Räumliche Fähigkeiten

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 Präsentation transkript:

Räumliche Fähigkeiten Mentale Rotation Räumliche Veranschaulichung (spatial visualization) Räumliche Orientierung (spatial perception)

Räumliche Fähigkeiten Mentale Rotation: „Fähigkeit, räumliche Information mental zu repräsentieren und diese Repräsentation durch eine Drehung zu transformieren“ (Wiedenbauer 2006, S. 9) Räumliche Veranschaulichung (spatial visualization) „Aufgaben zur räumlichen Veranschaulichung erfordern mehrschrittige Verarbeitung und Manipulation räumlicher Information“ (Wiedenbauer 2006, S. 11). Labyrinthaufgaben! Räumliche Orientierung (spatial perception) räumliche Beziehungen in Bezug auf den eigenen Körper herstellen; Untersuchung, ob ein stabiles Konzept horizontaler und vertikaler Orientierung im Raum vorliegt (Wiedenbauer 2006)

Vorgehen zum Testen der mentalen Rotationsleistung Mentale Rotation Vorgehen zum Testen der mentalen Rotationsleistung Simultane Präsentation Sukzessive Präsentation Pfeilparadigma Kubovy 1993, S. 356

Zeitlicher Ablauf beim mentalen Rotieren Mentale Rotation Zeitlicher Ablauf beim mentalen Rotieren Stimulusenkodierung (Identifikation des Objektes; Feststellen von gemeinsamen Elementen; Feststellen der Ausrichtung des Objektes) 2. Mentales Rotieren 3. Vergleich mit Stimulusmaterial 4. Motorische Reaktion

Mentale Rotation Winkeldisparität und Reaktionszeit Rotationen in der Bildebene (A) und der Bildtiefe (B) Shepard & Metzler (1971)

Winkeldisparität und Reaktionszeit Mentale Rotation Winkeldisparität und Reaktionszeit Die Gerade wird durch eine Steigung beschrieben, die von der mentalen Rotation verursacht ist (Kehrwert ist die Rotations-geschwindigkeit) und einen Y-Achsenabschnitt, für den die Prozesse Stimulusenkodierung, Vergleich des Stimulus-materials und die motorische Reaktion verantwortlich sind.

Mentale Rotation Abhängige Variablen Reaktionszeit (in ms) Fehlerrate (z.B. in Prozent) Steigung der Reaktionszeit-Winkelgeraden Y-Achsenabschnitt der Reaktionszeit-Winkelgeraden Unterscheidungen jeweils noch nach: Rotationswinkel (z.B. 22,5; 67,5; 112,5, 157,5) Gespiegelt vs. nicht gespiegelt

Mentale Rotation Abhängige Variablen Reaktionszeit (in ms) RT23, RT68, RT113, RT158 RT23gesp, RT68gesp, RT113gesp, RT158gesp RT23rot, RT68rot, RT113rot, RT158rot Fehlerrate (z.B. absolut oder auch in Prozent): Error, Error gesp., Error rot., Error23, Error68, Error113, Error158 Error23gesp, Error68gesp, Error113gesp, Error158gesp Error23rot, Error68rot, Error113rot, Error158rot Reaktionszeit-Winkelgeraden: Steigung (b), Y-Achsenabschnitt (a) Steigung gesp. (b), Y-Achsenabschnitt gesp. (a) Steigung rot (b), Y-Achsenabschnitt rot (a)

Holistische vs. analytische (konfigurale) Verarbeitung Mentale Rotation Holistische vs. analytische (konfigurale) Verarbeitung Holistische Verarbeitung: Die Stimulusfigur wird ganzheitlich gedreht, wie man es mit der Figur auch tun würde, wenn man sie in der Hand hätte. Die holistische Verarbeitung würde daher der physikalischen Drehung entsprechen. Analytische Verarbeitung: Das Objekt wird in einzelne Elemente zerlegt und diese werden bei der mentalen Rotation einzeln rotiert und verglichen. Der Blick wandert dabei immer wieder zwischen einzelnen markanten Stellen des Objektes hin und her.

Holistische vs. analytische (konfigurale) Verarbeitung Mentale Rotation Holistische vs. analytische (konfigurale) Verarbeitung Yullie und Steiger (1982) benutzen Figuren von Shepard & Metzler. Dort reicht der Blick auf eine Achse der Figur, um eine Rotationsentscheidung zu treffen. Weist man Probanden darauf hin, reagieren sie schneller. Das dürfte bei einer holistischen Verarbeitung nicht so sein! Vermutlich nutzen erfahrene Personen beide Strategien. Einfache Objekte werden holistisch, komplexe Objekte eher analytisch verarbeitet. Eine analytische Verarbeitung kann zu schnelleren Reaktionszeiten führen, wenn die wesentlichen Entscheidungsmarker in der Figur gefunden werden.

