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Arbeits- und Sozialpolitik

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Präsentation zum Thema: "Arbeits- und Sozialpolitik"—  Präsentation transkript:

1 Arbeits- und Sozialpolitik
Vortrag im Rahmen der Vorlesung Politikwissenschaftliche Grundlagen Roland Atzmüller FORBA – Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt 19. Jänner 2011

2 Aufbau der Vorlesung Theorien der Wohlfahrtsstaatsentwicklung
Typologien der Wohlfahrtsstaatsmodelle Kapitalistische Produktionsweise und Solidarität Entwicklungsdynamik der Arbeitsmarktpolitik (Perspektiven)

3 Theorien der Wohlfahrtsstaatsentwicklung (Quelle: Baum-Ceisig u. a

4 Funktionalistische Theorien
WS als notwendige Konsequenz aus soziökonomischer Entwicklung (Entstehung der IndustriearbeiterInnenschaft, Alterung etc.) – Problem: deterministische und teleologische Sichtweise „Gesetz“ der wachsenden Staatsaufgaben und –ausgaben: schien nach 1945 bestätigt Problem Veränderung und Variation zu erklären (eher Fokus auf Konvergenz) und Rolle politischer Auseinandersetzungen adäquat zu analysieren

5 Machtressourcen-Theorie
Entstehung aus Klassenkonflikt in kapitalistischen Gesellschaften, starke Orientierung an Politik (Verhältnis zu gesellschaftlichen Strukturen, grundlegenden Widersprüchen bleibt ungeklärt) Relevant: Organisierung der ArbeiterInnenklasse, politische Partizipation, Koalitionen zwischen sozialen Klassen AkteurInnenperspektive inkludiert auch Kirchen etc Kann historische Variationen in Entwicklung erklären Starke Rolle der Parteien Verknüpfung mit Typologien zum WS nach Esping-Andersen (siehe unten)

6 Historischer Institutionalismus
Zentrale Bedeutung eines „formativen Moments“, in dem AkteurInnen Institutionen schaffen (z.B UK) Zentral: Staatsform, Partizipationsmöglichkeiten von AkteurInnen Relative Autonomie der Institutionen erzeugt Pfadabhängigkeit (lock-in) Änderungen nur graduell, zum Teil statische Konzeption Unterschätzt Wandel im Zeitverlauf Problem: Definition von Institution, Verhältnis zu sozialen Konflikten einerseits, gesellschaftlichen Strukturen/grundlegenden Widersprüchen andererseits

7 Modelle des Wohlfahrtsstaates – Typologisierung, nationale Variationen
Welten des Wohlfahrtskapitalismus (G. Esping-Andersen (1990)) – Analyse unterschiedlicher Wohlfahrtsstaatsmodelle Analyse nicht allein über Höhe der Sozialausgaben sondern Fokus auf qualitative Unterschiede Fokus bei Esping-Andersen auf politische Kräfteverhältnisse (Machtressourcen) – v.a. Betonung der Relevanz der ArbeiterInnenbewegung, aber auch der Kirchen WS als Faktor der Veränderung der sozialen Schichtung in einer Gesellschaft 7

8 Modelle des Wohlfahrtsstaates – Dekommodifizierung
Dekommodifizierung als Maß: Zugang zu sozialen Transferleistungen und öffentlichen DL Dekommodifizierung als Maß für Lockerung des Warenförmigkeit von Arbeit, Temporäre Ausnahme vom Zwang am Erwerbsleben teilzunehmen als Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Marktgesellschaft – Widerspruch (Offe) Dimensionen der Dekommodifizierung: Grad der Bindung des Rechts auf Transferleistungen an Teilnahme an Erwerbsarbeit (Höhe, Dauer) Konditionalität der sozialen Rechte („means testing“/Bedürftigkeitsprüfungen, Universalität) Statussicherung vs Vermeidung absoluter Armut Kritik: Verknüpfung mit bestimmter Familienform (Kleinfamilie) – Familienernährermodell, lange Zeit nur abgeleitete Rechte für Frauen. Feministinnen betonen, dass Fokus auf Dekommodifizierung daher nicht ausreicht.

