Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Neue Institutionenökonomik

Ähnliche Präsentationen


Präsentation zum Thema: "Neue Institutionenökonomik"—  Präsentation transkript:

1 Neue Institutionenökonomik
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Neue Institutionenökonomik E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

2 Literatur Furubotn, E.G. und R. Richter (2005), Institutions and Economic Theory, (Ann Arbor: University of Michigan Press), 2nd edition. Erlei, M, M. Leschke und D. Sauerland (1999), Neue Institutionenökonomik, (Stuttgart: Schäfer-Poeschel). Douma, S. und H. Schreuder (2002), Economic Approaches to Organizations, (Harlow: Pearson Education). Die relevante Literatur liegt zu jedem Abschnitt elektronisch bereit.

3 Abschnitt 1: Institutionen und Transaktionskosten
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 1: Institutionen und Transaktionskosten E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

4 Pflichtliteratur Ergänzende Literatur
Douma und Schreuder (2002: 1-18). Ergänzende Literatur Furubotn und Richter (2005: 1-14; 47-64) Erlei, Leschke und Sauerland (1999: 44-51)

5 Quelle:

6 Die Unterschiede im Entwicklungsniveau von Ländern haben seit jeher Ökonomen beschäftigt.
Als Ursachen werden hierfür angeführt: Bestand an physischem Kapital Rohstoffvorkommen technischer Fortschritt Humankapital. Zunehmend wurde ein anderer Faktor in der Literatur betont, der sich unter dem Sammelbegriff „Sozialkapital“ erfassen lässt.

7 Unter Sozialkapital wird u. a
Unter Sozialkapital wird u.a. die Funktionsfähigkeit von formellen und informellen Institutionen erfasst und ihr Potential, Austauschprozesse zu organisieren und damit wiederum zu höherem Wohlstand beizutragen. Internationale Geberorganisationen wie die Weltbank, der IWF, die UNO und viele bilaterale Geberorganisationen legen verstärkt Wert auf die Beachtung und Förderung von Sozialkapital.

8 Unter Institutionen verstehen wir ein System von formellen oder informellen Regeln, inklusive der Methoden ihrer Durchsetzung. „a set of formal and informal rules, including their enforcement arrangements“, Furubotn und Richter (2005: 7).

9 Formelle Regeln sind typischerweise schriftlich verfasst, vom Staat eingesetzt und gerichtlich durchsetzbar. Aber auch Vereinbarungen zwischen privaten Unternehmen fallen hierunter. Informelle Regeln dagegen basieren oftmals auf Brauchtum und Sitte und werden eher durch soziale Sanktionen durchgesetzt.

10 Die Absicht einer Institution ist es, menschliches Verhalten in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Institutionen bestimmten die Anreizstruktur einer Gesellschaft. Eine erfolgreiche Institution ordnet damit alltägliche Handlungen und vermindert Unsicherheit.

11 Institutionen werden hierbei begrifflich getrennt von „Organisationen“.
So ist z.B. der Internationale Währungsfond im hier verwendeten Sprachgebrauch keine Institution, sondern eine Organisation. Organisationen sind „eine Gruppe von Personen, welche ein gemeinsames Ziel verfolgen“. Organisationen werden dabei auch als „the personal side of institutions“ aufgefasst.

12 Organisationen müssen sich in jedem Fall auch Regeln zulegen, damit sie effektiv arbeiten können.
So hat jede Organisation auch Elemente einer Institution. Der Begriff der „Institution“ stellt jedoch nicht auf die physische Existenz ab, sondern auf den Bestand an Regeln und gegenseitigen Handlungserwartungen. So ist beispielsweise die Ehe eine Institution, die Familie hingegen die entsprechende Organisation. Das eine Firma begründende Netzwerk von Verträgen bildet die Institution, die über die Firma miteinander verbundenen Individuen die Organisation.

13 Transaktionskosten Transaktionskosten spielen eine zentrale Rolle in der Neuen Institutionenökonomik. Mit diesem Begriff wird zum Ausdruck gebracht, dass die Durchführung einzelner Transaktionen nicht kostenlos erfolgen kann, sondern mit Aufwand verbunden ist. Individuen müssen im Vorfeld einer Transaktion Informationen einsammeln. Hierbei haben sie nur eine limitierte Kapazität, die Daten zu verarbeiten und entsprechende Pläne zu machen.

14 Dies begrenzt die menschliche Rationalität.
Auch das menschliche Gehirn kann nur begrenzt Daten verarbeiten und Optimierungsaufgaben lösen. Dies begrenzt die menschliche Rationalität. Die Annahme der „bounded rationality“ besagt, dass, nicht zuletzt aufgrund der Mühsal der Daten-auswertung und Optimierung, Menschen sich mit „zufriedenstellenden“ Ergebnissen begnügen. Ein solches Verhalten kann sich dann einstellen, wenn der Eindruck vorherrscht, der Aufwand für eine weitere Verfeinerung der Entscheidungsfindung stehe in keinem Verhältnis zu dem Ertrag. Untersuchungen über Glück haben ergeben, dass Menschen, die einen permanenten Vergleich Ihrer Lebensweise mit Alternativen vornehmen, unglücklicher sind als solche, die diese Vergleich nicht anstellen.

15 Transaktionskosten stehen also in einem Konflikt zur Optimierung menschlichen Verhaltens.
Bei dem Versuch, Transaktionskosten zu minimieren, nehmen Menschen das Risiko auf sich, bezüglich ihres Verhaltens nur eine suboptimale Lösung zu erzielen.

16 Transaktionskosten sind quantitativ nicht zu vernachlässigen
Transaktionskosten sind quantitativ nicht zu vernachlässigen. Gemäß einiger Schätzungen belaufen sie sich auf % des BIP. Transaktionskosten sind aber u.U. von anderen Kostenarten nur schwer zu unterscheiden. Die Arbeiten von Rechtsanwälten und Unternehmensberatern mögen eher als Transaktionskosten verbucht werden. Die Arbeit von Ingenieuren ist demgegenüber nicht den Transaktionskosten zuzurechnen.

17 Demzufolge lässt sich vermuten, dass der Anteil der Universitäts-absolventen in BWL und Jura relativ zu demjenigen der Ingenieure und Agrarökonomen positiv mit den Transaktionskosten korreliert. Datenquelle: Unesco, global education digest 2005,

18 Es ist plausibel anzunehmen, dass Transaktionskosten im Laufe der Zeit zugenommen haben.
Die moderne Wirtschaft ist geprägt durch ein hohes und zunehmendes Maß an Arbeitsteilung. Eine solche, immer tiefere Arbeitsteilung ist mit besonderen Organisationsformen verbunden, welche Transaktionskosten verursachen. Andererseits nehmen Transaktionskosten dann zu, wenn fehlerhafte Institutionen zu gesellschaftlichen Verteilungskämpfen führen. Transaktionskosten sind also nicht ein Nebenkriegsschauplatz der ökonomischen Theorie. Das Welthandelsvolumen wächst stärker als das Weltinlandsprodukt, so dass mehr Transaktionen pro Produktionseinheit durchgeführt werden. Nach einer Inkubationszeit von 25 Jahren nach Coases Artikel von 1937´hat eine Welle der Forschung eingesetzt, welche sich heute zur Neuen Institutionenökonomik entwickelt hat.

19 In welchem Verhältnis stehen Transaktionskosten zu Institutionen?
Institutionen bestimmen insbesondere die Zuteilung von Rechten (Verfügungs- und Vertragsrechte) an einzelne Personen. Transaktionskosten sind notwendig, um Rechtsansprüche zu definieren und zu messen. Transaktionskosten fallen an für den Gebrauch und die Durchsetzung von Rechten.

20 Beim Transfer von Verfügungsrechten und der Vertragsdurchführung zwischen Individuen (oder Organisationen) fallen Kosten der Informationsgewinnung, der Verhandlung und der Durchsetzung an. Will ein Firmenchef eine neue Person beschäftigen, so muss er auf dem Arbeitsmarkt suchen, einen Kandidaten auswählen und die vertraglichen Verpflichtungen festlegen.

21 Was ist eine Transaktion?
Transaktion als physische Übertragung Williamson (1985: 1): “A transaction occurs when a good or service is transferred across a technologically separable interface. One stage of activity terminates and another begins.” Hierbei findet also eine physische “Auslieferung” oder „Übergabe“ statt. Wie bereits A. Smith (1776) feststellte, ergeben sich bereits bei der Produktion von Stecknadeln Transaktionen.

