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Strukturgenetische Theorien II: Kohlberg

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Präsentation zum Thema: "Strukturgenetische Theorien II: Kohlberg"—  Präsentation transkript:

1 Strukturgenetische Theorien II: Kohlberg
1. Was ist Moral? 2. Biographisches zu Lawrence Kohlberg 3. Die Entwicklung des moralischen Urteils 4. Das methodische Vorgehen Kohlbergs 5. Zum Zusammenhang zwischen moralischem Urteil und Handlung 6. Die Frage nach der Universalität des Stufenmodells 7. Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede? 8. Was ist moralische Erziehung?

2 Was ist Moral? - von lat. mos, moris: Sitte, Gewohnheit, Brauch
- deskriptiv: Summe der geltenden „Regeln“ (z.B. Soziologie) - normativ: Frage nach den „besten“ Regeln (Moralphilosophie bzw. Ethik) - Universalisierbarkeit - Utilitarismus - Gerechtigkeitstheorien - Diskurstheorien Gegenstände der psychologischen Moralforschung: 1. Wissen über geltende Normen 2. Urteile über das moralisch Gebotene 3. Motive des tatsächlichen Verhaltens 4. Moralische Gefühle (z.B. Schuld, Empörung)

3 Biographisches zu Lawrence Kohlberg
1927 Geburt in New York als jüngster Sohn eines reichen jüdischen Geschäftsmannes ca Trennung der Eltern; der Vater droht mit Enterbung, wenn die Kinder mit der Mutter gehen 1945 Beendigung der Highschool (Internat), die er immer nur „auf Probe“ besuchte; Kohlberg kommt dienstverpflichtet mit der amerikanischen Handelsmarine nach Europa und engagiert sich später auf einem Schiff, das Juden 1946/47 durch die britische Seeblockade nach Palästina bringen sollte; Internierung ca Kohlberg besteht die Aufnahmeprüfung an der University of Chicago und studiert Jura und Psychologie (u.a. bei Bruno Bettelheim, Carl Rogers und Anselm Strauss)

4 Biographisches zu Lawrence Kohlberg
1958 unveröffentlichte Dissertation „The Development of Modes of Moral Thinking and Choice in the Years of 10 to 16“; Veröffentlichungen dazu erst ab 1963; Assistenzprofessuren in Yale, Palo Alto und Chicago; Konflikte an der Univ. of Chicago wegen der dort vorherrschenden behavioristischen Orientierung 1968 Professur für Pädagogik und Sozialpsychologie an der Harvard University 1973 Infektion mit einer Viruserkrankung auf einer Forschungsreise, von da an extreme gesundheitliche Beeinträchtigungen bis zum körperlichen Zusammenbruch Ende der 70er Jahre 1974 heftige Kritik von Kurtines & Greif am methodischen Fundament der Kohlbergschen Arbeiten - > Blockierung der Fördermittel

5 Biographisches zu Lawrence Kohlberg
1974 Kohlberg reagiert mit Längsschnittstudien (1983), mit einem Scoringmanual (1987) und mit verstärktem Engagement in der moralischen Erziehung („Just Community“) 1984/85 Kritik von Carol Gilligan und Norma Haan aus feministischer Perspektive - > Beginn der bis heute anhaltenden Diskussion um eine feministische Ethik 1987 Freitod

6 Die Entwicklung des moralischen Urteils
I. Präkonventionelles Stadium (Autoritätsorientierung) 1. Strafe und Gehorsam 2. Naiver instrumenteller Hedonismus II. Konventionelles Stadium (Konventionsorientierung) 3. Interpersonale oder Gruppenperspektive 4. Gesellschaftsperspektive III. Postkonventionelles Stadium (Prinzipienorientierung) 5. Sozialer Kontrakt 6. Universelle ethische Prinzipien

7 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
Das Heinz-Dilemma Eine todkranke Frau litt an einer besonderen Krebsart. Es gab ein Medikament, das nach Ansicht der Ärzte ihr Leben hätte retten können. Ein Apotheker der Stadt hatte es kurz zuvor entdeckt. Das Medikament war teuer in der Herstellung, der Apotheker verlangte jedoch ein Vielfaches seiner eigenen Kosten. Heinz, der Ehemann der kranken Frau, borgte von all seinen Bekannten Geld, brachte aber nur die Hälfte des Preises zusammen. Nach ergebnislosen Verhandlungen mit dem Apotheker brach Heinz in der Apotheke ein und stahl das Medikament für seine Frau.

8 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
Das Joe-Dilemma Joe, ein 14jähriger Junge, wollte sehr gern in ein Ferienlager fahren. Sein Vater versprach ihm, daß er fahren könne, vorausgesetzt, er würde das erforderliche Geld selbst zusammensparen können. So strengte sich Joe bei seinem Job als Zeitungsjunge besonders an und schaffte es, die 100 Dollar zu sparen, die das Lager kostete, und sogar noch etwas Geld dazu. Doch kurz vor Beginn des Lagers änderte der Vater seine Meinung. Er wollte mit seinen Freunden einen besonderen Angelausflug unternehmen - ihm fehlte aber das nötige Geld. Also sagte er Joe, er solle ihm das beim Zeitungsaustragen verdiente Geld geben. - Joe will auf das Ferienlager nicht verzichten und denkt daran, dem Vater das Geld zu verweigern.

9 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
1. Sollte Heinz das Medikament stehlen? 1a. Warum oder warum nicht? 2. (Wenn die Vp den Diebstahl befürwortet hat): Wenn Heinz seine Frau nicht liebt, sollte er dann das Medikament für sie stehlen? Bzw. (wenn die Vp sich gegen den Diebstahl ausgesprochen hat): Bedeutet es einen Unterschied, ob Heinz seine Frau liebt oder nicht? 2a. Warum oder warum nicht? 3. Angenommen die Person, die im Sterben liegt, ist nicht seine Frau, sondern ein Fremder. Sollte Heinz das Medikament für einen Fremden stehlen? 3a. Warum oder warum nicht?

10 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
4. (Wenn die Vp sich dafür ausspricht, das Medikament auch für einen Fremden zu stehlen): Angenommen, es handelt sich um ein Haustier, das Heinz liebt. Sollte er das Medikament stehlen, um das Haustier zu retten? 4a. Warum oder warum nicht? 5. Ist es wichtig, dass Menschen alles versuchen, was sie können, um das Leben eines anderen zu retten? 5a. Warum oder warum nicht? 6. Es ist gegen das Gesetz, wenn Heinz einbricht. Ist diese Handlungsweise deshalb moralisch falsch? 6a. Warum oder warum nicht?

11 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
7. Sollten Menschen im allgemeinen alles versuchen, um dem Gesetz Folge zu leisten? 7a. Warum oder warum nicht? 7b. Wie läßt sich das (die vorherige Antwort) auf das beziehen, was Heinz tun sollte? 8. Wenn Sie noch einmal an das Dilemma (den Ausgangskonflikt) zurückdenken: Was wäre das Verantwortungsvollste, was Heinz tun könnte? 8a. Warum?

12 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
1. Vorlesen des Dilemmas 2. Bitte um spontane Entscheidung 3. Standardisierte Nachfragen 4. Offene Nachfragen, um zu verstehen, was der Befragte „wirklich“ gemeint hat 5. Dasselbe mit zwei weiteren Dilemmata bzw. Dilemma- Fortsetzungen (z.B. beim Heinz-Dilemma: Es kommt zu einer Gerichtsverhandlung) Alle Dilemmata und die zugehörigen Standard-Fragen finden sich im Anhang zu: Kohlberg, L. (1995): Die Psychologie der Moralentwicklung. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

13 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
Typische Antworten auf das Heinz-Dilemma 1. „Heinz sollte nicht stehlen, er sollte das Medikament kaufen. Wenn er das Medikament stiehlt, könnte er ins Gefängnis kommen und müßte das Medikament dann doch zurückgeben.“ (Pb 10 J.) 2. „Heinz sollte das Medikament stehlen, um das Leben seiner Frau zu retten. Er mag dafür ins Gefängnis kommen, aber er hätte dann immer noch seine Frau.“ (Pb 13 J.) 3. „Wäre ich Heinz, hätte ich das Medikament für meine Frau gestohlen. Liebe hat keinen Preis. Auch das Leben hat keinen Preis.“ (Pb 16 J.)

