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OBLIGATIONENRECHT - Allgemeiner Teil
Helmut Heiss OR AT Helmut Heiss
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A. Rechtsquellen OR AT Helmut Heiss
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I. OR ►BG betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. März 1911; SR 220 ►formell selbstständiges Gesetz mit eigener Gliederung und Artikelzählung OR AT Helmut Heiss
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►Materielle Einheit mit dem ZGB
● Anwendung von Bestimmungen des ZGB im OR (Einleitung; tlw. Personenrecht) ● Anwendung der allgemeinen Bestim- mungen des OR (Entstehung, Erfüllung und Aufhebung der Verträge) auf andere zivil- rechtliche Verhältnisse [s. Art 7 ZGB] → Vertragsrecht des OR = „allgemeine Rechtsgeschäftslehre“ OR AT Helmut Heiss
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● Handelsrecht im OR mitgeregelt → Art 552 ff OR
► Monistisches System ● keine Zweiteilung in ZGB/OR und HGB (so auch: Niederlande, Italien; anders: Österreich, Deutschland) ● Handelsrecht im OR mitgeregelt → Art 552 ff OR → Einzelvorschriften für Kaufleute (Art 104 III [Verzugszinsen], Art. 190 et al. [Handelskauf], Art 313 II [kaufmännisches Darlehen]) OR AT Helmut Heiss
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►Sondergesetze für Vertragstypen (LPG, VVG)
II. Nebengesetze ►Sondergesetze für Vertragstypen (LPG, VVG) ►Konsumentenschutzrecht (PrHG, KKG, PauRG) ►Wettbewerbsrecht (UWG, KG, PüG) ►Immaterialgüterrecht (PatG, URG, MSchG) OR AT Helmut Heiss
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III. Verordnungen ► VO über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) vom 9. Mai 1990; SR (gestützt auf Art 253 a III OR) ► Handelsregisterverordnung (HregV) vom 7. Juni 1937; SR (gestützt auf Art 929 und 936 OR) OR AT Helmut Heiss
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►UN-Kaufrecht (CISG) ►Transportrecht!
IV. Internationales Einheitsrecht ►UN-Kaufrecht (CISG) ►Transportrecht! OR AT Helmut Heiss
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►nur bei ausdrücklichem Vorbehalt im OR (vgl. Art 5 I ZGB)
V. Kantonales Recht ►nur bei ausdrücklichem Vorbehalt im OR (vgl. Art 5 I ZGB) ►z.B. Art 186, 236, 359, 418 OR OR AT Helmut Heiss
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►Art 124 III, 429 (Handelsbrauch)
VI. Verkehrssitte ► nur bei ausdrücklichem Verweis des OR relevant („indirekter Gesetzesinhalt“) ► Art 302 – 304 (Ortsgebrauch) ►Art 124 III, 429 (Handelsbrauch) ►Art 184 II, 189 I, 201, 211 II (Geschäftsübung) OR AT Helmut Heiss
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B. Die „Obligation“ OR AT Helmut Heiss
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Begriff 1. Definition ►Rechtsverhältnis, aufgrund dessen eine Person, der Gläubiger, von einer anderen, dem Schuldner, eine Leistung fordern kann = Schuldverhältnis i.e.S. OR AT Helmut Heiss
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►Gesamtes Rechtsverhältnis von Gläubiger und
►Gesamtes Rechtsverhältnis von Gläubiger und Schuldner mit allen vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen (aus Haupt- und Nebenpflichten) und Gestaltungsrechten (Anfechtung, Rücktritt, Kündigung, Wandelung,…) = Schuldverhältnis i.w.S. ►Verständnis vom Schuldverhältnis i.w.S. ist realitätsnah, weil in aller Regel nicht nur eine (Haupt-)Leistung geschuldet wird. OR AT Helmut Heiss
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a. Forderung = relatives Recht → Dritte nicht betroffen
2. Erläuterungen a. Forderung = relatives Recht → Dritte nicht betroffen ►Beispiel V verkauft sein Buch zunächst an K1, später noch einmal an K2, dem er es auch übergibt und über- eignet. K1 fordert von K2 die Herausgabe des Buches. OR AT Helmut Heiss
