Vorlesungen SS 2006 Energiewirtschaft

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Vorlesungen SS 2006 Energiewirtschaft Energiewirtschaft und Strom- und Emissionshandel Energie und Stadtentwicklung FH-Düsseldorf Prof. Dr. D. Oesterwind

Eine kurze Einführung in das Energie-problem und in die Energiewirtschaft Energie ist eine fundamentale Lebensgrundlage. Menschen, Tiere und Pflanzen nutzen diese Ressource: Zur Nahrung und Arbeitsverrichtung, im Winter zur Erwärmung der Wohnung, im Sommer zur Kühlung der Eismaschine und vieles mehr. Der Mensch, egal ob als Einsiedler oder in modernen Volkswirtschaften mit komplexen Produktionsprozessen und Dienstleistungen lebend, benötigt ständig Energie. Gleichzeitig lehrt uns aber die Erfahrung, dass Energie nicht verloren geht oder nicht aus dem Nichts entsteht. Prima! Wenn also keine Energie verloren geht, gibt es auch keinen Energieverbrauch. Ein einmal von außen angestoßener Motor lässt das Auto für immer fahren, ohne dass weitere Energie zugeführt werden muss. Diese Schlussfolgerung ist leider falsch! Warum? Weil das Auto in der Praxis nicht in einem reibungsfreien geschlossenen System fährt, sondern in einem offenen System, auf einer Straße, von der irdischen Atmosphäre umgeben. Irgendwann, so lehrt uns der Alltag, müssen wir an die Tankstelle. Oder wir hätten das Perpetuum mobile erfunden. Eine weitere Überlegung: Spielen wir Fußball, so setzen wir unsere Muskelkraft in Bewegungsenergie um. Die Bewegungsenergie führt zur Reibung mit der Umgebungsluft und damit zu einer Erhöhung der Umgebungstemperatur. In einer gut wärmeisolierten Sporthalle, die als ein geschlossenes System verstanden werden kann, findet eine Energieumwandlung, aber kein Energieverbrauch innerhalb dieses Systems statt. Anders, wenn auf einem Fußballplatz gespielt wird (praktisch offenes System). Hier findet sowohl eine Energieumwandlung, als auch eine Energieabgabe (Wärmeabgabe) an die irdische Atmosphäre statt.

Jetzt können wir ein weiteres Gedankenexperiment machen: Da sich auf der Erde jede Energieumwandlung letztlich in Wärme auflöst, sammeln wir diese am Rande der Erd-atmosphäre wieder ein. Diese mühevolle Arbeit (z. B. durch eine künstliche Hülle) wird aber unser Energieproblem (-verbrauch) nicht lösen! Warum? Die Erfahrung lehrt uns, dass natürliche Prozesse unumkehrbar sind. Bisher konnte beispielsweise noch nicht beobachtet werden, dass Wärme von einem Körper niedriger Temperaturen auf einen Körper mit höheren Temperaturen überging. Dies hat zur Konsequenz, dass in Energieprozessen (z. B. Kraftwerke) immer höherwertigere Energie in „niederwertigere Energie“ umgewandelt und verbraucht wird. Da nichts aus dem Nichts entsteht, werden seit der Industrialisierung verstärkt fossile Energien zur Strom- und Wärmeerzeugung verbraucht. Bei dieser Verbrennung entsteht Kohlendioxid (CO2). Erkenntnisse der Klimaforschung haben enthüllt, dass eine Anreicherung von CO2 in der Erdatmosphäre zu einer negativen Veränderung des Weltklimas führt. Lehrt uns nun die Thermodynamik, dass bei allem was wir tun in einem offenen System Energie verbraucht wird und hierbei gleichzeitig negative Folgen für die Erdatmosphäre entstehen, so haben wir ein ökonomisches Problem: Wie kann eine begrenzte Ressource „Energie und Umwelt“ so effizient von den Menschen genutzt werden, dass sowohl die heutige Generation als auch die zukünftigen Generationen ihren Bedarf decken können? Diese Frage verschärft sich vor dem Hintergrund, dass die Weltbevölkerung, die Weltwirtschaft und der weltweite Energiebedarf ständig wachsen.

Die Lehre von der Energiewirtschaft versucht diese Frage zu beantworten. Energiewirtschaftslehre ist die Wissenschaft von der effizienten Bewirtschaftung der knappen Ressourcen „Energie und Umwelt“. Hierzu gehört einerseits die Analyse der marktspezifischen Strukturen auf der Angebots- und Nachfragenseite, andererseits auch die Analyse und Kritik von Fehlallokationen und energiepolitischen Interventionen. Das Erkenntnisobjekt der Energiewirtschaftslehre ist die Energiewirtschaft: Die Energiewirtschaft ist der Teil einer Volkswirtschaft, der sich der Energieversorgung, also dem Einsatz der technischen, wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Mitteln zur Deckung des auf den verbindlichen Teilmärkten auftretendem Energiebedarf, widmet. Die Hauptaufgaben der Energiewirtschaft sind Gewinnung, Außenhandel, Umwandlung und Verteilung einschl. Speicherung und Transport von Energieträgern. Einen Überblick zeigt die folgende Abbildung:

Energiewirtschaft - Überblick

Der Überblick zeigt, dass die Energiewirtschaft ein komplexes Gebilde ist. Noch schwieriger wird es, wenn der Energiewirtschaftler den Entscheidungsträgern in Energieunternehmen und Politik Handlungsempfehlungen unter Unsicherheit für zukünftige Energieversorgungssysteme geben will. Bei soviel „Komplexität“ kann man schnell vor vielen Bäumen den Wald übersehen. Keine Angst! Der Studierende der Vorlesung Energiewirtschaft hat das Lernziel voll erreicht, wenn er die grundlegenden Zusammenhänge der Energiewirtschaft verstanden hat. Zwei Ergänzungen: In den letzten Jahren haben sich auf dem Energiemarkt zwei große ordnungspolitische Veränderungen vollzogen: Mit der Liberalisierung der Energiemärkte für Strom und Gas wurde der Energie- und Börsenhandel etabliert. Des weiteren wurde als Instrument des Klimaschutzes ein Zertifikate-Handel eingeführt. In der Vorlesung „Energiewirtschaft und Strom- und Emissionshandel“ wird hierzu ein Schwerpunkt gesetzt. Dezentrale Energiesysteme werden verstärkt in Städten und Gemeinden eingesetzt. Solche „Nahwärmeversorgungskonzepte“ – teilweise auf der Basis regenerativer Energien - haben Einfluss auf die Stadtentwicklung und auf die bestehenden zentralen Energie-systeme. Aus diesem Grund wird in der Vorlesung: „Energie und Stadtentwicklung“ besonders darauf eingegangen.

Inhaltsübersicht Teil I: Grundlagen – Von Ursachen zum Verständnis 1. Die Hauptsätze der Energielehre 2. Natürlicher und anthropogener Energieumsatz 3. Die Triebkräfte der Weltenergieverbrauchsentwicklung 4. Die Restriktionen der Weltenergieverbrauchsentwicklung: Ressourcen und Emissionsentwicklung 5. Die Energiebilanz: Aufbau, Energieflussbild, Definitionen Teil II: Ressourcenökonomie 1. Reserven, Ressourcen, Reichweite 2. Intertemporale Allokation, Hotelling-Modell Teil III: Umweltrestriktionen und Klimaschutz 1. Treibhauseffekt 2. Klimaschutzabkommen Teil IV: Energiemärkte (Angebot) 1. Es werden folgende Energieträger behandelt: - Stein- und Braunkohle - Erdöl - Erdgas - Uran - Erneuerbare Energien - Elektrizität 2. Reserven, Förderung, Verbrauch

Inhaltsübersicht Teil V: Energienachfrage 1. Endenergie, Nutzenergie, Energiedienstleistungen, Jahres- und Tageszeitliche Schwankungen 2. Industrie, Gewerbe, Haushalt Teil VI: Ergänzung: Strom- und Emissionshandel Vertiefung für die Vorlesung „Energiewirtschaft und Strom- und Emissionshandel“ 1. Börsenhandel als Marktkonzept 2. Definitionen, Aufbau und Funktionsweise 3. Bisherige Erfahrungen 4. Emissionszertifikatehandel Teil VII: Ergänzung: Stadtentwicklung Vertiefung für die Vorlesung „Energie und Stadtentwicklung“ 1. Einführung 2. Energiesparendes Bauen (Grundlagen) 3. Nahwärmeversorgung für Neubaugebiete (Solar-City)

Literatur Allgemein Bundesanstalt für Geowissenschaften: Reserven, Ressourcen; Hannover 2003 IEA: International Energy Outlook, Washington 2005 Hahne: Technische Thermodynamik, Oldenburg 2004 Hensing, Pfaffenberger, Ströbele: Energiewirtschaft; Oldenburg, 1998 Heinloth: Die Energiefrage; Braunschweig 1997 Schiffer: Energiemarkt Deutschland, Köln 2002 EWI/Prognos: Energiereport IV; München 2005 VDEW: Begriffe der Versorgungswirtschaft; Teil D Energie; Heft 1; Frankfurt 1997 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit: Energiedaten, aktuell unter www.bmwi.de IPCC: Climate Change 2001. University Presse, Cambridge

Literatur Stromhandel C. Bergschneider et al.: Risikomanagement im Energie-handel, Schäffer Poeschel, Stuttgart 1999 K.-M. Burger: Risk Management in der Energie-wirtschaft, Gahlo-Verlag, Wiesbaden 1998 W. Gerke et al.: Der Stromhandel, FAZ-Institut, Frankfurt 2000 Zander et al.: Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, Deutscher Wirtschaftsdienst, Köln 2000 Zenke/Schäfer: Energiehandel in Europa, München 2005 Hartmann (Hrsg): Energiehandel, Düsseldorf 2005

Literatur Stadtentwicklung M. Adam: Vorlesungsskript, FH-Düsseldorf A.L. d‘Epinay et al.: Solarstrom aus Fassaden, Frankfurt 2002 N. Fisch et al.: Solarstadt, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2001 HEA: Handbuch Niedrigenergiehaus, Frankfurt a. M., 2003 J. Karl: Dezentrale Energiesysteme, Oldenburg-Verlag, München 2004 W. Kaufmann: Planung öffentlicher Elektrizitätsverteilungssysteme, VWEW-Verlag, Frankfurt 2004 H. Ladener et al.: Solaranlagen, Ökobuch, Freiburg 1999 R. Maratzky et al.: Energie aus Holz und andere Biomasse, DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 2002 V. Quaschning: Regenerative Energiesystemen, Hanser, München 2003 RWE: Bau-Handbuch, 13. Ausgabe, VWEW-Verlag, Frankfurt a. M. 2004 E. Theiß: Aktelle HKLS-Vorschriften, Weka-Verlag, Kissingen 2004