Vorlesung am Wahrscheinlichkeiten und ihre Berechnung

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Definition [1]: Sei S eine endliche Menge und sei p eine Abbildung von S in die positiven reellen Zahlen Für einen Teilmenge ES von S sei p definiert.
Advertisements

Stochastik und Markovketten
Die Laufzeit von randomisierten (zufallsgesteuerten) Algorithmen hängt von gewissen zufälligen Ereignissen ab (Beispiel Quicksort). Um die Laufzeiten dieser.
Gruppenwettbewerb. Gruppenwettbewerb Aufgabe G1 (8 Punkte)
Algebraische Zahlen: Exaktes Rechnen mit Wurzeln
Vom graphischen Differenzieren
Prof. Dr. W. Conen 15. November 2004
WR + WS ZEIGEN Neues aus der Mathematik.
Klassen (Zweck) Wozu legt man Klassen an? Überblick
Klicke Dich mit der linken Maustaste durch das Übungsprogramm!
Gliederung Definition des Wahrscheinlichkeitsbegriffes
Algorithmentheorie 04 –Hashing
WS Algorithmentheorie 02 - Polynomprodukt und Fast Fourier Transformation Prof. Dr. Th. Ottmann.
Kapitel 5 Stetigkeit.
Kapitel 1 Das Schubfachprinzip
Kapitel 6 Mehrstufige Zufallsexperimente
Kapitel 1 Die natürlichen und die ganze Zahlen. Kapitel 1: Die natürlichen und die ganzen Zahlen © Beutelspacher/Zschiegner April 2005 Seite 2 Inhalt.
Kapitel 6 Differenzierbarkeit. Kapitel 6: Differenzierbarkeit © Beutelspacher Juni 2005 Seite 2 Inhalt 6.1 Die Definition 6.2 Die Eigenschaften 6.3 Extremwerte.
Kapitel 4 Geometrische Abbildungen
Zählen, ohne zu zählen.
Heute: Scherenzange zeichnen
Folie 1 Kapitel II. Vom Raumbegriff zu algebraischen Strukturen Neubeginn: Herleitung des Begriffs Vektorraum aus intuitiven Vorstellungen über den Raumbegriff.
§9 Der affine Raum – Teil 2: Geraden
§9 Der affine Raum – Teil 2: Geraden
Tutorium Willkommen zurück, in der wunderbaren Welt der Statistik Teil II.
Übungen zur Vorlesung Stochastik und ihre Didaktik
Wegenetze von: Johanna Nixdorf, Michael Repke, Christian Richter ( )
Kontrollfragen zu Kapitel 1
Vorlesung: Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin Begriff der Zufallsgröße Ergebnisse von Zufallsexperimenten werden als Zahlen dargestellt:
Wahrscheinlichkeitsrechnung
20:00.
1.3. Kombinatorische Zählprobleme Zählstrategien
Virtueller Rundgang Casa Mariposa in Playa del Coco.
Chaos und Fraktale M. Bostelmann Michael Bostelmann.

