Biotreibstoffe: Von der Euphorie zurück in die Realität

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 Präsentation transkript:

Biotreibstoffe: Von der Euphorie zurück in die Realität Kiwanis Club Luzern 13. Januar 2009, Hotel Hermitage, Luzern Biotreibstoffe: Von der Euphorie zurück in die Realität Armin Heitzer Leiter Treibstoffe und Umwelt Erdöl-Vereinigung Spitalgasse 5, 8001 Zürich Tel: 044 218 50 10; Fax: 044 218 50 11; E-Mail: heitzer@erdoel.ch

Biotreibstoffe sind nicht neu! Nikolaus A. Otto setzte in seinen Motoren nicht nur „Petroleum“ ein sondern auch bereits Ethanol. Henry Ford hatte sein bekanntes Ford T-Modell ursprünglich für den Betrieb mit Ethanol konzipiert. Benzin konnte jedoch kostengünstiger hergestellt werden, so dass die Fahrzeuge schliesslich mit Benzin fuhren. Bild: www.kfz-tech.de An der Weltausstellung von 1900 in Paris wurde der Betrieb eines Dieselmotors mit Erdnussöl demonstriert. Laut Aufzeichnungen von Rudolf Diesel geschah dies im Auftrag der französischen Regierung mit der Absicht, in ihren afrikanischen Kolonien Wege für eine unabhängige Energieproduktion zu finden. Seit der Ölkrise von 1973 produziert Brasilien aus wirtschaftlichen Gründen Ethanol zu Treibstoffzwecken. Bild: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/ 4/40/Arachis_hypogaea.jpg => Die technische Eignung ist zwar Voraussetzung aber nicht alleine ausschlaggebend für die erfolgreiche Etablierung eines Treibstoffs! Foto: http://upload.wikimedia.org/ wikipedia/de/c/c9/Zuckerrohr.jpeg

Nachgewiesene Erdölreserven nach Regionen 2007 in Mia. Tonnen Ehemalige Sowjetunion 17,3 Nordamerika 9,5 Europa 2,1 Süd- und Zentral- amerika 15,9 Afrika 15,6 Mittlerer Osten 102,9 Asien und Pazifik 5,4 Total 168,7 Quelle: BP Statistical Review of World Energy => Theoretische Reichweite: 41.6 Jahre Nicht berücksichtigt: Schätzungsweise weitere 400 Mia. Tonnen technisch förderbare Erdölressourcen (z.B. Ölsande- und -schiefer) OECD: 12,6% OPEC: 72,7%

Globaler Endenergieverbrauch des Verkehrssektors und CO2-Emissionsprognosen bis 2030 Erdöl 94% Biotreibstoffe 1% Andere (Erdgas, Elektrizität, Kohle, u.a.) 5% ca. 2 Mrd. Tonnen Erdöläquivalente pro Jahr Endenergieverbrauch Verkehrssektor CO2-Emissionsprognosen der IEA (Referenzszenario) Verkehrssektor (Zunahme 2006 bis 2030: +38%) Datenquelle: IEA (2008) World Energy Outlook 2008

CO2 Warum Biotreibstoffe? Erneuerbare Ressourcen (z.B. Biomasse) CO2 Nicht erneuerbare Ressourcen (z.B. Erdöl, Erdgas, Kohle) Reduktion der CO2-Emissionen: Kohlenstoffärmere und kohlenstofffreie Treibstoffe (=> erneuerbare Ressourcen) Ressourcenschonung: Effizientere Nutzung vorhandener Ressourcen; Nutzung neuer und erneuerbarer Ressourcen Versorgungssicherheit: Diversifizierung der Energieträger, Unabhängigkeit von politisch instabilen Regionen Schaffung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft

Biotreibstoffe Rohstoffe, Herstellung und Produkte (Beispiele, vereinfacht) * Legende: Biotreibstoff im Handel Erste Industrieanlagen Pilotanlagen

Rahmenbedingungen Beispiel EU EU (seit 2003): Beimischungsziel von 5,75% (bezogen auf Energie) Biotreibstoffanteil an fossilen Treibstoffen bis 2010. EU (künftig): Beimischungsziel von 10% (bezogen auf Energie) Biotreibstoffanteil bis 2020 wobei die Biotreibstoffe über ein CO2-Reduktionspotenzial von mindestens 35% gegenüber ihren fossilen Pendants verfügen müssen. (+ weitere Vorgaben und Nachhaltigkeitskriterien)

Europäischer Biodieselmarkt Produktion Europa und Konsumentenpreise (Bsp. Deutschland) Diesel B100 D 8225 t/a Datenquelle: www.ufop.de

Schweizer Markt Produktion und Verbrauch flüssiger Biotreibstoffe Datenquelle: OZD

Neue Rahmenbedingungen seit 1 Neue Rahmenbedingungen seit 1. Juli 2008 Revidiertes Mineralölsteuergesetz (MinöstG) Steuererleichterung für Erd- und Flüssiggas: Reduktion der Mineralölsteuer um 40 Rappen pro Liter Benzinäquivalent Steuerbefreiung von Treibstoffen aus erneuer-baren Rohstoffen: Der Bundesrat legt die steuer-befreiten Mengen, die und den Umfang der Steuer-befreiung fest sowie ökologische und soziale Mindestanforderungen Ertragsneutralität: Kompensation der Mineralölsteuerausfälle durch eine höhere Besteuerung des Benzins.