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►Lösung ● Grundsatz: Anspruch nach Art 184 I OR steht K1 nur gegen V zu („relatives“ Recht) → kein Anspruch von K1 gegen K2 ● Ausnahme: K2 verleitet V in der Absicht, seinen Wettbewerber K1 zu schädigen, zum Vertragsbruch → Art 41 II OR bzw. Art 4 UWG OR AT Helmut Heiss
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„Eingriff in fremde Forderungsrechte“
V EINGRIFF Ansprüche aus KV1 Ansprüche aus KV2 K1 K2 KEIN Anspruch aus KV1 Ggf. Ansprüche aus: ● Art. 41 II OR ● Art. 4 lit a UWG OR AT Helmut Heiss
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FS 1: BGE 114 II 91 („Dior“) Dior VH fH EINGRIFF
KEINE Ansprüche aus Vertriebsvertrag mit VH → ggf. Ansprüche aus: ● Art. 41 II OR ● Art. 4 lit a UWG Anspruch auf Unterlassung von Weiterverkäufen an Händler (Vertriebsvertrag) EINGRIFF VH fH Anspruch auf Lieferung (Kaufvertrag) OR AT Helmut Heiss
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b. Leistung = Tun, Dulden oder Unterlassen des Schuldners
►Tun: Zahlung von Geld, Übergabe einer Sache ►Dulden: Benutzung eines Weges ►Unterlassen: Konkurrenzverbot des AN OR AT Helmut Heiss
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►Beispiel K kauft von V ein Auto zum Preis von 24.000,- SFr
c. Synallagma = mehrere Leistungen stehen in einem Austauschverhältnis, sodass jede Partei zugleich Gläubigerin und Schuldnerin ist ►Beispiel K kauft von V ein Auto zum Preis von ,- SFr → K ist Gläubiger hinsichtlich des Autos, Schuldner hinsichtlich des Geldes → V ist Gläubiger hinsichtlich des Geldes, Schuldner hinsichtlich des Autos → vgl. Art 184 I OR - „vollkommen zweiseitiger“ oder „synallagmatischer“ Vertrag OR AT Helmut Heiss
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G S Kaufpreis V K S G Kaufsache OR AT Helmut Heiss
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d. Unvollkommen zweiseitiger Vertrag = die
d. Unvollkommen zweiseitiger Vertrag = die gegenseitig geschuldeten Leistungen stehen nicht im Austauschverhältnis ►Beispiel Freund F erledigt unentgeltlich ein Geschäft des H und wendet dafür 20,- chF Fahrtspesen auf (unentgeltlicher Auftrag) F OR AT Helmut Heiss
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→. H ist Gläubiger hinsichtlich der Geschäfts-
→ H ist Gläubiger hinsichtlich der Geschäfts- besorgung, Schuldner hinsichtlich des Aufwandersatzes → F ist Gläubiger hinsichtlich des Aufwander- satzes, Schuldner hinsichtlich der Geschäfts- besorgung → aber: die Leistungen stehen in keinem Austauschverhältnis (Aufwandersatz ist kein „Entgelt“) = „unvollkommen zweiseitiger“ Vertrag OR AT Helmut Heiss
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G Geschäft S H F S G Aufwand KEIN Entgelt! OR AT Helmut Heiss
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e. Einseitig verpflichtender Vertrag = nur eine
e. Einseitig verpflichtender Vertrag = nur eine Partei schuldet eine Leistung ►Beispiel Großvater O schenkt seinem Enkel E ein Buch → O ist nur Schuldner, E nur Gläubiger → „einseitig verpflichtender“ Vertrag E G Buch S O OR AT Helmut Heiss
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f. Pflichten des Schuldners
►Hauptleistungspflichten = charakterisieren die Obligation, insbesondere den Vertrag (z.B. Kauf: Kaufgegenstand und Kaufpreis) ►Nebenleistungspflichten = selbstständige Nebenpflichten → G hat klagbaren Erfüllungs- anspruch (z.B. Überlassung von Ursprungs- zeugnissen einer Ware an K) ►Sonstige Nebenpflichten = unselbständige Nebenpflichten → G hat keinen Erfüllungs- anspruch (z.B. V muss Sache bis zur Übergabe verwahren = Obhutspflicht) OR AT Helmut Heiss
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g. Rechtsgrund für Nebenpflichten
