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Gliederung: 01. Einführung 02. Leitbilder 03. Tarifverhandlungen

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Präsentation zum Thema: "Gliederung: 01. Einführung 02. Leitbilder 03. Tarifverhandlungen"—  Präsentation transkript:

1 Gliederung: 01. Einführung 02. Leitbilder 03. Tarifverhandlungen
04. Gesamtwirtschaftliche Verteilungstheorie 05. Institutionelle Unterschiede 06. Finanzpolitik 07. Geschichte der Sozialversicherung 08. Rentenversicherung 09. Krankenversicherung 10. Arbeitslosenversicherung 11. Vermögenspolitik 12. Bildungspolitik

2 Kapitel V: Institutionelle Unterschiede in der Tariflohnpolitik Teil II

3 Gliederung: 01. Die Rolle des Staates in der Lohnpolitik
02. Einheitsgewerkschaften 03. Industrieprinzip versus Berufsprinzip 04. Dezentrale versus zentrale Verhandlung 05. Negative Koalitionsfreiheit 06. Freiwillige Schlichtung 07. Streikrecht 08. Aussperrungsrecht und –verbot

4 Frage 5: Welche Bedeutung kommt der negativen Koalitionsfreiheit zu
Definition: Unter negativer Koalitionsfreiheit versteht man das Recht des einzelnen Arbeitnehmers, der Gewerkschaft auch fernzubleiben. Die positive Koalitionsfreiheit besagt hingegen das Recht der Arbeitnehmer, sich in Gewerkschaften zu organisie-ren. Die ordnungspolitische Bedeutung dieses Prinzips: Da sowohl der inter- wie auch der intragewerkschaftliche Wettbewerb äußerst gering ist, geht von dem Prinzip der negativen Koalitionsfreiheit die einzige größere kontrol-lierende Wirkung auf die Funktionäre aus.

5 Frage 5: Welche Bedeutung kommt der negativen Koalitionsfreiheit zu
Sind die Arbeitnehmer mit der Arbeit der Gewerkschaft nicht zufrieden, können sie diese Unzufriedenheit mit einem Austritt aus der Gewerkschaft kundtun. Da in der Bundesrepublik Deutschland die Tariflöhne de facto zumeist auch den nichtorganisierten Gewerkschaf-ten ausgezahlt werden, erleiden die Arbeitnehmer, die von dem Austrittsrecht Gebrauch machen, unter norma-len Bedingungen auch keine größeren materiellen Verluste. Sie können also auch von diesem Recht effektiv Gebrauch machen. De facto ist der Organisationsgrad der im DGB organi-sierten Arbeitnehmer denkbar gering. Er lag 2005 bei etwa 20%, während er 1997 für alle Gewerkschaften noch bei 33% lag.

6 Frage 5: Welche Bedeutung kommt der negativen Koalitionsfreiheit zu
Nur während eines Streiks stellen sich die nichtor-ganisierten Arbeitnehmer u. U. schlechter, da sie sich eventuell gezwungen sehen, sich am Streik zu beteiligen oder von den Arbeitgebern ausgesperrt werden, im Ge-gensatz zu den organisierten Arbeitnehmern jedoch kein Streikgeld beziehen. Allokationswirkung: Die negative Koalitionsfreiheit (zusammen mit der Ge-währung der Tariflöhne auch den nichtorganisierten Ar-beitnehmern) führt andererseits dazu, dass die Bereit-schaft zur Mitarbeit in der Gewerkschaft geringer aus-fällt als es im Interesse der Arbeitnehmer liegt.

7 Frage 5: Welche Bedeutung kommt der negativen Koalitionsfreiheit zu
Durch das Prinzip der negativen Koalitionsfreiheit wird nämlich die Gewerkschaftsaktivität zu einem Kollektiv-gut: An den Kosten der Gewerkschaftsaktivität beteiligen sich nur die organisierten Arbeitnehmer, während die Erträge aus der gewerkschaftlichen Arbeit auch nichtorganisier-ten Arbeitnehmern zufließen. Da somit die gruppenbezogenen Grenzerträge höher sind als die Grenzerträge, die den organisierten Arbeitneh-mern zufallen, liegt das optimale Aktivitätsniveau der or-ganisierten Arbeitnehmer bei einer geringeren Aktivität als das gruppenbezogene Optimum.