14 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
Typische Antworten auf das Heinz-Dilemma 4. „Wenn man heiratet, schwört man sich Liebe und Treue. Eine Ehe ist nicht nur Liebe, sie bedeutet auch eine Verpflichtung, genau wie ein gesetzlicher Vertrag.“ (Pb 21 J.) „Wenn der Apotheker für seinen großen Aufwand der Medikamententwicklung und seinen Unternehmergeist nicht entsprechend belohnt wird und wenn das Schule macht, dann ist unsere Wirtschaftsordnung in Frage gestellt.“ 5. Das Leben der Frau hat auf jeden Fall Vorrang vor anderen Erwägungen. „... In einer Situation jedoch, in der Stehlen zum einzigen Mittel wird, ein Leben zu retten, widersprechen Prinzipien den gewöhnlichen Regeln; hier würden sie das Stehlen gebieten.“

15 Das methodische Vorgehen Kohlbergs
Auswertungsschritte (nach Colby & Kohlberg et al. 1987) Standard Issue Scoring Manual 1. Markierung der Interviewteile, die eindeutig moralische Urteile beinhalten. 2. Vorläufige Stufeneinteilung jedes einzelnen Urteils; Abgleich mit vorgegebenen Musterurteilen („criterion judgement“) 3. Berechnung der Stufenwerte für die verschiedenen Gegenstandsbereiche 4. Berechnung der Gesamtstufe 5. Berechnung eines numerischen Wertes (Skala von ) für weitere statistische Auswertungen

16 Einige Kritikpunkte Kritik an den theoretischen und methodischen Grundlagen (zuerst 1974 von Kurtines & Greif vorgetragen) - > Colby, Kohlberg et al. Legten 1983 eine Längsschnittstudie vor und - > ein differenziertes Auswertungsmanual - > Weiterentwicklung des Stufenmodells (z.B. von Eckensberger ) - > Entwicklung alternativer Erhebungs- und Auswertungsmethoden Kritik aus feministischer Perspektive (1984/85 erstmals von Norma Haan und Carol Gilligan vorgetragen) - > bis heute anhaltende philosophische Diskussion darüber, ob es eine „weibliche“ Moral gibt

17 Einige Kritikpunkte Kritik am universalistischen Geltungsanspruch
- > vermehrte kulturvergleichende Studien, allerdings mit widersprüchlichen Befunden Umstritten ist der Zusammenhang zwischen moralischem Urteil und moralischem Handeln - > empirische Untersuchungen - > moralische Erziehung („just communities“) Kritik an der kognitiven Orientierung (Vernachlässigung von Empathie und moralischen Gefühlen, wie z.B. Schuldgefühl oder Empörung) - > Einige Forscher/innen trennen heute zwischen moralischem Wissen, moralischer Motivation und moralischem Handeln (z.B. Nunner-Winkler)

18 Zum Zusammenhang zwischen moralischem Urteil und Handlung
Die Analyse des Verhaltens kann nicht die erste Wahl sein, „wenn es um die Entwicklung der Moral geht, denn das Verhalten selbst (Teilen, Schlagen o.ä.) können wir ja noch nicht als moralisch oder unmoralisch qualifizieren, sondern nur die zugrundeliegenden Intentionen (der ‚gute Wille‘)“ (Eckensberger 1998, S. 478). Zusammenhang zwischen Urteilen und Handeln nach Kohlberg & Candee (1984): (1) Interpretation der gegebenen Situation auf dem Hintergrund des moralischen Urteils (2) Entscheidung über das Erfordernis einer Handlung a oder b (3) Verantwortlichkeits- oder Verpflichtungsurteil bezogen auf die eigene Person

19 Stufenmodell der „Fürsorge-Moral“ (Gilligan)
1. Ebene: Orientierung am individuellen Überleben 2. Ebene: Orientierung an Konventionen 3. Ebene: Die Moral der Gewaltlosigkeit

20 Aspekte weiblicher Moral nach Carol Gilligan
- Frauen neigen eher zu moralischen Urteilen, die die konkreten Umstände in Rechnung stellen; Männer orientieren sich eher an abstrakten Prinzipien. - Frauen neigen eher zu Fürsorge und zum Vermeiden von Schmerz. - Die weibliche Fürsorgeethik wurzelt in der weiblichen Sozialisation als beziehungsorientiertes (relationales) Selbst; die männliche Gerechtigkeitsorientierung ist Ausdruck der männlichen Sozialisation als autonomes Selbst.

21 Aspekte weiblicher Moral nach Carol Gilligan
Empirische Ergebnisse von Döbert & Nunner-Winkler (1986) Basis: 113 männliche und weibliche Jugendliche zwischen 14 und 22 Jahren (aus Hauptschule, Realschule und Gymnasium) Abtreibungsdilemma Fast die Hälfte der Mädchen, aber nur ein Viertel der Jungen argumentiert unter Bezugnahme auf die konkreten Umstände Wehrdienstverweigerungsdilemma Fast zwei Drittel der Mädchen (63%), aber nur knapp ein Viertel der Jungen (23%) argumentiert ausschließlich auf der Prinzipienebene.


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