Die Rolle der NGOs im Asylregime

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 Präsentation transkript:

Die Rolle von NGOs und Flüchtlingsselbstorganisationen (RCOs) im österreichischen Asylregime

Die Rolle der NGOs im Asylregime Entstehung und Entwicklung der Flüchtlingshilfsorganisationen Engagierte Dienstleister Bereiche der Flüchtlingsbetreuung

Entstehung und Entwicklung der NGOs 1956: Beginn der organisierten Flüchtlingsbetreuung in Österreich (Ungarische Flüchtlinge; Errichtung Flüchtlingslager in Traiskirchen) Große Wohlfahrtsverbände (ÖRK, Caritas, Volkshilfe Österreich) organisieren Notunterkünfte, Beratung und Unterstützung

1970er Jahre Wohlfahrtsverbände unterstützen überlastete staatliche Strukturen bei der Erstaufnahme der Flüchtlinge (Prager Frühling 1968, Polen 1981) Flüchtling ziehen meist in andere Länder weiter Eigene dauerhafte Strukturen für Flüchtlingshilfe entwickeln sich zaghaft

1980er Jahre Kirchliche Organisationen: nach wie vor dominierende Rolle; etablieren sich im Rahmen der GV Neue soziale Bewegungen und Gründung von NGOs im Asylbereich (internationale Solidaritätsbewegung „Dritte Welt“, Friedensbewegung, Öko) Studentische Linke (LateinAm)

1990er Jahre Migration und Asyl wird ein politisches Thema (nicht nur humanitäre Hilfe) Neu entstandene Flüchtlingsunterstützungsvereine wenden sich öffentlich gegen restriktiver werdende Asylpolitik und feindlichen Diskurs Traiskirchen: Einstieg evangelische Diakonie in Flüchtlingshilfe 1989 Umstrukturierung der Caritas: Flüchtlingshilfe wird auch Aufgabenbereich für lokale Caritas Stellen Obdachlosigkeit bleibt zentrales Problem -> Notwendigkeit für NGOs zur Errichtung von Notquartieren Professionalisierung der NGOs im Zuge des EU Beitritts (Zugang zu EU Fördermitteln – EFF v.a. psychosozialer Bereich, UMF; Dienstleitungen im Bereich GV; Vernetzung ECRE)

Beispiel für Entwicklung des NGO Sektors Diakonie Flüchtlingsdienst 1990: Ein-Frau-Betrieb 2011: 20 Einrichtungen und 170 MitarbeiterInnen

Wichtige NGOs im Flüchtlingsbereich Einflußreiche Organisationen: Christliche Hilfswerke (Caritas, Diakonie Flüchtlingsdienst) Sozialdemokratische Volkshilfe

Kleinere Beratungs- und Hilfsorganisationen Seit 1980er Jahre: Unterstützungskomitee für politische verfolgte AusländerInnen  Asyl in Not (Rechtsberatung) Flughafen Sozialdienst (RB im Bereich Zugang zum AsylVerf, Südasien) Deserteurs- und Flüchtlingsberatung (RB, binat. Ehen, afrikan. AW) helping hands (ÖH-Umfeld; Rassismus; heute v.a. aufenthaltsrechtl. Beratung) Zebra (Folteropfer) Örtliche ai-Gruppen (auch Arbeit mit Folteropfern im Land) Projekt Integrationshaus (Jugoslawien KriseUnterbringung, Sozialbetreuung, GV, Integrationsarbeit, Bildungsangebote,...) Lokale Initiativen in OÖ, Stmk.,NÖ,...

Vernetzungen Im Zuge zunehmender restriktiver Praxis (Visumspflicht, Gate Check, Verweigerung Bundesbetreuung) entstanden Ab 1989: Vernetzungstreffen von NGOs, Initiativen  gemeinsame Aktivitäten (z.B. JournalistInnenreise) 1991: Gründung Dachverband asylkoordination österreich (25 Vereine, 300 Einzelpersonen)

asylkoordination Österreich Schwerpunkte: Vernetzung der Arbeit der Betreuungsorganisationen (NIPE, UMF, ECRE) Öffentlichkeitsarbeit Antirassistische Pädagogik Politisches Lobbying

„Forum Asyl“ Seit 2000 regelmäßige Treffen der wichtigsten NGOs: Diakonie, Volkshilfe, asylkoordination, I-Haus (Caritas, Rotes Kreuz, ai) Tätigkeiten: Gemeinsame Pressekonferenzen „Wahrnehmungsberichte“ zu AsylG Novelle 2003, Fremdenrechtspaket 2005 2007: Kampagne „Flucht ist kein Verbrechen“