8 Fazit: (5a) Die in der BRD grundgesetzlich geschützte negative Koali-tionsfreiheit räumt dem einzelnen Arbeitnehmer das Recht ein, der Gewerkschaft fern zu bleiben. Im Gegensatz hierzu gab es in den angelsächsischen Staaten früher oftmals den "closed shop", wonach nur Gewerk-schaftsmitglieder beschäftigt waren. In Anbetracht dessen, dass die allgemeinen Koordinations-mechanismen (Wettbewerb und Wahlen) auf Gewerkschafts-ebene kaum wirksam sind, kommt der negativen Koalitions-freiheit eine große ordnungspolitische Bedeutung zu. Allerdings trägt dieses Prinzip auch zu einem Trittbrett-fahrerverhalten bei.

9 Fazit: (5b) Die nichtorganisierten Arbeitnehmer profitieren im allgemeinen von den Tariflohnerhöhungen, welche die Gewerkschaften er-kämpft haben, ohne dass sich diese Arbeitnehmer an den Kosten beteiligen, die für die Ausführung der gewerkschaftlichen Aktivität notwendig wurden.

10 Gliederung: 01. Die Rolle des Staates in der Lohnpolitik
02. Einheitsgewerkschaften 03. Industrieprinzip versus Berufsprinzip 04. Dezentrale versus zentrale Verhandlung 05. Negative Koalitionsfreiheit 06. Freiwillige Schlichtung 07. Streikrecht 08. Aussperrungsrecht und –verbot

11 Frage 6: Welche Funktionen kommen der freiwilligen Schlichtung zu? (1)
In der BRD wird Schlichtung dezentral für die einzelnen Tarifverbände und auf freiwilliger Grundlage geregelt; de facto gibt es jedoch fast in allen Branchen Schlichtungs-ordnungen. Die These vom Schlichtungsdilemma: Wenn eine Schlichtung möglich ist, warum ist sie dann notwendig? Warum können sich die Tarifpartner nicht von selbst auf diese Lösung einigen, da sie ja ohnehin dem Schlichtungsspruch schließlich zustimmen? Wenn sie aber notwendig ist, warum ist sie dann möglich? Wenn sich die Tarifpartner nicht von selbst einigen, warum stimmen sie dann dem Vorschlag eines Dritten zu?

12 Frage 6: Welche Funktionen kommen der freiwilligen Schlichtung zu? (2)
Die Antwort liegt in der Theorie der möglichen Schlichtungs-funktionen: 1. Abbau irrationalen Verhaltens; Es wird bisweilen folgende These vertreten: Die Tarifpartner verrennen sich im Verlaufe der Verhandlungen und eines Arbeitskampfes in emo-tional aufgeladene, irrationale Positionen, aus denen sie nur mit Hilfe eines neutralen Schlichters wiede-rum herausfinden; im Allgemeinen verhalten sich jedoch die Tarifpartner nicht in diesem Sinne irrational.

13 Frage 6: Welche Funktionen kommen der freiwilligen Schlichtung zu? (3)
2. Überwindung des Vertrauensmangels, der durch Bluff-Strategien hervorgerufen wurde. Während der Verhandlungen hat jede Gruppe Interesse daran, vorzutäuschen, dass ihre kritische Verhandlungs-grenze bereits erreicht sei. Das weiß natürlich auch die Gegenseite. Wenn deshalb die kritische Grenze tatsächlich erreicht ist, bleibt es trotzdem fraglich, ob die Gegenseite diese Feststellung (über die kritische Verhandlungsgrenze des jeweiligen Verhandlungsgegners) ernst nimmt.