►Vertragsabrede ►Gesetz (z.B. Kostentragung beim Kauf gem. Art 188 OR) ►Treu und Glauben (Art 2 I ZGB) OR AT Helmut Heiss
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►Mitteilungspflichten (z.B. Aufklärung durch Arzt)
h. Typen von Nebenpflichten ►Obhuts- und Schutzpflichten (z.B. Obhut und Schutz für Besucher von Veranstaltungen) ►Mitteilungspflichten (z.B. Aufklärung durch Arzt) ►Verschaffungspflichten (z.B. Herausgabe von Ursprungszeugnissen) ►Mitwirkungspflichten (z.B. Erlangen einer erforderlichen behördlichen Bewilligung, vgl. BewG) OR AT Helmut Heiss
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II. Einteilung der Obligationen
1. Nach der Dauer ► Ziel- oder einfaches Schuldverhältnis = endet mit der einmaligen Erbringung der Leistung (z.B. Kaufvertrag über ein Buch; auch: Ratenkauf!) ►Dauerschuldverhältnis = Leistungen werden über einen Zeitraum hinweg erbracht (z.B. Miete, Arbeitsvertrag, Gesellschaftsvertrag; auch: Sukzessivlieferungsverträge [Strombezug]) OR AT Helmut Heiss
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Cic Vertrauenshaftung „faktischer V“
2. Nach dem Entstehungsgrund Obligationen „vertragliche“ gesetzliche Schuldvertrag (Kauf) Delikt Bereicherung Einseitiges verpflichtendes RG (z.B. Auslo-bung, Art. 8 I OR) GoA Cic Vertrauenshaftung „faktischer V“ OR AT Helmut Heiss
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3. Exkurs: Anspruchskonkurrenz
► Sachverhalt erfüllt Tatbestand mehrerer Anspruchsgrundlagen → Ansprüche des G bestehen unabhängig voneinander, G kann das Geschuldete aber nur einmal verlangen ► Beispiel Arzt begeht Behandlungsfehler → Patient hat Schadenersatzansprüche aus dem Behandlungs- vertrag (Art 97 I OR) und aus Delikt (Art 41 I OR, Körperverletzung), kann aber nur einmal Schadenersatz fordern OR AT Helmut Heiss
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C. Obligationenrechtliche Ansprüche
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Staatliche Durchsetzung
I. Erfüllungsanspruch 1. Durchsetzung Forderung Grundsatz Staatliche Durchsetzung Ausnahme Selbsthilfe Voraussetzungen (Art 52 III OR): ● staatliche Hilfe zu spät ● Anspruchsvereitelung droht = Leistungsklage + Zwangsvollstreckung Rechtsfolge: ● keine Ersatzpflicht OR AT Helmut Heiss
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2. „Indirekte“ Durchsetzung (insb
2. „Indirekte“ Durchsetzung (insb. bei synallagmatischen Leistungen) (1) EINREDE (schuldrechtlich) … des nicht erfüllten Vertrags (Art 82 OR) ● bei Zug-um-Zug- Leistungen ● Sicherungsfunktion ● Erfüllungsdruck ● Verurteilung „Zug um Zug“ … der Unsicherheit (Art 83 OR) ● auch bei Vorlei- stungspflicht ● Sicherungsfunktion ● Erfüllungsdruck ● Sicherheitsleistung ● Vertragsrücktritt OR AT Helmut Heiss
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FS 2: BGE 105 II 28 BCI SFN 9.10.1974: verlangt Sicherheiten
Devisentermingeschäft (US $/chF) Abschluss: vereinbarter Vollzug: SFN : verlangt Sicherheiten bis : Rücktritt - beantragt Stundung gem. Art. 29 ff BankG - schliesst Schalter OR AT Helmut Heiss
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2. „Indirekte“ Durchsetzung (insb. bei synallagmatischen Leistungen)
RETENTIONSRECHT (dinglich) Beispiel: Retentionsrecht nach Art 895 ZGB [vgl. Faustpfand; Art 898 ZGB] OR AT Helmut Heiss
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Beispiele 1. K bezahlt den Kaufpreis nicht
→ V kann gem. Art. 82 OR die Lieferung des Kaufgegenstandes bis zur Zahlung durch K verweigern OR AT Helmut Heiss
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Beispiele 2. V hat sich zur Lieferung des verkauften Gegenstandes gegen Ratenzahlung des Kaufpreises durch K verpflichtet → das Zug-um-Zug-Prinzip (Art 184 II OR) ist vertraglich abbedungen, V kann die Lieferung nicht unter Berufung auf Art 82 OR verweigern → V kann sich ggf. auf Art 83 OR (Unsicherheitseinrede) berufen OR AT Helmut Heiss
