch), die allerdings auf einem hohen Abstraktionsniveau liegen und wenig konkrete Vorschläge für die praktische Umsetzung implizieren GesundheitspsychologieFolie 23

Vorsicht bei der Interpretation bivariater Analysen Hemmingsson & Lundberg (2006): Männer geboren zwischen 1949 und 1951 Daten aus Kindesalter (9-11), Armeezeit (18-20), Tätigkeitsspielraum 1990 je nach Beruf (39-41) und Krankenhaus- und Sterbedaten hinsichtlich KHK Ergebnis: 1.Erhöhtes Risiko für KHK findet sich bei Arbeitern mit geringem Tätigkeitsspielraum (ungefähr 1,5-faches Risiko) 2.Korrigiert man jedoch für Risikofaktoren in Kindheit (9-11) und Lebensstil im Alter von 18 bis 20 Jahren, geht das relative Risiko um 85% zurück. 3.Korrigiert man zusätzlich für das Einkommen (soziale Schicht), ist das relative Risiko überhaupt nicht mehr erhöht GesundheitspsychologieFolie 24

Vitaminmodell: Es kommt auf die Dosis an (Warr, 1987)  vgl. Risiko-/Schutzfaktoren-Konzept! Gesundheitspsychologie Allgemeines Modell, gilt für alle Merkmale der Arbeit: Tätigkeits- spielraum, Intensität,.., auch soziale Unterstützung! Folie 25

GesundheitspsychologieFolie 26

Work-Life-Balance GesundheitspsychologieFolie 27

Arbeitsbedingungen und Gesundheitsverhalten Je geringer die Arbeitszeit, um so eher wird das Rauchen aufgegeben (Eriksen, 2005) Effort-Reward-Imbalance hängt (positiv) mit dem Couchpotato- Lebensstil zusammen (schwach, aber kontrolliert für Alter, Partner, Beruf, Beschäftigungsverhältnis, Rauchen und Alkohol; Kouvonen et al., 2006 ) Bei Männern differenzierte Effekte zwischen high strain jobs (JDC) und Gewicht: die Gruppe mit niedrigem BMI verliert weiter Gewicht, während übergewichtige Männer weiter zunehmen; gilt nicht für Frauen (Kivimäki et al., 2006) GesundheitspsychologieFolie 28

Gliederung 1.Was ist OHP? 2.Arbeit und Gesundheit: Modelle & Studien 3.Praxisbeispiele betrieblicher Gesundheitsförderung 4.AktivA – Gesundheitsförderung unter Arbeitslosen GesundheitspsychologieFolie 29

Praxisbeispiele Von 30 DAX-Unternehmen: Erlauben über der Hälfte ihren Mitarbeitern die Nutzung der Gesundheitsprogramme innerhalb der Arbeitszeit Haben 18 eigene Fitnessstudios Bietet knapp die Hälfte ihren Mitarbeitern regelmäßig Gesundheits- Checks an (Financial Times Deutschland, ) GesundheitspsychologieFolie 30

Prämissen Maßgeblicher Faktor für Unternehmen ist der finanzielle Nutzen, d.h. Kosten < Nutzen (Wieviele € bringt jeder investierte €, ROI) Kosten, u.a.: Gesundheitsprogramme extern oder eigene Einrichtungen, entfallene Arbeitszeit (größter Faktor!) Nutzen, u.a.: weniger AU-Tage, mehr Engagement der Mitarbeiter Ansatzpunkte sind Gesundheitsförderung (überall anwendbar) und primäre Prävention (meist abhängig von Art des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze) die gesamte Belegschaft oder bestimmte Zielgruppen (Krebsvorsorgeaktionen bei Älteren) Verhältnis (Arbeitsumfeld/-platz) und Verhalten (des Mitarbeiters) auch außerhalb des Unternehmens GesundheitspsychologieFolie 31

Potentieller Schaden für Unternehmen (I) GesundheitspsychologieFolie 32

Potentieller Schaden für Unternehmen (II) Krankenstand noch nie so gering wie heute reichlich 3% Viel größerer Faktor: „Präsentismus“ krank & anwesend  Produktivität sinkt und das langfristig Gesundheitspsychologie

Praxisbeispiel (I) – BMW „Nur wenn wir als Unternehmen das Thema ernst nehmen und sich jeder einzelne Mitarbeiter gleichzeitig seiner persönlichen Verantwortung für den Erhalt seiner Gesundheit und seiner Leistungskraft bewusst ist, werden wir auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein" (Ernst Baumann, Mitglied des Vorstands der BMW AG) Eigene Krankenkasse BKK BMW  enge Verzahnung Krankenkasse – Arbeitgeber GesundheitspsychologieFolie 34

BMW – Angebote für die Belegschaft Kostenloser medizinischer Risikocheck inkl. Beratung (Schwerpunkt KHK; bei Rauchern Lungenfunktionsdiagnostik) Datenschutz und Schweigepflicht gewahrt ärztlichen Empfehlungen/ Hinweise auf interne Angebote Backup-Center (firmeneigenes Gesundheits- und Trainingscenter) MoveUp-Programm (Mischung aus gesundheitsorientiertem Training, Behandlung von akuten Beschwerden und Rehabilitationsmaßnahmen (vgl. Arten der Prävention), z.B. Muskelaufbautraining Gesundheitspsychologie