22 So führt A. Smith aus, dass ein Arbeiter zunächst den Draht ziehen, ein anderer ihn glätten, ein dritter ihn in Stücke schneiden, ein vierter die Spitze schärfen, ein fünfter das Ende für den Kopf schleifen muss .... Jedesmal wechselt das Produkt die Hände in der Fabrik, es findet also eine Transaktion statt. Wenn hier von „goods or service“ gesprochen wird, so sind hierunter auch Informationen und Anweisungen zu subsumieren, also z.B. im Zusammenhang mit Beratungsdiensten oder Weiterbildung, Forschung oder Entwicklung.

23 Wenn wir die Transaktion nun „physisch“ definieren, so sind aber in jedem Fall die Transaktionskosten von den Transportkosten zu trennen. Bei einem physischen Übergang entstehen zumeist Transportkosten, welche aber nicht zu den Transaktionskosten gerechnet werden. Welche verbleibenden Positionen zu den Transaktionskosten gerechnet werden, wird weiter unten spezifiziert.

24 Transaktion als juristische Übertragung
Commons (1934): „Transactions are the alienation and acquisition between individuals of the rights or future ownerships of physical things“. Hierbei liegt also eine Betonung auf einem juristischen Sachverhalt, weniger einem physischen. Es findet auch ein Transfer von Ressourcen statt, aber die Betonung liegt nun auf dem Eigentum oder Besitz und weniger auf dem physischen Akt der Übergabe.

25 Eine Transaktion wird zumeist beide Aspekte beinhalten, einen physischen und einen legalen.
Es lässt sich unterscheiden zwischen Transaktionen, welche innerhalb einer Firma erfolgen (interne Transaktion) und solchen, welche über den Markt erfolgen (externe Transaktion). Gemäß Commons‘ Definition könnte es keine Transaktionen innerhalb einer Firma geben. Da aber eine Gegenüberstellung von internen und externen Transaktionen analytisch aufschlussreich ist, wird in der Neuen Institutionenökonomik zumeist dem physischen Aspekt die höhere definitorische Bedeutung beigemessen.

26 Abschnitt 2: Make or buy Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 2: Make or buy 2005: Ende 1. Vorlesung E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

27 Pflichtliteratur Ergänzende Literatur
Coase, R.H. (1937), “The Nature of the Firm”, Economica, Vol. 4, Erlei, Leschke und Sauerland (1999: ; 70-74). Ergänzende Literatur Barzel, Y. (1982), “Measurement Costs and the Organization of Markets”, Journal of Law and Economics, Vol. 25, Alchian, A. und H. Demsetz (1972), “Production, Information Costs, and Economic Organization,” American Economic Review 72:

28 Bei internen Transaktionen entstehen Kosten dadurch, dass ein Manager Anweisungen erteilt. Diese müssen verstanden werden, auf ihre Angemessenheit geprüft werden etc. Hierbei spricht man dann von managerial transaction costs. Für externe Transaktionen wird der Marktmechanismus gebraucht. Kosten für die Suche und den Vertragsschluss fallen an. Diese Kosten werden market transaction costs genannt.

29 Mit wem soll ein Vertrag geschlossen werden?
Für die Analyse von managerial und market TC war die Arbeit von Coase (1937) richtungsweisend. Market TC bestehen im wesentlichen aus Informations- und Verhandlungskosten. Mit wem soll ein Vertrag geschlossen werden? Wer soll hierüber informiert werden? Zu welchen Konditionen soll ein Vertrag geschlossen werden? Der Vertrag muss ausgehandelt, formuliert und geschrieben werden. Der ausgehandelte Vertrag muss auch eingehalten werden. Ende 2006: 1. Vorlesung! Kein Entscheidungsträger weiß automatisch und sofort welche Käufer und Verkäufer für welches Gut verfügbar sind und zu welchen Konditionen. Die Interessierten müssen sich gegenseitig finden, einen Kontakt herstellen und werden sich über die Person des anderen ein Bild machen. Jeder muss herausfinden, wer der andere ist und ob er willens und in der Lage ist, zu den gewünschten Konditionen auch eine Leistung zu bieten. Verhandlungen müssen über die Details des Vertrages geführt werden. Eventuell müssen legale Sicherungsmechanismen gefunden werden, mit denen die ordnungsgemäße Erfüllung sichergestellt wird. Hierzu müssen u.U. Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen werden oder andere Sanktionen verhängt werden.

30 Market Transaction Costs (TC)
Es entstehen market TC, weil a priori Unsicherheit (market uncertainty) besteht. Die neoklassische Vorstellung eines perfekten Marktes mit anonymem Austausch ist so typischerweise in der Realität nicht gegeben. Insgesamt ergeben sich daher drei Phasen der Transaktionskosten im Falle der market TC:

31 1) Kosten der Vertragsvorbereitung (Suchkosten und Informationskosten).
Dies kann beinhalten die Kosten für Werbung, Kundenbesuche und –kontakte, Bezahlung für organisierte Märkte (Börsen, Messen, Wochenmärkte ...), Kommunikationskosten (Porto, Telefon, Gehälter von Handelsrepräsentanten), Kosten für Tests und Qualitätskontrollen sowie Kosten für Preis- und Qualitätsvergleiche und Berater. Personalberater, Immobilienberater, Steuerberater

32 2) Kosten des Vertragsschlusses (Verhandlungskosten und Entscheidungskosten).
Hierbei entstehen auf beiden Seiten Opportunitätskosten für die notwendige Zeit, darüber hinaus evtl. Kosten für Rechtsberatung. Je nach Komplexität des Vertrages sind Verhandlungen mehr oder weniger aufwändig.

33 3) Kosten der Observierung der gegenseitigen Erfüllung und Kosten der Durchsetzung der ausgehandelten Rechte. Dies kann beinhalten die Kosten eines Gerichtsverfahrens, Mahnkosten, aber auch Kosten, welche bei dem Versuch entstehen, sich eine Reputation der Ehrlichkeit (und der Bestrafung von Unehrlichkeit) aufzubauen.

34 Managerial Transaction Costs (TC)
Es entstehen managerial TC, weil a priori Unsicherheit bezüglich des Verhaltens anderer Beschäftigter einer Firma besteht. Managerial TC beinhalten insbesondere die Kosten der Implementierung von Arbeitsverträgen, ihre Ausnutzung durch einen Manager, die Durchführung von Anweisungen. Sie beinhalten die gesamten Kosten für die Etablierung, Erhaltung und Wandel des Organisationssystems. Die Suche nach Arbeitskräften ist Teil von market TC.

35 Hierbei entstehen z.B. Informationskosten für das Erteilen, Durchsetzen und Überwachen von Anweisungen, die Messung des Ergebnisses der Arbeitskräfte, Kosten des Informationsmanagements. Managerial TC fallen insbesondere deswegen an, weil innerhalb einer Firma Güter und Dienste über ein „separable interface“ wandern.

36 Wie wir gesehen hatten, ist eine Minimierung der Transaktionskosten oftmals erstrebenswert, zumindest dort, wo dies nicht mit einem Verlust an Information verbunden ist. Manche Produktions- und Organisationsentscheidungen müssen deshalb dahingehend untersucht werden, welchen Einfluss sie auf die Transaktionskosten haben. Einen klassischen Fall hierfür lieferte Coase (1937) mit der Frage, ob Firmen einen bestimmten Produktionsfaktor eher selber herstellen sollten oder lieber kaufen sollten: make or buy?

37 Aus neoklassischer Sicht wird diese Frage mit Hilfe technischer Aspekte behandelt, nämlich insbesondere den hierbei anfallenden marginalen Produktionskosten. Relevante Aspekte betreffen, inwiefern ein eigenes Team von Arbeitern ausgebildet werden sollte, welche Vorleistungen bezogen werden und zu welchen Kosten, ob besondere Lizenzgebühren, Zinskosten, Mieten etc. anfallen und wie diese im Verhältnis zum Marktpreis des jeweiligen Gutes stehen. Sind die Kosten der Eigenherstellung nun höher als diejenigen des Fremdbezugs, so sollte auf die eigene Herstellung verzichtet werden.