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Beispiele 3. Werkbesteller B bezahlt den Werklohn des U nicht
→ U kann die Einreden nach Art 82 OR (und ggf. Art 83 OR) erheben und das Retentionsrecht nach Art ZGB geltend machen OR AT Helmut Heiss
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● Bürgschaft (Art 492 ff OR) ● GarantieV (Art 111 OR)
3. Besicherung von Forderungen rechtsgeschäftlich gesetzlich ● Bürgschaft (Art 492 ff OR) ● GarantieV (Art 111 OR) ● Kreditauftrag (Art 408 ff OR) ● Schuldbeitritt ● ev. Schuldübernahme ● Patronatserklärung [nur ganz vereinzelt] persönlich ● Pfandrecht (Art 793 ff und 884 ZGB) ● Sicherungsübereignung (vgl Art 717 ZGB) ●Sicherungszession ● Eigentumsvorbehalt (Art 715, 716 ZGB) ● Retentionsrecht → Allg. (Art 895 ZGB) → Geschäftsraummiete /-pacht, (Art 268, 299c OR) → Kommission (Art 434 OR) → Agentur (Art 418o OR) ● Grundpfandrecht → Verkäufer, Bauhandwerker (Art 837 I 1 und 3ZGB) dinglich OR AT Helmut Heiss
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4. Prüfschema: Vertraglicher Anspruch
►Anspruch entstanden? ● Vertrag zustande gekommen? (Konsens) ● Vertrag wirksam? (rechtshindernde Einwen- dungen, z.B. Nichtigkeit gem. Art 20 OR) ►Anspruch erloschen? ● rechtsvernichtende Einwendungen? (z.B. Untergang durch Erfüllung) ►Anspruch durchsetzbar? ● Einreden? (dauernde, aufschiebende, beschränkende) OR AT Helmut Heiss
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II. Ansprüche aus Vertragsverletzung („Leistungsstörungsrecht“)
1. Typen von Vertragsverletzungen (ohne culpa in contrahendo [↓]) ./. OR AT Helmut Heiss
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Vertragsverletzungen Nachträg- liche oder anfänglich subjektive
ad 1.: Neben- pflichten = Art 97 ff OR Vertragsverletzungen „Leistungsstörungen“ NICHT-Leistung i.w.S. A! SCHLECHT-Leistung Annahme verweigert Annahme Unmöglichkeit A! Möglichkeit Nachträg- liche oder anfänglich subjektive = Art 97 ff, 119 OR Anfänglich objektive → V nichtig (Art 20 OR) Gewähr- leistung = zB Art 197 OR pVV = Art 97 ff OR Verzug = Art 102 OR A! A! OR AT Helmut Heiss
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NICHT-Leistung i.w.S. SCHLECHT-Leistung
2. Nicht- oder Schlechtleistung? NICHT-Leistung i.w.S. SCHLECHT-Leistung ● kein Leistungsanbot bei Fälligkeit ● Leistungsanbot am falschen Ort ● G verweigert Annahme der Leistung rechtmäßig ● Aliud-Leistung: - Identitätsaliud (Kuh „Erna“ statt „Resi“) - Gattungsaliud („Reis“ statt „Mais“) ● Minus-Lieferung = tlw. Nicht-Leistung ● nicht vertragsgemäße Leistung (Abweichung von „Ist“ und „Soll“) ● verkaufte „Gans“ entpuppt sich als „Ente“ ● Lieferung von „100g-“ statt „500g-Packungen“ = Quantitätsmangel OR AT Helmut Heiss
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3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit (U) a. Erläuterungen
► U = Leistung kann dauerhaft nicht erbracht werden ► „anfänglich“ = U besteht spätestens bei Vertragsschluss ► „nachträglich“ = nach Vertragsschluss eintretende U ► „subjektiv“ = nur Schuldner kann die Leistung nicht erbringen (ein Dritter hingegen schon!) ► „objektiv“ = niemand kann die Leistung erbringen OR AT Helmut Heiss
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b. Einteilung der Unmöglichkeitsfälle nach der Ursache
► Tatsächliche U = Leistung kann aufgrund der tatsächlichen Umstände nicht erbracht werden Beispiele/Abgrenzungen ● Verkaufter Dackel „Bello“ stirbt vor Übergabe an den Käufer (Untergang des Stücks bei Stückschuld) ● Verkaufter VW Golf (Identifikation im KaufV durch Fahrgestell- und Motornummer) wird durch Feuer beim Autohändler vor Lieferung an den Kunden zerstört → = Untergang des Stücks bei Stückschuld, aber: meist kommt es dem Käufer in diesen Fällen – trotz vereinbarter Stückschuld – nicht auf das konkrete Stück an → Lieferung eines anderen VW Golf vertraglich zulässig (Auslegung!) und möglich! OR AT Helmut Heiss