14 Frage 6: Welche Funktionen kommen der freiwilligen Schlichtung zu? (4)
3. Der Prestigeverlust gegenüber den Mitgliedern: Er ist bei einer Konzession geringer, wenn der Konzes-sionsvorschlag von einem Dritten (Schlichter) gemacht wird. Die Verhandlungsführer haben dann eine bessere Posi-tion gegenüber den Mitgliedern; nicht sie haben den Kompromiss vorgeschlagen, sondern sie wurden hierzu mehr oder weniger von außen ge-drängt. 4. Staatlicher Vermittlung: Hier kann der Staat u. U. einen Teil der materiellen Kosten eines Lohnabschlusses in Form von Subventionen übernehmen und damit die Wahrscheinlichkeit eines Abschlusses vergrößern.

15 Frage 6: Welche Funktionen kommen der freiwilligen Schlichtung zu? (5)
5. Immaterielle Verluste: Unter Umständen erfährt eine Tarifpartei einen Prestige-verlust in der Öffentlichkeit, wenn sie dem Vorschlag des Schlichters nicht folgt und einen Arbeitskampf auslöst. Je unpopulärer Streiks werden, um so eher besteht näm-lich die Gefahr, dass das Streikrecht eingeengt wird. 6. Kreative Lösung des Schlichters: Beispielsweise schlägt ein Schlichter eine neue Entloh-nungsform vor, dies gilt etwa für den Investivlohn-vorschlag von Erwin Häußler bzw. für den Vorschlag Georg Lebers zur Arbeitszeitregelung.

16 Fazit: (6a) Das Dilemma einer freiwilligen Schlichtung, so wie sie in der BRD verwirklicht ist, besteht darin, dass es unklar ist, weshalb ein Schlichter die Tarifparteien zu einem Kompromiss führen kann, der von beiden Gruppen freiwillig akzeptiert werden muss. Gibt es nämlich eine solche Lösung, dann fragt es sich, weshalb sich die Tarifgruppen nicht von selbst auf diesen Kompromiss einigen konnten. Im Rahmen der Schlichtungstheorie wurde der Versuch unter-nommen, aufzuzeigen, worin der Beitrag des Schlichters liegen kann.

17 Fazit: (6b) So kann ein Schlichter erfolgreich sein, weil es ihm gelingt, den im Zusammenhang mit Bluff-Strategien entstandenen Vertrau-ensverlust wiederum zurückzugewinnen, oder weil der Prestigeverlust, den die Gewerkschaftsfunktionäre aufgrund eines Nachgebens bei den Mitgliedern erfahren, ge-ringer ausfällt, wenn die Gewerkschaften von einem Dritten zu diesem Nachgeben veranlasst wurden, oder weil der Schlichter den Arbeitgebern im Falle eines Nachge-bens Vorteile (z. B. in Form von Subventionen) in Aussicht stellen kann. Schließlich ist es auch denkbar, dass - wie der Vorschlag des In-vestivlohnes zeigt - dem Schlichter eine innovative Lösung gelingt, die den Tarifpartnern bisher nicht bekannt war.

18 Gliederung: 01. Die Rolle des Staates in der Lohnpolitik
02. Einheitsgewerkschaften 03. Industrieprinzip versus Berufsprinzip 04. Dezentrale versus zentrale Verhandlung 05. Negative Koalitionsfreiheit 06. Freiwillige Schlichtung 07. Streikrecht 08. Aussperrungsrecht und –verbot

19 Frage 7: Welche Rolle spielt das Streikrecht? (1)
Das Streikrecht besteht in der BRD fast ausschließlich aus Entscheidungen der höchsten Arbeitsgerichte. Diese ließen sich insbesondere von folgenden Prinzipien lei-ten: Vom Prinzip der Kampfparität zwischen den Tarifparteien: So bemühten sich die obersten Arbeitsgerichte vor allem um eine Ausgewogenheit in der Machtausübung beider Tarifpartner. Ohne die Anerkennung der Gewerkschaften müsste be-fürchtet werden, dass die Arbeitgeber auf den Arbeits-märkten über ein Nachfragemonopol verfügten, in der Anfangsphase der Industrialisierung vor allem des-halb, weil die Arbeitnehmer eine geringe regionale Mo-bilität besaßen und deshalb oftmals auf ein einzelnes Un-ternehmen in der Gemeinde angewiesen waren;