BMW: Arbeitsplatzgestaltung Büroarbeitsplatz: Ergonomie (Monitore, Tastatur, Luftfeuchte durch Grünpflanzen) Gesundheitspsychologie Montagearbeitsplatz: Sprossenwand für Ausgleichsbewegungen Schwenkmontage ermöglicht ergonomisches Arbeiten

Praxisbeispiel (II) – Mittelständiger Chemiebetrieb (I) (Fritz, Reddehase & Schubert, 2007) Hintergrund: 20 Mitarbeiter, starke psychische Belastung (durch Gewerbeaufsichtsamt [GAA] beobachtet) nach 2 schweren Unfällen „aufgrund menschlichen Fehlverhaltens“ Maßnahmen: Umsetzung der Vorschläge des GAA (Arbeitsbedingungen) Vertrauen der Mitarbeiter in Führung stärken, stärkere Beteiligung und eigenverantwortliches Handeln  3 halbtägige Trainings für die Führungsmannschaft (4 Teamleiter, 5 Stellvertreter) + Kurz-Coaching für jeden Teamleiter (2-4h) + ein Workshop für alle MA  Inhalte: Führung, Teamentwicklung, Kommunikation GesundheitspsychologieFolie 37

Praxisbeispiel II – mittelständiger Chemiebetrieb (II) (Fritz, Reddehase & Schubert, 2007) Erfolgsmessung nach 6 Monaten: In Geld messbare, harte Kennzahlen: Unfälle, Lieferpünktlichkeit, Reklamationen, Produktion Weiche Kennzahlen: Fragebögen, Betriebsbegehung (GAA), qualitative Interviews Ergebnis: Harte Kennzahlen: Unfälle von 13 auf 0, Lieferpünktlichkeit von 94% auf 100%, Reklamationen von 15 auf 0, Produktion +20% Weiche Kennzahlen: v.a. Teamorganisation verbessert (Einbindung der Mitarbeiter bei Veränderungen, klare Aufgabenstrukturen); in Interviews bestätigt ROI (return on investment) 1:1, GesundheitspsychologieFolie 38

Gliederung 1.Was ist OHP? 2.Arbeit und Gesundheit: Modelle & Studien 3.Praxisbeispiele betrieblicher Gesundheitsförderung 4.AktivA – Gesundheitsförderung unter Arbeitslosen GesundheitspsychologieFolie 39

GesundheitspsychologieFolie 40

Im Vergleich mit Erwerbstätigen zeigen Erwerbslose… (Grobe & Schwarz, RKI, 2003) … eine schlechtere psychische wie physische Gesundheit … eine höhere Inanspruchnahme gesundheitlicher Leistungen … ein ungünstigeres Gesundheitsverhalten … eine geringere Inanspruchnahme präventiver Leistungen und Vorsorgeuntersuchungen Aktuelle Forschungshypothesen: Verursachungs- bzw. Selektionshypothese: Erwerbslosigkeit macht krank bzw. Krankheit macht erwerbslos Kompensations- bzw. Nachhaltigkeitshypothese : Die Rückkehr in den Arbeitsmarkt kompensiert bzw. kompensiert nicht Beeinträchtigungen  Ziel: Gesundheitszustand bessern und (so auch) Wiedereinstiegs- chancen in den Arbeitsmarkt erhöhen GesundheitspsychologieFolie 41 AktivA

AktivA – Trainer- und Multiplikatorenschulung Schulung von Multiplikatoren an gemeinnützigen Einrichtungen und bei Bildungs- und Beschäftigungsträgern  sind schon Ansprechpartner für Erwerbslose  erhöhen Reichweite des Programms  Supervision durch erfahrene AktivA-Trainerin Ausbildung von studentischen Trainern zu personeller Unterstützung und Evaluation Psychologische Trainingsbausteine aus bewährten Programmen zur Gesundheitsförderung oder Prävention übernommen, u.a.:  Zeitmanagement  Kognitive Umstrukturierung (Staveman, 2003), z.B. ABC-Modell nach Ellis  Training sozialer Kompetenzen (Hinsch & Pfingsten, 2002)  Problemlösetechniken (D’zurilla & Nezu (2007)  Stressbewältigungstraining (Kaluza, 2002) Neu bei AktivA: Verknüpfung mit Anwendungsbeispielen aus dem Bereich der Erwerbslosigkeit GesundheitspsychologieFolie 42

Modul 1: Aktivitätenplanung Ziel: Gestaltung von frei verfügbarer Zeit in der Erwerbslosigkeit, unter Berücksichtigung bestehender Verpflichtungen Umsetzung: Wochenplan zur Dokumentation von Aktivitäten Analyse der Balance zwischen  notwendigen und angenehmen Aktivitäten  körperlichen und geistigen Aktivitäten  individuellen und gemeinsamen Aktivitäten sowie Ableitung von Optimierungsmöglichkeiten Weiterer Schwerpunkt: soziale Integration der Teilnehmer über gesellschaftlich nützliche Aktivitäten GesundheitspsychologieFolie 43

