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Alkohol und Sucht im Betrieb –
Rechtlicher Rahmen und Handlungsoptionen Kiel – 14. Mai 2013
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I. Grundlagen zu Suchterkrankungen
II. Umgang mit Sucht im laufenden Arbeitsverhältnis Arbeitsrechtliche Maßnahmen ohne Kündigung Kündigung wegen Suchterkrankung und Suchtmittelmissbrauch Mitbestimmungsfragen
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I. Grundlagen zu Suchterkrankungen
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Suchterkrankung bezeichnet ein komplexes Geschehen von
seelischen körperlichen und sozialen Wechselwirkungen, wobei die Grenzen zwischen Genuss Missbrauch und Abhängigkeit fließend sind.
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Zur Sucht kommt es erst dann, wenn die Umstände des Suchtmittelgebrauchs zusammen mit der Rauschwirkungen einen Drang zur ständigen Wiederholung der Gesamtsituation erzeugen. Dies ist in der Regel verbunden mit Dosissteigerung und Kontrollverlust.
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Merkmale für Suchtverhalten
wiederholte Alkoholfahne häufiges Zuspätkommen und viele Fehlzeiten Überreaktion bei Kritik von außen Verstrickung in Widersprüche und Lügen Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen Realitätsverlust
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Merkmale für Suchtverhalten
Angst und Unruhezustände Ausweich- und Isolationstendenzen Suche von Konsumgelegenheiten Bagatellisierung von Suchtverhalten Konflikte in der Familie Beteuerungen zukünftiger Abstinenz
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Aspekte von Suchtvoraussetzungen
Verfügbarkeit des Suchtmittels Persönlichkeit des Abhängigen betriebliche Einflüsse und Bedingungen erlebte positive Wirkung
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Betriebliche Einflüsse und Bedingungen
Bindeglied in sog. „Nasszellen“ anlassabhängiger erwünschter Konsum Persönlichkeitsbeurteilung nach Trinkfestigkeit empfohlene Spannungsregulierung in Drucksituationen
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Allgemein geschätzte betriebliche Dunkelziffer
5 %
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II. Umgang mit Sucht im laufenden Arbeitsverhältnis
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Suchtmittelmissbrauch ohne Sucht
Beispiel: Kundenberater steht mit Alkoholfahne am Schalter berührt den verhaltensbedingten Bereich Kontrollfrage: Kann er es noch steuern? setzt auch ohne ausdrückliches Alkoholverbot keine besondere Verbotsnorm voraus („Sozialbild“) in Betriebsordnung enthalten
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Abmahnungserfordernis
Suchtmittelmissbrauch ohne Sucht Abmahnungserfordernis
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Suchtmittelmissbrauch ohne Sucht
Abmahnungshäufigkeit einzelfallabhängig entscheidend auch: - konkrete Außenwirkung - Gefährdungspotenzial - Suchtmittelcharakter sodann: ordentliche oder ggf. fristlose Kündigung möglich
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Suchtmittelmissbrauch mit Sucht
betrieblicher Umgang mit betroffenen Kollegen Bedeutung des kollegialen Umfelds (Co-Abhängigkeit) Umgang mit Verdachtssituationen Umgang mit „Ernstfallsituationen“ Handlungspflichten des Arbeitgebers Aufklärungs- und Kontrollmöglichkeiten Dokumentation
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Betrieblicher Umgang mit betroffenen Kollegen
Offensiv oder defensiv? Wer soll handeln? stark abhängig vom Verdachtsgrad Reaktionen bedenken rechtlich kaum Einschränkungen oder Vorgaben
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Bedeutung des kollegialen Umfelds (Co-Abhängigkeit)
Duldungs- oder Konfrontationsverhalten? aktive Förderung der Suchtsituation Umfeldförderung der Sucht bei Problemumfeld Versetzung- und Umorganisationsperspektive?
