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„Die erste Globalisierung“: Theorie und Evidenz

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Präsentation zum Thema: "„Die erste Globalisierung“: Theorie und Evidenz"—  Präsentation transkript:

1 „Die erste Globalisierung“: Theorie und Evidenz
Europa im Welthandel „Die erste Globalisierung“: Theorie und Evidenz Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

2 Der Plan „Theoretische“ Vorüberlegungen Historischer Hintergrund
was ist „Globalisierung“, warum gibt es Handel? was kann zu „Globalisierung“ führen? Historischer Hintergrund Hatten Heckscher und Ohlin Recht? Das Welthandelssystem von 1910 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

3 Was ist „Globalisierung“?
Die schlichte, dichotome Welt der Ökonomie: es gibt nur Outputs (Güter) und Inputs (Faktoren), gehandelt auf Märkten Handel auf Märkten ist Realisierung von Vorteilen für alle Beteiligten, gegeben die Kosten des Handels Arbeitsdefinition: „Wenn der gegenseitige Einfluss geographisch weit entfernter Märkte für Massengüter und/ oder Produktionsfaktoren mit Einfluss auf Massengüter stark zunimmt nennen wir das Globalisierung“ Wie kann es zu „Globalisierung“ kommen?  warum gibt es Handel (im Sinne von Bewegung von Gütern und Faktoren zwischen Orten)? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

4 Warum gibt es Handel? („trade theory in a nutshell“)
Wann gibt es keinen Handel? Wenn alle Orte identisch sind (in Ausstattung mit Faktoren und Konsumenten, Technologie, Institutionen, Präferenzen) gibt es nur Arbitragehandel:  zufällige Schocks (Wetter, Sonnenflecken, Mode…) lassen die Preise abweichen  Arbitragehandel macht Gewinne durch Ausnutzung dieser Preisunterschiede  dadurch gleichen sich die Preise wieder an Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

5 Warum gibt es Handel? („trade theory in a nutshell“)
Handel entsteht aus systematischen Unterschieden in: Technologie oder Institutionen (Ricardianische Handelstheorie) Faktorausstattung (Heckscher-Ohlin-Handelstheorie) Sowie: Handel kann aus kumulierten Effekten zufälliger Abweichungen entstehen (New Trade Theory, New Economic Geography) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

6 Wie kann es zu Globalisierung kommen?
Wenn die Handelskosten sinken Wenn die Unterschiede zunehmen Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

7 Kostenfaktoren Technologie Binnentransport Internationaler Transport
Kommunikation Politik Zollpolitik Währungspolitik Niederlassungsfreiheit, Zuwanderungspolitik, Kapitalverkehr These: die „erste Globalisierung“ wurde vor allem durch sinkende Transport- und Kommunikationskosten ausgelöst Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

8 Kostenfaktoren (2) Die Wirklichkeit ist noch ein wenig interessanter, denn: zwischen einigen dieser Kostenfaktoren und „Globalisierung“ gibt es massive Interaktion (zum Beispiel: Zollpolitik reagiert auf Folgen des Handels) nicht alle Kostenfaktoren betreffen alle Güter gleich und Handel (und auch Faktorbewegungen) sind multilateral (zum Beispiel: Handelskosten zwischen A und B betreffen auch Handel zwischen A und C und B und C) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

9 Wie messe ich „Globalisierung“?
1. Wie messe ich Handelskosten und „Integration“? Direkt (selten möglich) Indirekt1: Ströme von Gütern und Faktoren gut aggregierbar aber verändert sich nicht nur in Kosten, sondern auch in der Grösse (BIP) des Importeurs und des Exporteurs  Gravity-Modelle (Anderson/ van Wincoop 2004)  oder einfach Exporte/ BIP Indirekt2: Beziehung zwischen Preisen nur sinnvoll für vollkommen homogene Güter Preisunterschiede zwischen Orten A und B reflektieren Arbitragekosten zwischen A und B Reaktion von Preisen in A auf Preise in B reflektieren Arbitrage und Informationskosten Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

10 Wie messe ich „Globalisierung“?
2. Wie erfasse ich strukturelle Folgen der Integration? (dazu brauche ich immer ein Handelsmodell) Interaktion zwischen Faktor- und Gütermärkten: z.B. Faktorpreiskonvergenz durch Güterpreiskonvergenz Interaktion zwischen Gütermärkten: Spezialisierungseffekte Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

11 Einige Hintergründe Internationaler Handel vor 1800
Internationaler Handel seit 1800 Preiskonvergenz im 19. Jhd. Transportkosten und politische Kosten (Zölle, Währungssystem) im 19. Jhd. Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

12 Handel vor 1800 „Pax Mongolica“ im 13. Jhd. fördert Handel zwischen Europa und Asien über den Landweg: Seidenstrasse, die Reisen des Genuesen Marco Polo nach Indien und China, etc. Die Grosse Pest um 1347/50 tötet 1/3 der europäischen Bevölkerung  Konsequenz: pro Kopf Einkommen steigt (siehe Malthus)  dadurch höhere Nachfrage nach Luxusgütern? (Findlay/ Lundahl 2000) Kurz darauf (um 1380) zerfällt das Mongolenreich  der Landweg wird unsicherer, aber die Nachfrage nach Luxusgütern bleibt hoch  der Seeweg wurde im Laufe des 14. Jhd. immer attraktiver! Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

13 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

14 Handel vor 1800 Seefahrer aus Genua sind unter den ersten die versuchen, um Afrika herum nach Indien zu segeln (Gebr. Vivaldi kamen evtl. schon 1291 bis Somalia), aber langfristig haben die Italiener einen klaren geographischen Nachteil 1415 wird Ceuta durch Portugal erobert, damit sichern sich die Portugiesen die Seeenge von Gibraltar (schlecht für Italien und Spanien) Seit Heinrich dem Seefahrer (Dom Henrique o Navigador) gibt es massive Bemühungen den Seeweg nach Indien zu finden 1433: Einrichtung der Seefahrtschule von Sagres – ein mittelalterliches MIT der besten Kartographen, Astronomen und Seefahrer der Zeit, fantastische Bibliothek Systematische Erkundung und Sicherung der Afrikanischen Westküste Erst 1488 gelingt Bartolomeu Diaz die Umschiffung von Cap Horn, 1498 erreicht Vasco da Gama Indien über die Umschiffung Afrikas Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

15 Handel vor 1800 [Grandioser Irrtum und die Entdeckung Amerikas: Der Italiener Christoph Columbus (Cristoforo Colombo) trägt 1484 dem König von Portugal Johann II seinen Plan vor, den Seeweg nach Indien über eine Fahrt nach Westen zu finden, ausgehend von der Annahme, dass die Welt eine Kugel sei (…) und den Berechnungen zum Erdumfang des Italieners Toscanelli. Weil letzterer aber den Umfang um ¼ zu gering ermittelte und Portugal den Weg um Afrika schon fast gefunden hatte, wird der Plan abgelehnt. Columbus wendet sich 1486 an Isabella von Spanien sticht er in See und findet die Bahamas, Kuba und Haiti. Er glaubt bis zu seinem Tod, Indien gefunden zu haben.] Im 16. Jhd. dominieren Portugal, Spanien, dann zunehmend England und die (von Spanien unabhängigen) Niederlande den Seehandel mit Asien  Italien, die deutschen Staaten und Polen verlieren an Bedeutung (und darum sind Florenz, Krakau und Rothenburg so schön) War das schon Globalisierung? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

16 Handel vor 1800 Was wurde gehandelt (welche Märkte waren betroffen)?
Beispiel: Importe aus Asien nach Lissabon , Gewichtsanteile an der gesamten Ladung Pfeffer 80 84 89 68 65 Andere Gewürze 18,4 15,6 9,6 11,6 16,2 Indigo 8,4 4,4 Textilien 0,2 10,5 12,2 Sonstiges 1,4 0,4 1,5 2,2 Nach Findlay/ O’Rourke (2000) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

