Fastnachtspiel-Tradition in Nürnberg (1)

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 Präsentation transkript:

Fastnachtspiel-Tradition in Nürnberg (1) Hans Rosenplüt und die Rosenplüt-Gruppe

Nürnberg im 15./16. Jh.: Gesellschaft und Kultur Nürnberg: eine der bevölkerungsreichsten dt. Städte (neben Köln, Regensburg): ca. 25-30.000 Einwohner. Florierender Handel am Schnittpunkt der Nord-/Süd- und der Ost-/Westverbindungen. Kunst- und Kulturmetropole: Bildende Künste (Lochner; Wolgemuth; Pleydenwurff; Dürer etc.); Musik (Konrad Paumann); Kunsthandwerk etc. Gönner/Auftraggeber: Adel, Stadtpatriziat, Kirche. Starke soziale Abgrenzung der Schichten gegeneinander und ihres kulturellen Engagements. Kaum personale Querverbindungen unter den Schichten etwa in Eheschließungen oder gesellschaftlicher Mobilität. Jede Schicht hatte ihre eigenen speziellen Kultur- und Geselligkeitsformen.

Schichtung der Nürnberger Gesellschaft im 15./16. Jh. Unehrliche Leute (Henker, Abdecker, Huren, Musikanten). Proletariat (Taglöhner, Gelegenheitsarbeiter), die Armen und Kranken (unterstützt durch die Kirche und private Stiftungen) Unterschicht (u.a. Gesellen, Lehrlinge der Handwerke) Untere Mittelschicht und Mittelschicht: Handwerke, je nach Profession im Ansehen gestuft. Vermögende Mittelschicht: Kaufleute und reiche Handwerker. Akademiker: Juristen, Ärzte; nicht an der Führung der Stadt beteiligt, aber mit wichtigen Funktionen beraut. Patriziat: reiche Kaufleute und Grundbesitzer; enger Kreis von Familien, die sich auch die Führung der Stadt untereinander aufteilten (u.a. Tucher, Schreyer, Stromer, Pirckheimer). Rat, dazu beratend: „Größerer Rat“ mit „Genannten“ des gr. Rats: Fachleute und Spezialisten für juristische, medizinische, diplomatische und Verwaltungsangelegenheiten.

Fastnacht als Teil des Kirchenjahres Fastnacht als liturgisch geprägte Zeit: das der kirchlichen Fastenzeit von 40 Tagen vorangehende Fest. Beginn der Fastenzeit mit dem Aschermittwoch: Auflegung des Aschenkreuzes: ‚Mensch, denke daran, dass du Staub/Asche bist und zu Staub werden wirst‘. (Memento homo, quia pulvis es et in pulverem revertéris). – Ende der Fastenzeit mit dem Osterfest. Sog. ‚Kleine Fastnacht‘ als Aufführungszeit für die Fastnachtspiele: vom (fetten) Donnerstag vor dem Aschermittwoch über den Sonntag Quinquagesima (=Estomihi) über den (Rosen-) Montag bis zum Fastnacht-Dienstag. Die heutige Ausdehnung der Campagne, beginnend mit dem Martinstag (11.11.) stammt erst aus dem 19. Jh. Zeit der Fastnacht: unbeschränktes Essen/Lebensgenuss v o r dem Beginn der Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern. Fastnachtbrauchtum unterschiedlicher Ausprägung seit dem 12./13. Jh. nachweisbar. Die gegenwärtige Brauchtumsformen von Fastnacht/Fasching/ Karneval stammen weitestgehend erst aus dem 19. und beginnenden 20. Jh.