38 Es können darüber hinaus auch noch Sondereffekte in Form von vertikalen Skalenerträgen auftreten.
Die Integration von Eisen- und Stahlherstellung kann hier als ein Beispiel stehen. Es entstehen „thermische“ Skalenerträge, weil das Eisen in einem integrierten Betrieb noch heiß ist und so ohne den zusätzlichen Aufwand des Erhitzens zu Stahl verarbeitet werden kann. Oder es existieren manche Arbeiten, die nur als Team durchgeführt werden können, so dass sie nicht „technologisch separierbar“ sind. Man mag hier an ein Symphonieorchester denken, welches vermutlich das größte nicht-separierbare Team darstellt.

39 Diese Analyse behält natürlich weiterhin ihre Gültigkeit, sie beantwortet aber nicht die Frage, so wie Coase sie verstanden haben wollte. Hiermit wird lediglich der technische Aspekt der Frage geklärt, d.h. in welcher Betriebsstätte die Produktion durchgeführt werden sollte. Antwort: diejenige welche dies zu den geringsten Produktionskosten durchführen kann. Der Begriff der Firma wird in der Neoklassik synonym mit dem einer Produktionsfunktion verwendet wird, d.h. dem für eine Betriebsstätte gegebenen Zusammenhang zwischen Input und Output.

40 Es bleibt aber weiterhin zu fragen, wem die entsprechende Betriebsstätte gehören sollte.
Den Begriff „Firma“ trennt Coase implizit von dem der Betriebsstätte. Mit der neoklassischen Behandlung der Frage wird nur geklärt, in welcher Betriebsstätte die Herstellung durchgeführt werden soll, aber nicht, in welcher „Firma“. Für Coase ist kennzeichnend, dass innerhalb der Firma nicht der Preismechanismus funktioniert. Dieser Mechanismus existiert nur bei einem Austausch zwischen Firmen.

41 Eine Firma ist dementsprechend ein Bereich, in dem eine natürliche oder juristische Person im Rahmen ihrer Verfügungsrechte Anordnungen treffen kann. Bei der Firma handelt es sich nicht um ein physisches, sondern ein juristisches Konstrukt. Insofern also eine Firma die Frage „make or buy“ stellt, überlegt sie sich, ob sie selber der Eigentümer der Betriebsstätte sein sollte oder ob sie dies lieber einer anderen Firma überlässt, mit welcher sie dann das Produkt über einen Markt austauscht. Die Produktionsentscheidung lässt sich völlig losgelöst von der Eigentümerfrage behandeln.

42 Es existieren nun zwei Arten von Transaktionen, solche zwischen Firmen und solche innerhalb einer Firma. Die erste Variante ist der Austausch über den Markt. Die zweite ist eine bestehend aus Anordnung und Ausführung, eine Planwirtschaft. Im ersten Fall entstehen market TC, welche Coase auch als „Kosten der Benutzung des Preismechanismus“ bezeichnet. Diese Bezeichnung ist nicht hinreichend präzise, da neben Preisen auch weitere Informationen herangezogen werden. Kostspielig ist insgesamt die Marktbenutzung.

43 Aufgrund der market TC könnte es vorteilhaft sein, statt vieler kleiner Transaktionen eine dauerhafte durchzuführen in Form eines dauerhaften Anstellungsverhältnisses. Hierbei entfallen die market TC. Nun fallen aber andere Kosten an, managerial TC, die Kosten der Benutzung eines hierarchischen Verhältnisses.

44 Barzel (1982) stellt zur Beantwortung der Frage „make or buy“ die „measurement costs“ in den Vordergrund. Hiermit ist das für einen Marktaustausch notwendige zählen und bewerten von Gütern gemeint. Die Leistungen einer Sekretärin sind beispielsweise kaum zu zählen und zu bewerten, so dass diese eher innerhalb einer Firma bezogen werden (dies nennen wir auch „vertikal integriert“). Eine interessante Anwendung dieses Arguments betrifft die Frage, inwieweit Produkte vom Erzeuger zum Kunden physischen Veränderungen unterliegen.

45 Frischer Lachs, frische Milch und frisches Brot sind leicht verderbliche Waren. Ihr Austausch würde daher immer eine aufwändige Qualitätskontrolle benötigen. Demgegenüber ist geräucherter Lachs, Trockenmilch und vakuumverpacktes Gebäck beständig. Es kann daher während des Transportes von jeweils neuen Zwischenhändlern angekauft werden. Als Eastman als erster lichtsensitive Glasplatten durch Papier ersetzte, war er 1880 dem Problem ausgesetzt, dass seine Filme nicht lange haltbar waren. Dies erschwerte den Handel über Zwischenhändler und er entschied sich deshalb für einen direkten Verkauf seiner Ware, siehe Williamson (1985, 109).

46 Die optimale Firmengröße
Die Frage nach der optimalen Größe einer Firma ist analog zu „make or buy“. Zwischen Firmen kann ein Preismechanismus für eine Koordination von Plänen sorgen, innerhalb der Firma regiert der Zwang. Offensichtlich sind beides Formen der Koordination. Ist der Marktaustausch immer besser als die Planwirtschaft?

47 Aus neoklassischer Sicht würden hierzu die Produktionskosten betrachtet werden.
Es mag sein, dass für ein bestimmtes Produkt ansteigende marginale Kosten die Produktion auf ein optimales Maß begrenzen. Aber nichts beschränkt eine Firma darauf, nur ein Produkt herzustellen. Eine Firma kann immer die Produktion weiterer Produkte aufnehmen, in denen die Grenzkosten noch nicht dieses Niveau erreicht haben. Für die Frage, ob eine weitere Betriebsstätte von der Firma selbst oder von einem Konkurrenten betrieben wird, spielen Produktionskosten ebenfalls keine Rolle.

48 Wenn sich die Marktwirtschaft als besser herausgestellt hat, warum existiert dann immer noch innerhalb von Firmen eine Planwirtschaft? Warum existieren überhaupt noch Firmen, anstatt alles zu kaufen und nichts mehr selbst herzustellen? Wenn der Markt immer die bessere Alternative ist, dann sollte so etwas wie eine Firma sich in ihre Einzelbestandteil auflösen.

49 Zu jedem einzelnen Arbeitsverhältnis muss die Frage gestellt werden, ob die entsprechende Leistung nicht eher von einem Externen hinzugekauft werden könnte. Warum sollte man eine Sekretärin anstellen, anstatt die anfallenden Schreibarbeiten an einen externen Service zu delegieren? Warum sollte eine Firma eine Kantine betreiben anstatt dies an lokale Restaurants zu delegieren? Warum sollte ein Betriebskindergarten existieren anstatt die Kinder in öffentliche oder kirchliche Kindergärten zu schicken?

50 Der Grund hierfür liegt in managerial TC.
Den Grund für die Existenz einer Firma sieht Coase in den market TC. Der Austausch über den Markt ist mit Kosten verbunden. Warum wird dann aber nicht alles innerhalb einer einzigen Firma organisiert, also auch auf Makroebene eine Planwirtschaft eingeführt? Der Grund hierfür liegt in managerial TC. Nun vermutet Coase, dass managerial TC mit einem Anstieg der Firma überproportional ansteigen. Der Koordinationsaufwand kann überproportional mit der Anzahl der Beschäftigen ansteigen. Weitere Gründe werden wir noch kennen lernen. asymmetric information (moral hazard und adverse selection) und asset specificity Graphik: Transaktionsvolumen und marginale Transaktionskosten: managerial TC sind steigende Kurve, market TC sind horizontal.

51 Die optimale Größe einer Firma ist dort erreicht, wo die Kosten für die Durchführung einer Transaktion innerhalb einer Firma gerade den Kosten einer Markttransaktion entsprechen. Wir können also zusammenfassend sagen, dass eine Firma um so größer sein wird, je geringer ihre internen Organisationskosten und je weniger diese bei einer Ausdehnung der Firma ansteigen (managerial TC), je höher die market TC sind.

52 Innovationen, mit welchen Managementtechniken verbessert werden (wie z
Innovationen, mit welchen Managementtechniken verbessert werden (wie z.B. Computer, Telekommunikation, ...), vergrößern Firmen. Innovationen, welche market TC verringern, führen zu einer Verschlankung von Firmen.

