Theater als Paradigma für das Wissen bei Cicero

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Personal – Folie1 PERSONAL
 Präsentation transkript:

Theater als Paradigma für das Wissen bei Cicero Isabella Tardin Cardoso IEL – Unicamp Seminar für Klassische Philologie Universität Heidelberg)

Geschichte des Topos   1- De alto virtutum culmine theatrum mundi despiciunt (Johanes von Salisbury, Policraticus 3, 9 - Im Jahr 1159 „Leben als Theaterspiel“: als Idee seit Plato (Gesetze 817B-D; Philebo 50B und Apologie 35B) belegt.

Das Theatrum mundi der Philologie 2- „Tecknik und Szenerie des ciceronischen Dialogs“ (E. Becker, 1938) „Die Dramatische Kunst in den Philosophischen Dialogen Ciceros“ (Süss, 1952)

3- Theatrum mundi bei Marcus Tullius Cicero (1. v. Chr.), z. B.: A qua non ueri simile est, cum ceterae partes aetatis bene descriptae sint, extremum actum, tamquam ab inerti poeta esse negletum (Cicero, Cato Maior 5)   Ist es nicht naheliegend, dass sie, die so gut die anderen Phasen/Rollen des Lebens (partes aetatis) geschaffen hat, den Schlussakt nicht hätte vernachlässigen können, wie ein schlampiger Dichter es täte.

Wer logenplätze hat, hat freilich von turpio ambivius einen grösseren genuß, aber auch in den hintersten reihe kann man sich über ihn freuen; Ebenso ist es auch mit unserem leben: die jugend erlebt vielleicht mehr freude, weil sie die gennanten genüsse aus nächster nähe kennenlernt, aber auch die alten, die sich aus größerer entfernung betrachten, haben noch in hinreichendem maß ihre freude daran. (Cicero, cato maior 48)

Quodsi istis ipsis uoluptatibus bona aetas fruitur libentius, primum paruulis fruitur rebus ut diximus, deinde eis quibus senectus etiamsi non abunde potitur, non omino caret: ut Turpione Ambiuio magis delectatur qui in cauea spectat, delectatur tamen etiam qui in ultima, sic adulescentia uoluptates propter intuens magis fortasse laetatur, sed delectatur etiam senectus procul eas spectans tantum quantum sat est. (Cicero, Cato Maior 48)

Die philosophische Diskussionen werden vorgestellt werden   „als ob sie inzeniert, nicht erzählt, werden würden“ “quasi agatur res, non quasi narretur” (Cicero, Tusculanae 1, 8)

5- H. Gotoff, "Oratory: the Art of Illusion," HSCP 95 (1993): 289-313

6 – Illusion „Die imaginative (...) Vorstellung, in den vom Artefakt bestimmten Raum bzw. in seine Welt einzutreten in ihr ‚rezentriert’ zu sein (…) und diese wie eine Wirklichkeit (mit)zuerleben” (Wolf, W. Aesthetische Illusion. In: A. Nünning (ed.) Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Stuttgart/ Weimar: 2001).

Du Unglücksmensch, du Tolpatsch! Diese Väter sind von Eisen (...)“ „Jetzt bist du an der Reihe, Caelius, und will hierbei die Rolle einer Respektsperson, eines strengen Vaters, übernehmen. Doch halt: welcher Vaterfigur soll ich den Vorzug geben – einer grimmingen und unerbittlichen des Caecilius? Jetzt bin ich erst voll in Fahrt, jetzt wallt mein Zorn ersnt richtig auf! Oder der: Du Unglücksmensch, du Tolpatsch! Diese Väter sind von Eisen (...)“

(Manfred Fuhrmanns Übersetzung, in Cicero, Pro Caelio, Meisterreden, Artemis Verlag, Zürich/Stuttgart, 1983, 285)

Redeo nunc ad te, Caeli, uicissim ac mihi auctoritatem patriam seueritatemque suspicio. Sed dubito quem patrem potissimum sumam, Caecilianumne aliquem uehementem atque durum: Nunc enim demum mi animus ardet, nunc meum cor cumulatur ira Aut illum: O infelix, o sceleste! Ferrei sunt isti patres (Pro caelio, 26)

8 – Cicero, Über den Redner: “Auf diese Dinge gehe ich deshalb ausführlicher ein, weil die Redner, die für die Wahrheit selbst eintreten, dieses ganze Feld geräumt, dagegen die Schauspieler, die die Wirklichkeit doch nur nachahmen, es in Besitz genommen haben.“ (H. Merklins Übersetzung, in M. T. Cicero, De oratore – Über den Redner, Reclam, Stuttgart, 1976, 583). 

Haec ego dico pluribus, quod genus hoc totum oratores, qui sunt ueritatis ipsius actores, reliquerunt; imitatores autem ueritatis, histriones, occupauerunt (De Or. 3, 214)

Theatrum mundi und Skeptizismus „Skeptisch an den Theorien, die die Metapher des Theatrum mundi verwenden, ist der Gedanke der Isosthenie verschiedener, konkurrierender Vorstellungen: Charakteristisch für diese Grundhaltung sind Reflexionen über das Problem, wie man Traum und Wirklichkeit, Wachzustand und Schlaf auseinanderhalten können soll, wenn es doch in beiden Zuständen ebenso klare und deutliche Vorstellungen von den Dingen, über die man nachdenkt und die man zu erkennen meint, gibt“. (Radke, 2003, S. 331)

10 - Aulus Gellius: Quin Plauti foret, neque alius quisquam non infrequens Plauti lector dubitauerit, si uel hos solos uersus cognouerit, qui quoniam sunt, ut de illius Plauti more dicam, Plautinissimi [...] (Aulus Gellius, Noctes Atticae, 3, 3, 4). 11 – E. Fraenkel, Plautinisches im Plautus (Berlin 1922); Elementi plautini in Plauto, (Firenze 1960).

Wissenschaftlicher Publikationen des 16. und 17. Jahrhunderts: - Theatrum orbis terrarum (Abraham Ortelius, 1570), - Vniversae naturae theatrum (Jean Bodin, 1596) - Theatrum historicum et chronologicum (Christopher Helvicus, 1609) - Physica seu naturae theatrum (Philander Colutius, 1611)

Und auch...: Theatrum florae (Daniel Rabel, 1622) Gynaeceum siue theatrum mulierum (Jost Amman, 1586) Theatre of politicall Flying Insects (Samuel Purchas, 1657) Vgl. A. Blair (The Theater of Nature. Jean Bodin and Renaissance Science, Princeton, N.J. 1997)

14 - Theatrum bei Shakespeare: etwas „zu sehen Wurdiges“ (P. Rusterholz, Theatrum Vitae Humanae: Funktion und Bedeutungswandel eines poetischen Bildes (Diss. Zürich), Berlin 1970, S. 15; vgl. Z. B. J. M. González García, R. Konersmann, Theatrum mundi, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 10, 1998, Sp. 1051-1054)

Wiederlegbarkeit 15 - Popper Wie K. Popper, Logik der Forschung. Erkenntnistheorie der modernen Naturwissenschaft, Wien 1934; 13; vgl. Granger, 1993.

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