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Die Rechtslage in Österreich

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Präsentation zum Thema: "Die Rechtslage in Österreich"—  Präsentation transkript:

1 Die Rechtslage in Österreich
Helmut Graupner Sex, Hiv & das Gesetz Die Rechtslage in Österreich 7. Innsbrucker HIV Update Kühtai 25. April 2009

2 Menschenrechtliche Grundlagen II. Rechtslage in Österreich III.
I. Menschenrechtliche Grundlagen II. Rechtslage in Österreich III. Antiretrovirale Therapie

3 I. Europäischer Menschenrechtsgerichtshof:
I. Europäischer Menschenrechtsgerichtshof: zentraler Gedanke der Menschenrechte ist der Respekt vor der menschlichen Würde und Freiheit, die Anerkennung der persönlichen Autonomie ist ein bedeutendes Auslegungsprinzip in der Anwendung des Rechts auf Achtung des Privatlebens. Sexualität und Sexualleben gehören zum Kernbereich des Grundrechts auf Schutz des Privatlebens. Staatliche Regulierung sexuellen Verhaltens greift in dieses Recht ein; und solche Eingriffe sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie nachweislich notwendig sind, um von anderen Schaden abzuwenden (dringendes soziales Bedürfnis, Verhältnismässigkeit). Ansichten und Werthaltungen einer Mehrheit können Eingriffe in das Recht auf Privatleben (wie auch in andere Grundrechte) jedenfalls nicht rechtfertigen. (Dudgeon vs. UK 1981, Norris vs. Ireland 1988, Modinos vs. Cyprus 1993, Laskey, Brown & Jaggard vs. UK 1997, Lustig-Prean & Beckett vs. UK 1999; Smith & Grady vs. UK 1999; A.D.T. vs. UK 2000, Christine Goodwin vs. UK 2002, I. vs. UK 2002, Fretté vs. France 2002, L. & V. v. Austria 2003, S.L. v. Austria 2003)

4 Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung
Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung ist inakzeptabel ebenso schwerwiegend wie Diskriminierung auf Grund von Rasse, ethnischer Herkunft, Religion und Geschlecht Differenzierung bedarf besonders schwerwiegender Gründe (Lustig-Prean & Beckett vs. UK 1999; Smith & Grady vs. UK 1999; Salgueiro da Silva Mouta vs. Portugal 1999; L. & V. v. Austria 2003, S.L. v. Austria 2003, E.B. vs. France 2008)

5 Nicht bloß negative Rechte auf Freiheit von staatlichen Eingriffen
Nicht bloß negative Rechte auf Freiheit von staatlichen Eingriffen sondern auch positive Rechte auf (aktiven) Schutz dieser Rechte, gegenüber dem Staat wie auch gegenüber anderen Individuen. Verpflichtung des Staates zu aktivem Tätigwerden bei Beeinträchtigung des Rechts auf freie Entfaltung und Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, und auf Aufnahme und Führung zwischenmenschlicher Beziehungen (Zehnalová & Zehnal vs. CZ 2002)

6 Konkret: (a) Totalverbote verletzen Art. 8 EMRK
Konkret: (a) Totalverbote verletzen Art. 8 EMRK Dudgeon vs. UK 1981, Norris vs. Ireland 1988, Modinos vs. Cyprus 1993 ebenso: UN-Menschenrechtsausschuss, Toonen vs. Australia 2004 (b) Verbote (homo)sexueller Kontakte zwischen mehr als zwei Personen verletzen Art. 8 EMRK A.D.T. vs. UK 2000 (c) Sonderaltersgrenzen verletzten Art. 8 und 14 EMRK L. & V. vs. Austria 2003, S.L. vs. Austria 2003, Woditschka & Wilfling vs. Austria 2004, F. L. vs. Austria 2005; Thomas Wolfmeyer vs. Austria 2005; H.G. & G.B. vs. Austria 2005; R.H. vs. Austria 2006