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a) den gesamten Vorrat → U b) ¾ des Vorrats → teilweise U
● Von lagerndem Speiseöl wird 1/3 verkauft (begrenzte Gattungsschuld; „Vorratsschuld“). Eine Überschwemmung zerstört: a) den gesamten Vorrat → U b) ¾ des Vorrats → teilweise U c) ½ des Vorrats → keine U ● V verkauft an K 1 Stück der in limitierter Zahl angefertigten Sonderedition eines Kommentars zum OR mit Ledereinband (begrenzte Gattungsschuld) → U, wenn gesamte Gattung untergeht ● V verkauft an K 5 Tonnen Weizen. Der bei V lagernde Weizen wird durch Feuer zerstört → keine U, (unbegrenzte) Gattungsschuld (V kann neuen Weizen ankaufen und liefern!) ● V liefert Torte nach absolutem Fixtermin (Geburtstag) = U OR AT Helmut Heiss
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= Leistung kann aufgrund rechtlicher Hindernisse nicht erbracht werden
► Rechtliche U = Leistung kann aufgrund rechtlicher Hindernisse nicht erbracht werden Beispiele/Abgrenzungen ● Die Lieferung und Montage eines Kraftwerks in den Irak scheitert an einem UN-Embargo → objektive rechtliche U ● Die Behörde untersagt den vertraglich verein- barten Bau → objektive rechtliche U ● Aber: V macht geltend, die Lieferung des von ihm an K verkauften Gemäldes von Picasso sei unmöglich, weil nicht er sondern ein Dritter D Eigentümer sei → keine U; V trifft eine Beschaf- fungspflicht bei D (Anmerkung: der Verkauf fremder Sachen ist daher auch kein Vertrag mit „widerrecht- lichem Inhalt“ iSv Art 20 I OR!) → erst wenn fest steht, dass D nicht veräußert, liegt subjektive U vor OR AT Helmut Heiss
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Beispiele/Abgrenzungen
► Wirtschaftliche U = Leistung kann aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit für den Schuldner nicht erbracht werden Beispiele/Abgrenzungen ● Der verkaufte Ring im Wert von 1.000,- chF versinkt im Meer und könnte nur durch Aufwendung überaus hoher Kosten gefunden und geborgen werden → wirtschaftliche U ● = Lehrbuchbeispiel: zeigt, dass es sich um Extremfälle handeln muss! ● Gegenbeispiel: V verkauft Speiseöl an Einzel- händler zum Preis von 1,- chF je Liter; durch eine Steigerung der Rohölpreise klettern seine Produktionskosten auf 1,05 chF je Liter → wirtschaftlich unergiebiges Geschäft, aber keine wirtschaftliche U ● U.U.: clausula rebus sic stantibus OR AT Helmut Heiss
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ggf.: Vertragsabrede („Garantie“)
c. Rechtsfolgen der U (1) aa. Schuldner hat U nicht zu verantworten ► „…zu verantworten…“ Verschulden (Art 97, 101 OR) Art 103 OR: Zufall und höhere Gewalt Sondervorschriften (Art 299b, 306 III, 474 II, , 490 OR) Art 54 OR: Billigkeit ggf.: Vertragsabrede („Garantie“) OR AT Helmut Heiss
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FS 3: BGE 111 II 252 ● Vertrag über die Lieferung einer „Verdampfungs- und Kondensierungs-anlage“ ● Bundesamt für Energiewirtschaft verfügt Ausfuhrverbot → Lieferant beruft sich auf „objektive, nicht zu vertretende U“ → BG: Vorhersehbarkeit des Verbot begründet Verschulden OR AT Helmut Heiss
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►Untergang der Forderung ex lege
c. Rechtsfolgen der U (2) ►Untergang der Forderung ex lege = G trägt die Leistungsgefahr (Art 119 I OR), kann aber ggf. ein stellvertretendes commodum (zB Ersatzansprüche aus Delikt oder Versicherungsvertrag) fordern ►Folgewirkung bei synallagmatischen Verträgen → Untergang der Gegenforderung = S trägt die Gegenleistungs- oder Preisgefahr Ausnahmen (= auch Preisgefahr bei G): Preisgefahr geht vorzeitig auf G über (zB Art 185 I OR) G hat Unmöglichkeit zu verantworten (hier aber Vorteilsanrechnung analog Art 264 III, 324 II OR) OR AT Helmut Heiss