Modul 2: Konstruktives Denken Ziel: Gedanken als Einflussgröße auf Gefühle, körperliche Reaktionen und Verhalten nutzen Umsetzung: Denkweisen werden kritisch hinterfragt, auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Nützlichkeit hin überprüft und entsprechend verändert Nützlichkeit wird daran gemessen, ob das Denken bei der Verwirklichung von Zielen und Wünschen behilflich ist Voraussetzung: Erkennen eigener Bedürfnisse GesundheitspsychologieFolie 44

Modul 3: Soziale Kompetenz und Unterstützung Ziel: Soziale Kompetenz nutzen, um Ziele gegenüber anderen durchzusetzen oder auch gemeinsam mit anderen Menschen zu verwirklichen Umsetzung: Durchsetzen von Recht einüben Herstellen neuer Kontakte, die mit der Lebensphase der Erwerbslosigkeit kompatibel sind Erhalt und Verbesserung bestehender Beziehungen, indem ein kontinuierlicher Prozess der Verständigung über die jeweiligen Ansprüche und Gefühle der Interaktionspartner angeregt wird Wahrnehmen, Annehmen und Geben von sozialer Unterstützung GesundheitspsychologieFolie 45

Modul 4: Systematisches Problemlösen Ziel: Alltagsprobleme systematisch bearbeiten Umsetzung: Initiieren von Zielfindungsprozessen, Ausräumen möglicher Zielkonflikte Entspannungstechniken zur Steigerung von Konzentration und Kreativität Brainstorming zu Lösungsansätzen Ordnung der Ansätze nach Zielerreichungsgrad und Umsetzbarkeit, Festlegen von Verantwortlichkeiten, Suche nach Unterstützern Überwinden von Hindernissen, Umgang mit Misserfolgen GesundheitspsychologieFolie 46

Mühlpfordt & Rothländer (2008) Prä-Post-Kontrollgruppen-Design: AktivA (n = 98), KG (n = 101) Keine Prä-Unterschiede zwischen den Gruppen bezüglich Durchschnittsalter, Geschlechterverteilung, Qualifikationsniveau, Dauer der Erwerbslosigkeit Ergebnisse: Vergleichbare Effekte bezüglich Selbstwirksamkeitserwartung, wahrgenommene soziale Unterstützung, soziale Beschwerden Unterschiede bezüglich psychischer und physischer Gesundheit GesundheitspsychologieFolie 47 von XYZ

GesundheitspsychologieFolie 48 von XYZ

Gesundheitspsychologie Psychische Störungen werden deutlicher wahrgenommen Folie 49

Fazit: Sechs stressrelevante Dimensionen der Erwerbsarbeit (Leidig, 2006) 1.Einfluss (Kontrolle, Tätigkeits-, Handlungsspielraum) 2.Bedeutung (Verbundenheit mit gesamtem Produktionsprozess, Ganzheitlichkeit) 3.Berechenbarkeit (transparente Informationspolitik in Bezug auf Veränderungen und Ereignisse) 4.Soziale Unterstützung (von Kollegen und Führungskräften) 5.Belohnung (monetär und affektiv, Aufstiegchancen) 6.Anforderungen (quantitativ & qualitativ, weder unter-,noch überfordernd)  vgl. Job demands-control-support model, Kohärenzgefühl GesundheitspsychologieFolie 50

Acht Gebote des Genießens 1.Gönne dir Genuss. 2.Nimm dir Zeit zum Genießen. 3.Genieße bewusst. 4.Schule deine Sinne für Genuss. 5.Genieße auf deine eigene Art. 6.Genieße lieber wenig, aber richtig. 7.Überlasse deinen Genuss nicht dem Zufall. 8.Genieße die kleinen Dinge des Alltags GesundheitspsychologieFolie 51

Fragen Warum können nach Karaseks job demands-control model hohe Arbeitsanforderung sowohl als Risiko-, als auch als Schutzfaktor für die Gesundheit wirken (u.a. berücksichtigen: Resilienz)? Was ist eine Gratifikationskrise? Beschreiben Sie ein Beispiel aus Ihrem eigenen Erleben! Überlegen Sie, weshalb auch hohe Belohnung (reward) bei geringem Arbeitseinsatz (effort) auf lange Sicht belastend ist! Was meint der Begriff Work-Life-Balance? Welches sind die 6 stressrelevanten Dimensionen nach Leidig? Nennen Sie jeweils ein Modell oder ein Konzept aus der Gesundheitspsychologie in dem sich diese wiederfinden und überlegen Sie für jede Dimension wie Gesundheit beeinflusst wird! Überlegen Sie sich Beispiele für die betriebliche Gesundheitsfürsorge und die drei verschiedenen Präventionsarten! Was sind jeweils Verhältnis- und Verhaltensinterventionen, die am Arbeitsplatz umsetzbar wären? GesundheitspsychologieFolie 52