Holistische vs. analytische (konfigurale) Verarbeitung Mentale Rotation Holistische vs. analytische (konfigurale) Verarbeitung Einfache Objekte (eher holistisch) Komplexe Objekte (eher analytisch)

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Geschlecht Stimulusmaterial (Dimensionalität, Komplexität, Präsentationsform, Distinktheit, möglich/unmöglich, Expertise) Holistische vs. analytische Verarbeitung

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Stimulusmaterial zweidimensional Meistens kürzere Reaktionszeit und höhere Rotationsgeschwindigkeit gegenüber dreidimensionalen Figuren; insbesondere, wenn Objekt bekannt ist (alphanumerisch); Cooper & Shepard 1973; Cooper 1975) Höhere Komplexität (z.B. Figur mit mehr Ecken) führt zum Teil zu längeren Reaktionszeiten; je nach Verarbeitungsstrategie aber auch nicht (holistisch!)

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Stimulusmaterial dreidimensional Längere Reaktionszeiten bei Rotation in der Tiefenachse gegenüber der Bildebene Befunde bezüglich der Dimensionalität sind zuweilen widersprüchlich! Keine eindeutige Aussage möglich! Verarbeitungsstrategien scheinen entscheidende Rolle zu spielen

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Stimulusmaterial Bekannt (Buchstaben, Zahlen); häufig kein linearer Trend bei Reaktionszeit- Winkel-Funktion, eher kurvilinear (Rilea, 2008, S. 225) Unbekannt (Mehrecke, Tetris-Figuren); meist linearer Trend

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Stimulusmaterial Bekannt/Unbekant (BeispielThatcher-Effekt; Prosopagnosie-Patienten vs. Gesunde; Carbon et al., 2007)

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Stimulusmaterial Höhere Komplexität (z.B. Figuren mit mehr Ecken) führt zum Teil zu längeren Reaktionszeiten Verarbeitungsstrategie entscheidend! Holistisch keine deutlich längeren Reaktionszeiten, analytische Verarbeitung führt zu längeren Reaktionszeiten!

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Stimulusmaterial Distinktheit (Hervorstechen von Merkmalen; Karikatureffekt); führt zu kürzeren Reaktionszeit (höhere mentale Rotationsgeschwindigkeit?); vermutlich eher merkmalsbezogene Analyse (analytische Verarbeitung) Semantische Bedeutung (z.B. Kenntnis von Körperteilen); verkürzte Reaktionszeiten; im Beispiel reicht die Erkennung li/re Hand; - Wird da überhaupt noch mental rotiert? Lineare Funktion?

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Stimulusmaterial Expertise; führt mehr Expertise zu einem Wechsel von analytischer zu holistischer Verarbeitung? Häufig untersucht wurden dazu Gesichtserkennungsaufgaben (hier verfügen Menschen über hohe Expertise und verarbeiten holistisch) Funktion Reaktionszeit zu Winkeldisparität würde sich verändern; lässt sich experimentell aber nicht wirklich nachweisen (Gauthier & Tarr, 2002)

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Geschlecht Metastudie (Linn & Petersen, 1985); Männer erzielen bessere Leistungen; hohe Effektstärke (d=0,94) Metastudie (Voyer u.a., 1995); Untersuchungen, die Reaktionszeiten und Fehler erfassen können (chronometrische Tests), zeigen nur noch zu ca. 50% Geschlechtsvorteile für Männer Bei dreidimensionalen Stimuli tritt der Unterschied stärker hervor (Roberts & Bell, 2003) Erklärungen für Unterschiede?

Einflussfaktoren auf die mentale Rotationsleistung Geschlecht Erklärungen für Unterschiede? (Wiedenbauer, 2006) Räumliche Vorerfahrungen (Mathestudierende?; in einem eigenen Experiment fanden sich hier sogar Vorteile bei Frauen) Sozialisation Genetisch, hormonell (Kinder zeigen geringe oder keine Unterschiede; erst nach Pubertät entstehen diese; umstritten! Widersprüchliche Befunde!) Unterschiedliche kortikale Aktivierung Unterschiedliche Strategien (holistisch vs. analytisch; Männer eher holistisch? Keine experimentellen Befunde, die darauf hinweisen)

Mentale Rotation Wie wirken sich motorische Lern-/Trainingsprozesse auf kognitive Leistungen aus? Jonglierstudie von Jansen u.a. (2009): 3-monatiges Jongliertraining führt bei Erwachsenen zu signifikanten Verbesserungen bei mentalen Rotationsleistungen (räumlich-kognitive Aufgabe). Vergrößerte Hirnstrukturen? Gleiche Ergebnisse in einer Studie mit 6-14 Jahren alten Mädchen (Jansen u.a., 2011): - Jongliertraining produziert signifikante Verbesserungen; Kräftigungstraining führt zu keinen Verbesserungen! => Spezifische Bewegungsaufgaben scheinen daher spezifische Hirnregionen und damit auch spezifische kognitive Fähigkeiten zu entwickeln.

Mentale Rotation Wie wirken sich motorische Lern-/Trainingsprozesse auf kognitive Leistungen aus? Motorische Belastungen (45 Minuten Sporteinheit vs. Seminar) verbessern auch kurzfristig die mentale Rotationsleistung (Jansen & Pietsch, 2010, S. 59)