9 Modelle des Wohlfahrtsstaates – Typologisierung, nationale Variationen
Drei idealtypische Modelle auf Basis quantitativer Analyse der Dekommodifizierung bei Esping-Andersen Universalistisch: z.B. Skandinavien konservative/etatistisch: z.B. Deutschland Liberal/residual: z.B USA Südeuropäische, familialistische Modelle etc In Realität nur Mischformen dieser Modelle – Modellkonstruktion unterschätzt außerdem Dynamik und Veränderung. Problem der Auswahl der Variablen etc Alternative Modellkonzeptionen: Bismarck‘sche Systeme: Sozialversicherung Beveridge‘sche Systeme: steuerfinanziert

10 Der liberale/residuale Wohlfahrtsstaat
USA, UK Geringe Dekommodifizierung – starke Stützung der Abhängigkeit vom Markt Wenig Umverteilung „Means Testing“, „flat rate“-Benefits (kaum Statussicherung) Hoher Anteil privater Vorsorge, vermarktlichte soziale Dienstleistungen (verstärken soziale Ungleichheit etwa im Bildungssystem) – Betonung der Eigenverantwortung Hohe Selbstbehalte bei öffentlichen DL, hoher Anteil des privaten Sektors in Erbringung sozialer DL (Gesundheit etc) Fragmentierte industrielle Beziehungen, staatlicher Zentralismus (in UK) Starke Kontrolle des Staates über residualen Bereich der Wohlfahrt Probleme: hoher Grad an sozialer Ungleichheit, Working Poor/polarisierter Arbeitsmarkt; Instabilität der privaten Vorsorge (Finanzmarktkrise).

11 Der konservative Wohlfahrtsstaat
Konservierung tradierter Statusunterschiede zwischen sozialen Klassen, Berufsgruppen und v.a. den Geschlechtern Einkommensabhängigkeit der Sozialleistungen, starke Rolle des (männlichen) Familienernährermodells Starke Betonung des Subsidiaritätsprinzips, Betonung der Bedeutung der Familie – Sozialpolitik soll Arbeitsteilung in Familie unterstützen, wenig Kinderbetreuungsangebote, steuerliche Unterstützung der Kleinfamilie, Bevorzugung eines bestimmten Familienmodells Abgeleitete soziale Rechte für Frauen (Mitversicherung), niedrige Frauenerwerbsquote (Zuverdienst, Teilzeit) Starke Rolle der Kirche, Probleme: relativ hohe soziale Ungleichheit, „Privilegien“ einzelner Gruppen unterminieren Legitimationsbasis, Sozialisierung ökonomischer Probleme durch SV (Frühpensionierungen); „Insiderproblem“ – Erwerb sozialer Rechte wenn kein Normalarbeitsverhältnis schwierig; hohe strukturelle AL (keine umfangreiche Flexibilisierung des AM aber auch kleinerer öffentlicher Sektor); Finanzkrise des WS BRD, AUT, NED, F (eher etatistisch)

12 Der universalistische Wohlfahrtsstaat
V.a. in Skandinavien Hoher Grad an Dekommodifizierung Lebensstandardsicherung durch soziale Transferleistungen (hohe Ersatzraten) Fokus auf Unabhängigkeit des Individuums vom Markt und von Familie (Wahlmöglichkeit, partnerschaftliche Teilung der Familienaufgaben als Ziel) Umverteilung, solidarische Lohnpolitik zur Reduktion sozialer Ungleichheit Hohe Nettoersatzraten auch bei Arbeitslosenentgelt, Aktive Arbeitsmarktpolitik (Fokus stärker auf Requalifizierung) (zum Teil sehr flexible Arbeitsmärkte/geringer Kündigungsschutz, Bsp. DK. Flexicurity) Starker Fokus auf öffentliche Dienstleistungen (statt allein auf monetäre Leistungen) – z.B. Kinderbetreuung Probleme in Finanzbasis des WS (Kapitalmobilität), WS-Bürokratie

13 Ergänzungen der Wohlfahrtsstaatstypologien
Südeuropäisches Modell: Starke Rolle der Kirche Fragmentierter WS; hohe Absicherung für manche Gruppen, eher schlechte für andere Allgemein zugängliche öffentliche DL Osteuropäische „Modelle“: Vordergründig Mischtypen aus allen Modellen Brüche und Kontinuitäten zum „Realsozialismus“

