 POLITIK, MYSTIK UND EROTIK AUS FRAUENSICHT MMag. Dr. Rita Perintfalvi.

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 Präsentation transkript:

 POLITIK, MYSTIK UND EROTIK AUS FRAUENSICHT MMag. Dr. Rita Perintfalvi

 „Je mystischer wir Christen sind, um so politischer werden wir sein.“ (DS, Rottenburg-Stuttgart 1985)

Simone Weil  „Der Gegenstand meiner Suche ist nicht das Übernatürliche, sondern die Welt. Das Übernatürliche ist das Licht.“  „Man darf nicht vergessen, dass eine Pflanze von Licht und Wasser lebt, nicht von Licht allein. Es wäre also ein Irrtum, nur auf die Gnade zu zählen. Es braucht auch irdische Energie.“

Simone Weil  „Der Politik sind Ethik und Spiritualität wiederzugeben, v. a. in Form einer bestimmten Gerechtigkeit und eines erneuerten Verständnisses von Gemeinschaft.“

Dorothee Sölle  „Theologisches Nachdenken ohne politische Konsequenzen kommt einer Heuchelei gleich. Jeder theologische Satz muss auch ein politischer sein.“

Politik und Theologie: Befreiungstheologie  „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und habe ihr Geschrei gehört.“ (Ex 3,7)

Elisabeth Schüssler Fiorenza  Die Frauen gehören ins Zentrum, 1993 Ekklesia Gynaikon/Frauenkirche  „Ekklesia“: gr. „Versammlung aller BürgerInnen“:  „Die Kirche ist nicht wirklich Kirche, so lange sie eine von privilegierten Männern beherrschte Kirche ist!“  „Frauen sind die Kirche und nicht nur in der Kirche.“

Biblische Überlegungen und mystische Schriften  Sowohl die mystischen Schriften von Mechthild von Magdeburg als auch das biblische Hohelied beschreiben Grenzüberschreitungen.  Ohne „Überschreitung“ gibt es keine wirkliche Gotteserfahrung....  Die Überschreitung führt sie in die Sphäre der Freiheit der Selbstdefinition: Sexualität und Spiritualität.

Mechtild von Magdeburg( / 1294)

 Sie verließ das Leben der Wohlhabenden und lebte in freiwilliger Solidarität mit den Armen.   soziale Grenzüberschreitung.  Zweite Grenzüberschreitung: ein prophetisches und mystisches Werk zu verfassen.  Amy Hollywood: Frauen mussten sich in der damaligen Welt auf mystischen Erfahrungen berufen, um ihren religiösen Positionen Autorität zu verleihen.

Dilemma  „Man findet manchen weisen Meister der Schrift, der vor meinen Augen dennoch ein Tor ist. Und ich sage dir noch mehr: Es ist mir vor ihnen eine große Ehr und stärkt die heilige Kirche gar sehr, daß der ungelehrte Mund die gelehrte Zunge aus meinem Heiligen Geist belehrt.“

Thomas von Aquin  "Femina est mas occasionatus” - „Frau ist ein verunglückter Mann” (Summa Theologiae I/99/2 und I/92/1.)

Thomas von Aquin  „Hinsichtlich der Einzelnatur ist das Weib etwas mangelhaftes und eine Zufallerscheinung; denn die im männlichen Samen sich vorfindende wirkende Kraft zielt darauf ab, ein dem männlichen Geschlechte nach ihr vollkommen Ähnliches hervorzubringen. Die Zeugung des Weibes aber geschieht aufgrund einer Schwäche der wirkenden Kraft wegen schlechter Verfassung des Stoffes oder auch wegen einer von außen bewirkten Veränderung z. B. den feuchten Südwinden.“ (Summa Theologica I/92)

Kirchenkritik  „Ist der Mantel alt, dann ist er auch kalt. Deshalb muss ich meiner Braut, der heiligen Christenheit, einen neuen Mantel geben” (VI, 21).  „.....Zwei Dinge kann ich nicht genug beklagen: Das eine, daß Gottes Güte in der Welt so sehr vergessen ist, das zweite, daß geistliche Menschen so unvollkommen sind. Darum muß sich mancher Sturz ereignen, denn vollkommene Menschen stürzten nie [aus Gottes Gnade].....” (IV, 16).

„Das fließende Licht der Gottheit“ Die Sprache der Erotik als Widerstand Die Mystikerin bezieht sich auf zwei Traditionen: auf die höfische Minnelyrik und auf das biblische Hohelied der Liebe.

Das Gottesbild Mechtilds  Für Mechtild ist Gott „ein brennender Gott in seiner Sehnsucht“ (I,17),  der „an allen Dingen genug hat, nur allein die Berührung der Seele wird ihm nie genug“ (IV, 12).  „Ich bin in dir, du bist in mir, wir können einander nicht näher sein, denn wir sind beide in eins geflossen,...“ (III,5).

 Die erotische Sprache als Provokation  Keul: „Wenn also mystische Erfahrungen in einer erotischen Sprache ausgedrückt werden können oder gar müssen, dann offenbart die Mystik einen inneren Zusammenhang von Religion und Erotik.“

Vers 2a „Ich schlafend, aber mein Herz wach. Horch, mein Geliebter, klopfend/drängend:“

Das „Herz“ Motiv  „Darauf der Mensch: „Herr, bist du es?“ Dann wende dein Antlitz mir zu, dass ich dich erkennen möge.“ – Da sprach unser Herr: „Erkenne mich in deinem Innern!“ Darauf die Seele: „Herr, ich sehe dich aus Tausenden heraus und erkannte dich wohl. Mein Herz hat mich im Innern zu einem Wächter gemacht. Und ich wagte nicht zuzugeben, dass er es sei“ (FL VII,11).