53 In der Realität werden produktionstechnische mit transaktionstheoretischen Argumenten oftmals zusammen wirken. So wird für landwirtschaftliche Betriebe oftmals angenommen, dass in der Produktion steigende Skalenerträge (economies of scale) vorliegen, welche größere Betriebe begünstigen. Kleine landwirtschaftliche Einheiten können sich u.U. nicht das nötige know-how zulegen oder das notwendige Kapital in Form von Maschinen optimal auslasten.

54 Kleinere Firmen haben nun aber den Vorteil, bessere Anreize für ihre Mitarbeiter setzen zu können.
Bei Familienbetrieben hätten beispielsweise alle Arbeitskräfte einen Anreiz, zu einer hohen Ernte beizutragen. Dieser Anreiz wäre u.U. bei Lohnarbeitern mit einem vom Ernteertrag unabhängigen Einkommen nicht vorhanden. Je größer ein Betrieb wird, um so mehr wäre er auf solche, schlecht motivierten Lohnarbeiter angewiesen. Dies würde aber seinen Vorteil aus dem produktionstechnischen Skalenertrag kompensieren.

55 Ein zu Coase ähnliches Problem wird von Alchian und Demsetz (1972) bei einer Untersuchung der Teamarbeit behandelt. Teamarbeit ist dann lohnend, wenn die Grenzproduktivität eines Einsatzfaktors positiv vom Einsatz eines anderen Faktors abhängt. Für Teamarbeit wird aber gleichzeitig unterstellt, dass nicht alle Einsatzfaktoren demselben Akteur gehören. Ferner ist es nicht möglich, den Einsatz der Faktoren kostenlos zu messen, egal ob diese über den Markt oder innerhalb einer Firma ausgetauscht werden. Ende 2. Vorlesung!

56 Hierbei ergibt sich dann aber ein Gefangenendilemma:
Offensichtlich profitieren die beiden Teammitglieder von hohem Einsatz, also Kooperation. Das Nash-Gleichgewicht wird aber ein Drückeberger-Verhalten hervorbringen. Ertrag Teammitglied 2 Teammit-glied 1 Hoher Einsatz Drücke-berger 2 | 2 0 | 3 3 | 0 1 | 1

57 Sofern managerial TC gering sind, könnte eine Person effizient zur Überwachung der Teamarbeit eingesetzt werden. Während also die Kosten einer unkoordinierten Überwachung exorbitant wären, würden diese Kosten gering ausfallen, wenn sie in der Hand einer dafür spezialisierten Person liegen. Solange die Kosten für den Einsatz des Überwachers den erzielbaren Effizienzgewinn nicht übersteigen, kann somit der Gewinn für alle beteiligten Personen erhöht werden. Der Überwacher begründet den Vorteil einer Firma gegenüber unkoordinierter Teamarbeit.

58 Abschnitt 3: Property Rights
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 3: Property Rights 2006 und 2005: Ende 2. Vorlesung! E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

59 Pflichtliteratur Ergänzende Literatur
Coase, R.H. (1960), “The Problem of Social Cost”, Journal of Law and Economics, Vol. 3, 1-44. Ergänzende Literatur Furubotn und Richter (2005: 79-89; ).

60 Wem soll was gehören? Die Frage nach der Verteilung des Eigentums war immer wieder ein Anliegen in der Ökonomik. Bemerkenswerterweise spielt sie aber in der neoklassischen Theorie ein Randdasein. Ein allgemeines Gleichgewicht wird unabhängig davon erreicht, wer jeweils der Eigentümer einer Ressource ist. Ob eine Ressource also beispielsweise gemietet wurde oder dem Produzenten selbst gehört, spielt keine Rolle.

61 Das Recht ein Gut physisch zu gebrauchen (ius utendi),
Diese Sichtweise verändert sich aber, sobald Transaktionskosten mit in die Betrachtung einbezogen werden. Um dies näher zu beschreiben lohnt es sich, die Bedeutung von „Eigentum“ zu untersuchen. Eigentum umfasst verschiedene, bereits im römischen Recht getrennte Aspekte: Das Recht ein Gut physisch zu gebrauchen (ius utendi), das Recht, die Früchte des Gutes bzw. das daraus fließende Einkommen zu behalten (ius fruendi), das Recht, seine Form zu verändern oder es zu verkaufen (ius abutendi). [z.B. landwirtschaftliche Produkte aus Ackerbesitz, Mieteinnahmen aus Hausbesitz.]

62 Im Falle eines Verkaufs geht dieses Bündel von Rechten an einen neuen Besitzer über.
Der Wert eines Gutes bestimmt sich dabei aus dem Wert dieser einzelnen Rechte, welche durch einen Tausch transferiert werden können. Die drei Bestandteile von Verfügungsrechten (ius utendi, ius fruendi, ius abutendi) können auch einzeln veräußert werden. Dabei muss dann jeweils auf die anderen Rechte Rücksicht genommen werden. Ist der Ernteertrag veräußert worden, so muss der neue Besitzer den Acker angemessen behandeln; er darf ihn beispielsweise nicht anderweitig bepflanzen.

63 Verfügungsrechte können einerseits absolut sein in dem Sinne, dass sie gegenüber allen anderen Menschen gültig sind. Dies gilt z.B. bei Eigentum an Immobilien oder sonstigen Sachgütern. Genauso implizieren auch immaterielle Vermögensbestandteile (Patente und Copyrights) ein Anrecht gegenüber allen anderen Menschen.

64 Verfügungsrechte können auch relativ sein, d. h
Verfügungsrechte können auch relativ sein, d.h. sich nur auf eine bestimmte andere Partei beziehen. Dies ist der Fall bei einem Mietvertrag, Kaufvertrag, Arbeitsvertrag etc. Mit solchen relativen Verfügungsrechten werden wir uns später beschäftigen.

65 Die Property Rights Theorie befasst sich mit absoluten Verfügungsrechten.
Sie versucht dabei zu beantworten, inwieweit durch eine staatliche Ordnung absolute Verfügungsrechte verteilt werden sollten. Eine ideale Verteilung wird hierbei vornehmlich unter Effizienzgesichtspunkten betrachtet.

66 Hierbei werden insbesondere drei Konditionen für eine ideale Verteilung der Verfügungsrechte genannt: Universalität: Alle knappen Ressourcen sollten jemandem gehören. Exklusivität: Verfügungsrechte sollten exklusiv vergeben sein. Transferierbarkeit: Verfügungsrechte sollten transferierbar sein.

67 Transferierbarkeit Die Transferierbarkeit ist ja bereits als Teil des ius abutendi angesprochen worden. Mit der Forderung der Transferierbarkeit wird also zum Ausdruck gebracht, dass das ius abutendi immer Bestandteil der absoluten Verfügungsrechte sein sollte.

68 Der offensichtliche Vorteil der Transferierbarkeit besteht darin, dass ein schlechter Produzent sein Eigentum an einen talentierteren übertragen kann. Der Eigentümer hat dabei einen starken Anreiz zur effizienten Nutzung einer Ressource. Er empfängt das Residualeinkommen (residual income), also dasjenige Einkommen, welches nicht an andere abgetreten wurde. Transferierbarkeit ermöglicht es daher, Talent und Anreiz miteinander zu verknüpfen und dadurch die Effizienz zu erhöhen. Sonst hätten talentierte Habenichtse keinen Zugang zu Produktionsmöglichkeiten und besitzende Nichtskönner keine Idee, was mit ihren Ressourcen anzustellen sei. Erleichterung würden wir aber schon dadurch schaffen, dass die Besitzenden den talentierten die Ressourcen verpachten. Es müssten also Ressourcen nicht vollständig transferiert werden. Reicht diese Lösung?

69 Pachtverträge Zwar könnte die Zuordnung von Produktionsmitteln zur gewünschten Verwendung sich auch mit Hilfe von Miet- und Pachtverträgen erreichen lassen. So könnte der Eigentümer die Produktionsmittel an ein talentiertes Wirtschaftssubjekt verpachten. Dies ließe vermuten, dass sich Effizienzgewinne ohne Transferierbarkeit erreichen ließen.

70 Hier tritt aber das Problem auf, dass der Pächter das anvertraute Gut zu pflegen und in der Substanz zu erhalten hat. Dies erfordert Kontrollkosten seitens des Eigentümers, welche u.U. prohibitiv hoch sein können. Nur ein vollständiger Eigentumstransfer erlaubt es, diese Kontrollkosten zu vermeiden.