20 Frage 7: Welche Rolle spielt das Streikrecht? (2)
gleichzeitig waren die Arbeitnehmer vom Unternehmer abhängig, da die Arbeitskraft deren einzige Einkommens-quelle darstellte. Heute wären die Arbeitnehmer ohne gewerkschaftlichen und gesetzlichen Schutz den Unternehmungen eher des-halb unterlegen, weil vor allem die Großunternehmungen im Hinblick auf die Ausgestaltung der Arbeitsverträge über ein Informationsmonopol verfügen. Würde die Tarifordnung nur den Arbeitnehmern ein Kampfrecht zuerkennen, bestünde die Gefahr, dass das Pendel der Machtverteilung umschlüge und dass deshalb die Gewerkschaften ein einseitiges Ange-botsmonopol erlangen könnten.

21 Frage 7: Welche Rolle spielt das Streikrecht? (3)
Deshalb wird den Arbeitgebern in der BRD ein Aussper-rungsrecht zuerkannt, wobei der Umfang der Aussper-rungsmöglichkeit selbst wiederum zur Wahrung der Kampfparität in Abhängigkeit des Streikumfanges der Gewerkschaften begrenzt wird. Im Allgemeinen sind die Arbeitgeber allerdings nur zu sogenannten Abwehraussperrungen berechtigt, die dazu dienen, zuvor eingeleitete Streiks zu begrenzen. Angriffsaussperrungen gelten als nur dann zulässig, wenn die Arbeitgeber das Ziel verfolgen, die Arbeitsbedin-gungen zu verschlechtern.

22 Frage 7: Welche Rolle spielt das Streikrecht? (4)
Da in der Bundesrepublik bisher keine Angriffsaussper-rungen durchgeführt wurden, haben sich die Gerichte auch noch nicht eigens mit diesem Kampfmittel befasst und sind deshalb nur am Rande auf dieses Kampfmittel eingegangen; hieraus erklärt sich, dass die Berechtigung von Angriffs-aussperrungen kontrovers diskutiert wird.

23 Frage 7: Welche Rolle spielt das Streikrecht? (5)
Vom Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Kampfmittel: Die Gerichte achten darauf, dass die Maßnahmen im Hinblick auf die Ziele der Tarifpartner verhältnismäßig sind. So darf keine Tarifpartei Maßnahmen ergreifen, die ge-eignet sind, den jeweiligen Tarifpartner vernichtend zu schlagen. Auch muss darauf geachtet werden, dass allgemeine Gemeinwohlziele von den Kampfmaßnahmen nicht zu stark beeinträchtigt werden. So sind Streiks im Gesund-heitswesen nur in begrenztem Maße erlaubt. Auch sind politische Streiks, die sich gegen die demo-kratischen Entscheidungen der Parlamente und Regie-rungen wenden, untersagt. Schließlich dürfen die Kampfmaßnahmen nicht in erster Linie unbeteiligte Dritte treffen.

24 Frage 7: Welche Rolle spielt das Streikrecht? (6)
Vom Prinzip der Neutralität des Staates: Tarifautonomie bedeutet, dass der Lohnbildungsprozess den Tarifpartnern vorbehalten bleibt, dass der Staat keine einseitige Partei zugunsten der einen Seite ergreifen darf. Trotzdem übt der Staat einen vielfältigen Einfluss auf das Tarifgeschehen aus, wobei diese Einflussnahme vor allem damit gerechtfertigt werden kann, dass über die Festlegung der Löhne und der sonstigen Arbeitsbedigungen gesamtwirtschaftliche Ziele, deren Verfolgung dem Staate obliegen, beeinträch-tigt werden können. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Ziel der Geldwertstabilität und Vollbeschäftigung.

