Ausharren oder neue Wege gehen? Theologische Perspektiven

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Ausharren oder neue Wege gehen? Theologische Perspektiven Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen 05.11.2014 20:00, Kirchgemeindehaus St.Georgen Ausharren oder neue Wege gehen? Theologische Perspektiven Pfr. Markus Anker Universitätspfarrer / Lehrbeauftragter für Theologie

Einleitung: Maria und Martha und The Clash Lukas 10,38-42: Maria und Martha Als sie weiterzogen, kam Jesus in ein Dorf, und eine Frau mit Namen Marta nahm ihn auf. Und diese hatte eine Schwester mit Namen Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füssen und hörte seinen Worten zu. Marta aber war ganz mit der Bewirtung beschäftigt. Sie kam nun zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Bewirtung mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie solle mir zur Hand gehen. Der Herr aber antwortete ihr: Marta, Marta, du sorgst und mühst dich um vieles; doch eines ist nötig: Maria hat das gute Teil erwählt; das soll ihr nicht genommen werden. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

Einleitung: Maria und Martha und The Clash Prediger/Kohelet 3: Für alles gibt es eine Stunde, und Zeit gibt es für jedes Vorhaben unter dem Himmel: Zeit zum Gebären und Zeit zum Sterben, Zeit zum Pflanzen und Zeit zum Ausreissen des Gepflanzten, Zeit zum Einreissen und Zeit zum Aufbauen, Zeit, Steine zu werfen, und Zeit, Steine zu sammeln, Zeit, sich zu umarmen, und Zeit, sich aus der Umarmung zu lösen. Auseinandersetzung mit existentiellen, gegensätzlichen Prinzipien: Konsequenz des Lebens mit unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Bedürfnissen und Ansprüchen. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

Einleitung: Maria und Martha und The Clash The Clash, Shall i stay or shall i go (1981) Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

Inhaltsverzeichnis 0. Maria und Martha und The Clash 1. Das urchristliche Aufbrechen: Der Ruf in die Nachfolge und der Wanderradikalismus der Jesus-Bewegung 2. Das urchristliche Bleiben: Der Ruf des Paulus zum Verbleiben in den jeweiligen sozialen Verhältnissen 3. Ein frühmittelalterlicher Kompromiss: Das Prinzip des Ora et Labora des benediktinischen Mönchtums 4. Widerstand und Ergebung. Aufbrechen oder Ausharren vor dem Hintergrund des christlichen Menschenbildes Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

1. Das urchristliche Aufbrechen Der Ruf in die Nachfolge und der Wanderradikalismus der Jesus-Bewegung Markus 1,15-20: Der Anfang der öffentlichen Wirksamkeit Jesu Nachdem man Johannes gefangen genommen hatte, kam Jesus nach Galiläa und verkündigte das Evangelium Gottes: Erfüllt ist die Zeit, und nahe gekommen ist das Reich Gottes. Kehrt um und glaubt an das Evangelium! Und als er den See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, auf dem See die Netze auswerfen; sie waren nämlich Fischer. Und Jesus sagte zu ihnen: Kommt, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Und sogleich liessen sie die Netze liegen und folgten ihm. Und als er ein paar Schritte weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes, wie sie im Boot die Netze herrichteten. Und sogleich rief er sie. Und sie liessen ihren Vater Zebedäus mit den Tagelöhnern im Boot zurück und gingen fort, ihm nach. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

1. Das urchristliche Aufbrechen Wanderradikalismus als Kennzeichen der Nachfolge: Aktive Neugestaltung und Neu-Ausrichtung des Lebens (Umkehr, «Busse», Metanoia) - Verzicht auf Erwerbstätigkeit - Verzicht auf Vermögen und Besitz - Verzicht auf familiäre Bindungen - Verzicht auf festen Wohnsitz, stattdessen mittel- und waffenlose Wanderschaft - Heilung von Kranken / Exorzismen (Dämonenaustreibungen) - Inanspruchnahme der Gastfreundschaft von Fremden Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

1. Das urchristliche Aufbrechen Lukas 6,59-62: Nachfolgesprüche Zu einem anderen sagte er: Folge mir! Der aber sagte: Herr, erlaube mir, zuerst nach Hause zu gehen und meinen Vater zu begraben. Er aber sagte zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben. Du aber geh und verkündige das Reich Gottes. Wieder ein anderer sagte: Ich will dir folgen, Herr; zuerst aber erlaube mir, Abschied zu nehmen von denen, die zu meiner Familie gehören. Jesus aber sagte zu ihm: Niemand, der die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, taugt für das Reich Gottes. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