71 Hat ein Farmer nicht das Recht, sein Ackerland zu verkaufen oder zu verschenken, so kann er es (sofern er es nicht selber nutzen kann oder will) nur verpachten. Der Pächter von Ackerland wird aber nicht auf den Wert des Ackers nach der Pachtperiode achten. Er unternimmt keine Investitionen in besondere Arten der Bepflanzung, welche den Stickstoffanteil in der Zukunft erhöht oder den Schädlingsbefall durch einen geschickten Fruchtwechsel minimiert.

72 Er wird stattdessen den Acker und die zur Verfügung gestellten Geräte so „aufbrauchen“, dass diese während der Zeit des Gebrauchs einen optimalen Verschleiß erleiden, zum Zeitpunkt der Übergabe aber u.U. wertlos sind. Er wird die gemieteten Gegenstände ausbeuten, ohne dabei an ihren zukünftigen Wert zu denken. „usufruct“ Verträge werden daher typischerweise eine Bedingung enthalten, wonach der Pächter diese in der Substanz und Qualität zu erhalten hat.

73 Dies geht aber mit Transaktionskosten einher.
Solche Bedingungen müssen aber auch tatsächlich durchgesetzt werden, u.U. durch die Anrufung von Gerichten. Der Eigentümer des Ackerlandes muss also den Pächter regelmäßig beobachten und notfalls gerichtliche oder andere Mittel zur Durchsetzung seiner Ansprüche einsetzen. Dies geht aber mit Transaktionskosten einher. Offenbar geht also ein Pachtvertrag mit ökonomischen Einbußen einher. Ähnliche Transaktionskosten muss der Pächter dafür aufwenden, die Qualität des Ackers und der Geräte vor Vertragsschluss festzustellen. Dieses Verhältnis zwischen einem Farmer und einem Landbesitzer werden wir noch im Rahmen von Principal-Agent Modellen näher beleuchten. Evtl. findet der Eigentümer aber auch andere Methoden, seinen Anspruch durchzusetzen. Er könnte ein Pfand von dem Pächter verlangen, z.B. in Höhe des Marktwerts des Ackerlands. Dieses Pfand wird dann am Ende der Pachtperiode zurückgegeben, abzüglich oder zuzüglich der entstandenen Wertveränderungen. Hier würde der Pächter aber nun Transaktionskosten aufwenden müssen dafür, die gute Pflege nachzuweisen. Das Beispiel sollte uns aber nicht so weit führen, Miet- und Pachtverträge grundsätzlich abzulehnen. Der Ackereigentümer möchte u.U. seinen Acker behalten, während der Farmer nicht das vollständige Risiko eingehen möchte, welches das Eigentum mit sich bringt. Evtl. hat der Farmer auch nicht das notwendige Kapital für obige Transaktion. Es können also andere Gründe vorliegen, warum auf die obige Lösung verzichtet wird – dies wird dann aber mit höheren Transaktionskosten einher gehen. Mit Hilfe eines Pfands könnten dabei die Transaktionskosten vermindert werden.

74 Grundsätzlich lässt sich somit fragen, wer der Eigentümer einer Ressource sein sollte.
Antwort: Derjenige, der den optimalen Ressourceneinsatz mit den geringsten Kosten kontrollieren kann! Erhält der Kontrolleur ein festes Einkommen, so fehlt ihm ein Anreiz zu einem hohen Arbeitseinsatz. Dieser Effekt kann nur durch Eigentumsübertragung an den Kontrolleur vollständig vermieden werden. Sofern der Eigentümer keine Zeit für die Kontrolle hat, könnte er eine Pfandlösung mit einem Kontrolleur durchführen, welcher dann wiederum den Acker an einen Farmer verpachtet.

75 Dies lässt sich auch auf das Beispiel von Alchian und Demsetz (1972) bezüglich der Teamarbeit anwenden. Wie sollte nämlich hier der Manager induziert werden, seiner Überwachungsfunktion auch in vollem Umfang nachzugeben und sich nicht als Drückeberger zu verhalten? Wer überwacht also den Überwacher? Die Lösung kann darin bestehen, dem Überwacher das Verfügungsrecht über die Nettogewinne der Teamproduktion, das so genannte Residualeinkommen, zu überlassen.

76 Er wird damit zum Residualeinkommensbezieher (residual claimant), zum Unternehmer.
In diesem Falle hat er keinen Anreiz mehr, seinen Faktoreinsatz ineffizient einzuschränken, da jede Art von Drückebergerei unmittelbar auf sein eigenes Einkommen zurückfällt. Wie kann man es in diesem Zusammenhang aber erreichen, dass auch der Überwacher seine Rechte verkaufen, also transferieren, kann? Sobald eine andere Person die Funktion des Überwachers besser ausüben kann, wäre ein solcher Transfer effizient.

77 Die Antwort besteht darin, dass die Teammitglieder nicht Verträge mit allen anderen Teammitgliedern schließen, sondern nur mit dem Überwacher. Dieser bildet den Knotenpunkt aller Verträge. Der Überwacher wird sich dabei vorbehalten, die Rechte aus dem Vertrag an eine andere Person zu übertragen. So kann die Teamarbeit, die Firma, unabhängig von der Person des Überwachers weiter existieren.

78 Dezentralisierung Dieser Sachverhalt impliziert auch, dass eine Verstaatlichung von Produktionsmitteln notwendigerweise mit Effizienzverlusten einhergehen muss. Die hier vorgebrachten Argumente implizieren eine Theorie der „Dezentralisierung“. Eigentum sollte vollständig transferiert werden an Personen, welche Kontrollfunktionen wahrnehmen.

79 Ein benevolenter Diktator könnte das Ackerland auch planwirtschaftlich bewirtschaften lassen.
Dies hätte aber die vorher genannten Probleme. Er könnte andererseits privates Eigentum am Ackerland einführen und seinen Untertanen volle Verfügungsrechte einräumen. Durch diese zweite Variante könnte er ein sehr viel besseres Ergebnis erreichen. Analog zur optimalen Größe des Firma lässt sich insofern auch eine „rationale Theorie des Staates“ entwickeln.

80 Entscheidend in diesem Zusammenhang ist die Bedeutung der Transferierbarkeit.
Es genügt nicht, dass der Diktator das Land nur verpachtet, also nur eingeschränkt das ius fruendi oder das ius utendi abtritt. Er muss vollständige Transferierbarkeit einführen, um den am Produktionsprozess Beteiligten hinreichende Anreize zu geben.

81 Beschränkte Transferierbarkeit
Entgegen der Forderung der Transferierbarkeit sehen wir in der Realität, dass Verfügungsrechte oftmals eingeschränkt sind. In manchen sozialistischen Länder konnten Arbeiter nur eingeschränkt Verfügungsrechte erwerben. Arbeiter in „labor-managed firms“ in Jugoslawien konnten selbst über die Produktion ihres Betriebes entscheiden und auch die Früchte hieraus behalten. Sie konnten auch Investitionen tätigen und die Früchte hieraus behalten.

82 Sie konnten ihren Firmenanteil aber nicht verkaufen.
Der Anteil war verbunden mit ihrer Tätigkeit als Arbeiter; sie verloren den Anteil mit dem Ausscheiden aus der Firma. Manche Investitionen lohnten sich somit für Arbeiter nicht: sie hatten einen kurzen Zeithorizont, da sie Auszahlungen nur während der aktiven Tätigkeit in der Firma erhalten konnten. Nicht das Firmenwohl stand also im Vordergrund, sondern die Auszahlungsfähigkeit während der Lebensarbeitszeit innerhalb der Firma. Sie hatten somit das ius fruendi und das ius utendi, nicht aber das ius abutendi.

83 Ähnlich wurde es anfänglich bei der Privatisierung der Landwirtschaft in Russland den Bauern verboten, ihren Grund und Boden zu verkaufen. Ein Argument war diesbezüglich, dass die Ausbeutung der kleinen Bauern durch Großgrundbesitzer verhindern werden sollte. Jedoch bewirkte dies, dass Grund und Boden auch nicht von Banken als Sicherheit für Kredite akzeptiert werden konnten, da diese ja nicht veräußerbar waren. Somit konnten aber wichtige Kredite für die Landwirtschaft nicht bereit gestellt werden, da den Bauern das ius abutendi fehlte.