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bb. Schuldner hat U zu verantworten
c. Rechtsfolgen der U (3) bb. Schuldner hat U zu verantworten ► Schadenersatzanspruch (Art 97 I OR) = Vertragsverhältnis bleibt erhalten, sekundäre SchE-Pflicht ersetzt Leistungs- pflicht → SchE-Pflicht untersteht den- selben Regeln (Verjährung, Sicherungs- rechte) OR AT Helmut Heiss
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● Verschulden (Art 97 I OR)
c. Rechtsfolgen der U (4) ► Voraussetzungen ● Verschulden (Art 97 I OR) - objektivierter Fahrlässigkeitsbegriff (Art 99 OR) - Vermutung des Verschuldens ● Schaden = unfreiwillige Vermögensminderung (hypothetisches Vermögen – tatsächliches Vermögen; Differenztheorie) ● Kausalität = natürliche und adäquate Ursächlichkeit OR AT Helmut Heiss
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● Wert der unmöglichen Leistung + Folgeschaden
c. Rechtsfolgen der U (5) ► Schadenbemessung ● Erfüllungs- oder positives Interesse bzw Nichterfüllungsschaden = G ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag ordnungs- gemäss erfüllt worden wäre ● Wert der unmöglichen Leistung + Folgeschaden OR AT Helmut Heiss
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● unmögliche Leistung im Synallagma:
c. Rechtsfolgen der U (6) ● unmögliche Leistung im Synallagma: - Wert der unmöglichen Leistung – Wert der ersparten Gegenleistung (Differenztheorie) - wahlweise: Erbringung der Gegen- leistung und Ersatz des Werts der un- möglichen Leistung (Austauschtheorie) OR AT Helmut Heiss
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● zur Wahl des G (anstelle des SchE nach Art 97 I OR)
c. Rechtsfolgen der U (7) ► Rücktritt (analog Art 107 II OR) ● zur Wahl des G (anstelle des SchE nach Art 97 I OR) ● Rückgewähr der bereits erbrachten Gegenleistung OR AT Helmut Heiss
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► stellvertretendes commodum
c. Rechtsfolgen der U (8) ► stellvertretendes commodum ● zur Wahl des G (anstelle des SchE nach Art 97 I OR) ● G muss Gegenleistung erbringen OR AT Helmut Heiss
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● Leistungspflicht des S der unmöglichen Leistung geht unter
c. Rechtsfolgen der U (9) ► von beiden Parteien zu verantwortende U ● Leistungspflicht des S der unmöglichen Leistung geht unter ● Gegenleistungspflicht des G bleibt bestehen ● G hat SchE-Anspruch (Art 97 I OR), der nach Art 44 I OR zu kürzen ist OR AT Helmut Heiss
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4. Spätleistung: Schuldnerverzug (SV)
a. Voraussetzungen (Art 102 I OR) ● Fälligkeit der Forderung ● Mahnung durch G - Erklärung des G - Leistungsverlangen - i.d.R. Angabe von Quantität, Qualität und Erfüllungsort - Zugang bei S („empfangsbedürftig“) - hL/Rsp: vorsorgliche Mahnung möglich ● Nichtleistung OR AT Helmut Heiss
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b. Insbesondere: Verfallstaggeschäft (Art 102 II OR)
● „bestimmter Verfalltag“ - ausdrückliche Nennung des Datums im Vertrag - Folge einer (wirksamen) Kündigung (zB eines Darlehens „auf den “) ● Nichtleistung ● Ablauf des Verfalltags ● KEINE Mahnung erforderlich c. Insbesondere: Antizipierter Vertragsbruch OR AT Helmut Heiss
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d. Rechtsfolgen allgemein aa. Ersatz des Verspätungsschadens (Art
103 I OR) ● Verzug ● Verschulden (Beweislastumkehr!, Art II OR) ● Schaden ● Kausalität → G ist so zu stellen, wie er stünde, wenn rechtzeitig erfüllt worden wäre! OR AT Helmut Heiss
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bb. Insb. Geldforderungen ● Verzug (auch ohne Verschulden!)