2. Das urchristliche Bleiben Der Ruf des Paulus zum Verbleiben in den jeweiligen sozialen Verhältnissen Paulinisches Kirchenverständnis: Kirche als Gemeinschaft der Heiligen - Übertragung des elitären Heiligkeitsbegriffs auf «Normalos» (Freie und Sklaven, Männern und Frauen, Juden und Griechen) - Gleichrangigkeit der Heiligen «in Christus»: Überwindung von ethnischen, sozialen oder geschlechterbestimmten Hierarchien. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

2. Das urchristliche Bleiben Galater 3,26-28: Denn ihr seid alle Söhne und Töchter Gottes durch den Glauben in Christus Jesus. Ihr alle nämlich, die ihr auf Christus getauft wurdet, habt Christus angezogen. Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau. Denn ihr seid alle eins in Christus Jesus. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

2. Das urchristliche Bleiben Paulinische Ethik: Geprägt vom Ordnungsdenken Übernahme von Konventionen des hellenistischen Umfeldes und von den Maximen der Popularphilosophie Nach aussen: Prinzip der Unauffälligkeit der Lebensführung Nach innen: Prinzip der Kohärenz, Betonung der sozialethischen Termini Liebe (1Kor 13), Gemeinschaft (1Kor 10,6) und Konstruktivität (1Kor 14,3.5.12) Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

2. Das urchristliche Bleiben 1. Korinther 7,17-24: Jede bleibe an seinem Ort Im Übrigen gilt: Ein jeder führe sein Leben so, wie es der Herr ihm zugeteilt, wie Gott ihn berufen hat. So ordne ich es in allen Gemeinden an. […] Jeder aber bleibe an seinem Ort, an den er berufen worden ist. Bist du als Sklave berufen worden, soll es dich nicht kümmern; kannst du aber frei werden, so nutze die Gelegenheit dazu erst recht. Denn wer im Herrn als Sklave berufen wurde, ist ein Freigelassener des Herrn; ebenso ist, wer im Stande der Freiheit berufen wurde, ein Sklave Christi. 23 Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht Sklaven von Menschen! 24 Jeder aber, liebe Brüder und Schwestern, bleibe am Ort seiner Berufung bei Gott. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

Homo faber und homo viator: 3. Ein frühmittelalterlicher Kompromiss: Das Prinzip des Ora et Labora des benediktinischen Mönchtums Homo faber und homo viator: Vita activa und Vita contemplativa bzw. meditativa Mönchtum: Weggehen – Weltentsagung – Conversio morum (Separierte und markierte Lebensbereiche; Aussonderung markiert durch Kleidung und Frisur; teilweise asketischer Lebensstil) Mönchtum: Ausharren – Bleiben – Stabilitas loci / oboedientia Ortsfestigkeit (kein Herumwandern); Leben nach strikten Regeln; fester Tages- und Lebenslauf; Gemeinschaft mit einer klaren Ordnung und Hierarchie, vollständige Ein- und Unterordnung . Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

3. Ein frühmittelalterlicher Kompromiss: Das Prinzip des Ora et Labora des benediktinischen Mönchtums Benedikt von Nursia (geb. ca. 480 n.Chr.) 527 Gründung des Klosters Monte Cassino. Ca. 527: Regula Benedicti, bis heute gültiges Regelwerk der Benediktiner Verbindung von ägyptischer Klostertradition: Terminologie (Abt, Mönch etc.), die Gütergemeinschaft Und römischer Kultur: - Verpflichtung zum Studium neben dem Gebet; elitaristisch-pragmatische Ausrichtung (Angestellte), keine Hochleistungsaskese; sehr hoher Organisationsgrad (Ämterordnung; Aufgabenteilung); strikte Zeiteinteilung Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

3. Ein frühmittelalterlicher Kompromiss: Das Prinzip des Ora et Labora des benediktinischen Mönchtums Mönchsregel Nr. 48: Die Ordnung für Handarbeit und Lesung Müssiggang ist der Seele Feind. Deshalb sollen die Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden mit heiliger Lesung beschäftigt sein. […] Wenn die Ortsverhältnisse oder die Armut fordern, dass sie die Ernte selber einbringen, sollen sie nicht traurig sein. Sie sind dann wirklich Mönche, wenn sie wie unsere Väter und die Apostel von ihrer Hände Arbeit leben. Alles aber geschehe wegen der Kleinmütigen wegen massvoll. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