7 (d) S. L. vs. A: EUR 5.000,-- Entschädigung (zzgl. Verfahrenskosten) an Jugendlichen, weil ihm zwischen 14 und 18 selbstbestimmte sexuelle Kontakte mit erwachsenen Männern verwehrt wurden. (e) Aufhebung der Sonderstrafgesetze reicht nicht: Opfer müssen rehabilitiert und entschädigt werden, auch bei Freispruch L. & V. vs. Austria 2003, S.L. vs. Austria 2003, Woditschka & Wilfling vs. Austria 2004, F. L. vs. Austria 2005; Thomas Wolfmeyer vs. Austria 2005; H.G. & G.B. vs. Austria 2005; R.H. vs. Austria 2006

8 (e) Vertraulichkeit von Gesundheitsdaten ist unerlässlich
(e) Vertraulichkeit von Gesundheitsdaten ist unerlässlich - ganz besonders im Bereich Hiv/Aids - Verpflichtung der Staaten, Vertraulichkeit praktisch und wirksam zu gewährleisten (I. vs. FI 2008 [Krankenhaus]; Armonas & Biriuk vs. LIT 2008 [Presse]) (f) Abschiebung Aids-kranker Frau nach Uganda keine unmenschliche und erniedrigende Behandlung (Art. 3 EMRK) - Therapie auch in Uganda erhältlich, wenn auich geringerer Standard (N. vs. UK 2008)

9 II. Rechtslage in Österreich
II. Rechtslage in Österreich Körperverletzungsdelikte: Vorsätzliche Körperverletzung (§§ 83ff StGB), Mord (§ 75 StGB) Zwar: Strafbarkeit des Versuchs auch ohne Ansteckung Jedoch: Hiv-Positiver muss die Ansteckung nicht nur ernstlich für möglich gehalten sondern sich auch damit abgefunden haben (§ 5 Abs. 1 StGB) Fahrlässige Körperverletzung (§ 88 StGB) Nachweis der Ansteckung erforderlich Fahrlässige Tötung (§§ 80f StGB) Zumeist verjährt bevor der Tod eintritt (Verjährungsfrist: max. 7 ½ Jahre) Problematik der Einwilligung (in die Verletzung/Ansteckung) (§ 90 StGB): in Rechtsprechung und Lehre ungeklärt

10 Strafgesetz 1852 „mit einer schändlichen Krankheit behaftete und dieselbe verheimlichende Ammen“ (§ 379 StG) Gefährdung der Gesundheit durch übertragbare Krankheiten“ (§ 335, 393 StG) (Fahrlässigkeitsdelikt) Vorsätzliche Herbeiführung einer Gemeingefahr (§ 85 lit. b iVm § 87 StG) (Handeln „aus Bosheit“ notwendig)

11 Strafgesetzbuch (StGB) 1975
Strafgesetzbuch (StGB) 1975 Vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten § 178 StGB. Wer eine Handlung begeht, die geeignet ist, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wenn die Krankheit ihrer Art nach zu den wenn auch nur beschränkt anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört. Fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten § 179 StGB. Wer die im § 178 mit Strafe bedrohte Handlung fahrlässig begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

12 Abstraktes (potentielles) Gefährdungsdelikt
Geschütztes Rechtsgut: Volksgesundheit (Leib und Leben einer unbestimmten Vielzahl von Personen) Einwilligung des/der PartnerIn irrelevant Dennoch: nichtinfizierte/r PartnerIn wird von Lehre und Rechtspraxis nicht als strafbar angesehen Meldepflicht: muss nicht vom Vorsatz/Fahrlässigkeit umfasst sein (objektive Bedingung der Strafbarkeit) Aids (beschränkt) meldepflichtig (§ 2 Aids-G) „Gefahr der Verbreitung“ (nicht: „Übertragung“): „Gewisse Breitenwirkung“ gefordert wird bei Sexualverkehr eines Hiv-Positiven immer angenommen (wegen potentieller Hervorrufung einer lebenslangen Infektion/Infektiösität) Abstrakte Gefährlichkeit: erfahrungsgemäss ernst zu nehmende Erhöhung der Möglichkeit einer Ansteckung nicht notwendig: erfolgte Ansteckung konkrete (tatsächliche) Gefährdung Abstraktes (potentielles) Gefährdungsdelikt