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18 Grundlagen der Sozialpolitik
Moderne Gesellschaft ist (immer noch) Arbeitsgesellschaft – bestimmt wesentliche Konfliktlinien Lohnverhältnisse/Lohnkonflikt: Auseinandersetzungen um Reproduktion der Beschäftigten und ihrer Familien (Warenkorb): nicht nur privat regelbar Arbeit als fiktive Ware (Polanyi): Dauerhafte Reproduktion des Kapitalismus bzw. seiner wesentlichen Elemente (v.a. Arbeitskraft) beruht auf gesellschaftlichen Bedingungen, die nicht vom Kapital erzeugt werden (können), außerhalb der Produktion stattfinden und vom Kapital tendenziell unterminiert werden. Kapitalismus bewirkt gesellschaftliche Effekte, die nicht durch Marktprozesse bewältigt werden können.

19 Sozialpolitik und kapitalistische Produktionsweise
Reproduktion der Ware Arbeitskraft. Erzeugung von LohnarbeiterInnen und zugleich StaatsbürgerInnen durch WS (Offe)) Temporäre Ausnahme vom Zwang am Erwerbsleben teilzunehmen (eigene Logiken) zur Aufrecherhaltung des letzteren Sozialisierung eines Teil des Lohnes (direkter/indirekter) durch SV WS zur Herstellung und Sicherung öffentlicher Güter (soziale Konstruktion): Sicherheit, Gesundheit, Bildung etc Eine ausschließlich marktförmige Organisierung bedingt Marktversagen (Unterinvestitionen etc) – Kriterien der Nicht-Ausschließbarkeit und der Nicht-Rivalität. Öffentliche Güter sind immer auch soziale Konstruktionen (Altvater) i.e. politische Prozesse zur Erzeugung/Sicherung von Gesellschaftlichkeit – Konzept der Solidarität

20 Die Institutionalisierung der Solidarität
Solidarität ist zweidimensionaler Prozess: Zusammenhalt einer Gemeinschaft auf Basis gesellschaftlicher Interdependenzen (Arbeitsteilung) und gemeinsamer Werte, Lebensweisen etc Grundlage von Widerstand, Formierung von Interessen, Stärkung der Machtressourcen etc (ArbeiterInnenbewegung) Im WS wird bestimmte Konfiguration von Solidarität institutionalisiert (national variabel). Beruht auf rechtsstaatlich fixierter und auch von Ausdehnung der kapitalistischen Produktionsweise durchgesetzter Gleichheit. Der moderne WS wird zum Medium gesellschaftlicher Veränderungen und sozialer Auseinandersetzungen/Kämpfe um die Ausdehnung von Solidarität.

21 Solidarität der Gleichen und individuelle Autonomiegewinne
Die Kämpfe um die wohlfahrtsstaatliche Solidarität ermöglichen (tendenziell) eine Herauslösung aus personalisierten Abhängigkeitsbeziehungen und Lockerung der ökonomischen Ausbeutung (Dekommodifizierung) - Emanzipation In WS Auseinandersetzungen um Solidarität der Gleichen – Kampf um soziale Rechte, insbesondere Recht auf menschenwürdige Existenz jenseits persönlicher Abhängigkeiten und Unterwerfung unter ökonomische Zwänge – individuelle Autonomiegewinne (Vobruba) Setzt politische Rechte und Freiheiten (Versammlungs- und Organisationsfreiheit, Wahlrecht) und politische Organisationsformen und Partizipationsmöglichkeiten voraus

22 Institutionalisierung von Solidarität
Der (fordistische) Wohlfahrtsstaat beruhte auf historisch spezifischer Konstruktion sozialer Subjekte mit bestimmten sozialen und politischen Rechten und Pflichten. Dieses soziale Subjekt ist definiert durch das sogenannte Normalarbeitsverhältnis (männliches Ernährermodell) und die damit verbundene Familienform. Der (fordistische) WS beruhte auch auf einer spezifischen Konstruktion von Gesellschaft und Staat (Nation). Ergebnis eines Kompromisses zwischen den Gewerkschaften und den Unternehmen nach 1945 WS ist Gegenstand des demokratischen Prozesses: der Ausbau des WS ist nicht zu trennen von historisch einmaliger Phase der Ausdehnung von Demokratie und Partizipation nach 1945 – diese bleibt gebunden an Konstruktion eines (relativ homogenen) Staatsvolks und Staatsbürgers, wird erst von Neuen Sozialen Bewegungen tendenziell überschritten