25 Frage 7: Welche Rolle spielt das Streikrecht? (7)
Vom Prinzip der Friedenspflicht: Die Gerichte sind weiterhin bemüht, Arbeitskonflikte soweit wie möglich zu vermeiden. Diesem Ziel dient insbesondere der Grundsatz, dass während der Dauer der Tarifverhandlungen keine Ar-beitskampfmaßnahmen eingeleitet werden dürfen. Strittig ist allerdings die Frage, inwieweit Warnstreiks, die nur für eine kurze Zeit eine Arbeitsunterbrechung vorsehen und die von vornherein zeitlich auf wenige Stunden oder Tage begrenzt sind, die Friedenspflicht ver-letzen.

26 Frage 7: Welche Rolle spielt das Streikrecht? (8)
Weiterhin gelten sogenannte wilde Streiks, die ohne formale Urabstimmung und ohne Leitung der Gewerk-schaftsspitze von einzelnen Mitgliedern ausgerufen wer-den, als illegitim. Zwar sind die formalen Voraussetzungen für einen offi-ziellen Streik in den Gewerkschaftssatzungen niederge-legt und betreffen deshalb zunächst lediglich das Innen-verhältnis zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Ge-werkschaftsführung. Die Tarifautonomie sieht jedoch für die Aktivitäten der Tarifpartner einen weit größeren gesetzlichen Schutz vor als dies für Aktivitäten sonstiger privater Organisationen gilt, und dieser besondere Schutz entfällt, wenn z. B. im Rahmen wilder Streiks die Interessensphäre der Arbeit-geber verletzt wird.

27 Fazit: (7a) Fast alle Industrienationen der westlichen Welt gewähren den Gewerkschaften das Recht zu streiken. Allerdings haben die Regierungen in einigen Ländern (USA, Dänemark) die Möglichkeit, in Notsituationen einen Streik vorü-bergehend auszusetzen oder sogar zu beenden. In der BRD entwickelte das Bundesarbeitsgericht einige grund-legende Prinzipien, die bei gerichtlichen Streitigkeiten über die Berechtigung von Arbeitskämpfen Anwendung finden. Das Prinzip der Kampfparität betont die Ausgeglichenheit der Arbeitskampfmittel beider Tarifparteien. Ohne Streikrecht der Arbeitnehmer sei ein Nachfragemonopol der Arbeitgeber auf den Arbeitsmärkten zu befürchten. Hätten jedoch nur die Arbeitnehmer das Recht, einen Arbeitskampf aus-zulösen, bestünde die Gefahr, dass die Gewerkschaften die Unter-nehmungen beherrschten.

28 Fazit: (7b) Also wird den Arbeitgebern in begrenztem Maße das Recht zur Aussperrung - allerdings nur in der Form der Abwehraussper-rung - zugestanden. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Kampfmittel verlangt, dass der Arbeitskampf zur Realisierung der Forderungen der Arbeitnehmer unerlässlich ist. Ein Streik ist weiterhin nicht erlaubt, wenn hierdurch die Inter-essen Dritter über Gebühr oder wenn Gemeinwohlziele verletzt werden. Ein Streik darf sich nicht gegen die Aktivität der staatlichen Or-gane in Ausübung ihrer staatlichen Aufgaben wenden. Das Prinzip der Neutralität des Staates verbietet dem Staat, ein-seitig zugunsten einer Tarifpartei in den Verhandlungsprozess einzugreifen. Dieses Prinzip verbietet auch, dass die Arbeitslosenversicherung streikenden Arbeitnehmern während der Dauer des Streikes Arbeitslosengeld gewährt.

29 Fazit: (7c) Das Prinzip der Friedenspflicht besagt, dass solange keine Ar-beitskampfmaßnahmen ergriffen werden dürfen, als die Tarif-verhandlungen noch nicht als gescheitert erklärt wurden. Allerdings sind (auf wenige Stunden beschränkte) Warnstreiks von diesem Verbot ausgenommen. In der Schweiz besteht ein Friedensabkommen, in dem sich die Tarifpartner verpflichten, auf den Einsatz von Arbeitskampf-maßnahmen zu verzichten. Obwohl die Gewerkschaften während der Gültigkeit dieses Ab-kommens nicht die Möglichkeit haben, ihre Lohnforderungen mit Streikdrohungen zu unterstützen, übt trotzdem allein die Fähig-keit zu streiken nach wie vor einen Einfluss auf die Arbeitgeber aus. Je weniger die Arbeitgeber bereit sind, auf die Lohnforderungen der Arbeitnehmer einzugehen, umso größer ist das Risiko, dass die Gewerkschaften das Friedensabkommen aufkündigen.