13 Verurteilungen §§ 178, 179 StGB

14 Verurteilte nach Krankheiten §§ 178, 179 StGB 2004-2006
Verurteilte nach Krankheiten §§ 178, 179 StGB

15 Verurteilte nach ihrem Geschlecht §§ 178, 179 StGB 2002-2007
Verurteilte nach ihrem Geschlecht §§ 178, 179 StGB

16 Staatlich propagierter Safer Sex = abstrakt (potentiell) gefährlich?
Staatlich propagierter Safer Sex = abstrakt (potentiell) gefährlich? Rechtsprechung der 80er & 90er Jahre: immer wieder Verurteilungen für kondomgeschützten (Vaginal)Verkehr, Oralverkehr ohne Kondom am hiv-negativen Partner und sogar Zungenküsse (bspw. LGSt Linz, EVr 1744/92; LG Klagenfurt, 15 EVr 81/96; LGSt Wien , 1b Vr 3031/97; APA 080, ; APA 554, ) Oberster Gerichtshof ( , 11 Os 171/97): peniler Vaginalverkehr („Geschlechtsverkehr“) mit Kondom nicht strafbar Zungenküsse nur „unter besonderen Umständen (wie Verletzungen, Bisse u.ä.)“

17 Kärntner Oralsexfall Hiv-positiver Mann verurteilt für
Kärntner Oralsexfall Hiv-positiver Mann verurteilt für Oralverkehr mit anderen Männern ohne Kondom Oralverkehr des Hiv-Positiven am Hiv-Negativen (LG Klagenfurt , 13 EVr 70/99) Oberlandesgericht Graz ( , 11 Bs 105/03): Wiederaufnahme des Verfahrens, weil (gem. 2 eingeholten mediz. SV-Gutachten) zwar eine Ansteckung nicht zu 100% ausgeschlossen jedoch typischerweise erfahrungsgemäß keine ernst zu nehmende Ansteckungsgefahr (bei Oralverkehr am Hiv-Negativen)

18 Weiterbestehende Problembereiche
Weiterbestehende Problembereiche Straflosigkeit durch die Judikatur lediglich festgestellt für penilen Vaginalverkehr mit Kondom (OGH , 11 Os 171/97) Zungenküsse (ausser bei besonderen Umständen) Oralverkehr einer hiv-positiven Person an einem hiv-negativen Mann (OLG Graz , 11 Bs 105/03) Rechtsunsicherheit bei allen anderen sexuellen Handlungen wie insb. Analverkehr mit Kondom Oralverkehr durch eine hiv-negative Person an einem hiv-positiven Mann (ohne Ejakulation in den Mund)

19 Trotz o.a. Judikatur gewichtiger Teil der Lehre nach wie vor für Strafbarkeit des Sexualverkehrs Hiv-Positiver mit Kondom (vgl. Mayerhofer WK2 § 178 RN 4; M/R StGB5 Anm zu E1) immer wieder Verurteilungen ohne Bezugnahme auf Verwendung/Nichtverwendung eines Kondoms (bspw. LGSt Wien 112 E Hv 103/05w; LGSt Wien 43 Hv 78/05m [Hepatitis C]; LGSt Wien 112 E Hv 68/05y [Hepatitis C]; LGSt Wien 111 Hv 36/05k [Hepatitis C]; LGSt Graz 10 Hv 89/05z [Gonorrhoe]; LGSt Wien, , 6aEVr 7210/01; LGSt Wien, 1bEVr 235/00; LG Salzburg, 36 EVr 2394/98)

