Vortrag am 27 Februar 2012 im Kreis Olpe

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Vortrag am 27 Februar 2012 im Kreis Olpe Gemeinsam lernen. Inklusion leben Auf dem Weg zur schulischen Inklusion in NRW Vortrag am 27 Februar 2012 im Kreis Olpe Prof. em. Dr. Klaus Klemm Universität Duisburg-Essen

Gliederung Von der Hilfsschule zur Inklusion: Ein historischer Rückblick Inklusion: Befunde der empirischen Forschung 3. Exklusion und Inklusion: Zentrale Problembereiche 4. Auf dem Weg zur inklusiven Schule: Empfehlungen

Klaus Klemm Entstehung, Struktur, Steuerung des Schulsystems

Klaus Klemm Entstehung, Struktur, Steuerung des Schulsystems

Reichsschulkonferenz 1920:Stadtrat Grote, Hannover – Vorsitzender des Deutschen Hilfsschulvereins „Denn nachdem die schwachbefähigten, die taubstummen, die blinden, die schwerhöri-gen Kinder abgesondert sind, …müssen die heilpädagogischen Schulen als selbstständig anerkannt werden…Es handelt sich um ein wirklich humanes, ganz neutrales Werk.“

Erlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Bildung (1935) „Die Bestrebungen unseres Staates in Bezug auf die Erbgesundheit machen die Einrichtung der Hilfs-schule und ihre tätige Mitarbeit zur Erreichung dieser Ziele unbedingt notwendig.“ Die Hilfsschule sollte „die Volksschule entlasten, da-mit ihre Kräfte ungehemmt der Erziehung der gesun-den deutschen Jugend dienen können.“ (Preußische allgemeine Anordnung über die Hilfsschulen – 1938) Die Hilfsschulüberweisung führte automatisch zu einer Überprüfung für eine etwaige Zwangssteri-lisation.

Entwicklung in der Bundesrepublik nach 1945 Rekonstruktion bis etwa 1960 Jahre der Expansion der Schulen sowie der Zahlen der Schülerinnen und Schüler: 1950: 1,3% 1960: 1,9% 1970: 3,9% 1980: 4,7% 2000: 5,3% 2009: 6,2% 2010: 6,4%

Entwicklung in der DDR nach 1945 1951: Verordnung über die Beschulung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit physischen und psychischen Mängeln 1959: Gesetz zur sozialistischen Entwicklung des Schulwesens der DDR mit der Einführung der zehnjährigen Schulpflicht, die auch für die Sonderschüler/innen galt 1976: Direktive für den nächsten %-Jahresplan , verstärkte Investitionen in den Ausbau des Sonderschulwesens Insgesamt 8 Sonderschularten: Blindenschule, Sehschwachenschule, Gehörlosenschule, Schwerhörigenschule, Sprachheilschule, Sonderschule für Körperbehinderte, Verhaltensgestörte, Hilfsschule

Michael Solf, MdL (CDU-Fraktion) am 1.12.2010 im Landtag von NRW „Die ‚Vernichtung des lebensunwerten Lebens‘ war das vielleicht fürchterlichste Verbrechen überhaupt. Daraus haben wir in Deutschland gelernt. Wir wollten die Behinderten , denen wir so Schreckliches angetan haben, ganz besonders schützen. Genau vor diesem Hintergrund ist unser Förderschulwesen entstanden. … Das, was wir vor nicht allzu langer Zeit als ‚geschützten Raum‘ verstanden haben, begreifen wir heute eher als etwas ohne Not Abgetrenntes.“

Ab etwa1990: Von der Exklusion zur Inklusion Beginn inklusiver Maßnahmen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (2009 von Deutschland ratifiziert) KMK: Pädagogische und rechtliche Aspekte der Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen …(2010): „Das allgemeine Bildungssystem ist aufgefordert, sich auf die Ausweitung seiner Aufgabenstellung im Snne einer inklusiven Bildung vorzubereiten.“

Gliederung Von der Hilfsschule zur Inklusion: Ein historischer Rückblick Inklusion: Befunde der empirischen Forschung 3. Exklusion und Inklusion: Zentrale Problembereiche 4. Auf dem Weg zur inklusiven Schule: Empfehlungen

Internationale und nationale Studien (zum Förderschwerpunkt Lernen) sagen: Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf lernen in inklusiven Schulen im Feld kognitiver Kompetenzen mehr und besser. Kinder und Jugendliche ohne Förderbedarf lernen in der inklusiven Schule im Feld kognitiver Kompetenzen nicht weniger. Kinder und Jugendliche ohne Förderbedarf lernen im Bereich des sozialen Lernens in inklusiven settings mehr. Jugendliche mit Förderbedarf aus inlusiven Schulen sind beim Zugang zu einer Berufsausbildung erfolg-reicher als die aus separierenden Schulen.