23 Gesellschaftliche Integration
Der WS ermöglichte eine weitgehende Integration der ArbeiterInnenklasse in die Gesellschaft und ermöglicht auch den unteren Klassen eine langfristige Stabilisierung ihrer Lebensentwürfe und damit eine Planbarkeit ihrer Biographie. Bedingung: Hinnahme taylorisierter Arbeit (Ausschaltung/Einhegung der Subjektivität im Arbeitsprozess, Zerlegung der Arbeit in viele Einzelschritte, klar definiert Qualifikationsanforderungen (Beruf) etc) Der Wohlfahrtsstaat macht aus Armen/Armut Arbeitslose/Arbeitslosigkeit – i.e. gesellschaftliche Anerkennung, dass AL (auch) ökonomische Ursachen, die nicht allein auf die Person zurückzuführen sind. Dies begründet ein Recht auf soziale Transferleistungen und Sicherung des sozialen Status (temporär, orientiert an „unproblematischer“ Arbeitsmarktsituation in Vollbeschäftigung) Die Erfindung der Sozialversicherung (Donzelot) – kollektive Versicherung gegen gesellschaftliche Risiken (Vergesellschaftung von Teilen des Lohnes). Solidarität der Einzelnen über SV als Grundlage des Rechtes auf eigene Unterstützung, i.e. Solidarität mit sich selbst (Problem: Erwerbszentrierung und hohe AL)

24 Solidarität der Gleichen
Geht über die paternalistisch/christliche Konzeption der Fürsorge (Caritas) der Starken mit den Schwachen und Armen hinaus. Gleichheit der Menschen nur vor Gott, aber Verpflichtung der Christenmenschen gegenüber Armen. Geht über Subsidiaritätsprinzip hinaus, will Solidarität auf Vergesellschaftungsniveau der bürgerlichen Gesellschaft bringen. Die sozialen Rechte und Dienstleistungen sollen auch den Mittelschichten/Starken offenstehen – werden daher öffentlich organisiert Die (traditionelle) Armenpolitik führt im Unterschied dazu zu Parallelsystemen für die würdigen wie unwürdigen Armen. Der moderne WS steht in Konfrontation mit autoritären sozialpolitischen Konzepten. Inszenierung der Sozialpolitik als Verhältnis Volk („Fleißige und Anständige“) – (wohlwollende) Führung, es geht nicht um soziale Rechte sondern Zuerkennung liegt im Ermessen der Obrigkeit. Kriterium: Verdienst um das nationale Gemeinwohl (und nicht unabhängig von Person etc). Abgrenzung von unwürdigen Armen und SozialschmarotzerInnen

25 Von den Veränderungen der Arbeit zur Krise der Politik
Die politischen und gesellschaftlichen Grundlagen des fordistischen WS sind in der Krise – Veränderung der Arbeit - Veränderungen des politischen Subjektes. Permanente Finanzkrise des WS zeigt Ende des gesellschaftlichen Kompromisses: Reduktion des Anteils unselbständiger Einkommen am BIP, geringe Steuerlast der Unternehmen etc. – Umbau des WS Neoliberalismus und v.a. Rechtspopulismus als Antwort auf die gesellschaftlichen Emanzipationsprozesse seit den 1970er Jahren (Feminismus, Kritik an Umweltzerstörung, Mainstreamisierung non-konformer Lebensstile, sexuelle Liberalisierung etc) Neuzusammensetzung der Gesellschaft durch Migration (Wien: 44% haben Migrationshintergrund). Veränderung des „Staatsvolkes“ und der „Staatsbürgerschaft“ als Grundlage des WS und der Rechte der Gleichen. Rechtspopulismus mobilisiert den gesellschaftlichen Rassismus. Das führt zu einer zunehmenden Ethnisierung der sozialen Frage (Arbeitslosigkeit als Folge überhand nehmender Einwanderung und Belastung der Sozialkassen durch MigrantInnen, die „uns“ auf der Tasche liegen)