→ Verzugszinsen (Art 104 OR) - 5% oder höherer vereinbarter Zins (Art 104 I und II OR) - unter Kaufleuten: höherer „üblicher Bankdiskonto am Zahlungsort“ kann verrechnet werden (Art 104 III OR) ● + Verschulden (Beweislastumkehr!, Art 106 I OR) → zusätzlich Verspätungsschaden, der nicht durch Verzugszinsen gedeckt ist (Art 106 I OR) OR AT Helmut Heiss
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cc. Haftung für Zufall (Art 103 I OR) ● Verzug
● Verschulden betr. Verzug (Beweislastumkehr!, Art 103 II OR) ● zufälliges Unmöglichwerden der Leistung ● Leistung hätte Unmöglichwerden ver- hindert (Einwand des „rechtmässigen Alternativverhaltens“ zulässig; Art 103 II OR) → S haftet nach Art 97 I OR ohne Verschulden (kein Entlastungsbeweis!) OR AT Helmut Heiss
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e. Optionen des G bei synallagmatischen Verträgen
aa. Voraussetzungen ● Verzug (hierzu oben) ● angemessene Nachfrist (Art 107 I OR) = „angemessen“ mit Blick auf Interessen der Parteien sowie Art und Umfang der Leistung ● Nichtleistung bei Ablauf der Nachfrist OR AT Helmut Heiss
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bb. Entfall der Nachfristsetzung
● ernsthafte und endgültige Leistungs- verweigerung durch S (Art 108 Z 1 OR) ● Verzug macht Leistung für G nutzlos (Art 108 Z 2 OR; zB „Saisonartikel“) ● relatives Fixgeschäft (Art 108 Z 3 OR; „genauer“ oder „spätester“ Leistungszeitpunkt vereinbart) [Beachte: bei absolutem Fixgeschäft liegt Unmöglichkeit der Leistung vor!] OR AT Helmut Heiss
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cc. Option I: Erfüllung und Verspätungs- schaden (Art 107 II Alt 1 OR)
= Rechtsfolgen nach Art 103ff OR dd. Option II: Verzicht auf Erfüllung und Nichterfüllungsschaden (Art 107 II Alt 2 OR) ● unverzüglicher Verzicht ● Verschulden des S → Nichterfüllungsschaden („positives Interesse“) = wahlweise Berechnung nach Austausch- oder Differenztheorie OR AT Helmut Heiss
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ee. Option III: Verzicht und Rücktritt (Art 107 II Alt 3 OR)
● unverzüglicher Verzicht ● Rücktrittserklärung → Vertrag wandelt sich in ein vertragliches Rückabwicklungsverhältnis (Art 109 I OR) - vertraglicher (kein dinglicher!) Rück- gewähranspruch - vertragsrechtliche Regeln anwendbar (zB Art 82f, 97 I, 119 OR) ● + Verschulden → Ersatz des Vertrauensschadens = G ist in die Vermögensposition zu bringen, in der er wäre, hätte er nicht auf das Bestehen des Vertrages vertraut OR AT Helmut Heiss
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bb. pVV (positive Vertragsverletzung) = Art 97 ff OR
5. Schlechterfüllung a. Begriff = Leistung wird erbracht, jedoch nicht wie geschuldet („Qualitätsmangel“ [↑]) b. Rechtsbehelfe aa. (ohne Verschulden) Gewährlei- stung + (bei Verschulden) Mangel- folgeschaden (zB Art 192 ff, 197 ff OR [Kauf]; Art 367 ff OR [Werkvertrag]) bb. pVV (positive Vertragsverletzung) = Art ff OR OR AT Helmut Heiss
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b. Verhältnis der Rechtsbehelfe zueinander
aa. Vertragstypenregelung kennt keine Gewährleistung → nur pVV bb. Vertragstypenregelung kennt Gewährleistung ● Anspruchskonkurrenz = Kauf → Gewährleistung oder pVV ● Subsidiarität der pVV = Werkvertrag → nur Gewährleistung OR AT Helmut Heiss
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c. Voraussetzungen der Haftung aus pVV ● Schlechterfüllung
● Verschulden des S ● Schaden des G ● Kausalität 6. Haftung für Nebenpflichtverletzungen = Haftung aus pVV (Art 97 ff OR) OR AT Helmut Heiss
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