„Engagierte Dienstleister“ Neue Arbeitsfelder seit EU Beitritt Österreichs Neue Zugänge zu Finanzmitteln (EFF) – UMF, psychosozialer Bereich Neue Kompetenzen durch transnationale Projekte Professionalisierung und gleichzeitig Diversifizierung der Asylarbeit Rückgang ehrenamtliches Engagements

Grundversorgung Unterbringung und soziale Betreuung von AsylwerberInnen (Bund-Länder Vereinbarung) Rolle der NGOs: operativer Partner bei der Durchführung der Betreuung Größter Bereich (in Beschäftigungszahlen) seit Inkrafttreten der GV Vereinbarung 2004 (Umsetzung EU-Aufnahme RL)

NGOs in der GRUNDVERSORGUNG Aufnahme Sozialbetreuung Unterbringung Wien Caritas Integrationshaus, Caritas Wien, Diakonie, Kolping, Volkshilfe, Rotes Kreuz, Verein Ute Bock Caritas-Wien, Diakonie, Volkshilfe-Wien, Don Bosco (UMF), Arbeiter Sameriterbund Österreich (ASBÖ), ADA Association for Democracy in Afrika, Integrationshaus, Verein Zeitraum/Tempus, Kolpingfamilie, BETTER FUTURE AUSTRIA, FMSW (Hotelbetrieb). Niederösterreich Land Diakonie Flüchtlingsdienst, Caritas Volkshilfe, Diakonie Flüchtlingsdienst, Caritas-Wien, Kolping, Menschenleben (ehem. SOS-Menschenrechte), Österreichische Jungarbeiterbewegung, Pfarre Schwechat, Emaus-Gemeinschaft Burgenland Caritas-Eisenstadt, SOS-Mitmensch Burgenland Caritas-Wien, Caritas-Eisenstadt Steiermark Caritas-Graz-Seckau Caritas-Graz-Seckau, Diakonie Oberösterreich Land (Caritas-Linz, Volkshilfe-OÖ) Caritas-Linz, Volkshilfe-OÖ, SOS-Menschenrechte, Volkshilfe, Caritas Salzburg Land (Caritas-Salzburg) Caritas-Salzburg Caritas-Salzburg, SOS-Kinderdorf (UMF), Diakonie Flüchtlingsdienst (Integrationshaus) Tirol Caritas-Innsbruck (privat wohnende), in Heimen: Land Keine NGOs Vorarlberg Caritas-Feldkirch Kärnten

Einführung flächendeckende GV In W, S, OÖ, V sind NGOs auf allen Ebenen der GV einbezogen (Registrierung, Sozialberatung, ...), kaum in T und K. Bedarf an Flüchtlingsunterkünften und Betreuungsstrukturen durch Einführung der flächendeckenden GV In V, T, K kaum Quartiere  NGOs übernehmen Aufgabe Umwandlung einiger NGO-Notquartiere in GV-Quartiere Mindeststandards für neue Quartiere: tlw. Einfluß NGOs bei Kriterienkatalog

Organisation GV V: Caritas-Vorarlberg organisiert gesamte GV im Auftrag des Landes OÖ: über 30% der AW in von NGOs geführten Quartieren betreut NGOs arbeiten auf Grundlage von Leistungsverträgen mit den Länderstellen  Geringe Gestaltungsspielräume durch Ländergesetze, die Rahmenbedingungen (Tagsätze, Taschengeld, Kleidergeld, etc.) festlegen

NGO-Quartiere NGO-Quartiere bieten qualifiziertere Betreuung als Pensionsbetreiber Deutschkurse kleinere Arbeitsmöglichkeiten für AW (remunerierte Mitarbeit im Haus, „Nachbarschaftshilfe“ der Caritas) Projekt AMBER-Med des Diakonie Flüchtlingsdienstes mit dem Roten Kreuz (bes. Angebot im medizinischen Bereich)

Rechtsberatung Kernbereich der NGO–Flüchtlingshilfe (stehen teilweise im Widerspruch zum staatlichen Asylsystem) Referenzrahmen: GFK, EMRK, rechtsstaatlicher Verfahrenszug (1.Instanz – Berufungsinstanz – Höchstgericht nicht mehr möglich) Unterschiedlicher Umgang mit Fluchtgeschichten mit „geringer Asylrelevanz“ Umgestaltung des Asylverfahrens (2003, 2005) durch Einführung Zulassungsverfahren in EASt hat Konsequenzen für NGO Rechtsberatung Finanzierung der RB: EFF/BMI, Spenden, ehrenamtliche Mitarbeit