30 Fazit: (7d) Die Arbeitgeber stehen deshalb nach wie vor unter dem Druck, auf die Lohnforderungen der Gewerkschaften einzugehen.

31 Gliederung: 01. Die Rolle des Staates in der Lohnpolitik
02. Einheitsgewerkschaften 03. Industrieprinzip versus Berufsprinzip 04. Dezentrale versus zentrale Verhandlung 05. Negative Koalitionsfreiheit 06. Freiwillige Schlichtung 07. Streikrecht 08. Aussperrungsrecht und –verbot

32 Frage 8: Welche Rolle spielt die Aussperrung? (1)
Definition: Unter Aussperrung versteht man das kollektive, vorü-bergehende Außerkraftsetzen der Arbeitsverträge von Seiten der Arbeitgeber. In der BRD gilt nach Rechtsprechung des Bundesarbeits-gerichtshofes auch ein Recht auf Aussperrung, allerdings beschränkt auf defensive Aussperrung als Antwort auf Streiks. Problematik: Es findet eine unterschiedliche Regelung in Länderver-fassungen wie Hessen und dem Grundgesetz statt.

33 Frage 8: Welche Rolle spielt die Aussperrung? (2)
Ausgangspunkt: Eine Aussperrung verursacht einen Ausfall der Produk-tion und ist somit ähnlich wie der Streik für die Unter-nehmungen mit Kosten verbunden. Damit entsteht die Frage, aus welchen Gründen die Un-ternehmungen überhaupt ein Interesse an einer Aussper-rung haben. Die Gewerkschaftsstärke hängt davon ab, welchen Scha-den die Gewerkschaften bei Ausbruch eines Arbeits-kampfes den Unternehmungen maximal verursachen können.

34 Frage 8: Welche Rolle spielt die Aussperrung? (3)
Die Höhe dieses maximalen Schadens hängt insbesondere davon ab, wie viel Gesamtarbeitstage (Beschäftigte mal Arbeitskampftage) durch einen Arbeitskampf verloren gehen, sowie vom Schaden pro verlorenem Arbeitstag. K = K / (StrT * B) * (StrT * B) mit: K: Gesamtschaden B: Zahl der Beschäftigten StrT: Streiktage Die Zahl der möglichen Streiktage wird einmal durch die Höhe der Streikkasse der Gewerkschaften, zum andern durch die Streikbereitschaft der Arbeitnehmer bestimmt. Der Schaden pro verlorenem Arbeitstag wird selbst wie-derum dadurch beeinflusst, wo und wann ein Arbeits-kampf stattfindet.

35 Determinanten der Streikkosten:
StrT = StrK / B K Str: Gesamtschaden StrT: Streiktage B: Zahl der Beschäftigten StrK: Streikkasse FK: Fixkosten KjPh: Konjunkturphase

36 Frage 8: Welche Rolle spielt die Aussperrung? (4)
Von Bedeutung ist, in welchen Betrieben gestreikt wird; diese Frage ist für die Höhe der Kosten von Bedeu-tung, die den Gewerkschaften durch die Organisation des Streiks entstehen; generell gilt, dass sich ein Streik in Großbetrieben leichter durchführen lässt als in Kleinbetrieben, die über das Land verstreut sind. Die Auswahl der vom Arbeitskampf betroffenen Be-triebe ist jedoch auch für das Ausmaß der Kosten von Bedeutung, die pro ausgefallenem Arbeitstag den Un-ternehmungen entstehen;

37 Frage 8: Welche Rolle spielt die Aussperrung? (5)
die Streikkosten der Unternehmung hängen nämlich davon ab, wie hoch der Anteil der Fixkosten ist. Dieser ist jedoch von Unternehmung zu Unterneh-mung verschieden. Auch in der Frage, ob bei Nichterfüllung von Aufträ-gen Geldbußen zu entrichten sind, unterscheiden sich die einzelnen Unternehmungen.