26 Veränderungen der Arbeit – neue Spaltungslinien der Gesellschaft
Erosion des Normalarbeitsverhältnisses: Zunahme atypischer und prekärer Arbeitsverhältnisse führt zu wachsender Unsicherheit (Ausdehnung der Zone der Verwundbarkeit). Hohe Arbeitslosigkeit und Entstehung von Niedriglohnsektoren Neuzusammensetzung der Beschäftigtenstruktur: Zunahme weiblicher Beschäftigungsrate und Veränderung der Familienform: schlechtere Entlohnung, mehr Teilzeit etc Migration: schlechtere Entlohnung, prekäre Beschäftigung Alterung: neue Anforderungen an Arbeitswelt und soziale Sicherungssysteme Erosion/Aushöhlung der industriellen Beziehungen (niedrigerer Deckungsgrad von Kollektivverträgen, Niedergang der Gewerkschaften) Transnationalisierung der Wertschöpfungsketten

27 Neoliberaler Umbau des Wohlfahrtsstaates– Workfare
Neoliberalismus ist gegen Gleichheit als politisches Ziel/ Kritisiert, dass Vorstellungen von Gesellschaft Sozialansprüche legitimieren („There is no such thing as society“ – M. Thatcher). Gleichheit der Teilnahme am Markt, soziale Gerechtigkeit durch Ergebnisse des Marktes Individualisiertes Verständnis von Arbeitslosigkeit – Arbeitslose sind selbst schuld These der „welfare dependency“: soziale Transferleistungen (Arbeitslosenentgelt) machen Menschen abhängig Autoritäre Lesart: Wohlfahrtsstaat erzeugt daher moralischen Verfall der Gesellschaft (Promiskuität, Familienzerfall, Kriminalität, mangelnde Leistungsbereitschaft) Sozialliberale Lesart (Third way): Wohlfahrtsstaat entmündigt Menschen und raubt ihnen Fähigkeit zur Selbstverantwortung

28 Der workfaristische Umbau des WS – die Krise der Solidarität
Workfare: Arbeitslosigkeit als individuelles Problem und nicht als gesellschaftliches Risiko, das durch Politik minimiert werden muss. Sozialschmarotzerkampagnen: Arbeitslose sind selbst schuld. Es bleibt aber notwendig dies dem einzelnen Arbeitslosen nachzuweisen. Aktivierung als Antwort auf den angeblich passivierenden Charakter von Sozialpolitik – Vervielfältigung der Tauschoptionen der Ware Arbeitskraft für zunehmend flexibles Kapital Bindung von sozialen Transferleistungen an Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, Arbeitssuchaktivitäten etc Umbau der sozialen Sicherungssysteme: statt Dekommodifizierung - aktivierende Sozialpolitik, aktive Arbeitsmarktpolitik 28

29 Der workfaristische Umbau des WS – die Krise der Solidarität
Teilnahme an Erwerbsarbeit und Reintegration in den Markt wird zur einzig legitimen Form gesellschaftlicher Inklusion und Teilhabe. Annahme, dass Eintritt am unteren Ende zu Aufstieg führt – Utopie des Aufstiegs durch Arbeit. Anstatt Märkte zu verändern, werden Menschen verändert. Verengung der gesellschaftlichen Formen von Solidarität und Gleichheit. Reduziert auf bestimmte Kanäle und an bestimmte Verhaltensweisen gebunden – Anspruch auf Leistungen der öffentlichen Hand. Förderung flexibler Arbeitsmärkte – Reintegration in flexible und prekäre Arbeitsverhältnisse. Verfestigung von Working Poor (Armut trotz Arbeit) “Seien Sie Sie selbst und passen Sie sich an” (O-Ton der BeraterInnen am Impulstag des AMS) – Bewältigung der Krise wird auf Individuen verlagert. 29

