Erschließung lyrischer Texte

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 Präsentation transkript:

Erschließung lyrischer Texte Die Vorgehensweise am Beispiel einer Erschließung von A. Gryphius´ Sonett „Abend“

Andreas Gryphius: Abend Der schnelle Tag ist hin / die Nacht schwingt ihre Fahn / Und führt die Sternen auf. Der Menschen müde Scharen Verlassen Feld und Werk / wo Tier und Vögel waren Traurt itzt die Einsamkeit. Wie ist die Zeit vertan! Der Port naht mehr und mehr sich zu der Glieder Kahn. Gleich wie dies Licht verfiel / so wird in wenig Jahren Ich / du / und was man hat / und was man sieht / hinfahren. Dies Leben kömmt mir vor als eine Renne-Bahn. Laß höchster Gott / mich doch nicht auf dem Laufplatz gleiten / Laß mich nicht Ach / nicht Pracht / nicht Lust nicht Angst verleiten Dein ewig-heller Glanz sei vor und neben mir / Laß / wenn der müde Leib entschläft / die Seele wachen Und wenn der letzte Tag wird mit mir Abend machen / So reiß mich aus dem Tal der Finsternis zu dir. © deutsch-digital.de - Roman Eberth

© deutsch-digital.de - Roman Eberth Formale Grobanalyse Reim/Kadenz Strophen Der schnelle Tag ist hin / die Nacht schwingt ihre Fahn / Und führt die Sternen auf. Der Menschen müde Scharen Verlassen Feld und Werk / wo Tier und Vögel waren Traurt itzt die Einsamkeit. Wie ist die Zeit vertan! a m b w b w a m Erstes Quartett Der Port naht mehr und mehr sich zu der Glieder Kahn. Gleich wie dies Licht verfiel / so wird in wenig Jahren Ich / du / und was man hat / und was man sieht / hinfahren. Dies Leben kömmt mir vor als eine Renne-Bahn. a m b w b w a m Zweites Quartett Laß höchster Gott / mich doch nicht auf dem Laufplatz gleiten / Laß mich nicht Ach / nicht Pracht / nicht Lust nicht Angst verleiten Dein ewig-heller Glanz sei vor und neben mir / c w c w d m Erstes Terzett Laß / wenn der müde Leib entschläft / die Seele wachen Und wenn der letzte Tag wird mit mir Abend machen / So reiß mich aus dem Tal der Finsternis zu dir. e w e w d m Zweites Terzett = Sonett © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Inhaltliche Analyse - I. Quartett Inhalt / Sprechsituation: Situationsschilderung: Abend eines vergange-nen Tages; Der schnelle Tag ist hin / die Nacht schwingt ihre Fahn / Und führt die Sternen auf. Der Menschen müde Scharen Verlassen Feld und Werk / wo Tier und Vögel waren Traurt itzt die Einsamkeit. Wie ist die Zeit vertan! Blick auf Menschen, Tiere, die Bereiche der Tätigkeit verlassen; Klage über den ver-gangenen Tag, die ver-tane Zeit, Vergeblich-keit des Tuns; © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Inhaltliche Analyse - II. Quartett Inhalt / Sprechsituation: Übertragung auf den menschlichen Körper und den jedem Men-schen bevorstehenden Lebensabend; Der Port naht mehr und mehr sich zu der Glieder Kahn. Gleich wie dies Licht verfiel / so wird in wenig Jahren Ich / du / und was man hat / und was man sieht / hinfahren. Dies Leben kömmt mir vor als eine Renne-Bahn. Direkte Ansprache des Lesers durch das lyri-sche Ich: Hinweis auf die Vergänglichkeit allen Seins; Klage über die rasch verstreichende Lebens-zeit; © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Inhaltliche Analyse - I. Terzett Inhalt / Sprechsituation: Anrufung Gottes und Bitten um Hilfe im Bemühen um ein gutes Leben; Laß höchster Gott / mich doch nicht auf dem Laufplatz gleiten / Laß mich nicht Ach / nicht Pracht / nicht Lust nicht Angst verleiten Dein ewig-heller Glanz sei vor und neben mir / = persönliches Gebet des lyr. Ich, das sich an Gott als verlässliches Gegenüber wendet; © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Inhaltliche Analyse - II. Terzett Inhalt / Sprechsituation: Fortführung des pers. Gebets: Bitte um Hilfe im Glauben und um Rettung, wenn der eigene „letzte Tag“ sein wird, aus dem Tod ins göttliche Leben; Laß / wenn der müde Leib entschläft / die Seele wachen Und wenn der letzte Tag wird mit mir Abend machen / So reiß mich aus dem Tal der Finsternis zu dir. © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Formale Analyse - Metrum Hebungen / Füllung Der schnelle Tag ist hin / die Nacht schwingt ihre Fahn / Und führt die Sternen auf. Der Menschen müde Scharen Verlassen Feld und Werk / wo Tier und Vögel waren Traurt itzt die Einsamkeit. Wie ist die Zeit vertan!            