38 Frage 8: Welche Rolle spielt die Aussperrung? (6)
Schließlich hängt das Ausmaß an Kosten, die den Unter-nehmungen aufgrund eines Arbeitskampfes entstehen, auch davon ab, ob während einer Absatzkrise oder wäh-rend eines Auftragsbooms ein Arbeitskampf durchge-führt wird. Während einer Absatzkrise sind die anfallenden Kos-ten der Unternehmung extrem gering; die Unternehmung hätte ohnehin keinen großen Ab-satz gehabt; u. U. verbessert sich sogar die Rentabilitätslage, da die Arbeitskosten während des Arbeitskampfes ge-ringer sind.

39 Frage 8: Welche Rolle spielt die Aussperrung? (7)
Über die Aussperrung können die Arbeitgeber Einfluss darauf nehmen: dass nicht nur in denjenigen Betrieben gestreikt wird, in denen eine hohe Streikbereitschaft der Arbeitnehmer be-steht; oder in denen die Organisationskosten eines Streiks rela-tiv gering sind; oder in denen die Streikkosten der Unternehmungen be-sonders hoch sind; dass auch in Zeiten der Rezession gestreikt wird, in denen der Schaden für die Unternehmungen pro ausgefallenem Arbeitstag relativ gering ist; oder die Arbeitnehmer befürchten müssen, dass die Durchsetzung hoher Lohnforderungen mit einer Zunah-me der Arbeitslosigkeit verbunden ist.

40 Frage 8: Welche Rolle spielt die Aussperrung? (8)
Ob es zu einer Aussperrung kommt, hängt auch davon ab, inwieweit die Arbeitgeber Ausgleichskassen gebildet haben, mit deren Hilfe die Arbeitskampfkosten auf alle Unterneh-mungen des Verbandes aufgeteilt werden können. Auf der einen Seite können auf diese Weise Schwerpunkt-streiks besser verkraftet werden, auf der anderen Seite kann auch die Aussperrung auf die Unternehmungen begrenzt werden, in denen die Arbeits-kampfkosten am geringsten sind.

41 Fazit: (8a) Die Aussperrung stellt das Recht der Arbeitgeber dar, die Beschäftigung von Arbeitnehmern vorübergehend auszusetzen. Die Arbeitsverträge bleiben jedoch nach wie vor in Kraft. Nach der Rechtsprechung der obersten Gerichte entspricht die Aussperrung zumindest in der Form der Abwehraussperung dem Grundgesetz, obwohl in einzelnen Landesverfassungen (z. B. Hessen) die Aussperrung verboten ist. In andern Staaten ist die Aussperrung teilweise verboten oder wird – wie in Frankreich – nicht praktiziert. Die Aussperrungsmöglichkeit verbessert die Verhandlungsposi-tion der Arbeitgeber, obwohl bei einer Aussperrung ebenso Kosten anfallen wie bei einem Streik.

42 Fazit: (8b) Trotzdem kann eine Aussperrung für die Arbeitgeber nützlich sein, da sie auf diesem Wege mitentscheiden können, in welchen Unternehmungen und zu welchen Zeiten ein Arbeitskampf durchgeführt wird. Die einzelnen Unternehmungen unterscheiden sich darin, wie hoch die Kosten aufgrund eines Streiks ausfallen. Gleichzeitig gilt, dass der Umfang der Streikkosten von der Kon-junkturlage abhängt. Vor allem in Zeiten der Rezession haben die Unternehmungen oftmals Überschusskapazitäten, eine der Kapazität entsprechende Produktion kann auch ohne Streikausbruch nicht abgesetzt werden. Während eines Arbeitskampfes können sogar sonst anfallende Lohnkosten reduziert werden.