84 Hierfür sind die Transaktionskosten aber zu hoch.
Das Problem der Transferierbarkeit ergibt sich insbesondere bei Berücksichtigung von Transaktionskosten. In Jugoslawien hätten jüngere und nachrückende Arbeiter den älteren eine Prämie bezahlen können. Im Gegenzug würden diese Investitionen durchführen, um hiermit den Firmenwert für die nachrückende Generation zu erhöhen. Hierfür sind die Transaktionskosten aber zu hoch. Das Fehlen des ius abutendi kann also nicht durch andere Organisationsformen kompensiert werden. Ende 3. Vorlesung

85 In Russland hätten die Banken den effizient arbeitenden Bauern einen Kredit zur Verfügung stellen und auf Sicherheiten verzichten können. Als Ausgleich für den Verzicht auf Sicherheiten hätten sie hohe Zinsen nehmen können. Aber eine Bank besitzt keine vollständigen Informationen. Sie ist auf Sicherheiten angewiesen, damit die ineffizient arbeitenden Bauern sich selbst aus dem Markt herausselektieren, da diese keine Bereitschaft haben, ihr Eigentum zu riskieren.

86 Aufgrund von Transaktionskosten sind also einerseits manche Organisationsformen nicht möglich.
Ein fehlendes ius abutendi verhindert andererseits eine effiziente Nutzung von Ressourcen. Es ist also die Kombination von Transaktionskosten und fehlendem ius abutendi, aus der Ineffizienzen entstehen.

87 Grenzen der Transferierbarkeit
Wir sollten aber hier anmerken, dass auch in einer Marktwirtschaft oftmals das ius abutendi eingeschränkt wird. So verbieten wir z.B. die Sklaverei und die Zwangsarbeit. Eine Person kann also nicht sich selbst (mit allen zukünftigen Einkommen) als Sicherheit bei einer Bank hinterlegen. Das Konkursrecht erlaubt es vielmehr einer privaten Person, bei Null anzufangen oder ins Ausland abzuwandern. 2005: Ende 3. Vorlesung! Sklaverei ist bereits aus ethischen Gründen verboten. Das Verbot der Sklaverei beinhaltet, dass jeder Mensch selbst der Eigentümer u.a. seiner Arbeitskraft ist. Lediglich das ius abutendi wird ihm hierbei verweigert. Dieses würde er aber sonst rational in Anspruch nehmen. Moralische Aspekte des Sklavereiverbots stehen also im Widerspruch zur Freiheit des Einzelnen, nämlich sich selbst zu verkaufen!

88 Eine ähnliche Bestimmung enthält § 12 des Berufsbildungsgesetzes (vom 23. März 2005): „Eine Vereinbarung, die Auszubildende für die Zeit nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnis-ses in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit beschränkt, ist nichtig.“ Zweck dieser Vorkehrung ist die Wahrung der Entscheidungsfreiheit der Auszubildenden. Problematisch ist sie allerdings dort, wo Unternehmen ihre Investitionen in das Humankapital eines Auszubildenden durch eine spätere Tätigkeit desselbigen entlohnt haben möchten.

89 Es ist teilweise dieser Paragraph, welcher für die Probleme der derzeitigen Ausbildungssituation verantwortlich gemacht wird. Auszubildende könnten sonst z.B. einen Teil ihres Lohnes in einen Fond einzahlen, welcher dem Unternehmen zufließt, falls ein Auszubildender sofort nach Vertragsende das Unternehmen verlässt. Erst nach einer Periode von 6-24 Monaten wären Auszubildende dann frei in der Wahl ihres Arbeitsplatzes und Eigentümer des im Fond angesammelten Vermögens. Eine solche „Rückzahlungsklausel“ wäre aus Sicht der Property Rights Theorie effizient. Ende 2006: Ende 3. Vorlesung!

90 Weiterhin sind manche Vermögensgegenstände, die zum unmittelbaren Lebensunterhalt notwendig sind, nicht pfändbar. Diese können somit nicht als Sicherheit für eine Bank dienen, da der Gerichtsvollzieher sie nicht einziehen kann. Auch für unsere zusätzliche Rentenversicherung, die sogenannte Riester-Rente, ist das ius abutendi eingeschränkt. Zukünftige Auszahlungen können nämlich nicht abgetreten oder verkauft werden, oder als Sicherheit dienen. Dasselbe gilt auch für die gesetzlichen Rentenzahlungen.

91 Es existiert hierbei eine Abwägung zwischen der Garantie sozialer Mindeststandards, welche von der Gemeinschaft getragen wird, und dem Eingehen von finanziellen Risiken, für welche sich ein Individuum entscheiden darf. Beide stehen im Konflikt miteinander. Sobald gewisse soziale Mindeststandards garantiert werden, lohnt es sich sonst für ein Individuum, das Risiko des finanziellen Totalverlusts auf sich zu nehmen, um dann den Mindeststandard für sich in Anspruch zu nehmen.

92 Universalität Wir hatten argumentiert, dass Eigentum wichtig ist für die Effizienz. Eine Fehlallokation von Ressourcen findet u.a. dort statt, wo nicht spezifiziert wird, wer das Verfügungsrecht über ein knappes Gut hat. Universalität fordert: jeder Vermögensgegenstand sollte mindestens einer (natürlichen oder juristischen) Person gehören.

93 Andererseits kann es kostspielig sein, Verfügungsrechts zu spezifizieren; es treten Spezifizierungskosten auf. Sind diese prohibitiv hoch, so werden Verfügungsrechte nicht vollständig spezifiziert und Ineffizienzen in Kauf zu nehmen sein. Beispiele hoher Spezifizierungskosten würden sich ergeben bei dem Versuch, die Verfügungsrechte an der Atmosphäre oder den Weltmeeren festzulegen.

94 Fehlen aber hinreichende Spezifizierungen, so können externe Effekte und Marktversagen entstehen.
Auch hierzu stammt der entscheidende Beitrag von Coase (1960). Wie bereits in seinem früheren Beitrag, findet auch hier ein Paradigmenwechsel statt. In einer orthodoxen Betrachtung wird Marktversagen typischerweise auf Besonderheiten in der Produktion oder dem Konsum zurückgeführt.

95 Externe Kosten in Form von Umweltverschmutzung würden hierbei anderen Produzenten oder Privatpersonen aufgebürdet, positive Beiträge, wie beim Bienenzüchter und dem Obstbauern, würden hierbei anderen zugeführt. Oder aber, es finden sich externe Effekte im Konsum, weil z.B. ein Raucher seinen Mitmenschen den Qualm zumutet. In diesem Sinne ist Marktversagen ein physisches Phänomen; es resultiert aus bestimmten Technologien oder Bedürfnissen.

96 Aber aus der Sicht einer Transaktionskostenanalyse stellt sich das Problem anders dar.
Es liegt nämlich eine Situation vor, bei der alle Beteiligten eine Pareto-Verbesserung erreichen könnten. Warum verhandeln nicht die Raucher mit den Nichtrauchern über Möglichkeiten, die jeweiligen Bedürfnisse optimal zu koordinieren? Warum können nicht die Umweltverbände erfolgreich mit den Produzenten über die Reduzierung von Emissionen verhandeln?

97 Der Grund hierfür liegt darin, dass die Transaktionskosten eines solchen notwendigen Austausches zu teuer sind. Die prohibitiv hohen Transaktionskosten schlagen sich nieder im Fehlen eines Marktes. Es existiert kein Markt für „Vermeidung von Zigarettenrauch“ oder „optimale Luftverschmutzung“. Neben den eigentlichen Kosten eines Austausches von Rechten (dem Recht auf Umweltverschmutzung) sind hierbei auch Kosten der internen Organisation zu nennen.

98 Es ist zu kompliziert, die Betroffenen alle gemeinsam zu organisieren, ihre marginale Zahlungsbereitschaft festzustellen, Konsens über die Rechte der einzelnen herzustellen. Im weitesten Sinne sind dies Transaktionskosten. Entweder wären dies nämlich market TC, insofern die Beteiligten über einen Marktmechanismus ihre Zahlungsbereitschaft abstimmen würden. Oder aber es wären managerial TC, wenn eine Firma hierfür eingerichtet werden würde, welche zur Organisation der Interessen dienen würde.

