Manfred Schneider Wintersemester 20011/12 Was bleibt? Die Moderne und die Reste 1. Vorlesung Einführung und Überblick Die moderne Gedächtnis-Problematik: Reste statt Werke Aufstieg der Skripturen: Goethe, Nietzsche, Kafka. Cy Twobly, Darboven, John Cage Frage des Kunstwertes Nietzsches „Umwertung aller Werte“ Erinnern - Vergessen garbage-theory Die Entdeckung des Gestanks
Übung zur Vorlesung Matt Lockaby (University of Virginia) Lektüre der Reste Mi GBCF 04/358 Moodle: --> Philologie --> Germanistik --> Was bleibt? Literatur und Kultur der Reste - Begleitübung). Zugangsschlüssel: Reste
Prometheus Bedecke deinen Himmel, Zeus, Mit Wolkendunst! Und übe, Knaben gleich, Der Disteln köpft, An Eichen dich und Bergeshöhn! Mußt mir meine Erde Doch lassen stehn, Und meine Hütte, Die du nicht gebaut, Und meinen Herd, Um dessen Glut Du mich beneidest. Ich kenne nichts Ärmeres Unter der Sonn als euch Götter. Ihr nähret kümmerlich Von Opfersteuern Und Gebetshauch Eure Majestät Und darbtet, wären Nicht Kinder und Bettler Hoffnungsvolle Toren. Da ich ein Kind war, Nicht wußte, wo aus, wo ein, Kehrte mein verirrtes Aug Zur Sonne, als wenn drüber wär Ein Ohr zu hören meine Klage,
Friedrich Nietzsche: Notizbuch W I, 8 (1886)
Franz Kafka: Die Verwandlung Erste Seite des Manuskripts
Cy Twombly: The Italians (1961)
Hanne Darboven: Tafel 1 Ausschnitt (1972/73)
Hanne Darboven: Tafel I Gesamtansicht (1972/73)
„Wie die Städte bei einem Erdbeben einstürzen und veröden und der Mensch nur zitternd und flüchtig sein Haus auf vulkanischem Grund aufführt, so bricht das Leben selbst in sich zusammen und wird schwächlich und muthlos, wenn das Begriffsbeben, das die Wissenschaft erregt, dem Menschen das Fundament aller seiner Sicherheit und Ruhe, den Glauben an das Beharrliche und Ewige, nimmt.“ Friedrich Nietzsche: Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben (1874 )
Der amerikanische Archäologe William L. Rathje bei der Arbeit
Wenn man mich fragt, wie ein Mensch es hier aushält, in diesem dreckigen Schlupfwinkel aller nur denkbaren Laster und Übel, (…) inmitten einer von tausend fauligen Dämpfen vergifteten Luft, zwischen Schlachtereien, Totenäckern, Hospitälern, Abzugsrinnen, Urinbächen, Kothaufen, Färbereien, Lohgerbereien und Lederwerkstätten; umgeben von dem dauernden Rauch unglaublicher Holzmassen und dem Dunst der verbrannten Kohle, von arsenik-, schwefel- und pechhaltigen Teilchen, die laufend aus den kupfer- und metallverarbeitenden Werkstätten ausgestoßen werden (…), so würde ich antworten, dass die Gewohnheit uns Pariser mit den feuchten Nebelschwaden ebenso vertraut macht wie mit den schädlichen Dämpfen und dem fauligen Schlamm.“ Aus: Louis-Sébastien Mercier: Tableaux de Paris ( )