3. Ein frühmittelalterlicher Kompromiss: Das Prinzip des Ora et Labora des benediktinischen Mönchtums Mönchsregel Nr. 48: Die Ordnung für Handarbeit und Lesung Müssiggang ist der Seele Feind. Deshalb sollen die Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden mit heiliger Lesung beschäftigt sein. […] Wenn die Ortsverhältnisse oder die Armut fordern, dass sie die Ernte selber einbringen, sollen sie nicht traurig sein. Sie sind dann wirklich Mönche, wenn sie wie unsere Väter und die Apostel von ihrer Hände Arbeit leben. Alles aber geschehe wegen der Kleinmütigen wegen massvoll. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

3. Ein frühmittelalterlicher Kompromiss: Das Prinzip des Ora et Labora des benediktinischen Mönchtums Mönchsregel Nr. 48: Die Ordnung für Handarbeit und Lesung . Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

4. Aufbrechen oder Ausharren vor dem Hintergrund des christlichen Menschenbildes: Widerstand und Ergebung Zugang vom Sein des Menschen her (ontologische Grundlage / Anthropologie) Zweifaches Menschenbild in der Schöpfungstheologie: - Optimistischer Ansatz: Der Mensch als privilegiertes Geschöpf, Gottesebenbildlichkeit/Imago-Anthropologie. - Pessimistischer Ansatz: Der Mensch als vergängliches Mängelwesen, das unter bemitleidenswerten Bedingungen seine Existenz fristet (Sterblichkeit, Zwang zur Arbeit, Feindschaft zwischen Mensch und Tier/Mensch und Mensch). Psalm 139: Denn du bist es, der meine Nieren geschaffen, der mich im Leib meiner Mutter gewoben hat. Ich preise dich, dass ich so herrlich, so wunderbar geschaffen bin. Psalm 90: Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, achtzig Jahre. Und was an ihnen war, ist Mühsal und Trug. Denn schnell ist es vorüber, im Flug sind wir dahin. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

4. Aufbrechen oder Ausharren vor dem Hintergrund des christlichen Menschenbildes: Widerstand und Ergebung Die zweifache, optimistisch-pessimistische Anthropologie hat ihre Entsprechung in der christlichen Sündenlehre: Luther: Simul iustus et peccator (Gerechter und Sünder zugleich). Karl Barth: Gegensatzpaar im Sündenbegriff; Hochmut und Trägheit (Selbstüberschätzung und Selbstunterschätzung) Christliche Erlösungslehre: Christliche Existenz im Zeichen von Kreuz und Auferstehung 2. Korinther 3: Wir haben diesen Schatz aber in irdenen Gefässen, damit die Überfülle der Kraft Gott gehört und nicht von uns stammt. In allem sind wir bedrängt, aber nicht in die Enge getrieben, ratlos, aber nicht verzweifelt, verfolgt, aber nicht verlassen, zu Boden geworfen, aber nicht am Boden zerstört. Allezeit tragen wir das Sterben Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar werde. Darum verzagen wir nicht: Wenn auch unser äusserer Mensch verbraucht wird, so wird doch unser innerer Mensch Tag für Tag erneuert. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014

4. Aufbrechen oder Ausharren vor dem Hintergrund des christlichen Menschenbildes: Widerstand und Ergebung Dietrich Bonhoeffer, Gefängnisbrief an Eberhard Bethge vom 21.2.1944: Ob die übergrosse Bedenklichkeit, über die du dich bei mir auch oft kopfschüttelnd amüsiert hast, doch eine negative Kehrseite der bürgerlichen Existenz ist.? D.h., eben jenes Stück Glaubenslosigkeit, das in gesicherten Zeiten verborgen bleibt, aber in ungesicherten zum Vorschein kommt, und zwar in Gestalt der Angst. In der Angst vor dem selbstverständlichen, schlichten Tun und vor dem Aufsichnehmen notwendiger Entscheidungen. Ich habe mir hier oft Gedanken darüber gemacht, wo die Grenzen zwischen dem notwendigen Widerstand gegen das „Schicksal" und der ebenso notwendigen Ergebung liegen. […] Die Grenzen zwischen Widerstand und Ergebung sind also prinzipiell nicht zu bestimmen; aber es muss beides da sein und beides mit Entschlossenheit ergriffen werden. Der Glaube fordert dieses bewegliche, lebendige Handeln. Ausharren oder neue Wege gehen? Ökumenische Bildungsreihe St. Georgen, 5. November 2014