Black Box Algorithmen Hartmut Klauck Universität Frankfurt SS
Black Box Algorithmen Hartmut Klauck Universität Frankfurt SS
Effiziente Algorithmen Hartmut Klauck Universität Frankfurt SS
Beweissysteme Hartmut Klauck Universität Frankfurt WS 06/
Information und Kommunikation
§3 Allgemeine lineare Gleichungssysteme
Wahrscheinlichkeit Zufallsexperiment:
STATISIK LV Nr.: 0028 SS Mai 2005.
IK Ökonomische Entscheidungen und Märkte
Wahrscheinlichkeitsrechnung
Wahrscheinlichkeitsrechnung
Kombinatorische Aspekte auf dem 9-Nagel-Geobrett
CRAPS altes englisches Glücksspiel mit zwei Würfeln
Zufallsgröße und Erwartungswert
Bisherige Vorlesungen: Beschreibende Statistik
A siegt B siegt 1. noch ausstehendes Spiel ausstehendes Spiel
Vorlesung Mai 2000 Konstruktion des Voronoi-Diagramms II
Paris Beim Glücksspiel
1. 2. Berechnen von Wahrscheinlichkeiten
Der Zentralwert.
ENDLICHE KÖRPER RSA – VERFAHREN.
Vorlesung Wahrscheinlichkeiten und ihre Berechnung.
Disziplin 3: Cycle. Man geht aus von zwei 3er-Stapeln und einem 6er-Stapel
1 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Rechnernetze und Telematik Prof. Dr. Christian Schindelhauer Informatik III Christian Schindelhauer Wintersemester.
Schnittpunkt von zwei Geraden
Analyse der Laufzeit von Algorithmen
Vom graphischen Differenzieren
Stochastik Grundlagen
Bevölkerung in der 3. Welt
Vorbereitungsseminar zum fachdidaktischen Blockpraktikum im SS 2011
Lineare Optimierung Nakkiye Günay, Jennifer Kalywas & Corina Unger Jetzt erkläre ich euch die einzelnen Schritte und gebe Tipps!
Wahrscheinlichkeitsrechnung Stochastische Unabhängigkeit Ex
 Präsentation transkript:

Vorlesung am 27.11.2006 Wahrscheinlichkeiten und ihre Berechnung Vorlesung am 4.12.2006: 1. Fortsetzung der Überlegungen zu Wahrscheinlichkeiten und ihrer Berechnung 2. Mehrstufige Zufallsexperimente und ihre Baum- diagramme ۩  ₪

Zur Erinnerung: Vorgegeben ist ein zufälliger Versuch.  Wir präzisieren die Bedingungen so, dass die Vorschrift eindeutig festgelegt ist und damit der Versuch beliebig wiederholbar wird. Wie ist ein geeigneter Ansatz für die Berechnung von Eintrittschancen (= Wahrscheinlichkeiten) zu finden? Eine allgemeingültige Antwort gibt es nicht! Für den jeweils vorgelegten, konkreten zufälligen Versuch muss überlegt werden, wie die Eintrittschancen zu berechnen sind.

1. Wir versuchten, das Problem zu verstehen: Beispiel: In einen Kreis mit dem Radius r soll auf gut Glück eine Sehne eingezeichnet werden. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die eingezeichnete Sehne länger ist als die Seitenlänge desjenigen gleichseitigen Dreiecks, das dem Kreis einbeschrieben werden kann? 1. Wir versuchten, das Problem zu verstehen: In den gegebenen Kreis lässt sich ein gleichseitiges Dreieck einzeichnen (einbeschreiben): Seitenlänge solch eines Dreiecks berechnen – in Abhängigkeit vom Kreisradius r : Unsere Aufgabe ist es, willkürlich eine Sehne einzuzeichnen und dann die Sehne mit der Dreiecksseite zu vergleichen.

Unser 1. Vorschlag zum Präzisieren der Aufgabe: Unser 1. Vorschlag zum Präzisieren der Aufgabe:  Einzeichnen einer Sehne: 1. Punkt A auf dem Kreis auswählen 2. Von diesem Punkt aus die Sehne zeichnen. W = Menge aller Sehnen, die auf diese Weise eingezeichnet werden können Ereignis E = Menge aller Sehnen aus W, die länger als sind. A Beispiel-Sehne P(E) = ?  Wir benutzen das Modell der geometrischen Wahrscheinlichkeit.

P(E) = P(Menge aller Sehnen, die als sind) Geometrische Wahrscheinlichkeit: Zufälliges Experiment, das mit geometrischen Mitteln beschrieben werden kann: W ist als geometrische Figur auffassbar. Die möglichen Versuchsausgängen haben alle die gleiche „Eintrittschance“: kein Ausgang ist gegenüber einem anderen bevorrechtet. Das interessierende Ereignis E lässt sich als Teil(-Figur) der Figur W auffassen.  Berechnung der geometrischen Wahrscheinlichkeit von E: P(E) = P(E) = P(Menge aller Sehnen, die als sind) = Beispielsehne, die länger als die Dreiecksseite ist. Verwendete Maßzahl: Winkel in Grad

