Der Prolog im Himmel Julius-Maximilians-Universität Würzburg

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 Präsentation transkript:

Der Prolog im Himmel Julius-Maximilians-Universität Würzburg Proseminar: J. W. Goethe - Faust I und II im Fokus von Literatur und Naturwissenschaft Leitung: Dr. Thomas Richter Referent: Christopher Söllner WS 2007/08 Der Prolog im Himmel

Aufbau des Vortrags: Entstehung, Inhalt und Einordnung der Szene in den Gesamtzusammenhang Engeltraditionen Die Sphärenharmonie der drei Erzengel Mephistopheles – Der gefallene Engel Die Polarität im Himmel Bedeutung des Prologs im Himmel

I. Entstehung, Inhalt und Einordnung des Prologs Entstanden zwischen 1797 und 1798 Neben Zueignung und dem Vorspiel auf dem Theater eines der drei Präludien (Vorspiele) Zweck eines Prologs ist die Erweckung von Aufmerksamkeit sowie Kommentierung und Rechtfertigung des Stoffs und seiner Behandlung durch den Dichter Folgt der „Theatrum mundi“ – Tradition = Vorstellung, die Welt sei ein Theater auf dem die Menschen (z.B. vor Gott) ihre Rollen spielen

Vergleich: Calderóns Welttheater – Goethes Faust Durchgehend theozentrisch geprägt, ohne eigenes Binnengeschehen Gott als „Spielleiter“, der am Ende richtet Das Sein Gottes steht über allem Scheinhaftem (z.B. über dem Mensch als Schauspieler) Rahmen: Säkularisierung von einer religiös-christlichen Daseinsordnung zu einer kosmologisch-naturhaften Binnengeschehen: Modern autonomer Mensch Durch Vorspiel auf dem Theater: Herr und Teufel Spielfiguren des Dichters Illusionsraum des Dramas

Altes Testament: Buch Hiob I, 6 – 12: „Es begab sich aber auf einen Tag, da die Engel Gottes kamen und vor den Herrn traten, kam der Satan auch unter ihnen. Der Herr sprach zu dem Satan: Wo kommst du her? Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Ich habe das Land umher durchzogen. Der Herr sprach zum Satan: Hast du nicht Acht gehabt auf meinen Knecht Hiob? Denn es ist seinesgleichen nicht im Lande. Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: [...] recke deine Hand aus und taste an alles, was er hat: Was gilt‘s, er wird dir in‘s Angesicht abschwören? Der Herr sprach zum Satan: Siehe, alles was er hat, sei in deiner Hand [...].“

II. Engeltraditionen: Ursprünge bereits in Mesopotamien Hoffnung auf Fortdauer des Lebens im Jenseits mit Nachrichten von dort. Beeinflussung v.a. der jüdischen, christlichen und islamischen Religion. Deus absconditus bedarf der Boten Bildhaft: Mächtig, geistesgewaltig, unnahbar; später hinzu: Flügel und Nimbus

II. Engeltraditionen: Bibel als Heimat der Engel Zwischen sieben und acht Hauptengel; später: Konzentration auf drei – spiegelbildlich zur Trinität Islam: Gabriel verkündet Mohammed die 114 Suren des Koran Engelvorstellungen zeigen also die Nähe der Religionen zueinander Goethe Zeit: Starke biblische Prägung der Gesellschaft

Die drei Erzengel: Michael Raphael Gabriel

III. Die Sphärenharmonie der drei Erzengel: Raphael („Gott ist das Heil“) , Gabriel („Stärke Gottes“), Michael („Wer ist wie Gott?“) Lobpreisung Gottes in jeweils acht Strophen mit jambischen Vierhebern – Vorbild: Dt. Psalmenlieder des 17. u. 18. Jahrhunderts Lobpreis des Kosmos, d.h. der prästabilierten Harmonie einer geordneten Welt: Gestirne, Schöpfung und zerstörerische Ereignisse von Anfang an im Kosmos eingebunden

III. Die Sphärenharmonie als Leitvorstellung: Ausgangsbasis: Weltbild nach Pythagoras (570 - 497 v. Chr.) Durch Kepler (1571 – 1630) widerlegt Dichterisch-metaphorisch von Goethe gemeint Dichter beansprucht eine Ausnahmestellung Historische Begründung der Idee Goethes einer Sphärenharmonie bei der Franz. Revolution V. 345 – 349: Hervorhebung der umfassenden Harmonie der Welt durch den Herrn.

IV. Mephistopheles – Der gefallene Engel Mephistos Reden steht im starken Kontrast zur hohen Bildersprache der Engel Das Böse besitzt keine eigene moralische Qualität Es besitzt keine Eigenexistenz – Das Böse ist bedingt durch das Gute Nur wer strebt wird erlöst: Daher Mephistos Versuche Fausts ständiges Streben zur Ruhe zu bringen Orientierung Goethes an Georg v. Wellings: „Opus mago-cabbalisticum et theosophicum“

Georg v. Welling: „Opus mago-cabbalisticum et theosophicum“

V. Die Polarität im Himmel: Der Herr Mephisto Ethisch: Gutes, Liebe, Tugend Böses, Sünde Philosophisch: Bejahung Verneinung Ontologisch: Ordnung, Schöpfung, Werden Chaos, Nichts, Zerstörung Anthropologisch: Seele, Geist Körper, Materie Symbolisch: Licht Finsternis

Goethes Skizze zu einem Bühnenbild (um 1797)

VI. Bedeutung des Prologs im Himmel: Der Herr, Mephisto und die Erzengel sind bloße Bühnenfiguren im Spiel um den Menschen zwischen Himmel und Hölle Der Himmel ist Ursprung und Ziel zugleich Gott weiß bereits, dass Mephisto nicht gewinnen wird -> Vorherbestimmtheit der Handlung Der Teufel ist wie im Buch Hiob am Ende der Verlierer

Verwendete Sekundärliteratur: Schmidt, Jochen: Goethes Faust, Erster und Zweiter Teil: Grundlagen – Werk – Wirkung. München 22001, S.56 – 68. Schöne, Albrecht (Hg.): Johann Wolfgang Goethe, Faust. Texte und Kommentare. Frankfurt a. Main / Leipzig 52003, S. 162 – 178. Trunz, Erich (Hg.): Goethe, Faust. Der Tragödie erster und zweiter Teil, Urfaust. München 141989, S. 507 – 511. Weber, Albrecht: Goethes ,Faust’ – Noch und wieder?: Phänomene – Probleme – Perspektiven. Würzburg 2005, S. 9 – 20 u. S. 38 – 42.