Konstituenten des Fastnachtspiels Funktion der Prolog-/Epilog-Partien: „Weichenstellung“ aus der allg. Wirtshaus- und Feiersituation in die „Kunstsituation“ des Spiels. Stereotype Elemente: Begrüßung des Hausherrn/der Zuhörer; Bitte an alle (Formel: arme unde rîche/ … gelîche) um Ruhe/Aufmerksamkeit; Hinweis auf Inhalt des Stücks. Epilog: Hinweis auf die Leistung der Darsteller; Entschuldigung wegen Lautstärke/Obszönität; Bitte um Empfehlung/Trunk; Abschied. Vielfach gibt es Hinweise auf die örtlichen Gegebenheiten der Aufführungen: in geschlossenen Räumen, Wirtshaus, Rathaussäle etc. (s. Simon, LV 114). Umfang der Fastnachtspiele Nürnberger Tradition: in der Regel 30 -ca. 250 vv. 100 vv. des Textes entsprechen etwa 5 min. reiner Sprechzeit; gestisches Handeln, z. B. Prügelei, ist hinzuzurechnen. Vgl. ‚Gr. Neidhartspiel‘: ca. 2.600 vv., mit Tänzen u. Liedern.

Die Typen der Nürnberger Fastnachtspiele Reihenspiel (z. B. Wuttke, Nr. 6, ‚Die sieben freien Künste‘): Ein junger Mann lässt sich von sieben Vertretern der Künste über das Wesen der Liebe belehren. Merkmale: revueartiger Aufbau aus einzelnen, strukturverwandten Figurenreden. Episoden- oder Handlungsspiele (z.B. Wuttke, Nr. 3): in der Regel auf ein Handlungsziel ausgerichtet, Nähe zur Schwankliteratur, aus der zahlreichen Fällen die Sujets übernommen werden. Beide Typen sind in der gesamten Gattungsgeschichte des 14.-16. Jh. vertreten, es gibt also (Simon, LV 114, S. 320f.) keine gattungsgeschichtliche „Entwicklung“ vom „einfachen“ Reihenspiel zum „komplexen“ Handlungsspiel (so die These von E. Catholy, Fastnachtspiel, 1966, S. 28ff.). Faktum ist: es gibt zahlreiche Übergangs- und Mischformen.

Die Autoren: Hans Rosenplüt, Hans Folz, Hans Sachs, Jacob Ayrer Literatur ist produktionsseitig bis ins 14. Jh. eine Sache der litterati, die mit Buch und Schrift vertraut sind und in der Regel aus einer lateinischsprachigen Bildungstradition kommen. Die Nürnberger Fastnachtspiele sind von Dichtern aus der unteren Handwerkerschicht verfasst, die vielleicht die kommunale Lateinschule besucht haben (so etwa Hans Sachs), die aber nicht aus der Schicht der gelehrten Autoren stammen. Auch Nürnberg kennt eine strenge Schichtung der sozialen Gruppen: die Fastnachtspiele waren für die unteren und mittleren Schichten bestimmt. Das heißt: Patrizier, wie die Stromers oder Tuchers, Akademiker wie der Stadtarzt Dr. Schedel oder Künstler wie die Maler Michael Wolgemuth und sein Schüler Albrecht Dürer gehören mit Sicherheit nicht zum Publikum der Fastnachtspiele.

Markante Autoren sind im 15. Jh.: der Metallgießer und Büchsenmacher Hans Rosenplüt als erster Handwerkerdichter der deutschen Literatur; dazu der Barbierer (= nicht-akademischer Wundarzt) Hans Folz. im 16. Jh.: der Schuhmacher Hans Sachs und der Notar und Gerichtsprokurator Jacob Ayrer, Sohn eines Steinmetzen.

Hans Rosenplüt (um 1400- um 1460) (s Hans Rosenplüt (um 1400- um 1460) (s. VL; Killy [2010]; Lebenszeugnisse: J. Reichel, Der Spruchdichter H.R., 1985) Um 1400 in Nürnberg geb.; rudimentäre Lateinkenntnisse; religiöse Grundkenntnisse, sonst im Wesentlichen Autodidakt. 1426 Erwerb des Bürgerrechts in der freien Reichsstadt Nürnberg. - Handwerk: Sarwürcht (Panzerhemdenmacher); 1427 bereits Meister Ab 1430 ins Handwerk der Rotgießer (Messinggießer, Geschützguss) gewechselt. Aufstieg in die untere Mittelschicht: ab 1444 als Büchsenmacher (Fachmann für das Geschützwesen ) im Dienst der Reichsstadt Nürnberg. 1460 letztmalige Auszahlung des Soldes an R.osenplüt; offenbar ist er in diesem Jahr gestorben. Literaturgeschichtliche Bedeutung: Erster deutscher Handwerkerdichter (wie später etwa Hans Folz, Hans Sachs).