Achtung: Unsere Interpretation der Aufgabe (= des zufälligen Versuchs) Achtung: Unsere Interpretation der Aufgabe (= des zufälligen Versuchs) war nur eine von vielen möglichen! Beispiel für eine andere mögliche Interpretation: Zufälliges Einzeichnen einer Sehne bedeutet für uns nun „Wir vereinbaren eine Richtung, in der die Sehnen eingezeichnet werden sollen, und zeichnen dann „nur“ Sehnen in dieser Richtung ein.“ Wir legen als Sehnenrichtung den Neigungswinkel a gegen den waagerechten Durchmesser fest. Die für E günstigen Sehnen liegen dann im rot markierten Bereich. Die für E günstigen Sehnen lassen sich durch den blauen Ausschnitt des waagerechten Durchmessers beschreiben.

Berechnung der geometrischen Wahrscheinlichkeit für diese Festlegung des zufälligen Versuchs: P(E) = = 1 : 2 (Beweis:  In der vergangene Vorlesung als einzelnes Blatt ausgegeben!) Achtung: Unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten für einen zufälligen Versuch??? Nein! Wir haben es bei den beiden Interpretationen mit unterschiedlichen zufälligen Versuchen zu tun. Die berechneten Wahrscheinlichkeiten sind an die jeweilige Versuchsfestlegung gebunden – sie gelten nur in diesem Kontext!

Grundsätzliches Problem: Vorgegeben ist ein zufälliger Versuch Grundsätzliches Problem: Vorgegeben ist ein zufälliger Versuch.  Wir präzisieren die Bedingungen so, dass die Vorschrift eindeutig festgelegt ist und damit der Versuch beliebig wiederholbar wird. Wie ist dann ein geeigneter Ansatz für die Berechnung von Eintrittschancen (= Wahrscheinlichkeiten) zu finden? Eine allgemeingültige Antwort gibt es nicht! Für den jeweils vorgelegten konkreten zufälligen Versuch muss überlegt werden, wie die Eintrittschancen zu berechnen sind. Vorschläge für mögliches Herangehen (mögliche Fragen): Passt das Laplace-Modell? Könnte man das Modell der geometrischen Wahrscheinlichkeit benutzen? Sollte man anstelle von Wahrscheinlichkeiten relative Eintrittshäufigkeiten berechnen? ( empirisches Gesetz der großen Zahlen!)

 axiomatische Festlegung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs Alle Vorschläge für Wahrscheinlichkeitsberechnungen müssen gewisse grundlegende Eigenschaften erfüllen!  axiomatische Festlegung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs Andrei Nikolajewitsch Kolmogorov (1903-1987), Bedeutender russischer Wahrscheinlichkeitstheoretiker: „Vater der modernen Wahr- scheinlichkeitsrechnung“ 1933 Axiomensystem für die Wahrscheinlichkeit

Axoimensystem von A. N. Kolmogorov: Gegeben: Zufälliges Experiment mit dem Ergebnisraum W. Eine Funktion P, die jedem Ereignis E W eine reelle Zahl P(E) zuordnet, heißt Wahrscheinlichkeitsfunktion (Wahrscheinlichkeitsmaß) auf W genau dann, wenn sie folgende Eigenschaften besitzt: P(E) 0 für jedes Ereignis E W (Nichtnegativität) P(W) = 1 (Normierung) P(E1 E2) = P(E1) + P(E2) , falls E1 E2 = Ø (Additivität) Die Zahl P(E) heißt dann Wahrscheinlichkeit des Ereignisses E im gegebenen zufälligen Versuch.

Die Modelle der Laplace-Wahrscheinlichkeit, der geometrischen Wahrscheinlichkeit, der Eintrittshäufigkeit führen auf Wahrscheinlichkeitsmaße! Laplace-Wahrscheinlichkeit, geometrische Wahrscheinlichkeit relative Häufigkeit sind Wahrscheinlichkeitsmaße.

Beispiel: Wir wollen mit folgendem, etwas ungewöhnlichem Würfel würfeln: ۩ ۩ ₪ ۩  ۩ ۩ Wie groß ist die Chance, dass mit diesem Würfel gewürfelt wird?  W = { ۩ , ₪ ,  } ; kein Laplace-Modell! P( ۩ ) = und P( ₪ ) = P(  ) =

W = { ۩ , ₪ ,  } ; kein Laplace-Modell! P( ۩ ) = und P( ₪ ) = P(  ) = Aber: Mit dieser Festlegung für P ist eine Wahrscheinlichkeit(sfunktion) für die Menge W der Versuchsausgänge festgelegt. Eigenschaft (2) der Normierung gilt, denn: P( ۩ ) + P( ₪ ) + P(  ) = + + = 1 = P( { ۩ , ₪ ,  } ) = P(W)

Eigenschaft (1) der Nichtnegativität gilt, denn: Ist das Ereignis E das unmögliche Ereignis.  P(E) = P( ) = 0 (zwingend-sinnvolle Festlegung für das Nichtrealisierbare!) Sei das Ereignis E eine nichtleere Teilmenge von W  E setzt sich aus Elementarereignissen aus W zusammen. P(E)

۩  ₪ E2 E1 Eigenschaft (3) der Additivität gilt, denn: Seien E1 und E2 Ereignisse mit  setzt sich aus genau denjenigen Elementar- ereignissen zusammen, die zu E1 oder zu E2 gehören.  Zum Beispiel: E1 E2 ۩  ₪ = { ۩ , ₪ ,  } = W

Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten Es sei P eine Wahrscheinlichkeitsfunktion zu einem gegebenen zufälligen Versuch mit dem Ergebnisraum W. Zusätzlich zu den Kolmogorov-Axiomen gelten dann für die Funktion P stets weitere Eigenschaften: Monotonie-Regel: Ereignis E Ereignis F  P(E) P(F) Regel für Gegenwahrscheinlichkeiten: P( ) = 1 – P(E) für jedes Ereignis E Additionsregel: P( ) = P(A) + P(B) – P( ) für alle Ereignisse A und B.

Beweis der Regel für die Gegenwahrscheinlichkeit: Wir benutzen: Beweis der Regel für die Gegenwahrscheinlichkeit: Wir benutzen: P(W) =1 (= Normierungsaxiom) , W = und Ø für jedes Ereignis A sowie das Additionsaxiom: 1 = P(W) = P( ) = P(A) + P( )  P( ) = 1 – P( A ) Speziell: P(Ø ) = 0 , denn: Ø und Ø = Ø  P(W) = P(W) + P(Ø)  1 = 1 + P(Ø)  P(Ø) = 0

A B Beweis für die Additionsregel: „überlappender Teil“ (2x vorhanden): A B A B Beweis für die Additionsregel: A = (A – (A B) ) (A B) B = (B – (B A) ) ( A B) A B = (A – (A B) ) (A B) (B – (B A) )  P(A B) = P(A ) + [ P(B) - P(A B) ] (gemäß Additionsaxiom und Regel für die Gegenwahrscheinlichkeit)

B A Beweis für die Monotonie-Regel: B = (B – A) A P(B) = P(B - A) + P(A) und wegen P(B – A ) 0 (Nichtnegativität) P(B) P(A)

Wichtige Eigenschaft für zufällige Versuche mit endlich vielen Elementarereignissen: 1 = P(W) = Die Gesamtwahrscheinlichkeit setzt sich aus allen Elementarwahrscheinlichkeiten zusammen. Für jedes Ereignis E gilt: Die Wahrscheinlichkeit von E setzt sich aus den Elementar- wahrscheinlichkeiten für diejenigen Elementarereignbiss w zusammen, die zu E gehören.