Biotreibstoffe Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung 2006 2007 2008

Treibhausgasemissionen und Ökobilanz Biotreibstoffe Treibhausgasemissionen und Ökobilanz Quellen: Zah et al. (2007) Ökobilanz von Energieprodukten: Ökologische Bewertung von Biotreibstoffen and Jungbluth et al. (2008) Life Cycle Assessment of biomass to liquid fuels Link: http://www.bfe.admin.ch/themen/00490/00496/index.html?dossier_id=01273&lang=de Ethanol MinöstV 600 Manure, opt. Manure + Cosubstrat Manure Gras, Biorefinery Sludge Bio-Waste Wood Manure + Cosub- strat, opt. Methane Abreviations: BR: Brasil CH: Switzerland CN: Canada F: France MY: Malaysia Opt: optimized RER: Europe US: United States of America XME: Fatty acid methylester Corn, US Rye, RER Potatoes, CH Sugar cane, BR Sweet sorghum, CN Wood (Methanol) Sugar beet, CH Gras Holz (Ethanol) Whey Ethanol XME, Biodiesel fossile 500 Synthetic Fuels BTL, for. wood, cEF-D BTL, s. rot. wood, cEF-D Biomass (cultiv.) Biomass (waste) 400 Gesamte Umweltbelastung (%) BTL Rapseed, RER 300 Biodiesel Soja, US Rapseed, CH Soja, BR 200 Palmseed, MY TrÖbiV (Vorschlag Vernehmlassung) Gasoline Low sulphur Biotreibstoffe aus Abfällen 100 Diesel Low sulphur Natural Gas Used Cooking Oil,CH Used Cooking Oil, F 20 40 60 80 100 120 Treibhausgasemissionen (%) 12

Flächennutzung aus globaler Perspektive Aktuelle Flächennutzung für Biotreibstoffe*: Ca. 14 Mio. ha => ca. 1% der globalen kultivier-baren Ackerfläche. Treibstoffanteil*: Dies entspricht ca. 1% des globalen Treibstoffverbrauchs. => Flächennutzungskonflikt: Konkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Biotreibstoffproduktion und Erhöhung des Drucks auf naturnahe/natürliche Ökosysteme durch deren Erschliessung zur Schaffung zusätzlicher Anbaufläche Bild: http://earthobservatory.nasa.gov * Quelle: IEA (2006) Energy Technology Status and Outlook

Pflanzenöl/Biodiesel und Ethanol Flächenerträge Pflanzenöl/Biodiesel und Ethanol Pflanzenöle / Biodiesel Ethanol Datenquelle: Steenblik, R. (2006) OECD Trade and Environment Working Paper No. 2006-01 Datenquelle: OECD (2004) Biofuels for Transport

Theoretischer Flächenbedarf in der Schweiz und theoretischer Bedarf bei 5% Anteil Biodiesel und Bioethanol im Diesel bzw. Benzin Anbauflächea und theoretischer Bedarf aAgrarbericht 2005

Substitutionspotenzial von Biotreibstoffen Prognose der IEA zum Biotreibstoffanteil* an den fossilen Treibstoffen * Bezogen auf Energie Datenquelle: IEA (2008); World Energy Outlook 2008

Lösungsansätze Quelle: www.mgrbiodiesel.com Anbaugebiet für Jatropha in Indien Vergrösserung der Anbaufläche: Nutzung von bisher für Landwirtschaft nicht geeig-neten ariden Flächen oder von Brach-flächen (Beispiele: Anbau v. Jatropha, neue Zuckerrüben (Syngenta)) Quelle: www.d1plc.com Jatropha curcas Nutzung von Biomasse die nicht als Nahrungsmittel verwendet wird: z.B. Biodiesel aus Jatropha oder Algen Biotreibstoffe aus Abfallbiomasse oder Zellulose/Holz Vollständige(re) Nutzung der Biomasse: Biotreibstoffe der 2. Generation, wie z.B. BTL (Biomass to Liquids) und Ethanol aus Holz- und Stroh(abfall) BETA-Anlage von Choren in Freiberg zur Herstellung von BTL auf Basis von Holz und Stroh Quelle: www.choren.com Zertifizierung: Standards und Labels abel für nachhaltig (umwelt- und sozialverträglich) produzierte Biotreibstoffe

Fazit und Ausblick Paradigmenwechsel: Von der Erhöhung der Biotreibstoffmengen zur Reduktion von Treibhausgasen. Nachhaltigkeitskriterien: In verschiedenen Ländern werden in Gesetzen und Verordnungen Nachhaltigkeitskriterien (Umwelt- und Sozialverträglichkeit) eingeführt. Nachhaltigkeitsstandards: Entwicklung solcher Standards: RSB, RSPO u.a.. Normierung: Erarbeitung einer europäischen Norm für nachhaltige Biomasse für energetische Anwendungen: CEN/TC383. Biotreibstoffe der 2. Generation: Trend in Richtung Entwicklung und Förderung solcher Biotreibstoffe auf Basis von „non-food“-Biomasse. Beispiele: Zellulose-Ethanol, BTL, Biodiesel aus Algen, Jatropha Bild: http://earthobservatory.nasa.gov

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit