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Ein Parité–Gesetz für Deutschland

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Präsentation zum Thema: "Ein Parité–Gesetz für Deutschland"—  Präsentation transkript:

1 Ein Parité–Gesetz für Deutschland
Gleichberechtigte demokratische Teilhabe von Frauen und Männern in der repräsentativen Demokratie Vorbildfunktion des französischen Parité-Gesetzes 12. Dezember 2011 Prof. Dr. Silke R. Laskowski

2 Aktuelle politische Diskussion
Gesetzliche Quotierung von Aufsichtsräten und Vorständen (Mindestquote 40 %) Gesetz-E Bündnis 90/Die Grünen, Aufsichtsräte SPD-Antrag auch Vorstände Anhörung BT-Rechtsausschuss EU-Komm. V. Reding: Entgeltgleichheit von Frauen und Männern („Gender Gap“ ca. 25 %) Eckpunkte SPD, Gesetz-E Ende 2011 „Parité-Gesetz“ zur paritätischen Besetzung des Dt. Bundestages / der Länderparlamente Bündnis 90/Die Grünen; SPD 2

3 Problem: Ohne „gleichberechtigte Parlamente“ keine „gleichberechtigten Gesetze“
Seit 62 Jahren fehlendes Gesetz zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern! Seit 62 Jahren fehlendes Gesetz zur Gleichstellung in der Privatwirtschaft ! Seit 62 Jahren fehlendes Quotierungsgesetz für Aufsichtsräte und Vorstände ! Fehlende wirksame Gleichstellungsgesetze für den Öffentlichen Dienst, Hochschulen, Gerichte (Bund/Länder)! Fehlende paritätische Besetzung von Bundes- und Ländergremiengremien ! Etc., etc. … …. 3

4 Thesen: 1. Die mangelnde paritätische Besetzung des Deutschen Bundestages begünstigt „ungleichberechtigte“ politische Entscheidungen und Gesetze. 2. Das grundgesetzliche Demokratiekonzept der Volks- souveränität gebietet die tatsächliche gleichberechtigte demokratischen Teilhabe von Frauen und Männern nach Art.20 Abs.2 S.2, Art.21 Abs.1 S.3, Art.3 Abs.2 S.1,2 GG. 3. Ein verfassungskonformes und verfassungsrechtlich gebotenes Mittel zur Durchsetzung der tatsächlichen gleichberechtigten demokratischen Teilhabe von Frauen und Männern ist eine verbindliche gesetzliche Regelung zur paritätischen Besetzung von Kandidatenlisten und Wahlkreisen durch die politischen Parteien für die Wahl zum Deutschen Bundestag (entsprechend für Landtagswahlen, …): 4 4

5 Vorbildfunktion des französischen Parité-Gesetzes 2000/2001
Daher: Ein Parité–Gesetz für Deutschland Gleichberechtigte demokratische Teilhabe von Frauen und Männern in der repräsentativen Demokratie Vorbildfunktion des französischen Parité-Gesetzes 2000/2001

6 La loi sur la parité (2000) „Gesetz zur Förderung des gleichen Zugangs von Frauen und Männern zu Wahlmandaten und Wahlämtern“ In Kraft seit 2001

7 La loi sur la parité (2000) 1. Paritätische Besetzung der Wahllisten mit Frauen und Männern vorgeschrieben („Quotenregelung“), Zurückweisung von nicht quotierten Listen (Sanktion), gilt für Kommunalwahlen Gemeinden über Einwohnern/-innen Regionalwahlen Senatswahlen (Chambre haute des Parlaments) Quotierung wirkt aber nur beschränkt, weil sie nur für einen Teil der Senatswahl gilt, zudem: Wahlkollegium darf panaschieren, also von Quotierung abweichen, zudem (seit 2004): nur Hälfte der Senatoren/-innen wird alle 3 Jahre neu gewählt, Wahlperiode 6 Jahre Europawahlen

8 La loi sur la parité (2000) 2. Quotierung der Wahlkreise für Wahlen zur Nationalversammlung (Chambre basse des Parlament) Keine Listenwahl, sondern 577 Wahlkreise (i.d.R.: Wahlberechtigte pro Wahlkreis) 577 Abgeordnete „Anreize“ zur Quotierung über Parteienfinanzierung (Sanktion): Nachträgliche Kürzung staatlicher Zuwendungen an Parteien, bei denen der zahlenmäßige Unterschied zwischen aufgestellten Kandidaten und Kandidatinnen mehr als 2 % beträgt

9 Wie alles begann… … 10 selbstbewusste Politikerinnen unterschiedlicher Parteien fordern gemeinsam gesetzliche Veränderungen 9

10 1996: Parité-Manifest ! Simone Veil, Edith Cresson, Yvette Roudy, Monique Pelletier, Frédérique Bredin, Michèle Barzach, Catherine Lalumière, Hélène Gisserot, Véronique Neiertz, Catherine Tasca 10 Ex-Ministerinnen 5 „Linke“, 5 „Rechte“ fordern: Verfassungsänderung Voraussetzung für gesetzliche Paritè-Förderung Parité-Gesetz Parité-Parteienfinanzierung 10

11 1999: Verfassungsänderung
Artikel 3 Absatz 5 (VerfassungsG Nr ) Das Gesetz fördert – den gleichen Zugang von Frauen und Männern zu den Wahlmandaten und – auf Wahl beruhenden Ämtern.

12 2000: La loi sur la parité „Gesetz zur Förderung des gleichen Zugangs von Frauen und Männern zu Wahlmandaten und Wahlämtern“ In Kraft seit 2001

13 So ging es in Frankreich weiter…
… Entgeltgleichheitsgesetz 2006 … Verfassungsänderung 2008 13

14 2008 Verfassungsänderung Artikel 1 Absatz 2 (VerfassungsG Nr vom 23. Juli 2008) Das Gesetz fördert - den gleichen Zugang von Frauen und Männern zu den Wahlmandaten und - auf Wahl beruhenden Ämtern sowie - zu den Führungspositionen im beruflichen und  sozialen Bereich. 14 14

15 2008: Verfassungsänderung
Artikel 4 (1) Die politischen Parteien und Vereinigungen wirken bei den Wahlentscheidungen mit. Ihre Bildung und die Ausübung ihrer Tätigkeit sind frei. Sie haben die Grundsätze der nationalen Souveränität und der Demokratie zu achten. (2) (VerfassungsG Nr vom 23. Juli 2008) Sie tragen unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen zur Verwirklichung des im zweiten Absatz von Artikel 1 enthaltenen Grundsatzes bei. (3) (VerfassungsG Nr vom 23. Juli 2008) Das Gesetz garantiert die pluralistische Meinungs-äußerung und die ausgewogene Mitwirkung der Parteien und politischen Gruppierungen am demokratischen Leben der Nation. 15

16 2008: Verfassungsänderung
Artikel 3 (1) Die nationale Souveränität liegt beim Volke, das sie durch seine Vertreter und durch Volksentscheid ausübt. (2) Weder ein Teil des Volkes noch ein Einzelner darf ihre Ausübung an sich ziehen. (3) Die Wahl kann nach Maßgabe der Verfassung unmittelbar oder mittelbar sein. Sie ist immer allgemein, gleich und geheim. (4) Wahlberechtigt sind nach Maßgabe der Gesetze alle volljährigen französischen Staatsangehörigen beiderlei Geschlechtes, die im Besitz ihrer bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte sind. (5) (Verfassungsgesetz Nr vom 23. Juli 2008) [Aufgehoben] 16

17 Bilanz (2010): La loi sur la parité
Regionalparlamente: 47,6 % weibliche Abgeordnete Kommunalparlamente: 48,5 % weibliche Abgeordnete Senatswahl: Senat: 21,5 % weibliche Abgeordnete (Quote kann hier nur eingeschränkt wirken, vgl. Folie 4) Europaparlament: 44,4 % weibliche Abgeordnete Klare positive Bilanz, zudem gestiegene Wahlbeteiligung seit Einführung der Quote !

18 Bilanz (2010): La loi sur la parité
Nationalversammlung (Wahlkreise): 18,9 % weibliche Abgeordnete, denn Parteien verzichten bei Kandidatenaufstellung lieber auf Geld als auf Männer (Legislaturperiode ): Regierungspartei UMP: ca. 20 Mio. Euro Sozialistische Partei (SP): mehr als 2,5 Mio. Euro 2010 Gesetz-E (SP): stärkere Kürzung staatlicher Mittel, keine aussichtslosen Wahlkreise (mehr) für Frauen – Entwurf knapp gescheitert (290 : 213 Stimmen) Bilanz positiv, gestiegene Wahlbeteiligung! Aber: Quotierung der Wahlkreise erfordert gesetzliche Nachbesserung, um Umgehung der Quote zu verhindern. 18

19 Rechtslage in Deutschland
Artikel 21 i.V.m. Artikel 20 Grundgesetz (GG), Parteienfreiheit Artikel 21Absatz 1 Satz 3 GG, innerparteiliche Demokratie, Ausgestaltung durch Quotierung Artikel 38 GG, Wahlrechtsgrundsätze Artikel 3 Absatz 2, Absatz 3 GG Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG, Fördergebot In Deutschland ist – anders als in Frankreich keine Änderung der Verfassung erforderlich, denn das Fördergebot, das proaktive Maßnahmen wie Quotenregelungen rechtfertigt, ist bereits seit 1994 ausdrücklich im GG verankert

20 Artikel 3 GG (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. 20

21 Artikel 21 GG (1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben. (2) (…) (3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

22 Artikel 38 GG (1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. (2) … … (3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

23 Rechtfertigende Kraft von Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG !
Paritéregelung (Quote) = proaktive Fördermaßnahme zur Durchsetzung gleichberechtigter politischer Teilhabe von Frauen in der Realität Bricht verdeckte, strukturelle Diskriminierung auf Benachteiligung von einzelnen männlichen Kandidaten wird ge- rechtfertigt durch das überwiegende Allge- meinwohlinteresse an paritätisch besetzten Parlamenten Demokratiekonzept des GG (Art. 20, 21, 38) fordert Repräsen- tanz des ganzen Volkes, nicht nur der männlichen Hälfte

24 Was sagen die Kritiker/-innen ?
„Frauenanteil nur ein Kriterium im Parteien- Wettbewerb um Stimmen: Steht im Belieben der Parteien“ „Repräsentanz-Denken dieser Art entspricht altem Ständedenken“ Bzgl. Panaschieren/Kumulieren: „Sie müssen sich entscheiden: Mehr Frauen oder mehr Demokratie“ Bzgl. Bündnis 90/Grünen-Parteienstatut ohne 50%-Frauen-Begrenzung: „Wollen Sie das wirklich“?

25 „Frauenanteil lediglich Kriterium im Parteien- Wettbewerb um Stimmen: Steht im Belieben der Parteien“ ? Nein, denn: Quotenregelung in Parteisatzung nach heute herrschender Meinung verfassungsrechtlich zulässig – bis Anfang der 1990er Jahre aber umstritten wg. Art. 21, Art. 38 GG Gesetzliche Quotenregelung nach damaliger Ansicht unzulässig, Arg. Art. 21, Art. 38 GG; heute überholt wg. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG (soweit heute Unzulässigkeit bejaht, Verweis auf überholte Lit. vor 1994!) ! GG-Änderung 1994, Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG: Heute klarer staatlicher Auftrag zu proaktiven Maßnahmen zur Verwirklichung gleichberechtigter wirtschaftlicher, beruflicher, politischer, gesellschaftlicher Teilhabe ! Neuere Rspr. BVerfG 2003 (BVerfGE 109, 64)

26 BVerfGE 109, 64 (2003) „ (Es hat sich) die Rechtslage, soweit sie den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter betrifft, durch die Fortentwicklung des europäischen Gemeinschaftsrechts und des deutschen Rechts zur Durchsetzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung der Geschlechter, insbesondere durch d. Neufassung des Art. 3 Abs. 2 GG, geändert.“

27 „Repräsentanz-Denken dieser Art entspricht altem Ständedenken“ ?
Vorwurf: Eigennützige „Standesinteressen“ Ständegesellschaft: Hierarchisch geordneter Teil e. Gesellschaft aus abgeschlossenen sozialen Gruppierungen – den Ständen – mit eigenen rechtl., sozialen u. kulturellen Normen, deren Zusammenhalt auf Gemeinsamkeit in Abstammung, Beruf, Besitz o. Bildung besteht. Frauen als soziale Gruppe mit eigennützigen „Standesinteressen“ ? Keine homogene Gruppe mit homogenen Interessen Aber uU gemeinsame Interessen aufgrund gemeinsamer Diskriminierungserfahrungen – Bsp. Entgeltungleichheit Zudem andere Perspektiven auf Sachverhalte aufgrund „weiblicher“ Sozialisation Männer keine soziale Gruppe mit eigennützigen „Standesinteressen“?

28 Panaschieren/Kumulieren: „Sie müssen sich entscheiden, mehr Frauen oder mehr Demokratie“
Panaschieren/Kumulieren stärkt Einflussmöglichkeit der Wählerinnen und Wähler („Partizipation“): „Demokratisches Plus“ Kandidaten/-innen auf „quotierter Liste“ können dadurch in neue Reihung gesetzt werden, Zielerreichung der paritätischen Besetzung des Parlaments könnte dadurch erschwert werden Aber: Alles eine Frage der Kommunikation, Wahlsystem muss erklärt werden Zudem: Panaschieren/Kumulieren gilt bislang nicht auf Bundesebene für Wahl des Dt. Bundestages Vor allem: Gerade mehr Frauen in den Parlamenten bedeutet mehr repräsentative Demokratie i.S.d.GG!

29 Bündnis 90/Grünen-Parteienstatut ohne 50%-Frauen-Begrenzung: „Wollen Sie das wirklich“?
Ja, denn andere frauenfreundliche „Werbemaßnahmen“ bleiben möglich („Parteiaufstieg“, Ämtervergabe) Ja, denn anderenfalls lastet die „Parité- Verantwortung“ für die Besetzung der Parlamente weiterhin nur auf den Schultern der Grünen (Linken, SPD) Ja, denn wenn sich keine Kandidaten finden, dürfen ausnahmsweise auch mehr Frauen auf die Listen der Grünen (bzw. der Parteien) Verhältnismäßigkeitsgrds: Unmögliches darf nicht verlangt werden

30 Schlusswort: Dr. jur. Elisabeth Selbert, SPD 1981
1948/49 im Parlamentarischen Rat „Mutter“ des Artikel 3 Absatz 2 GG! „Die mangelnde Heranziehung von Frauen zu öffentlichen Ämtern und ihre geringe Beteiligung in den Parlamenten ist doch schlicht Verfassungsbruch in Permanenz.“ (Resumee von E. S. 1981)

31 Fazit und Ausblick Auch EU-Kommission fordert aktuell von den Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in Entscheidungspositionen, einschließlich nationaler Parlamente Denn: Nur mit gleichberechtigten Parlamenten gleichberechtigte parlamentarische Entscheidungen! Daher: Ein Parité-Gesetz für Deutschland !

32 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Für gleichberechtigte demokratische Teilhabe von Frauen und Männern in der repräsentativen Demokratie! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


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