43 Fragen zu Kapitel 5b: (1) 01. Was versteht man unter negativer Koalitionsfreiheit? 02. Worin liegt die ordnungspolitische Bedeutung der negativen Ko-alitionsfreiheit? 03. Erleiden nichtorganisierte Arbeitnehmer in der BRD in norma-len Zeiten materielle Verluste? 04. Wie stellen sich die nichtorganisierten Arbeitnehmer während eines Streiks? 05. Worin liegt die allokative Bedeutung der negativen Koalitions-freiheit? 06. Worin besteht das Schlichtungsdilemma? 07. Ist es richtig, dass die Schlichtung im Allgemeinen dazu beiträgt, irrationales Verhalten abzubauen? 08. Was versteht man unter einer kreativen Lösung im Zusammen-hang mit der Schlichtung?

44 Fragen zu Kapitel 5b: (2) 09. Was besagt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit eines Arbeits-kampfes? 10. Was besagt das Prinzip der Neutralität des Staates im Zusam-menhang mit dem Arbeitskampfrecht? 11. Was versteht man unter Aussperrung? 12. Wenn auch eine Aussperrung den Unternehmungen Kosten ver-ursacht, warum haben die Unternehmer überhaupt ein Interesse an Aussperrungen?

45 Antworten zu Kapitel 5b: (1)
01. Unter negativer Koalitionsfreiheit versteht man das Recht des einzelnen Arbeitnehmers, selbst zu entscheiden, ob er einer Ge-werkschaft beitritt oder nicht. 02. Da sowohl der inter- wie auch der intragewerkschaftliche Wett-bewerb äußerst gering ist, geht von dem Prinzip der negativen Koalitionsfreiheit die einzige größere kontrollierende Wirkung auf die Funktionäre aus. 03. Nichtorganisierte Arbeitnehmer erleiden in der BRD in norma-len Zeiten keine materiellen Verluste, da die Unternehmer zumeist die Tariflöhne auch den nichtorganisierten Arbeitneh-mern gewähren. 04. Während eines Streiks stellen sich die nichtorganisierten Arbeit-nehmer schlechter, da sie z. B. wegen Aussperrung oder eines informellen Zwangs, sich dem Streik anzuschließen, kein Streik-geld erhalten.

46 Antworten zu Kapitel 5b: (2)
05. Die allokative Bedeutung der negativen Koalitionsfreiheit liegt darin, dass der Organisationsgrad der Arbeitnehmer geringer ausfällt, als es dem Interesse der Arbeitnehmerschaft entspricht. 06. Das Schlichtungsdilemma besteht darin, dass es unklar ist, warum eine freiwillige Schlichtung notwendig ist, wenn auch der Schlichter keine Möglichkeit hat, die Tarifparteien zu zwingen, den Schlichtungsspruch zu akzeptieren. 07. Im Allgemeinen kann man nicht davon sprechen, dass sich die Funktionäre der Tarifparteien ohne Schlichtung irrational ver-halten. 08. Eine kreative Lösung im Zusammenhang mit der Schlichtung liegt immer dann vor, wenn der Schlichter einen Weg vorschlägt, der zwar im Interesse beider Tarifparteien liegt, der jedoch bisher im Rahmen der Tarifpraxis unbekannt war.

47 Antworten zu Kapitel 5b: (3)
09. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Arbeitskampfmittel verlangt, dass es keiner Tarifpartei gestattet ist, den Gegner ver-nichtend zu schlagen oder Gemeinwohlziele zu verletzen. 10. Das Prinzip der Neutralität des Staates besagt, dass der Staat während eines Arbeitskampfes nicht Maßnahmen ergreifen darf, welche eine Partei einseitig begünstigen. 11. Unter Aussperrung versteht man das kollektive, vorübergehen-de Außerkraftsetzen der Arbeitsverträge von Seiten der Arbeit-geber. 12. Über eine Aussperrung erhalten die Arbeitgeber die Möglichkeit, darüber mitzubestimmen, zu welchen Zeiten und in welchen Be-trieben ein Arbeitskampf stattfindet. Die den Arbeitgebern entstehenden Kosten eines Arbeitskampfes sind je nach Zeiten und je nach Betrieb sehr unterschiedlich.

48 Ende


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