„Stasibelege“ - Die Postkontrolle in der DDR -

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 Präsentation transkript:

„Stasibelege“ - Die Postkontrolle in der DDR - Volker Thimm, Briefmarkenfreunde Eutin / Bad- Malente e. V. v. 1954 Stand: September 2008 mit Änderung August 2014 Literaturnachweis: „Deutsche Einheit“ e. V., FORGE Philatelie u. Postgeschichte „Postkontrolle des MfS im Bezirk Rostock“, von Gerd Reinicke

ALLTAG in der Abteilung „M“ der DDR-Staatssicherheit Morgens, es geht auf halb acht. Im Dunkel eilt ein Mann den Bürgersteig entlang. Es ist Dezember, etwas Schnee ist in der Nacht gefallen, er liegt wie ausgespuckt am Weg. Der Mann betritt eine Villa, grau und unscheinbar. Ein Riss im Putz zieht die Fassade hinab, von der Regenrinne tropft Schmelzwasser auf den Gehweg. Das Haus steht in der Ostseestadt Rostock. Unbelebt scheint es, seine Fenster sind verhangen. Kein Firmenschild, kein Mietername, einfach nur die Haus-nummer: Graf-Schalck-Straße 1. Wir schreiben das Jahr 1985. Unser Mann ist indessen in dem Haus verschwunden. Er heißt Gerd Reinicke und arbeitet hier. Bei der Staatssicherheit. Die Postkontrolle, die Abteilung „M“, war eine besonders konspirative Abteilung, die es eigentlich gar nicht gab, nach außen hin. Auch wenn die Leute munkelten, aber irgendwie hatte es diese Abteilung nicht zu geben. Gerd R. ist ein stiller Mensch. Vielleicht schon immer, vielleicht ist er still geworden. Er spricht langsam und bedacht, wie es viele Norddeutsche tun. Bei ihm mag es Vorsicht sein, er will nichts Falsches sagen. Er arbeitet im „Referat Auswertung u. Information“, tagein tagaus und liest fremder Leute Post, jahrelang. Ein „Abschreiber und Anschwärzer“.

Die Briefe, die auf seinen Tisch kommen, sind bereits geöffnet und von Kollegen einmal quergelesen. Gerd R. muss nun tiefer prüfen, was als verdächtig gilt. Kirche, Intelligenz, Universitäten, Schulen sind seine Fachgebiete. Die Briefe werden wieder verschlossen und zurückgeleitet in den regulären Postverkehr. "Alle Überprüfungsarbeiten, Schriftvergleiche und sonst was wurden alles an den Kopien gemacht. Es wurde auch immer so gesprochen, vom Original, wir haben nie vom Brief gesprochen. Das Original wurde sorgfältig behandelt, möglichst schnell wieder weg, das war immer die Hauptdevise." Gerd Reinicke macht seinen Job gut. Er kennt sein Metier und seine Pappenheimer. "Ich wusste zum Beispiel, wenn Eingangspost aus´m Westen kam und da stand hinten P.S. und Postfach 1300 drauf - an der Schrift klingelte es dann, hatte ich schon den DDR-Bürger in der Hand, ging zur Kartei und wusste, von wem der Brief gekommen war. Wir hatten keine Computer, wir mussten den Kopf benutzen, es ging nicht anders.Ich habe ja viel Post, auch von Leuten aus der Friedensbewegung, gelesen, die sehr persönlich war, und die immer wieder sogar in den Westen schrieben, dass sie nicht möchten, dass der Westen sich zu sehr engagiert und ihnen reinpfuscht, sondern dass sie hier bleiben wollen und hier was verbessern und verändern wollen." Nur - in der Parteiführung interessiert das niemanden mehr. Im Gegenteil. "Es wurde alles pauschal: Feind, Feind. Spätestens, wie Gorbatschow nachher an die Macht kam, war auch für mich ganz klar, hier will keiner Kritik hören, hier will niemand was im Guten ändern, es hat keinen Zweck. Und die Konsequenz?