Beispiel: 6 Personen setzen sich zufällig um einen runden Tisch. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass zufällig Peter neben Maria zu sitzen kommt? Anton, Peter, Jenny, Maria, Anja und Olaf wollen sich an den Tisch mit seinen 6 Plätzen setzen. Präzisierung des Experiments: Wir haben die 6 Plätze durchnummeriert. „Die Kinder setzen sich zufällig an den Tisch.“ heißt für uns: Peter und Maria wählen ihre beiden Plätze beliebig aus den 6 Plätzen aus. (Wie die anderen 4 Kinder sich auf die restlichen 4 Plätze setzen ist für unser Problem bedeutungslos.)

Versuchsausgänge: alle möglichen Stuhlkombinationen, auf denen Peter und Maria Platz genommen haben. = { {1,2} , {1,3} , {1,4} , {1,5} , {1,6} , {2,3} , {2,4} , {2,5} , {2,6} , {3,4} , {3,5} , {3,6} , {4,5} , {4,6}, {5,6} }  Ereignis E : Peter und Maria haben benachbarte Plätze E = {{1,2} , {2,3} , {3,4} , {4,5} , {5,6} , {6,1}}  Ansatz für die gesuchte Wahrscheinlichkeit: Alle Versuchsausgänge sind gleichberechtigt.  Verhältnisansatz : P(E) = Alle möglichen Zweier-Mengen von Sitzkombinationen Laplace-Modell !

Die Chance, dass Peter und Maria zufällig nebeneinander sitzen, ist für unsere Interpretation des Problems 40% (Wahrscheinlichkeit 0,4). Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, das Problem zu verstehen – und entsprechend zu modellieren (in die Sprache der Stochastik zu übertragen)!  Haben Sie Ideen dafür?

Wir wählen nun z. B. folgende Interpretation des Versuchs: Versuchsbedingungen: „Die Kinder setzen sich zufällig an den Tisch.“ heißt für uns: Die Plätze am Tisch sind nicht mehr nummeriert. Peter und Maria wählen ihre beiden Plätze beliebig am Tisch aus . (Wie die anderen 4 Kinder sich auf die restlichen 4 Plätze setzen ist für unser Problem bedeutungslos.) Experiment: Peter und Maria setzen sich beliebig an den Tisch und wir zählen, bei Peter beginnend und im Uhrzeigersinn, ab, wie viele Kinder zwischen Peter und Maria sitzen. Elementarereignisse: 0 , 1 , 2  Ereignis A : Abstand 0  Ereignis B: Abstand 1  Ereignis C: Abstand 2

Achtung: Ereignis A: „Peter und Maria sitzen nebeneinander“ (d.h. 0 Kinder zwischen ihnen) ist gleichbedeutend damit, dass 4 Kinder zwischen ihnen sitzen. Ereignis B: „Zwischen Peter und Maria sitzt 1 Kind“ ist gleichbedeutend damit, dass 3 Kinder zwischen ihnen sitzen. Ereignis C: „Zwischen Peter und Maria sitzen 2 Kinder“

Bei genauem Hinsehen: = { {1,2} , {1,3} , {1,4} , {1,5} , {1,6} , {2,3} , {2,4} , {2,5} , {2,6} , {3,4} , {3,5} , {3,6} , {4,5} , {4,6}, {5,6} } Ereignis A = { {1,2} , {2,3} , {3,4} , {4,5} , {5,6} , {1,6} } Ereignis B = { {1,3} , {2,4} , {3,5} , {4,6} , {2,6} , {1,5} } Ereignis C = { {1,4} , {2,5} , {3,6} } Peter und Maria sitzen neben-einander P( Abstand 0 ) = = P( Abstand 1 ) P( Abstand 2 )  Ereignis A : Abstand 0  Ereignis B: Abstand 1  Ereignis C: Abstand 2

Unser zweiter Betrachtungsvorschlag lässt sich also folgendermaßen charakterisieren: Wir haben es bei diesem Vorschlag also nicht mit einem Laplace-Modell zu tun!  P Modell 2 ( Peter und Maria sitzen nebeneinander ) =

Noch eine weitere mögliche Versuchsinterpretation: „Peter und Maria setzen sich beliebig an den Tisch und wir interessieren uns nur dafür, ob die zwei nebeneinander sitzen oder nicht.“ Achtung: Diese Versuchsinterpretation führt ebenfalls nicht auf ein Laplace-Modell ! W = {ja , nein}  P( {ja} ) = P( Abstand 0) = P( {nein} ) = P( Abstand 1 oder 2) = (Genau hinschauen: Hinter dem Ausgang „nein“ verbergen sich mehr Möglichkeiten als hinter „ja“.)