20 Teile der Rechtsprechung und Lehre sogar
Teile der Rechtsprechung und Lehre sogar für Strafbarkeit des (kondomlosen) Verkehrs Hiv-Positiver untereinander (vgl. Kienapfel/Schmoller BT III § 178 RN 8; Triffterer StGB-Komm § 178 RN 26) ja sogar hiv-negativer Personen untereinander (LG Korneuburg, 90a Bl 41/01) Selbst o.a. Judikatur (OGH und OLG Graz): Straflosigkeit nicht begründet mit der Befolgung von Safer Sex Regeln im konkreten Fall (typische Gefährdung reicht trotz konkreter Unmöglichkeit einer Ansteckung) (OLG Graz , 11 Bs 105/03)

21 Problem: „Ich bin der Meinung, dass die strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung HIV - positiver Menschen für sexuelle Kontakte mit HIV - negativen Menschen trotz Befolgung der Verhaltensempfehlungen der Gesundheitsbehörden und der Aids - Hilfen dem Anliegen einer effektiven HIV - und Aids -Prävention zuwiderlaufen“ (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen 2313/AB XXI.GP ) Lösung: Streichung der §§ 178, 179 StGB Einschränkung auf konkrete (tatsächliche) Gefährdung Gesetzliche Klarstellung, dass die Befolgung von gesundheitspolitischen Verhaltensempfehlungen („Safer Sex Regeln“) nicht tatbestandsmässig ist.

22 III. Antiretrovirale Therapie
III. Antiretrovirale Therapie Eidgenössische Kommission für Aidsfragen Antiretrovirale Therapie (ART) eingehalten und durch behandelnden Arzt kontrolliert Viruslast seit mind. 6 Monaten unter der Nachweisgrenze (Virämie supprimiert) Keine Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten -> keine sexuelle Infektiosität (Schweizerische Ärztezeitung 2008;89: 5, )

23 Cour de Justice de Geneve
Cour de Justice de Geneve ( ) 30j Mann, erfüllt Voraussetzungen der schw. Aidskommisison Ungeschützter Geschlechtsverkehr mit 2 Frauen Partnerinnen nicht infiziert angeklagt wegen versuchter Verbreitung von Hiv/Aids Verurteilung in erster Instanz, weil Restrisiko nicht auszuschließen Berufungsgericht: SV-Gutachten Ansteckungsgefahr gegen Null -> Freispruch

24 Verbreiten menschlicher Krankheiten Art. 231 schw StGB
Verbreiten menschlicher Krankheiten Art. 231 schw StGB Art. 231 Verbreiten menschlicher Krankheiten 1.  Wer vorsätzlich eine gefährliche übertragbare menschliche Krankheit verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft. Hat der Täter aus gemeiner Gesinnung gehandelt, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren. 2.  Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

25 Unterschiede zu §§ 178f öStGB
Unterschiede zu §§ 178f öStGB Höherer Strafrahmen (bis 5/3 Jahre ggü 1/3 Jahre) Keine Beschränkung auf meldepflichtige Krankheiten Ansteckung notwendig Strafbarkeit des Versuchs auch ohne Ansteckung Jedoch: Hiv-Positiver muss die Ansteckung nicht nur ernstlich für möglich gehalten sondern sie für diesen Fall) auch wollen (§ 18 schw StGB) Fahrlässige Begehung: Nachweis der Ansteckung stets erforderlich (kein Versuch möglich)

26 §§ 178, 179 öStGB Notwendig: „ernstzunehmende Ansteckungsgefahr“
§§ 178, 179 öStGB Notwendig: „ernstzunehmende Ansteckungsgefahr“ -> Strafbarkeit sollte also entfallen Allerdings: abstraktes potentielles Gefährdungsdelikt: - keine Ansteckung und keine konkrete Gefährdung notwendig - typische Gefahr genügt -> Problematik: Abgrenzung abstrakt-typisch vs. individuell-konkret

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