17 Handel vor 1800 Das Beispiel Lissabon zeigt: Handel fand überwiegend in Gütern mit hoher „Value to Weight Ratio“ statt, um die Transportkosten zu decken  Luxusgüter wie Pfeffer, Kaffee, Tee, sehr hochwertige Textilien (etwa Seide), kein Getreide  die meisten Europäer und Asiaten waren von diesem Handel nicht betroffen (nicht einmal zu Weihnachten) Das war um 1800/1850 noch nicht anders  vor 1850 gab es keine „Globalisierung“, aber wichtige Bedingungen für Globalisierung (Transportwege, Technik, Handelsnetze) waren seit dem 16. Jhd. gegeben Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

18 Handel seit 1800 Mit Ende der Napoleonischen Kriege (1815) nimmt der Welthandel massiv zu. Warum? Der Handel geht zunächst von England aus: britische Technologie schafft „Ricardianische“ Handelsanreize (massive Technologieunterschiede), Englands Interesse an Exporten fördert den Freihandel Transport-Innovationen senken die Transportkosten Das europäische Bevölkerungswachstum im 19. Jhd. schafft zunehmend Anreize für Importe von Getreide und Rohstoffen aus Übersee: Handel mit Massengütern (Heckscher-Ohlin-Theorie) Außerdem kommt es zu Massenmigration nach Übersee (aber davon später) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

19 Exporte/ BIP in Prozent 1820-1998
1870 1913 1929 1950 1973 1992 1998 Deutschland na 9,5 16,1 12,8 6,2 23,8 32,6 38,9 GB 3,1 12,2 17,5 13,3 11,3 14,0 21,4 25,0 West-Europa 10 16,3 9,4 20,9 29,7 Na USA 2 2,5 3,7 3,6 3,0 4,9 8,2 10,1 Lateinamerika 9 9,7 4,6 Asien 1,3 2,6 2,8 2,3 4,4 7,2 Welt 1 7,9 5,5 10,5 13,5 17,2 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

20 Handel seit 1800 Stärkste Dynamik im 19. Jhd. in Westeuropa
Openess-Ratios von 1913 werden oft erst in den 1960ern wieder erreicht Zunächst England, später Deutschland besonders stark vom Export abhängig (Zahlen ab beziehen sich auf Westdeutschland) Vorsicht bei Interpretation: kleine Länder haben ein „größeres Ausland“ (USA haben riesigen Binnenmarkt, daher weniger Exporte/ BIP)  Globalisierung? Wie haben sich die Preise verändert? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

21 Preiskonvergenz im 19. Jhd.
Im 19. Jhd. findet der Handel zunehmend in Massengütern statt: Getreide, Textilien, zunehmend industrielle Produkte Die Preise dieser Güter waren nicht mehr von lokalen oder nationalen Marktbedingungen bestimmt, sondern vom internationalem Markt Beispiele nach O‘Rourke/ Williamson (2000): Weizenpreise in London, Chicago, New York, Schwedisch-Britische Haferpreise, Bayerisch-Preußische Weizenpreise Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

22 Weizenpreise in Liverpool und Chicago
Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

23 Haferpreise in Schweden und England
Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

24 Weizenpreise in Bayern und Preußen
Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

25 Preisintegration Die Folgen dieser Preiskonvergenz waren enorm:
Höhere Nachfrage in Liverpool und London erhöhte die Preise in New York und Chicago  Anreize für Produktion und Export in den USA gleiches gilt für den gesamten Europäischen Kontinent warum konvergierten die Preise seit der Mitte des 19. Jhd. so deutlich? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

26 Handelskosten Transportkosten sanken seit c.a. 1840 dramatisch:
Nutzung der Dampfkraft auf Schiffen: 1838 erste transatlantische Dampfschiffllinie Kanalbauten in Europa und USA, Dampfschiffe auf Binnengewässern Eisenbahn senkt Transportkosten, v.a. in den USA und verbilligt so US-Getreideexporte nach Europa  zw und 1910 sinken die Transportkosten zwischen USA und England um 45% Eröffnung des Suez-Kanals 1869 halbierte die Entfernung zw. London und Bombay, ermöglichte Einsatz von Dampfschiffen auf Asienrouten Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