Leistungswerte der schwächsten 5% (Lesen PISA 2009) Finnland 382 Niederland 365 Schweiz 337 Deutschland 333 OECD-Durchschnitt 332 Quelle: Klieme u.a.: PISA 2009. Münster 2010, S. 35

Die Erfolgsbilanz der Förderschule – Absolventen 2010 - NRW 98.290 Förderschüler und Förderschülerinnen (ohne Berufskolleg) 9.930 Absolventen und Abgänger, davon 6.542 (65,9%) ohne einen Hauptschulabschluss

Fachleistungen im Gemeinsamen sowie im getrennten Unterricht

Jugendliche aus gemeinsamen und getrennten Unterricht an der ersten Schwelle Qualität der Ausbildung Zugang zu unterschiedlichen Ausbildungswegen in % aus inklusiven Schulen aus exklusiven Schulen mittel/hoch 54,5 21,2 niedrig 39,4 Kein Zugang/sehr niedrig 6,1 24,3 Quelle: Eckhart/Haeberlin/Lozano/Blanc: Langzeitwirkungen der schulischen Integration. 20111, S. 27

Gliederung Von der Hilfsschule zur Inklusion: Ein historischer Rückblick Inklusion: Befunde der empirischen Forschung 3. Exklusion und Inklusion: Zentrale Problembereiche 4. Auf dem Weg zur inklusiven Schule: Empfehlungen

Verlässlichkeit der Diagnostik? Nordrhein-Westfalen 2010: 6,5% 16,7% 5,4% Kreis Olpe 2010: 8,8% 9,1% 8,0%

Biographische Brüche

Wachsende Inklusionsanteile und steigende Förderquoten zugleich!

Inklusion im gegliederten Sekundarschulwesen/Inklusion in der Exklusion? Verteilung der inklusiv unterrichteten Schüler/innen auf die Sekundarschulen - in Prozent (2009 bzw. 2010) NRW (2010) Olpe (2010) Hauptschule 62,0 100 Realschule 6,0 Gymnasium 1,9 Gesamtschule 24,4 Waldorfschule 5,8 insgesamt 100,0

Standortgefährdungen bei zunehmender Inklusion und demographischer Reduktion (Förderschwerpunkt Lernen*) Mindestgröße 144 72 unterhalb der Mindestgröße 2010/11 58 % 8% unterhalb der Mindestgröße 2020/21 99 % 80% *bei einer Anwahl der allgemeinen Schulen durch 50% der Kinder mit Förderbedarf, die heute noch die Förderschule Lernen besuchen.

Gliederung Von der Hilfsschule zur Inklusion: Ein historischer Rückblick Inklusion: Befunde der empirischen Forschung 3. Exklusion und Inklusion: Zentrale Problembereiche 4. Auf dem Weg zur inklusiven Schule: Empfehlungen

Empfehlung: Personalausstattung der Schulen Der Stellenbedarf der Schüler und Schülerinnen mit Förderbedarf wird nach der S/L-Relation der aufnehmenden Schule berechnet. Zusätzlich bringen die Schüler und Schülerinnen Unterrichtsstunden mit – im Gutachten in zwei Varianten* berechnet: Variante 1 Variante 2 Lehrerwochenstunden - LES 3,7 3,0 Erteilte Unterrichtsstunden - LES 2,4 Zusätzlicher Stellenbedarf (alle Förderschwerpunkte) 2.544 + 2.118 = 4.662 2.544 *Variante 1: Doppelzählung; Variante 2: Deckelung durch demographische Rendite

Empfehlung Sicherung inklusiver Bildungsbiographien: Von den Kindertageseinrichtungen bis zu den Berufskollegs

Empfehlung Auslaufen der Förderschulen mit den Schwerpunkten Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung, Sprache (LES: 100% Inklusion) Fortführung von Doppelstrukturen nur in den übrigen Förderschwerpunkten (Annahme: 50% Inklusion)

Empfehlung LES: Aufgabe der Feststellungsdiagnostik , weiterhin Förderdiagnostik Budgetierte Zuweisung der Ressourcen an inklusiv arbeitende Schulen (Orientierung an 4,6% LES, Zuweisung auf der Basis von Sozialindikatoren) Verlagerung der Stellen (LES) an die inklusiv arbeitenden Schulen

Empfehlungen Einrichtung interdisziplinärer Beratungs- und Unter-stützungsstellen für stark verhaltensschwierige Kin-der und Jugendliche Für die Förderschwerpunkte Hören, Sehen, Kör-perliche und motorische Entwicklung, Geistige Entwicklung: Bildung inklusiv arbeitender Schwer-punktschulen Sicherung und Weiterentwicklung sonderpädago-gischer Fachkompetenz der entsprechend ausgebil-deten Lehrenden, Qualifizierung der Lehrenden allgemeiner Schulen, Reform der Lehrerbildung

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