P Modell 3 (ja) = P( Peter und Maria sitzen nebeneinander ) = P(0 Plätze zwischen ihnen) = Achtung: 3 verschiedne Modellvorschläge, die aber alle 3 für die gesuchte Wahrscheinlichkeit P( Peter und Maria sitzen nebeneinander ) denselben Wert liefern. Ursache: Wir führen in allen 3 Fällen auf denselben Grundansatz zurück.

Beispiel: Was ist gerecht Beispiel: Was ist gerecht? Zwei gleichstarke Mannschaften bestreiten einen Wettkampf, der aus einzelnen Runden besteht. Im Fall eines Rundengewinns bekommt die Siegermannschaft einen Punkt, die Verlierermannschaft geht leer aus. (Gleichstand in einer Runde gibt es nicht.) Die Mannschaft, die als erste 3 Punkte zusammenhat, ist Gesamtsieger und bekommt das Preisgeld.  Die Bedingungen des Experiments „Wettkampf zwischen Mannschaft und Mannschaft B“ sind damit festgelegt! Alles wäre in Ordnung, wenn nicht der Wettkampf wegen eines Wolkenbruchs vorzeitig beim Spielstand 2:1 für die Mannschaft A hätte abgebrochen werden müssen. Wie ist nun der Preis möglichst gerecht unter den beiden Mannschaften A und B aufzuteilen?

Aufteilung des Preisgeldes im Verhältnis 2:1 Mannschaft A bekommt des Preisgeldes, Mannschaft B bekommt des Preisgeldes. Einverstanden? Mannschaft A war ja eigentlich schon „viel näher“ am Gesamt- sieg als Mannschaft B …  Es wäre gerechter, die zukünftigen Chancen zu berücksichtigen!

Blick in die Zukunft: 1. noch ausstehendes Spiel 2. ausstehendes Spiel Aktueller Stand: A hat 2 Runden gewonnen, B eine Runde Weiterer möglicher Spielverlauf:  verbleibende Spiele bis zum Wettkampf-Ende A siegt B siegt 1. noch ausstehendes Spiel 2. ausstehendes Spiel Stand: 2:1 für A

und insgesamt – Produktregel! Eintrittschancen? Schritt für Schritt A siegt B siegt 1. noch ausstehendes Spiel 2. ausstehendes Spiel Stand: 2:1 für A und insgesamt – Produktregel!

1. noch ausstehendes Spiel 2. ausstehendes Spiel A siegt Stand: 2:1 für A A siegt B siegt B siegt Ereignis „ A gewinnt den Wettkampf“ = { A gewinnt das 1. ausstehende Spiel , B gewinnt das erste und A gewinnt das 2. ausstehende Spiel } P( A gewinnt den Wettkampf) =  P(B gewinnt den Wettkampf) = Wahrscheinlichkeit des Gegenereignisses

Welches stochastische Modell verbirgt sich hinter diesen Überlegungen? Gerechte Verteilung des Preisgeldes?  Unsere Antwort: des Preisgeldes an Mannschaft A; des Preisgeldes an Mannschaft B. Welches stochastische Modell verbirgt sich hinter diesen Überlegungen?  mehrstufige Zufallsexperimente

n-stufiges Zufallsexperiment: Das Experiment gliedert sich in n Teilexperimente, die man sich als Kette hintereinander angeordnet vorstellen kann. Jeder Ausgang (=Elementarereignis) des n-stufigen Experiments ist eine Kette von n Teilausgängen: w = (w1, w2, … , wn) , wobei gilt: wi = Ergebnis des n-ten Teilexperiments (i=1,…,n). Achtung: Die Teilexperimente eines mehrstufigen Zufallsexperiments müssen nicht sämtlich identisch sein!