NGOs in der RECHTSBERATUNG Wien Caritas-Wien, Diakonie Flüchtlingsdienst, Verein Flüchtlingsprojekt Ute Bock, Deserteurs und Flüchtlingsbetreuung, Asyl in Not, helping hands, Flughafen Sozialdienst, Volkshilfe Österreich, MigrantInnenverein St. Marx, Integrationshaus, SUARA Niederösterreich Diakonie Flüchtlingsdienst, Caritas St. Pölten Oberösterreich Volkshilfe-OÖ, Caritas-Linz, SOS-Menschenrechte Steiermark Caritas-Graz-Seckau, ZEBRA Tirol Caritas-Innsbruck, Fluchtpunkt Burgenland Caritas-Eisenstadt, SOS Mitmensch Burgenland Salzburg Caritas-Salzburg, amnesty Flüchtlingsgruppe Vorarlberg Caritas-Vorarlberg Kärnten Keine Rechtsberatung! UBAS Caritas-Österreich

Weitere NGO -Arbeitsbereiche UMF Integrationsprojekte Psychosoziale Projekte Schubhaftbetreuung Rückkehrberatung (zum Teil in Verbindung mit Schubhaftbetreuung) Politisches Lobbying

BETREUUNGSTELLEN FÜR UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE FLÜCHTLINGE Wien Tempus, Don Bosco, Integrationshaus, Caritas Niederösterreich Diakonie Flüchtlingsdienst Oberösterreich Volkshilfe-Oberösterreich, SOS-Menschenrechte Salzburg SOS-Kinderdorf (Clearinghouse), Menschenleben-Österreich Steiermark Caritas-Graz-Seckau Tirol SOS-Kinderdorf (Biwak) Vorarlberg Caritas-Vorarlberg

INTEGRATIONSPROJEKTE Wien Österreichischer Integrationsfonds, Diakonie-Flüchtlingsdienst, Waff, Peregrina, Beratungszentrum für MigrantInnen, asylkoordination, Österreichisches Rotes Kreuz, Deserteurs- und Flüchtlingsberatung Niederösterreich Diakonie-Flüchtlingsdienst, Land-NÖ Öberösterreich Volkshilfe-OÖ, bfi-OÖ, Österreichischer Integrationsfonds Steiermark ZEBRA, OMEGA, Caritas-Graz-Seckau, Österreichischer Integrationsfonds Salzburg Diakonie-Flüchtlingsdienst

PSYCHOTHERAPEUTISCHE BETREUNGSPROJEKTE Wien Hemayat, Caritas-Wien, ESRA Niederösterreich Diakonie-Flüchtlingsdienst Oberösterreich Volkshilfe-OÖ Steiermark ZEBRA, OMEGA Tirol Salzburg Caritas-Salzburg Kärnten Aspis

SCHUBHAFTBETREUNG Burgenland Caritas-Eisenstadt Kärnten Diakonie Flüchtlingsdienst Niederösterreich Menschenrechte Österreich Salzburg Vorarlberg Caritas-Vorarlberg Steiermark Caritas-Graz-Seckau Tirol Oberösterreich Wien

RÜCKKEHRBERATUNG Wien Caritas-Österreich, Menschenrechte Österreich Niederösterreich Menschenrechte Österreich, EHC Vorarlberg Caritas-Feldkirch Steiermark Caritas-Graz-Seckau Eisenstadt Caritas-Eisenstadt Salzburg Menschenrechte Österreich Kärnten Diakonie Kärnten Tirol Oberösterreich

Die Rolle der RCOs im Asylregime Definition RCO RCOs im Asylwesen Rolle der RCOs im Integrationsprozess

Definition RCOs Formale Selbstorganisation von Flüchtlingen Refugee Community Organisations (RCO): „organisations rooted within, and supported by the ethnic and national refugee/asylum seeker communities they serve. Essentially, these RCOs are established by the refugees and asylum seekers themselves – or by their pre-established communities” (Zetter/Pearl 2000:676) gängiger Begriff in englischsprachigen europäischen NGO-Landschaft