6 alt.              6 alt.              6 alt.             6 alt. // + Zäsur nach der 3. Hebung Metrum:       //       (  ) = Alexandriner Rhythmus: monoton fließend, verstärkt durch Enjambements, v.a. im I. Quartett © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Formale Analyse – sprachliche Mittel 1. Antithesen + Parallelismen Tag  Nacht: Der schnelle Tag ist hin / die Nacht schwingt ihre Fahn / (I/1) letzter Tag  „Abend“ d. Todes: Und wenn der letzte Tag wird mit mir Abend machen / (IV/2) aufsteigende Sterne  müde Menschen: Und führt die Sternen auf. Der Menschen müde Scharen (I/2) entschlafender Leib  wachende Seele: Laß / wenn der müde Leib entschläft / die Seele wachen (IV/1) Tal der Finsternis  Licht Gottes: So reiß mich aus dem Tal der Finsternis zu dir. (IV/3) Antithetisches Leitmotiv: Dunkelheit des Diesseits  Helligkeit des Jenseits © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Formale Analyse – sprachliche Mittel 2. Metaphern + Vergleiche ... die Nacht schwingt ihre Fahn / (I/1)  hereinbrechende Dämmerung Der Port naht mehr und mehr... (II/1)  nahendes Lebensende ... der Glieder Kahn (II/1)  menschlicher Körper ... auf dem Laufplatz gleiten (III/1)  im Leben versagen ... der müde Leib entschläft (IV/1)  irdischer Tod  Wirkung: bildhafte Anschau- lichkeit ... die Seele wachen (IV/1)  ewiges Leben ... mit mir Abend machen (IV/2)  sterben lassen ... Tal der Finsternis (IV/3)  Diesseits Dies Leben ... als eine Rennebahn (IV/3)  Vergleichspunkte: Hast, Zielrichtung © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Formale Analyse – sprachliche Mittel 3. Personifikationen ... die Nacht schwingt ihre Fahn / (I/1) Traurt itzt die Einsamkeit / (IV/2) ... der letzte Tag wird mit mir Abend machen / (IV/2)  Wikung: Belebung abstrakter und natürlicher Phänomene © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Formale Analyse – sprachliche Mittel 4. Klangfiguren Anapher: Laß höchster Gott ... (III/1) Laß mich nicht Ach ... (III/2) Laß / wenn der müde Leib ... (IV/1) Anapher + Asyndeton: ... nicht Ach / nicht Pracht / nicht Lust nicht Angst ... (III/2) Alliteration: ... Der Menschen müde Scharen (I/2)  Demonstration barocker Kunstfertigkeit und Gelehrsamkeit © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Formale Analyse – sprachliche Mittel 5. Funktionen von Reim und Kadenz ... nicht auf dem Laufplatz gleiten / (III/1) ... nicht Lust nicht Angst verleiten (III/2)  Verdeutlichung eines inhaltlichen Bezugs   ... Wie ist die Zeit vertan! (I/4)  Unterstreichung der Unabänderlichkeit des Ausrufs durch die Schlusshebung   ... aus dem Tal der Finsternis zu dir. (IV/3)  Betonung der Erkenntnis Gottes als letztes Lebensziel durch die Schluss- hebung  Funktion: Unterstreichung und Verstärkung inhaltlicher Aussagen © deutsch-digital.de - Roman Eberth

Gesamtaussage und –wirkung Zentrum der Darstellung bildet die rasche Vergänglichkeit und Hinfälligkeit des Lebens im Diesseits gegenüber dem verlässlichem Ziel eines ewigen Lebens im Jenseits, auf das sich die Hoffnung des Gläubigen ausrichten soll. Nacht und Tag, Dunkelheit des Irdischen und Helle Gottes verdeutlichen dieses Spannungsfeld, innerhalb dessen sich der Mensch während seines Lebens zu bewähren hat. Gryphius schließt also aus der Erkenntnis der „vanitas“ des menschlichen Lebens auf die religiöse Verpflichtung zum „memento mori“ und damit zu einem gottesfürchtigen Leben, welches allein Halt und Sicherheit für den Gläubigen verheißt. © deutsch-digital.de - Roman Eberth