Seminar: Verschollene Botschaften. Alteuropa in der Moderne 22.10.2005 Studienzentrum Krefeld Seminarleitung: Ulrich Schödlbauer Ulrich Schödlbauer Alteuropa.

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 Präsentation transkript:

Seminar: Verschollene Botschaften. Alteuropa in der Moderne Studienzentrum Krefeld Seminarleitung: Ulrich Schödlbauer Ulrich Schödlbauer Alteuropa in der Literatur

Die literarische Kultur Alteuropas ➔ Höfische Kultur ➔ Gelehrtenkultur ➔ Religiöse Kultur

Höfische Kultur ➔ Alteuropäische Epik ➔ Was heißt Lyrik? ➔ Die Entdeckung der Prosa im Humanismus ➔ Das Leitbild des ›modernen‹ Künstlers

Alteuropäische Epik ➔ Stoffe ➔ Formen ➔ Motive

Stoffe: Beispiel (1) Tristan – Gottfried von Straßburg: Tristan – Richard Wagner: Tristan – Raoul Schrott: Tristan da Cunha

Formen: Beispiel (2) Roman der Suche ➔ Quester Legend ➔ M. Cervantes: Don Quijote ➔ Thomas Mann: Der Zauberberg ➔ Marcel Proust: A la recherche du temps perdu

Motive: Beispiel (3) Inzest (Geschwisterliebe) ➔ Hartmann von Aue: Gregorovius ➔ Richard Wagner: Siegfried ➔ Thomas Mann: Wälsungenblut Der Erwählte

Lyrik 1: Das klassische Repertoire Die kleinen Gattungen ➔ Ode ➔ Elegie ➔ Satire

Lyrik 2: Dichtung im Volgare (Volkssprache) Höfische Spiele ➔ Provençalische Dichtung ➔ Dolce Stil Novo ➔ Petrarkismus

Die Entdeckung der Prosa im Humanismus Der Humanismus und das Neue ➔ Die Entdeckung des Brief-Ichs ➔ Novellistik und Essayistik ➔ Satirische Prosa

Das Leitbild des ›modernen‹ Künstlers (1) Matthäus Gundelach ( ) Merkur entdeckt Herse (?) [Jupiter und Kallisto]

Das Leitbild des ›modernen‹ Künstlers (2) Paul Klee: Angelus Novus Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen, und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradies her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, dass der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm. Walter Benjamin: Über den Begriff der Geschichte, These IX

Gelehrtenkultur ➔ Der Aufstieg der Artistenfakultät ➔ Das System der schönen Künste ➔ Querelle des Anciens et des Modernes

Der Aufstieg der Artistenfakultät ➔ Septem Artes Liberales Trivium ➔ Grammatik ➔ Rhetorik ➔ Logik/Dialektik Quadrivium ➔ Arithmetik ➔ Musik ➔ Geometrie ➔ Astronomie

Das System der schönen Künste ➔ Bildende Kunst ➔ Schöne Literatur ➔ Musik ➔ Mode/Kunsthandwerk ➔ Baukunst ➔ Gartenkunst ➔ Feuerwerk ➔ Tanzkunst ➔ nach: IdRZ 18 ("Systematischer Index zu deutschsprachigen Rezensionszeitschriften des 18. Jahrhunderts")

Querelle des Anciens et des Modernes ➔ Nicolas Boileau ( ) Réflexions sur Longin (1694 und 1710) ➔ Charles Perrault ( ) Parallèles des Anciens et des Modernes, ➔ Jonathan Swift ( )

Religiöse Kultur ➔ Das Konzept »Buch« ➔ ›Seele‹ und ›Gemüt‹ ➔ Das bekennende Ich

Das Konzept »Buch« (1) Aber die weil ich gewüst, und noch vor augen sihe, das yhr keiner recht weiß, wie man dolmetschen, odder teutsch reden sol, hab ich sie und mich solcher mühe uberhaben, Das merckt man aber wol, das sie aus meinem dolmetschen und teutsch, lernen teutsch reden und schreiben, und stelen mir also meine sprache, davon sie zuvor wenig gewist, dancken mir aber nicht dafur, sondern brauchen sie viel lieber wider mich. Aber ich gan es jn wol, den es thut mir doch sanfft, das ich auch meine undanckbare jünger, dazu meine feinde reden gelert habe. Zum andern mügt yhr sagen, das ich das Newe Testament verdeutscht habe, auff mein bestes vermügen und auff mein gewissen, habe damit niemand gezwungen, das ers lese, sondern frey gelasen, und allein zu dienst gethan denen, die es nicht besser machen können, Ist niemandt verboten ein bessers zu machen. Wers nicht lesen wil, der las es ligen, ich bite und feyre niemandt drumb. Es ist mein testament und mein dolmetschung, und sol mein bleiben unnd sein. [Luther: Ein Sendbrief vom Dolmetschen. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, S (vgl. Luther-WA 1. Reihe, Bd. 30, S. 633)]