Allgemeine Merkmale Vorwiegend kleine, lokale Organisationen, die auf der ehrenamtlichen Arbeit ihrer Mitglieder aufbauen. Wenig Ressourcen (in erster Linie lokale Mittel) Nur wenige RCOs haben Mitglieder aus unterschiedlichen Herkunftsländern (transversale Organisation) Es gibt keine Föderationen oder Dachverbände auf nationaler Ebene. Schwache institutionelle Verankerung von RCOs (sind nicht in beratenden Gremien zur Asylpolitik vertreten) Präsenz von RCO-VertreterInnen in lokalen Interessensvertretungen Schwache Beteiligung an politischem Lobbying Trend zu neuen Aktionsfeldern (Antirassismus, Integrationsarbeit) Exilpolitische RCOs organisieren sich in transnationalen Netzwerken

Partizipation von RCOs im Asylwesen Involvierung auf institutioneller Ebene nicht vorgesehen Erste Anlaufstelle, wichtig für die Orientierung und den Zugang zum Asylverfahren Beratung größtenteils informell für Landsleute Nur wenige professionalisierte Beratungs- und Betreuungseinrichtungen (NGOs) Übersetzung, Begleitung und Vermittlung an NGOs Andere Wahrnehmung der Probleme im Asylverfahren als NGOs ExpertInnen aus den Communities

Mitwirken auf mehreren Ebenen 1. Einzelpersonen aus RCOs als Sachverständige beim AsylGH. RCOs zur Überprüfung von Angaben von Behörden herangezogen 2. RCO-Mitglieder mehr und mehr als MitarbeiterInnen in Flüchtlingshilfs-NGOs 3. RCOs beraten Flüchtlinge, intervenieren bei Behörden, stellen Kontakte zu NGOs her 4. RCOs in Richtung „NGOisierung“ bieten Deutschkurse, Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegation, etc. an (LEFÖ, Chiala´Ariqas) 4. community übergreifend: Zielgruppe nicht mehr nur Mitglieder der Herkunftsgesellschaft spezielisierung auf Frauen, Sexarbeiterinnen, etc

Partizipation während des Asylverfahrens ECRE Konferenz 2003 „„Strengthening Refugee Participation in European Asylum Policies and Programmes”. Einbeziehung von RCOs in die Flüchtlingsberatung empfohlen: “Refugee Community Organisations (RCOs) should be involved in giving information to asylum seekers about procedures in a language asylum seekers understand and with an understanding of the situation which the asylum seeker is going through.” (ECRE 2003) EU-Aufnahme RL: Empfehlung für Mitbestimmung in den Unterkünften Transnationales Projekt ICF: Frage der Partizipation von AW in Unterkünften erhoben (Zentral-Osteurop. Staaten) ICF: remunerierte Arbeit möglich, aber Mitbestimmung durch formal gewählte SprecherInnen nirgends festgestellt  wegen Abhängigkeit vom Aufnahmeland traut man sich nicht, Kritik zu üben; Heterogenität der BewohnerInnen

Partizipation in Integrationsprogrammen RCOs in Wien in Integrationsprogramme (ÖIF, MA 17) eingebunden als Informationsträger für Communities (Projekte, Kurse) Nicht als Projektträger, außer wenn Schritt zur NGO (LEFÖ: Beratung, Deutschkurse für Flüchtlingsfrauen seit 1980er) Graz: Chiala´Afriqas: Kurse, Beratung im Bereich Soziales, Arbeitsmarkt, etc. Hier handelt es sich um Integrationsprogramme von öffentlichenStellen, Integrationsarbeit findet natürlich innerhalt der comunities sehr wohl und in überaus hohem Masse statt

Rolle der RCOs im Integrationsprozeß Wichtige Ergänzung zum wenig auf persönliche Bedürfnisse ausgerichteten institutionellen Integrationssystem für Flüchtlinge Mediation bei Konflikten mit Behörden oder lokaler Bevölkerung Wichtige soziale und psychologische Funktion bei der Bewältigung sozialer Isolation, Dequalifizierung und Diskriminierung „Ethnische“ Community-Sozialarbeit (Wohnungs- Arbeitssuche) Mediation bei Konflikten innerhalb der Communities Kulturelle und sportliche Aktivitäten als Brücke zur Mehrheitsgesellschaft, Konstruktion einer kollektiven Identität Empowerment (civic skills etc.) für die Mitglieder

Zusammenarbeit NGOs-RCOs Zwischen Konkurrenz und Mentoring Tlw. Unkenntnis und Berührungsängste bei den NGOs NGOs werden als „Gatekeeper“ wahrgenommen NGO-MitarbeiterInnen aus den RCOs Vorbehalte gegen community-basierte Sozialarbeit Empowerment Programme wenig nachhaltig Kaum Kooperation bei Projekten im Bereich von Beratung und Betreuung