99 Sofern diese Transaktionskosten der Organisation von Interessen hinreichend gering sind, besteht aber die zusätzliche Frage, wie im Vorfeld die Verfügungsrechte überhaupt zuzuordnen sind. Ein Landbesitzer mag das Recht haben, auf seinem Grundstück ein Gebäude zu erbauen. Gehört ihm aber auch die Luft oberhalb seines Grundstücks? Die Nachbarn sind von der Höhe des Gebäudes direkt betroffen. Luft, Verschmutzung, Lärm, Lichtmangel, versperrte Aussicht, Straßenverkehrsbelastung oder schlechter Fernsehempfang sind typische Aspekte, welche ihr Interesse an kleinen Nachbarhäusern begründen.

100 Dies ist die zentrale Aussage des Coase-Theorems.
Der Staat kann deshalb den Nachbarn gewisse Einspruchsrechte diesbezüglich zuordnen. Stattdessen könnte der Staat auch ein Recht auf Verschmutzung und Verbauung geben. Im Falle von fehlenden Transaktionskosten wird es hier zu einer pareto-optimalen Lösung kommen, egal welcher Seite das Verfügungsrecht zugeordnet wurde. Dies ist die zentrale Aussage des Coase-Theorems. Dies lässt sich anschaulich in einer Edgeworth-Box darstellen.

101 Verfügungsrechte sollten daher auch gerade für „schädliche“ Handlungen eingeführt werden, nicht nur für physische Güter, von denen wir etwas Produktives erwarten. Allerdings unterstreicht gerade Coase, dass Transaktionskosten auftreten werden, und daher das Ergebnis beeinträchtigen. Entscheidend für den externen Effekt sind dann aber diese Transaktionskosten, und nicht länger Produktionsbedingungen.

102 Exklusivität Sofern Nutzer vom Konsum nicht ausgeschlossen werden können und keine Rivalität existiert, reden wir von „öffentlichen Gütern“. Bsp: Feuerwerk, das von allen zu sehen ist. Bei den meisten Gütern existiert jedoch Rivalität. Allerdings ist es u.U. nicht möglich, andere Nutzer vom Konsum auszuschließen. Analog hierzu ist es denkbar, dass mehrere Personen gleichzeitig das Verfügungsrecht über eine Ressource legal besitzen, dieses also nicht exklusiv vergeben wurde. Badesee, der von allen benutzt werden kann – sofern es nicht zu viele werden. Bayrischer Wald Überblick: Rivalität Ja Nein Ja Private Güter Klubgüter Ausschließbarkeit Nein Allmende-Güter Öffentliche Güter

103 Hierbei entsteht das, was als „tragedy of the commons“ bezeichnet wird: Die Tragik der kollektiven Nutzung. Ein Beispiel sind gemeinsame Weidegründe für Vieh oder der Fischfang in öffentlichen Gewässern. Während hierbei nämlich der Ertrag aus der Nutzung einem Individuum zufällt, sind die Kosten in Form von abgegrasten Wiesen und leer gefischten Meeren von allen zu tragen. Hierbei berücksichtigt das Individuum nicht, welche Kosten von seiner Aktivität den anderen aufgebürdet werden.

104 So aber kommt es zu einer ineffizient hohen Abnutzung des Allmende-Gutes, das Gras wird exzessiv abgegrast, die Meere werden leer gefischt. Im Zentrum dieser Überlegungen steht das Problem, dass Verfügungsrechte nicht exklusiv festgelegt wurden. Damit wird dieser Fall, der aus der Mikroökonomik hinreichend bekannt sein sollte, zu einer relevanten Anwendung der Institutionenökonomik.

105 Exklusivität fordert: jeder Vermögensgegenstand sollte höchstens einer (natürlichen oder juristischen) Person gehören. Der exklusive Eigentümer kann dann die Weide an andere Nutzer vermieten oder Fangquoten verkaufen. Dies garantiert, dass eine effiziente Lösung wieder erreicht wird. Eine solche Lösung funktioniert aber eventuell nur in einer Welt ohne Transaktionskosten.

106 Realistischerweise entstehen nämlich Kosten der Durchsetzung von Eigentumsrechten.
Ein Eigentümer muss den Gebrauch seiner Weide oder seines Fischgrundes kontrollieren. Wird dies möglich sein für eine entfernte Alm in den Alpen? Oder für einen Fischgrund? Sofern eine solche Kontrolle nicht ausgeübt werden kann, können aus Transaktionskostensicht auch gemeinsame Nutzungsregeln vorteilhaft sein. Dies kann auch tatsächlich bei alpinen Almen beobachtet werden, die sich über Jahrhunderte im kollektiven Besitz befinden.

107 Der Vorteil einer solchen Lösung kann darin bestehen, dass die Kontrollkosten sinken.
Alle Verfügungsberechtigten könnten einen Anreiz haben, sich gegenseitig zu überwachen und Fehlverhalten zu melden, da sie von dem Fehlverhalten selbst beeinträchtigt sind. Gegenüber einem privaten Eigentümer würde kein Anreiz bestehen, ein zufällig entdecktes Fehlverhalten zu melden. So wird ein Wilderer u.U. nicht sozial sanktioniert, wenn er in den königlichen Jagdgründen jagt. Georg Jennerwein ( ), der als eine Art "Urvater der Wilderei" gilt wird vielmehr als Rebell und Volksheld verehrt. Ende 4. Vorlesung

108 Spezifizierungskosten
Für Jäger war das erbeutete Fell über lange Zeit ein geringfügiges Nebenprodukt, bis sich ein lukrativer Fellhandel entwickelte. Dieser bewirkte aber, dass Pelztiere zu einem knappen Gut wurden – es drohte, dass diese exzessiv gejagt wurden. Als Lösung wurden nun private Jagdgründe bestimmt. Die Tiere, die typischerweise lokal gebunden waren, hatten somit einen exklusiven Eigentümer.

109 Solche privaten Jagdgründe zu bestimmen war eine einfache Art, exklusive Eigentumsrechte zu vergeben. Es funktionierte allerdings nur für solche Tiere, die lokal gebunden waren. Es wurde demgegenüber beobachtet, dass Biber durch die neuen Verfügungsrechte nicht hinreichend geschützt wurden. Diese waren zu mobil, so dass durch die Festlegung privater Jagdgründe nicht auch diese Tiere einen „Eigentümer“ bekamen.

110 Abschnitt 4: Asymmetrische Information
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 4: Asymmetrische Information E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

111 Pflichtliteratur Douma und Schreuder (2002: 51-69).
Akerlof, G.A. (1970), The Market for ‘Lemons’. Quality, Uncertainty and the Market Mechanism. Quarterly Journal of Economics, Jg. 84: Furubotn und Richter (2005: ).

112 Relative Property Rights begründen gegenseitige Ansprüche zwischen zwei oder mehreren Parteien, also nicht Ansprüche allen anderen Menschen gegenüber. Diese stehen in diesem und in den folgenden Abschnitten im Vordergrund. Werden gegenseitige Ansprüche durch Vertragsschluss begründet, so entstehen hierbei entweder market TC oder managerial TC, je nachdem ob es sich um einen einmaligen Austausch handelt oder um einen langfristigen, hierarchischen Vertrag.

113 Bei der Behandlung von Transaktionskosten trat der produktive Beitrag dieser Kosten in den Hintergrund: Die Informationsgewinnung. Der Informationsstand ist in einem neoklassischen Modell weitgehend vorgegeben; denn für das prognostizierte Gleichgewicht brauchen alle Akteure die hierzu relevante Information. Von Bedeutung ist nun der Zusammenhang zwischen Information und Transaktionskosten. Aufgrund dieses Zusammenhangs wird die hierzu relevante ökonomische Theorie auch „Informationsökonomik“ genannt (information economics).

114 Aus der vorherigen Betrachtung heraus wäre zu vermuten, dass Transaktionskosten (bei gegebenem Produktionsniveau) immer minimiert werden sollten. Dies ist aber nicht der Fall. Mit jeder Vermeidung von Transaktionskosten erhöht sich nämlich auch die Unsicherheit. Notwendige Information wird nicht herbeigeholt. Nicht die Minimierung von Transaktionskosten ist das Ziel, denn es wird ja für etwas bezahlt, was für den Gewinn oder Nutzen eines Wirtschaftssubjektes relevant ist.

115 Eine Folgerung hieraus ist, dass hohe Informationskosten Preisdifferentiale mit sich bringen.
Dies gilt selbst bei ansonsten homogenen Produkten. Marktteilnehmer verzichten darauf, nach dem günstigsten Marktpreis zu suchen und vermeiden Suchkosten durch die Wahl eines Gutes mit angemessenem Preisniveau. So kann aus der Existenz von hohen Preisdifferenzen in einem Markt daraus geschlossen werden, dass die Informationskosten sehr hoch sind.