30 Über den neoliberalen Workfare-Staat hinaus?
Strukturelle Arbeitslosigkeit, Prekarisierung führen zu Entstehung einer neuen (gefährlichen) verarmten Unterschicht – soziale Exklusion – die nicht am Erwerbsprozess teilnimmt und permanent ausgeschlossen ist. Aus Sozialpolitik gegen Arbeitslosigkeit (Individuum als Träger sozialer Rechte und Ansprüche und Würde) wird Armenpolitik (welches Recht auf menschenwürdige Existenz?). Obsession des Neoliberalismus, dass Arbeitslose/Arme Transferleistungen widerrechtlich erhalten (Sozialschmarotzer). Ausbau eines umfassenden Überwachungs- und Sanktionsinstrumentariums. Aus Zuschreibung individueller Verantwortung für AL wird gruppenspezifische Stigmatisierung und Identifikation von Armtuskulturen, die durch öffentliche Maßnahmen nicht überwindbar.

31 Ethnisierung der sozialen Frage und Armenpolitik
Ethnisierung der sozialen Frage und Armenpolitik als sozialpolitische Antworten auf die Krise. Ganze Bevölkerungsteile werden qua Kultur unter Verdacht gestellt(Parallelgesellschaft, Integrationsunwilligkeit etc) (Th. Sarazzin). Rassismus unterminiert die POLITiSCHE Konstitution gesellschaftlicher Solidarität und negiert Gleichheit Rassismus ermöglicht innerstaatliche Exterritorialisierung der Armut (daher ein mehr an Sozialpolitik keine ausreichende Antwort für Rassismus ohne Erneuerung des demokratischen Projektes des WS unter Einbeziehung der MigrantInnen. Neomalthusianische Interpretation der Armut: Arme vermehren sich rascher und sind unproduktiver Teil der Gesellschaft, die LeistungsträgerInnen ausbeuten (Komplizen des räuberischen Staates) (Sarazzin, Sloterdijk)

32 Ethnisierung der sozialen Frage und Armenpolitik
Aufkündigung der gesellschaftlichen Solidarität und der wechselseitigen Anerkennung Gleiche zu sein. Armutsbevölkerung wird Fähigkeit und Wille abgesprochen zur Teilhabe. Armut nicht als Erscheinungsform der gesellschaftlichen Krise und ihrer Desintegrationserscheinungen sondern als Bedrohung für die Gesellschaft. Werden Gegenstand von Sicherheitspolitik etc („penal state“ Loic Wacquant, Gefängnis als Form von Politik zur Kontrolle der Armen)

33 Ethnisierung der sozialen Frage
„Daneben hat sie (Berlin, R.A.) einen Teil von Menschen, etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung, die nicht ökonomisch gebraucht werden, zwanzig Prozent leben von Hartz IV und Transfereinkommen (Sozialhilfe); bundesweit sind es nur acht bis zehn Prozent. Dieser Teil muss sich auswachsen. Eine große Zahl an Arabern und Türken in dieser Stadt, deren Anzahl durch falsche Politik zugenommen hat, hat keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel, und es wird sich vermutlich auch keine Perspektive entwickeln. Das gilt auch für einen Teil der deutschen Unterschicht, die einmal in den subventionierten Betrieben Spulen gedreht oder Zigarettenmaschinen bedient hat.“ (Thilo Sarazzin in Lettre International) Sarazzin errechnete auch anhand einer Einkaufsliste, dass der Regelsatz für Hartz IV höher ist als notwendig, um „wertstoffreich“ zu essen, empfiehlt ihnen kalt zu duschen, da Warmduscher es noch nie weit gebracht haben und im Winter in der Wohnung 15 Grad zu haben und einen warmen Pullover anzuziehen. 33

34 „Es gibt auch das Problem, daß vierzig Prozent aller Geburten in der Unterschicht stattfinden. Hier werden Trends verstärkt sichtbar, die ganz Deutschland belasten. So daß das Niveau an den Schulen kontinuierlich sinkt, anstatt zu steigen. In Berlin gibt es stärker als anderswo das Problem einer am normalen Wirtschaftskreislauf nicht teilnehmenden Unterschicht.“ (Thilo Sarazzin, ebda.) „Während es bei uns eine breite Unterschicht gibt, die nicht in Arbeitsprozesse integriert ist. Doch das Berliner Unterschichtproblem reicht weit darüber hinaus. Darum bin ich pessimistisch. Wir haben in Berlin vierzig Prozent Unterschichtgeburten, und die füllen die Schulen und die Klassen, darunter viele Kinder von Alleinerziehenden. Wir müssen in der Familienpolitik völlig umstellen: weg von Geldleistungen, vor allem bei der Unterschicht.“ Diskussion schlägt große Wellen: Guido Westerwelle sprach von spätrömischer Dekadenz, die drohe, wenn anstrengungsloser Wohlstand(!!) versprochen werde

35 Perspektiven der Demokratie – postdemokratische Verlockungen
„Tatsächlich besteht derzeit gut die Hälfte jeder Population moderner Nationen aus Beziehern von Null-Einkommen oder niederen Einkünften, die von Abgaben befreit sind und deren Subsistenz weitgehend von den Leistungen der steueraktiven Hälfte abhängt. Sollten sich Wahrnehmungen dieser Art verbreiten und radikalisieren, könnte es im Lauf des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu Desolidarisierungen großen Stils kommen. (...) Das zöge postdemokratische Konsequenzen nach sich, deren Ausmalung man sich zur Stunde lieber erspart.“ (Sloterdijk, FAZ) Sloterdijk droht also mit dem Ausstieg der LeistungsträgerInnen aus der Demokratie

36 Ausblick: Wege aus Workfare und Armenpolitik?
Workfare und Armenpolitik haben Verhaltensweisen und Fähigkeiten der Individuen in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen um Sozialpolitik gerückt. Ergibt sich aus Veränderungen und neuen Anforderungen an die Subjekte in der Arbeitswelt. Fordistisches Wohlfahrtskonzept muss progressiv erweitert werden: über Kompensation entfremdender Arbeit und materieller Sicherung der Subsistenz hinausgehen. Z.B. Diskussionen um Capability-Ansatz (Befähigung/Verwirklichung etc) von Amartya Sen (EU-Projekte Capright, Workable) zur Reformulierung der normativen Basis sozialer Gerechtigkeit Capability als Ergebnis eines „fremden“ Blicks auf die Effekte des WS. Materielle Basis der normativen Orientierung entsteht in den Handlungen der Menschen. Sen analysiert diese anhand der Unterschiede zu Dritte-Weltgesellschaften, wodurch bestimmte Dimensionen schärfer hervortreten

37 Wege aus Workfare und Armenpolitik?
Capability: Möglichkeit und Fähigkeit der Einzelnen, das eigene Leben zu bestimmen - Erweiterung realer Freiheiten des Individuums, Wahlmöglichkeit. Unterschiedliche Lebensentwürfe („Functionings“) müssen möglich sein. Keine Anpassung der Präferenzen an Vorgaben der Umwelt (Integration in Arbeitsmarkt um jeden Preis). Sozialpolitik muss über engen Fokus auf Arbeitsmarktintegration hinausgehen – Berücksichtigung anderer Aspekte des individuellen Capability-Sets Intervention in „Umwandlungsfaktoren“, um Wahlfreiheit zu erweitern Schaffung adäquater materieller Voraussetzungen Erweiterung der Optionen des Individuums am Markt durch Unterstützung individueller Fähgikeiten

38 Soziale Gerechtigkeit und Demokratie
Demokratie als zentrale Dimension: Partizipation der Individuen an der Entwicklung und Aushandlung der „Capabilities“ und damit der Wahlmöglichkeiten etwa in Bezug auf Teilnahme am Arbeitsmarkt. Nicht nur Definition durch ExpertInnen und „Armutsindustrie“ Reflexivität von StaatsbürgerInnenschaft, sozialen Rechten und Teilhabe zur demokratischen Bearbeitung von Differenzen Politisches Konzept da Freiheit des einzelnen Voraussetzung der Freiheit aller wird und weil eine dynamische Interpretation des utopischen Ziels von Gesellschaft nahegelegt wird. Jede/r nach seinen/ihren Fähigkeiten. Jede/r nach seinen/ihren Bedürfnissen

39 DANKE FÜR IHR INTERESSE!
Arbeitszeit Arbeitsplatz Privatisierung und Restrukturierung Ältere ArbeitnehmerInnen Und noch etwas


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