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Umgang mit Verdachtssituationen
Aufforderung zum Suchtmitteltest Teilnahmeverpflichtung? arbeitsvertragliche Regelungen von Kontrollen nicht erhärteter Verdacht negative Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis
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Umgang mit „Ernstfallsituationen“
Handlungsoptionen bei erhärtetem Verdacht angeordnetes Arbeitsende Heimfahrtproblematiken Versicherungsschutz Maßnahmen bei Rückkehr
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Handlungspflichten des Arbeitgebers
allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers anlassabhängige Fürsorge Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB Konflikt mit dem Rechtskreis des Arbeitnehmers
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Aufklärungs- und Kontrollmöglichkeiten
Alkohol: Dräger Evidential andere BTM: schwierig Glücksspiel: Detektiveinsatz Online: schwierig körperliche Kontrollmaßnahmen Freiwilligkeit
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Dokumentation Fotos Protokoll und Notizen „Zeugenpräparierung“ neutrale Dritte (auch Fremdabteilung)
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Wer soll handeln? Vorgesetzter Leitung Kollege Betriebsrat
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Innerbetriebliche Hilfestellungen:
Vorgesetztenschulungen Informationsveranstaltungen Gesundheit Bildung eines innerbetrieblichen Arbeitskreises anonymer Ansprechpartner Hilfsangebot des Betriebsrats
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Außerbetriebliche Hilfestellungen:
Suchtberatungsstelle Fachklinken betreutes Wohnen Selbsthilfegruppen fachärztliche Betreuung
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Hauptgründe für das Scheitern von Hilfestellungen:
Selbstbetrug und konsequente Verweigerungshaltung des Betroffenen mangelndes Feingefühl bei Vorgesetztenführung Unstimmigkeiten im Kollegenumfeld Überlagerung privater Faktoren gegenüber dem Arbeitsbereich
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III. Arbeitsrechtliche Maßnahmen ohne Kündigung
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Mögliche Maßnahmen: Ermahnung Weisung Abmahnung Versetzung Therapieaufforderung
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Therapieaufforderung
Teilnahme kann nicht erzwungen werden Wahl einer Therapieeinrichtung/-maßnahme ist Arbeitnehmersache keine Kontaktaufnahme ohne Einwilligung Datenschutz Therapieverweigerung kann bei Interessenabwägung bei Kündigung zu Lasten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden
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IV. Kündigung wegen Suchterkrankung und Suchtmittelmissbrauch
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verhaltensbedingte Kündigung personenbedingte Kündigung
Kündigungsarten bei Suchtmittelmissbrauch verhaltensbedingte Kündigung personenbedingte Kündigung
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verhaltensbedingte Kündigung
Voraussetzungen vertragswidriges Verhalten (Verschulden) negative Prognose i.d.R. Abmahnungserfordernis Interessenabwägung
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verhaltensbedingte Kündigung
Besonderer Problembereich: Wie kann der gerichtsfeste Beweis des vertragswidrigen Alkoholkonsums geführt werden?
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Sinnvolle Beweismittel:
Zeugen des Konsumvorgangs Zeugen für Konsumfolgen oder Messvorgang Geständniszeugen anerkennende Quittung von Abmahnungen
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personenbedingte Kündigung
Voraussetzungen Grund in der Person des Arbeitnehmers negative Prognose Verhältnismäßigkeit
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Prozessuale Weichenstellung
Arbeitnehmer bestreitet Alkoholerkrankung Arbeitnehmer gesteht Alkoholerkrankung ein verhaltensbedingte Kündigung personenbedingte Kündigung
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Abmahnungserfordernis
Abmahnungshäufigkeit einzelfallabhängig entscheidend auch: - konkrete Außenwirkung - Gefährdungspotenzial - Suchtmittelcharakter sodann: ordentliche oder fristlose Kündigung möglich
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personenbedingte Kündigung
Unterfall: Krankheitsbedingte Kündigung wegen Suchterkrankung Zentraler Problempunkt: Grund in der Person des Arbeitnehmers negative Prognose Verhältnismäßigkeit
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personenbedingte Kündigung
Negative Prognose Bundesarbeitsgericht: I.d.R. nur zu bejahen, wenn eine längerfristige Entziehungsmaßnahme erfolglos verlaufen ist (Therapieversager)
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Längerfristige Entziehungsmaßnahme:
keine Bezeichnung eines Zeitraums keine bloße Entgiftung im Wochenbereich in der Praxis 2,eher 3 bis 4 Monate verlangt bei wiederholter Maßnahme ggf. kürzerer Zeitraum Nachweispflicht durch Arbeitnehmer
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Problem bei Sonderkündigungsschutz:
personenbedingte Kündigung ist ordentliche Kündigung es besteht u.U. tariflicher Sonderkündigungsschutz gegen ordentliche Kündigungen Hilfsmodell: außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist aber: Anforderungen eher hoch
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Konsequenzen: Weichenstellung fällt voll ins Arbeitgeberrisiko Sachverhalts- und Ursachenaufklärung häufig erst im Prozess möglich personenbedingte Kündigung faktisch bis Therapie (-versuch) ausgeschlossen durch zusätzliche Belastung mit Prozess droht Arbeitnehmer weiter abzurutschen
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Typisches arbeitsgerichtliches Verfahren:
Eingang als verhaltensbedingte Kündigung Offenbarung als alkoholkrank in der Verhandlung Einigung auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses häufig: Zahlung einer Abfindung gelegentlich: Erteilung einer Wiedereinstellungs- zusage nach nachgewiesener erfolgreicher Therapie
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Gesprächsstufenprogramm
1. Erst- oder Informationsgespräch 2. Das Problem-Reflexionsgespräch 3. Strategie- und Kontrollgespräch 4. Zweites und weitere Kontrollgespräche 5. Abmahnungsgespräch 6. Vorläufiges Abschlussgespräch
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V. Mitbestimmungsfragen
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Betriebliche Mitbestimmung bei:
betrieblichem Alkoholverbot (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) Zustimmung Kündigung (§ 102 BetrVG) Anhörung Versetzung (§ 99 BetrVG) Zustimmung BEM (§ 84 Abs. 2 SGB IX) allgemeiner Auskunftsanspruch (§ 80 Abs. 2 BetrVG) Vorgesetztenschulungen (§ 98 BetrVG) evtl. aus Betriebsvereinbarung Sucht nicht bei Abmahnung und Direktionsrechtsausübung
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Betriebsvereinbarung Sucht?
Vorteile: klarer Handlungsfahrplan bei konkreten Fällen Einbeziehung der Ressource Betriebsrat Signal für arbeitsgerichtliches Verfahren Nachteile: starke Standardisierung eines sehr individuellen Bereichs Durchschlag auf Kündigungsschutzprozess bei Fehlern
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