--------------------- Und so setzt er sich also an jenem Dezembertag des Jahres ´85 an seinen Arbeitsplatz und schreibt sein Entlassungsgesuch. "Ohne Wissen der anderen, die saßen fast daneben, aber sie wussten ja nicht, was ich schrieb. Hab das begründet, dass ich persönlich mich dem nicht mehr gewachsen fühle, keine Zukunft sehe und schon Depressionen hab und so ähnlich und um meine Entlassung bitte." Und dann? "Lief die Maschinerie über ein Vierteljahr, um mir nachzuweisen, dass ich´n Feind wär, das gelang leider nicht, hat der Abteilungsleiter dann auch gesagt. Ja, dann war ich ein freier - in Anführungsstrichen - freier Mensch. Einfach erst mal ein ganz normaler DDR-Bürger. Das war ein ganz tolles Gefühl, sich nicht mehr abmelden zu müssen, und sich zu denken, ihr könnt mich alle mal, macht ihr da mal weiter euren Mist, aber ich nicht. - Angefangen hab ich dann als Lagerarbeiter.„ --------------------- Ehemalige Angestellte des MfS in den Kontrollstellen schweigen, so auch viele Mitarbeiter, die als vertraute Zuarbeiter zur STASI bei Post oder Zoll oder als beratende inoffizielle Mitarbeiter (IM) tätig waren. Um so erstaunlicher, dass Gerd Reinicke, als „Tschekist“, in seinem Buch: Postkontrolle des MfS im Bezirk Rostock ++ÖFFNEN++AUSWERTEN++SCHLIESSEN++ darüber berichtet.

Hauptpostamt Leipzig 18 –Zentraler Postumschlag- und Sortierpunkt

Bestimmungen zum grenzüberschreitenden Tausch von Briefmarken Der Briefmarkentausch zwischen den Sammlern der DDR und der BRD und West- Berlin war ein bevorzugtes Objekt der Kontrolle des Staatssicherheitsdienstes.

Päckchenausschnitt mit KPA 53- Dreieckstempel (2) Kontrollstempel und stumme Sichtstempel (Nach der durchgeführten Sicht – oder Inhaltskontrolle wurden die Sendungen mit unterschiedlich gestalteten Stempel versehen) Von den Kontrollpostämtern (KPA): Die Stempel waren mit einem Posthorn und der Prüfstempelnummer im Rechteck- wie Dreieckstempel versehen. Folgende Stempel sind vorhanden: Päckchenausschnitt mit KPA 53- Dreieckstempel (2) -Posthorn nach links- vom 15. Mai 1953 und Kontrollstempel V 21 (bisher unbekannt)

Es gibt insgesamt 10 verschiedene Typen! Kontrollstempel und stumme Sichtstempel (Nach der durchgeführten Sicht – oder Inhaltskontrolle wurden die Sendungen mit unterschiedlich gestalteten Stempel versehen) Von den Postzollämtern (PZA): 1962 wurde die Bezeichnung der Postzollämter (PZA) eingeführt. Die Dreieckstempel wurden wieder verändert und hatten, was den Text betraf, jetzt oben links "Zollverwaltung" und oben rechts "der DDR" sowie die mittigen Stempelnummern. Darunter stand der Name des Postzollamtes und das Datum, das auch später umgekehrt vorkam. Es handelte sich hier bei um sogenannte Gummistempel, so daß die Abschläge durch Verkantungen oder weichen Untergrund selten vollständig lesbar sind. Es bestanden 15 Postzollämter (PZA), in der Regel sind es auch die Bezirkshauptstädte: Berlin, Cottbus (in Falkenberg), Dresden, Erfurt, Frankfurt/Oder, Gera (in Saalfeld), Halle, Karl-Marx-Stadt (in Plauen), Leipzig, Magdeburg (in Schönebeck), Neubrandenburg, Potsdam, Rostock, Schwerin (in Ludwiglust) Suhl (vertreten durch Erfurt u. Gera) Es gibt insgesamt 10 verschiedene Typen!

Symbolstempel, stumme Sichtstempel Die Postzollämter (PZA) erhielten nun den Bezirken zugeordnete Symbolstempel für Postsendungen aus dem Ausland oder in ein Ausland, als Nachweis der durchgeführten Kontrollen per Vorlage oder durch Rötendurchleuchtung. Die Symbolstempel wurden teilweise durch eine Nummer ergänzt, zwecks besserer Kontrolle.

Balkenstempel Im Jahr 1980 wurde, aus „politisch-operativen Gründen“, darüber nachgedacht, Sendungen nicht mehr in Form der Symbolstempel zu kennzeichnen, da „die Empfänger diese Kennzeichnung mit einer inhaltlichen Kontrolle durch die Zollverwaltung in Verbindung brachten“. Im Herbst 1980 erging dann die Anweisung an alle Bezirksdirektionen, die Sendungen durch einen unter der Postleitzahl angebrachten Balkenstempel zu kennzeichnen. Die Sichtzeichen, nach durchgeführten Röntgenkontrollen der Briefe, in Form eines Streifens oder Balkens, wurden in den Farben violett, blau, schwarz, grün und braun aufgebracht.