n-stufiges Zufallsexperiment Abfolge der Teilexperimente T1, …, Tn  Veranschaulichung durch einen Baum: w1 . . . . . . . . . w2 wn wn-1 T1 T2 . . . Tn mögliches Elementarereignis des n-stufiges Experiments

Jedem Ausgang des n-stufigen Experiments entspricht ein Pfad im Baum. Pfad-Multiplikationsregel: Beispiel-Experiment: 3-maliger Münzwurf und Notieren der 3 oben liegenden Münzseiten  W = { (w,w,w,) , (w,w,z) , (w,z,w) , (w,z,z) , (z,w,w) , (z,w,z) , (z,z,w) , (z,z,z) } Baum mit eingetragenen Pfadwahrscheinlichkeiten

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass erstmalig beim 3 Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass erstmalig beim 3. Wurf Zahl oben liegt? Ereignis E = { (W,W,Z) }  P(E) = Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei den 3 Würfen nur 1x Zahl auftritt?  Ereignis F = { (Z,W,W) , (W,Z,W) , (W,W,Z) }  P(F) =

Beispiel Ziehen ohne Zurücklegen 9 Kinder stehen auf dem Schulhof – 5 Jungen und 4 Mädchen. Als Tino dazukommt, atmen alle auf: Jetzt gibt es 2 Völkerball-Mannschaften mit je 5 Kindern. Tino stellt die Mannschaften so zusammen: auf gut Glück wählt er die vier Kinder aus, die mit ihm in der gleichen Mannschaft spielen sollen. Die „übrig gebliebenen“ fünf Kinder spielen dann in der anderen Mannschaft.

Abzweigung nach links:. Tino wählt in diesem Abzweigung nach links: Tino wählt in diesem Schritt einen Jungen; Abzweigung nach rechts: Tino wählt in diesem Schritt ein Mädchen. Stochastisches Modell: 4-stufiges Zufallsexperiment  Ausgänge: (1. gewähltes Kind, 2. gewähltes Kind, 3. gewähltes Kind, 4. gewähltes Kind) Dabei ist jeweils nur die Information Junge oder Mädchen interessant (möglich).  Elementarereignisse: 4-er-Ketten mit den Einträgen J(unge) oder M(ädchen)

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Tinos Mannschaft aus 2 Jungen und 3 Mädchen besteht?  Ereignis E : Tino wählt 1 Jungen und 3 Mädchen aus  E = Menge aller möglichen Auswahlen von 1 Jungen und 3 Mädchen Nach der Auswahl sind noch 4 Jungen und 1 Mädchen „übrig“.  Im Baum ist nach der Konstellation zu suchen.

Berechnung der Wahrscheinlichkeit P(E) : = 0,15673

Besonderheit dieses 4-stufigen Experiments: Die 4 Teilexperimente sind 4 unterschiedliche Zufallsversuche! 1. Teilexperiment: Auswahl des ersten Kindes aus einer Gruppe von 5 Jungen und 4 Mädchen 2. Teilexperiment: Auswahl des zweiten Kindes aus der Gruppe der verbliebenen 8 Kinder 3. Teilexperiment: Auswahl des dritten Kindes aus der Gruppe der verbliebenen 7 Kinder 4. Teilexperiment: Auswahl des dritten Kindes aus der Gruppe der verbliebenen 6 Kinder  Die Teilexperimente sind voneinander abhängig: Die Bedingungen jedes Teilexperiments hängen davon ab, wie das Vorgängerexperiment ausgegangen ist!

Wir benötigen einen Begriff, der die Abhängigkeit in der Sprache der Stochastik modelliert.  bedingte Wahrscheinlichkeiten

Wichtige Gedanken der heutigen Vorlesung: Wahrscheinlichkeitsberechung mit konkreten Ansätzen für die Wahrscheinlichkeit Charakteristische Eigenschaften für Wahrscheinlichkeiten: Nichtnegativität, Normierung, Additivität (Kolmogorov-Axiome) abgeleitete Eigenschaften Mehrstufige Zufallsversuche