Hans Rosenplüt: Literarisches Werk Mind. 31 kleine Reimpaargedichte und Lieder (u.a. Lobspruch auf Nürnberg); reiche Verbreitung der Texte: 42 Hss., dazu zahlreiche Druckausgaben. Darunter: Historische Lieder und Zeitgedichte, u.a. zu den Hussitenkämpfen (1431), zu den Türkenkriegen (1458/59), zum Markgrafenkrieg (1453); Städtelob: Lobgedichte auf Bamberg und Nürnberg. Geistliche und lehrhafte Erzählungen (Marienlob; Schöpfungslehre etc.) Novellistische Erzählungen (Mären): neben dem Stricker (13. Jh.) und Hans Folz ist R. der bedeutendste Vertreter der Gattung; mehrfach werden europ. Verbreitete Schwankmotive aufgegriffen und bearbeitet, z.B. ‚Der fahrende Schüler‘. Priámeln: eine für Nürnberg typ. Form der Kleingnomik (s. RLW) Fastnachtspiele (ca. 50 Texte erhalten, Authentizität unsicher: ‚Rosenplütsche Fastnachtspiele‘, s. VL)

Die ‚Rosenplütschen Fastnachtspiele‘ (s. VL 8,1992, Sp Die ‚Rosenplütschen Fastnachtspiele‘ (s. VL 8,1992, Sp. 211-231; Simon, 1977; Simon, LV 114, S. 320ff.) Als Corpus sind 55 Texte überliefert, allerdings ohne Verfasserangabe und ohne sichere Datierung; dazu evtl. noch 20 weitere (s. VL), das ist weit über die Hälfte der für Nürnberg im 15. Jh. nachweisbaren rd. 110 Spieltexte. Aufführungspraxis: Teil des reichsstädtischen Fastnachttreibens; Spieltruppen zogen von Haus zu Haus; Typ: Stuben- oder Einkehrspiele (Simon, LV 114, S. 320f.). Formen: Reihen- und Handlungsspiele; Länge: von 30-800vv; in 80% der Spiele unter 200vv.; d.h.: die Fastnachtspiele brachten eine nur kurzzeitige Unterbrechung des sonstigen Fastnachttreibens. Personal: Namen der Darsteller weitgehend unbekannt; Frauenrollen meist von Männern gespielt. Einführung einer Figur: zum Teil durch Precursor oder die im Text vorangehende Figur, etwa durch die Anrede, z.T. durch die Figur selbst; Typ: „Ich bin …“ „Beliebteste“ Rolle: der Bauer; sonst: Richter, Arzt, Handwerker.

[Rosenplüt], ‚Fasnacht und Fastenzeit‘ (Wuttke, Nr. 1) Überlieferung: im Spielecorpus M (München Bayer. Staatsbibl. Cgm 714) sowie in der Sammelhandschrift des Claus Spaun (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. 76.3 Aug. 2°). Typ: Gerichtsspiel. Fastnacht und Fasten klagen gegeneinander. Prologsprecher: Klage über den Verlust der leiblichen Genüsse in der Fastenzeit, Leitfrage: wer ist schuld? Der Richter lässt die beiden Kontrahentinnen ihre Sache vortragen. Dann lässt er vier Schöffen zu Wort kommen. Sie erörtern den Fall und verkünden ihre Ansicht zum Streitgegenstand. Der fünfte bietet ein Resumée und übernimmt auch den Abschied. Strukturmodell eines Reihenspiels ohne wirkliche Interaktion der Figuren untereinander. Umfang: 94 vv., ca. 5 min. Sprechzeit. Problemstellung: Fasten als hartes kirchliches Gebot ist nur aus der Situation und dem Wertekonsens der Zeit zu verstehen.