Verkleben nach Öffnung der Inhaltskontrolle Es ist allgemein erforderlich einen Brief zu öffnen, wenn der Inhalt kontrolliert werden soll. Dies geschieht, um den Brief zu lesen oder festzustellen, ob der Postsendung Geld, Briefmarken, Zeitungsausschnitte oder ähnliche nicht für den Postversand zugelassene Inhalte beigefügt sind. Ein Brief kann auch zwecks Kontrolle abgetastet oder gegen starkes Licht gehalten werden. Eine Öffnung ist aber hier erforderlich, wenn ein Verdacht geschöpft wird. Danach ist die Postsendung aber wieder zu verschließen. Im Laufe der Jahre wurde die Verschlussmethode immer perfektionierter, sollte doch die Arbeit der Abteilung „M“ des SSD möglichst geheim und unerkannt bleiben. Anfangs wurden die Briefe mit grauen oder braunen Klebestreifen wieder verschlossen, es gab aber auch die Verschlussstreifen der Post, üblich bei „beschädigten Sendungen“. Oft wurden als Zeichen der Kontrolle die Zolldreiecksstempel und der Postbearbeitungsstempel (Kreis- oder Viereckformat mit Identitätsnummer) auf oder über die Verklebung angebracht. Die Verschlusstechnik war aber sehr zeitaufwendig, so dass die Abteilung „M“ der Stasi, etwa ab 1980 ein System einführte, wo die Briefsendungen über ein Transportband durch eine Maschine liefen, wobei die Briefe durch heißen Dampf geöffnet (aufgedampft) und später, mit Hilfe einer anderen automatischen Anlage, wieder verschlossen wurden. Viele Postsendungen wurden auch durchleuchtet (geröntgt), so dass die Kontrolle nicht mehr sichtbar war und keine Spuren zeigte. Mit der „Aufdampfmaschine“ konnten stündlich bis zu 300 Belege bearbeitet werden, später bis zu ca. 600 Belege. Dieses bedeutet bei 15 Bezirken etwa 90.000 Sendungen pro Tag!!!

„Zurück“- Stempel und „Zurück“- Aufkleber Es war in der DDR umfangreich geregelt, in welchem Umfang Postsendungen aus der DDR und in die DDR Geschenke oder Briefmarken enthalten durften. Der Versand oder Empfang von Zahlungsmitteln, Briefmarkenzeitschriften oder Katalogen war verboten. Auf Sendungen aus der BRD wurden „Zurück“- Stempel aufgebracht, auf Sendungen aus der DDR, mit Ziel BRD, die „Zurück“- Aufkleber. ZV 168

Schlusswort Mein Dank geht an die Autoren der FORGE „Deutsche Einheit“ im BDPh, dem „Tschekisten“ Gerd Reinicke für „Die Postkontrolle des Mfs im Bezirk Rostock“ und dem Verfasser des Handbuches „Zollkontrolle der STASI mit Hilfe von Postbediensteten in der DDR“, Herman-Josef Müller, für die Vorlage von Texten bzw. Belegen und Fotokopien. Mein besonderer Dank geht an meine Sammlerfreunde Horst Falk und Friedemann Fink, die mir bei Fertigung dieses Referates als Zeitzeugen mit Rat- und Tathilfe zur Verfügung standen. Meine Ausarbeitung ist ein kleiner, verkürzter und unvollendeter Versuch einer Darstellung aus philatelistischer Sicht, wie die Teilung Deutschlands zu oft unzumutbaren Verhaltensweisen von befehlenden, observierenden und befohlenen wie beobachteten Menschen führte. Ich habe Verständnis dafür, wenn nicht nur die vielen Sammlerfreunde aus der ehemaligen DDR es „besser und umfangreicher wissen“ als ich. Auch fast 20 Jahre nach dem Mauerfall ist noch „Aufklärungsarbeit“ angesagt, insbesondere aus berufenem Mund. Vielleicht gelingt es noch so dem Thema einem höhere Genauigkeits- und Komplettierungsgrad zuzuführen. Volker Thimm Stand: September 2008/August 2014