27 Handelskosten Zugleich war die Zeit eine Phase zunehmenden Freihandels: England hob schrittweise seine protektionistischen Gesetze aus der napoleonischen Kriegszeit auf (1848 Aufhebung der Corn Laws, welche seit der Napoleonischen Kontinentalsperre die Getreideimporte beschränkten) 1861: Cobden-Chevalier-Vertrag zwischen England und Frankreich; inkl. „Meistbegünstigungsklausel“ 1862 frz.-preussischer Handelsvertrag, bis 1866 treten Italien, Belgien, Schweiz, Schweden, Spanien, Norwegen, Niederlande, Österreich, Hansestädte dem Vertragsverbund bei Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

28 Hatten Heckscher und Ohlin Recht?
Was waren die Folgen dieser „ersten Globalisierung“? Hatte der internationale Preis-Wettbewerb bei Massengütern Folgen für Löhne und Einkommen? Klingt aktuell, ist aber sehr alt: Eli F. Heckscher (1919) und Bertil Ohlin (1924, 1933) entwickelten unabhängig voneinander den Faktor-Proportionen-Ansatz der neoklassischen Handelstheorie (HO-Theorie)  1) bei Freihandel spezialisieren sich Länder auf die Produktion von Gütern, über deren Inputfaktoren sie relativ im Überfluss verfügen  2) die Preise der Inputfaktoren zwischen den Ländern konvergieren, ohne dass die Faktoren international mobil sein müssen Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

29 Hatten Heckscher und Ohlin Recht?
Bsp. USA(/ Australien) um 1820 relativ zu Westeuropa USA mit viel Landmasse, relativ wenigen Arbeitskräften  relativ hohe Löhne, relativ niedrige Landrenten  USA: Spezialisierung auf Produktion von Gütern, die viel Land, aber wenig Arbeitskraft brauchen  Landwirtschaftsprodukte  Westeuropa: Spezialisierung auf Produktion von Gütern, die wenig Land, aber viel Arbeitskraft brauchen  Industriegüter  im Handel wird „US-Land gegen Europäische Arbeit getauscht“ Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

30 Hatten Heckscher und Ohlin Recht?
Warum sollen sich die Faktorpreise durch Handel (ohne Faktorbewegungen) angleichen? Ohne Handel: USA produzieren Industriegüter selbst, statt landwirtschaftliche Güter gegen Industrieprodukte aus Europa zu handeln  Nachfrage nach Arbeit in USA steigt und nach Land sinkt  Löhne steigen, Landrenten sinken  vice versa in Europa Ohne Handel sind Löhne in USA höher als in Europa und höher als mit Handel, Landrenten niedriger in USA als in Europa und niedriger als ohne Handel  HO-Theorie: Handel führt (über Konvergenz der Güterpreise und Druck zu Spezialisierung) zu Konvergenz der Faktorpreise Wenn das stimmt, muss das enorme Konsequenzen haben Kann man das nachweisen? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

31 Hatten Heckscher und Ohlin Recht?
O‘Rourke / Williamson (2000), Kapitel 4: ein ökonometrischer Test für 7 Länder (Australien, USA, Frankreich, England, Deutschland, Dänemark, Schweden), Annahme: zwei Sektoren (LW, Input sind Land und Arbeit sowie Industrie, Input sind Arbeit und Kapital) Was erklärt das Verhältnis von Löhnen zu Landrenten (W/R) in diesen Ländern über den Zeitraum ? 3 Hypothesen nach HO-Theorie: W/R steigt mit dem Verhältnis Land/Arbeitskräfte W/R steigt mit dem Verhältnis Kapital/Arbeitskräfte W/R sinkt mit dem Verhältnis Preise für LW-Güter/ Preise für Industriegüter Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