Kraft und Schwung der Leidenschaft Er liebt sie „mit aller Macht auf dem Lager der Minne und sie kommt in die höchste Wonne“ (II,23). Sie gerät immer näher zu Gott: „Und wie immer ich mich näher zu dir geselle, Gott ist stets mächtiger und wunderbarer auf mich gefallen. Aber je tiefer ich sinke, desto süßer trinke ich.“ (IV, 12)

Vers 2b „Öffne mir, meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, meine Vollkommene, denn mein Kopf voll von Tau, meine Locken Tropfen der Nacht.”

Das Bild der „Taube“  „Eia, liebe Taube, rot sind deine Füße, geglättet deine Federn; dein Mund verheißungsvoll, wie schön sind deine Augen, dein Haupt ist stolz erhoben, lustvoll dein Wandel“ (FL II,17).

Der „Tau“ als Metapher  „Ich komm zu meiner Lieben, wie der Frühtau auf die Blumen“ (FL I,13).

Vers 3 „Ich habe mein Untergewand ausgezogen. Wie? Ich soll es anziehen? Ich habe meine Füße gewaschen. Wie? Ich soll sie schmutzig machen?”

Vers 4 „Mein Geliebter streckte seine Hand durchs (Tür-)Loch, und meine Gefühle regten sich auf ihn hin.“

Vers 5 „Ich stand auf, um meinem Geliebten zu öffnen, und meine Hände troffen von Myrrhe und meine Finger von überfließender Myrrhe an den Handgriffen des Riegels.“

Vers 6 „Ich öffnete meinem Geliebten, mein Geliebter aber ist abgeschwenkt, vorbeigegangen. Meine Seele zog aus wegen seines Rückzugs. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht. Ich rief ihn, aber er antwortet nicht.“

„Sinking love“ als Nahtoderfahrung  „Jetzt sollst du, Viellieber, mich nicht so sehr sparen, ich möchte einst aus Minne sterben, du kannst mich, o Herr, nicht anders mehr stillen.“ (FL VII,21).

Vers 7 „Gefunden haben mich die Wachenden, die Umherstreifenden durch die Stadt. Sie schlugen mich, sie verwundeten mich, sie nahmen mein Umschlagtuch weg von mir, sie, die Bewachenden der Mauer.“

Vers 8 „Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, „Wenn ihr meinen Geliebten findet, was wollt ihr ihm sagen? Dass ich krank bin vor Liebe!”

Die Liebeskrankheit  Diese Liebeskrankheit ist nicht nur für den Eros, sondern auch in der Mystik sehr wohl bekannt:  „Ich bin verwundet auf den Tod von deinem feurigen Liebesstrahl. Nun lässt du mich, Herr, in großer Qual eingesalbt hier liegen.“...

Liebeskrankheit Gottes „Herr, du bist allzeit liebenskrank nach mir...“ du hast mich in die heilige Wunde deines Herzens eingegraben, um mich nimmer zu vergessen...“ (III,2)

Die strukturellen Gemeinsamkeiten von Mystik und Erotik  Die Mystikerin Mechtild:  „Ich bin in dir, du bist in mir, wir können einander nicht näher sein, denn wir sind beide in eins geflossen und sind in eine Form gegossen und verbleiben so ewig unverdrossen“ (FL III,5).

Die mystische Erfahrung als radikale Selbstkonfrontation  „Du bist mein Spiegelbild, eine klare Augenweide, ein Verlust meiner Selbst, ein Sturm meines Herzens, ein Fall und Untergang meiner Kraft, meine höchste Sicherheit” (FL I,20). „Er durchküßt sie (die Seele) mit seinem göttlichen Munde,... und sie kommt in die höchste Wonne und in das innigste Weh, wird sie seiner recht inne.“ (II,23)

Philosoph Georges Bataille (Erotisme, Die Erotik, 1957)  „Zwischen dem einen und dem anderen Wesen liegt ein Abgrund, erstreckt sich die Diskontinuität.“ „Die Erotik ist ein Versuch, die erhoffte Kontinuität zu erreichen, und sei es auch nur für einen Augenblick.“

Erotik und Mystik  Das Ich der Mystikerin Mechtild wird im „Du der Gottheit“ im Sinne einer immerwährenden Vereinigung „aufgelöst“.  Das Ich der liebenden Person wird im „Du des Geliebten“ „aufgelöst“ und der Diskontinuität entrissen.  Es gibt dann nur die bloße Kontinuität des „Wir“, statt der Vereinzelung des „Ich“, die intensive Vereinigung vom „Ich und Du“ - eine totale und immerwährende Überschreitung.

Die gesellschaftliche Dimension der Erotik  Dorothee Sölle kritisiert die im Christentum vorgenommene scharfe Unterscheidung zwischen Eros und Agape, die uns für die umfassende Wirklichkeit der Liebe blind gemacht hat.  Mit dem Verlust einer Erfahrung der transzendenten Dimension des menschlichen Leibes in seiner absoluten Verletzbarkeit und Berührbarkeit, wird der Mensch von seiner Mitwelt hermetisch abgeschieden. Dadurch verliert er die Möglichkeit der Gottesbegegnung –so Kurt Appel.

Das „Wir“ der liebenden Menschen bleibt nicht für sie geschlossen, sondern öffnet sich grenzenlos und schließt alle liebesbedürftigen Menschen ein. Konsequenzen: Es darf keinen Eros ohne Agape und keine Agape ohne Eros mehr geben...