Das Konzept »Buch« (2) Hier redet kein Fanatiker, hier wird nicht »gepredigt«, hier wird nicht Glauben verlangt: aus einer unendlichen Lichtfülle und Glückstiefe fällt Tropfen für Tropfen, Wort für Wort - eine zärtliche Langsamkeit ist das Tempo dieser Reden. Dergleichen gelangt nur zu den Auserwähltesten; es ist ein Vorrecht ohnegleichen, hier Hörer zu sein; es steht niemandem frei, für Zarathustra Ohren zu haben... Ist Zarathustra mit alledem nicht ein Verführer?... Aber was sagt er doch selbst, als er zum ersten Male wieder in seine Einsamkeit zurückkehrt? Genau das Gegenteil von dem, was irgendein »Weiser«, »Heiliger«, »Welt-Erlöser« und andrer décadent in einem solchen Falle sagen würde... Er redet nicht nur anders, er ist auch anders... [Nietzsche: Ecce Homo. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, S (vgl. Nietzsche-W Bd. 2, S. 1067)]

›Seele‹ und ›Gemüt‹ Modi literarischer Weltaneignung ➔ Psyche ➔ Anima ➔ Seele(nfünklein) ➔ Gemüt

Apulejus: Amor und Psyche Sorgfältig sondert sie jegliches voneinander und bemüht sich, alles in schickliche Ordnung zu bringen; denn sie glaubte, keines Gottes Dienst vernachlässigen zu dürfen, sondern aller Mitleiden und Gunst suchen zu müssen. Mitten in dieser emsigen Beschäftigung trifft die allernährende Ceres sie an. >Ach arme Psyche! entrüstet sucht Venus Dich in der ganzen Welt auf; droht Tod Dir und Verderben, spart keine Macht, ihren Mut nur an Dir zu kühlen! Und Du, auf nichts weniger bedacht als auf Deine Rettung, stehst geruhig hier und trägst Sorge für das Geräte meines Heiligtums?< Da warf Psyche sich vor ihr auf die Knie nieder, netzte ihre Füße mit einem Strom von Tränen und flehte die Göttin mit den rührendsten Worten um ihren Schutz an. Ihre goldenen Locken schleppten am Boden. [Apuleius: Der goldene Esel. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S (vgl. Apuleius-Esel, S. 136)]

Das bekennende Ich Bekennende Autobiographie ➔ Augustinus ( ): Confessiones ➔ Pietistische Autobiographie (Zinzendorf u.a.) ➔ Jean-Jacques Rousseau: Confessions ( ) Literatur der schönen Seele ➔ C.M.Wieland: Geschichte des Agathon ➔ J.W.Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre, 6. Buch

Zitat Schöne Seele (Jean Paul) O sehet in die Flamme der reinen religiösen schwesterlichen Liebe mit keinem gelben Auge des Argwohns! Fasset ihr nicht, daß diese schöne Seele eben jetzt ihre reichen Flammen zerteile für alle Schwesterherzen, bis die Liebe sie zusammendrängt in eine Sonne, wie nach den Alten die zerstreueten Blitze der Nacht am Morgen sich zu einer dichten Sonne sammlen? [Jean Paul: Titan. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, S (vgl. Jean Paul-W, 1. Abt. Bd. 3, S. 305)]

Zitat Schöne Seele (Nietzsche) Die Welt ist zum Glück nicht auf Instinkte hin gebaut, daß gerade bloß gutmütiges Herdengetier darin sein enges Glück fände; zu fordern, daß alles »guter Mensch«, Herdentier, blauäugig, wohlwollend, »schöne Seele« - oder, wie Herr Herbert Spencer es wünscht, altruistisch werden solle, hieße dem Dasein seinen großen Charakter nehmen, hieße die Menschheit kastrieren und auf eine armselige Chineserei herunterbringen. - Und dies hat man versucht!... Dies eben hieß man Moral... [Nietzsche: Ecce Homo. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky, S (vgl. Nietzsche-W Bd. 2, S. 1155)]