32 Hatten Heckscher und Ohlin Recht?
Koeffizient t-Statistik LandLab 1,09 6,88 CapLab 1,26 5,37 AUSxPAPM 0,76 1,20 USAxPAPM -6,09 10,66 FRAxPAPM -4,78 7,17 GERxPAPM -0,93 1,82 GBRxPAPM -1,64 3,68 DENxPAPM 1,19 0,92 SWExPAPM -0,45 1,42 Solow-Resid. 0,71 3,66 R2 0,83 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

33 Hatten Heckscher und Ohlin Recht?
HO-Theorie scheint die Verhältnisse in der „Atlantic Economy“ (USA, Westeuropa) für gut zu erklären  die Faktorpreise verhalten sich entsprechend der Theorie: sie verändern sich wie nach den Faktorproportionen zu erwarten war und sie verändern sich entsprechend der relativen Güterpreise  Folge? Die erste Globalisierung führte zu einer Umverteilung von Einkommen innerhalb der betroffenen Länder: die Reallöhne der Arbeiter im dicht besiedelten Europa stiegen, die Einkommen der Landbesitzer fielen Nächste Sitzung: die politischen Konsequenzen daraus! Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

34 Das Welthandelssystem von 1910
Großbritannien steht bis 1914 im Zentrum des Welthandelssystems, aber seine Rolle verändert sich im Verlauf des 19. Jhd. Anteil GB an allen Exporten 1899: 36%, 1913: 30%, Anteil GB an allen Exporten in Industrieländer 1899: 25%, 1913: 19% zwei Aspekte europäische und US-Konkurrenz verdrängte britische Produkte (Deutschland, Frankreich, Belgien, USA) GB exportierte zunehmend Finanzdienstleistungen in alle Welt und importierte Kapital Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

35 Welthandelssystem 1910 Nach Harley (2003) Prof. Dr. Nikolaus Wolf
FU Berlin, WS 2005/06

36 Welthandelssystem 1910 GB mit Netto-Importen von Rohstoffen, Getreide, zunehmend auch Fleisch etc. aus Übersee, GB auch mit Netto-Importen von Industriegütern aus Europa (und zunehmend aus USA) GB hatte Netto-Exporte mit Übersee-Kolonien (Indien, Australien)  massives Handelsdefizit 1910 GB finanziert das Defizit über Kapital: Finanzdienstleistungen Kapitalexporte Andere Staaten wie Deutschland finanzierten ihre Handelsdefizite mit Rohstofflieferanten durch Industrieexporte nach GB und zum Teil in die USA Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

37 Welthandelssystem 1910  multilateraler komparativer Vorteil bestimmt die Handelsströme: Kontinentaleuropa importiert Rohstoffe, exportiert Industriegüter nach GB, GB exportiert Kapital und die Finanzdienste für diese weltweiten Transaktionen: 1913 übersteigen die industriellen Importe aus Kontinentaleuropa die britischen Exporte dorthin um 50% (Harley 2003) Das hatte langfristig problematische Folgen für GB: „dutch disease“  das britische Preisniveau lag meist über dem Weltpreisniveau (der reale Wechselkurs war höher)  die „teure“ Währung behinderte britische Exporte, das Ausland war meist billiger Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

38 Welthandelssystem 1910 GB war stark vom Welthandelssystem abhängig, insbesondere vom Freihandel und der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts  in Folge des Ersten Weltkriegs brach 1931 das System des Goldstandards zusammen  London verlor seine Position als zentraler Finanzplatz (an New York), die Kapitalimporte nach GB nahmen ab  gg beginnt das Ende des Freihandels, zahlreiche europäische Staaten erhöhen die Zölle Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

39 Ausblick Der wesentliche Grund für die Zollerhöhungen lag in der Konkurrenz billiger Importe für die heimische Industrie In Europa forderte die Landwirtschaft Schutz, in den USA die entstehende Industrie, sowie die Arbeiter, deren Löhne durch Einwanderung aus Europa und billige Industrieimporte sanken  hat sich die „Erste Globalisierung“ ihr eigenes Grab geschaufelt?  Politische Ökonomie der Zollpolitik Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06


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