[Rosenplüt], ‚Des arcztz vasnacht‘ (Wuttke Nr. 2) Überlieferung: nur im Münchener Spielcorpus M (Cgm 714). Precursor: Parodie der ärztlichen Praxis; Arzt als Inbegriff höchster Bildung; Form der Diagnostik (Harnschau; Uroskopie) und Therapie (vielfach sind Akademiker, d.h. Ärzte und Juristen, Objekte der mittelalterlichen Ständesatire). Reihe von drei „Patienten“, jeweils mit ihrem Uringlas. 3fach repetiertes Strukturmodell: Patient – Arzt bzw. Patient – Arzt – Patient: P1-A / P2-A-P2 / P3-A-P3 Umfang: 102 vv = etwa 6min. reine Sprechzeit. Steigerung durch die Art der Diagnose: a) Überfressen, b) Problem alter Mann – junge Frau; c) Magd und Knecht. Typ: Arztspiel. Reihenspiel mit Elementen der Interaktion der Figuren. Sprache: Drastik und Obszönität (u.a. Sexualmetaphorik) als Merkmale der Fastnachtspiele. Rahmen: (Precursor) - Geleit durch Ausschreier.

[Rosenplüt], ‚von dem pauern und dem bock‘ (Wuttke, Nr. 3) Überlieferung:mehrere Hss.,u.a. Spaun-Hs. Wolfenbüttel. herolt mit Ansage des Spielinhalts/Themas (Wette um die Standhaftigkeit und Ehrlichkeit des Bauern) und Introduction der Figur des Bauern. Wette zw. Jungkherr und Frau (v. 51-72) Beratung des Jungkherren mit seinen Mannen (v. 73-110): lit. Exempel: Aristoteles; Salomo, Samson. Verführung des Bauern durch die Frau, Verlust des Bocks: Wahrung der Ehrlichkeit. Beschimpfung durch die Frau. herolt: Abschied, Weiterziehen der Truppe. Sprache: vielfältige und durchgängige Sexualmetaphorik; zahlreiche Grobianismen. Fastnachtspiele als „Ventil“ für die sexuell restringierten Unterschichten (so R. Krohn, Der unanständige Bürger, Kronberg 1974)??

[Rosenplüt], ‚ein vasnacht spil: die egen‘ (Eggenziehen) (Wuttke, Nr Reiche Überlieferung: 4 Hss. Frauenfeidliches Thema: die jungen Frauen, die im vergangenen Jahr nicht geheiratet worden sind, werde verspottet und müssen zur Strafe eine Egge/Pflug ziehen (s. Ausschreyer), wobei sie wie Zugvieh von Knechten angetrieben werden. Möglicherweise Literarisierung einer weiter verbreiteten Brauchtumsform. Der Bauer (mair) befragt jedes der insgesamt sieben Mädchen nach den Gründen, die eine Heirat gehindert hätten. Gründe: körperliche Defekte, böse Nachrede, treulose Liebhaber, schlechte Erfahrung beim Beischlaf etc. Sprache: gattungstypisch starke Benutzung des Sexual- z.T. auch des Fäkalwortschatzes. Form: typisches Reihenspiel in Revueform.

[Rosenplüt], ‚Dy syben künst vasnacht‘ (Wuttke, Nr. 6) Sieben Freie Künste (septem artes liberales) als Modell einer allumfassenden Bildung (-> LexMA). Artes-Disziplinen im: Trivium (‚Dreiweg‘): Grammatik, Rhetorik, Dialektik Quadrivium (‚Vierweg‘): Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik. Zum Spiel: Einführung und Vorstellung des Künste und ihrer Hauptvertreter durch den [Precursor] (v.1-36). Liebhaber befragt die mayster, wie man die Gunst der Frauen gewinnen kann. Ob man mit disen künsten allen/ den frauen mag gedienen zu gefallen (v. 45f.). Rede der mayster in Form einer Revue mit der Abfolge: Grammatik, Dialektik, Geometrie, Rhetorik, Musik, Arithmetik, Astronomie. Resumée des jung fragers (v. 121ff.), der die Anerkennung der Frauen gewinnt. Ausschreier: Aufruf zum fröhlichen ausgelassenen Geniessen der Fastnacht.