116 Unternehmerisches Ziel muss also die Optimierung von Transaktionskosten sein.
Der Ertrag aus der Investition in Information muss gegen die anfallenden Kosten gegen gerechnet werden. Es existiert aber ein ökonomisches Grundproblem mit dem Gut „Information“. Seine Qualität kann nämlich erst nach dem Kauf derselbigen eingeschätzt werden. Dies wird als fundamentales Paradoxon der Information bezeichnet.

117 Um beim Verkauf einer Information die Gegenseite von ihrem Wert zu überzeugen, muss diese selbst offenbart werden, was diese letztlich für den Anbieter entwertet. Versucht z.B. ein Entdecker einer neuen gentechnisch hergestellten Obstsorte Kreditgeber oder Investoren von dem Produkt zu überzeugen, so müsste er die Eignung mit etlichen Tests von unabhängigen Fachleuten beurteilen lassen. Ist das Produkt z.B. resistent gegenüber Schädlingsbefall, ohne gesundheitliche Nebenwirkungen?

118 Dies gelingt ihm nur, wenn er den gentechnischen Code selbst offenbart.
Dann brauchen die Investoren aber nicht mehr den Forscher selbst. Versucht ein Insider einen Aktientip zu verkaufen, so ist für den Nachfrager die Information wertlos, so lange er nicht ihre Qualität beurteilen kann, z.B. durch Beibringung von Unterlagen. Liegen diese aber vor, so ist der Insider nutzlos geworden für den Nachfrager der Information.

119 Information unterscheidet sich insofern von anderen Gütern.
Fehlende Information wird insbesondere da zu einem Problem, wo asymmetrische Information vorliegt, d.h. eine Seite ist bei einem Vertragsschluss besser informiert als die Gegenseite. Wir wollen uns hier insbesondere dem Problem der asymmetrischen Information vor dem Vertragsschluss zuwenden.

120 Solche asymmetrische Information ergibt sich, wenn Suchkosten und Informationskosten prohibitiv hoch sind. So ist u.U. der Käufer nicht hinreichend über die Qualität eines Produktes informiert, oder ein Arbeitgeber ist nicht informiert über die Leistungsfähigkeit eines Stellenbewerbers. Ein klassisches Beispiel stammt von Akerlof (1970) und bezieht sich auf den Gebrauchtwagenmarkt. 2005: Ende 4. Vorlesung!

121 Akerlof beschreibt den „market for lemons“, wobei „lemons“ die Bezeichnung für qualitativ schlechte Autos ist. Für den Gebrauchtwagenmarkt ist es plausibel anzunehmen, dass verschiedene Qualitäten von Autos existieren. Nehmen wir an, der Parameter q bezeichne die Qualität und sei gleichmäßig zwischen 0 und 1 verteilt. Für Käufer sei nun die Zahlungsbereitschaft abhängig von der Qualität gemäß pq=3/2·q.

122 Demgegenüber sei der Preis, den die Anbieter mindestens verlangen, ebenfalls abhängig von der Qualität, und zwar pq=q. Sollten beide Seiten die Qualität des jeweiligen Autos beobachten können, so würde sich für jede Qualität ein Austausch lohnen. Ist hinreichend Nachfrage vorhanden und können die Anbieter den höheren Preis durchsetzen, so sollte sich der Preis pq=3/2q ergeben. 2006: Ende 4. Vorlesung!

123 Die Beurteilung der Qualität ist aber in der Praxis schwierig.
Käufer sind hier gegenüber den Verkäufern, die ihr Fahrzeug gut kennen, im Nachteil. Sie können evtl. beobachten, wie die durchschnittliche Qualität ist, nicht aber die jeweilige Qualität des Autos, das sie kaufen wollen Sie kennen dabei das Angebotsverhalten und können hieraus Rückschlüsse auf die durchschnittliche Qualität ziehen. Werden alle Autos (0<q<1) am Markt angeboten, so ist die durchschnittliche Qualität, , gerade 1/2.

124 Der Preis, den die risikoneutralen Nachfrager bereit sind zu zahlen, wäre also:
Zu diesem Preis sind aber nicht mehr alle Anbieter bereit, ihr Auto zu verkaufen. Die qualitativ besten Autos verschwinden vom Markt. Die durchschnittliche Qualität verringert sich. Hierdurch vermindert sich aber wiederum die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager.

125 Die Anbieter werden hierfür den Preis p=q* verlangen.
Wir können das Gleichgewicht bestimmen, indem wir antizipieren, dass die Anbieter nur diejenigen Qualitäten anbieten, für welche gilt: Es sei nun q* die beste Qualität, die gerade noch am Markt gehandelt wird. Die Anbieter werden hierfür den Preis p=q* verlangen. Die durchschnittliche Qualität ist dann q*/2. Wg. Pq=q werden nur diejenigen Qualitäten angeboten, welche schlechter (oder genau so gut) sind wie die Preis. Für den Preis gilt aber pq (quer).

126 Dies wiederum bewirkt, dass die Nachfrager folgenden Preis bereit sind zu bezahlen:
Da also die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager geringer ist als diejenige der Anbieter, wird diese Qualität gar nicht gehandelt. Die einzige Qualität, für welche der Angebotspreis gerade der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager entspricht, ergibt sich bei q*=0. Der Markt für Gebrauchtwagen bricht also zusammen.

127 Ein solcher Zusammenbruch ist sicherlich ein besonders krasses Ergebnis. Wir könnten uns vorstellen, dass es so weit nicht kommen muss. In jedem Fall bleibt der Austausch ineffizient. Dies lässt sich folgendermaßen begründen: Das marginale Auto, welches gerade noch von den Anbietern am Markt angeboten wird, wäre eines mit einer relativ hohen Qualität. Für die Anbieter lohnt es sich nämlich immer, die schlechteren Autos anzubieten.

128 Die durchschnittliche, vom Nachfrager beobachtete Qualität wäre daher geringer als diejenige des marginalen Autos. Ein Kauf kommt aufgrund dieses Informationsnachteils nur dann zustande, wenn der Nachfrager bereit ist, eine Prämie zu zahlen. Der Wert des marginalen Autos muss höher für den Nachfrager als für den Anbieter sein. Dies impliziert nun aber, dass solche Autos, welche von beiden gleichermaßen wertvoll beurteilt werden, nicht ausgetauscht werden. Für effiziente Märkte wäre aber gerade dies notwendig.

129 Allgemeiner lässt sich dieser Zusammenhang folgendermaßen ausdrücken:
Die Nachfrage nach gebrauchten Autos sei bestimmt durch den Preis p und die durchschnittliche Qualität q gemäß D=D(p,q), Dp<0, Dq>0. Das Angebot hängt dagegen nur vom Preis ab: S=S(p), Sp>0. Bei einer höheren dem Anbieter bekannten Qualität wird er sein Angebot vom Markt zurückziehen, sofern der Preis nicht hinreichend groß ist.

130 Das Verhalten der Anbieter bewirkt, dass die Qualität positiv vom Preis abhängt: q=q(p), qp>0.
Ein sinkender Preis wird somit die Qualität verringern. Bei einem niedrigen Preis werden also nur die geringen Qualitäten am Markt gehandelt werden.

131 Im Gleichgewicht sollte das Angebot der Nachfrage entsprechen: S(p)=D(p, q(p)).
Um die Steigung der Nachfragekurve zu bestimmen, müssen wir das totale Differential bilden: dD/dp=¶D/¶p+¶D/¶q·¶q/¶p. Da der zweite Term positiv ist, kann auch die Steigung insgesamt positiv werden. Denkbar wäre, dass die Nachfragekurve mit steigendem Preisniveau in einem p/D-Diagramm zuerst ansteigt und dann sinkt.

132 Stabiles Gleichgewicht D‘
p S D Stabiles Gleichgewicht D‘ D‘ ergäbe sich bei homogener Qualität, d.h. durch einen niedrigen Preis werden homogene Angebote vom Markt verdrängt, nicht aber nur die guten Qualitäten. Instabiles Gleichgewicht X

133 Im Falle einer gleichbleibenden Qualität ergäbe sich die Nachfragekurve D‘.
Ein sinkender Preis bewirkt aber, dass die Anbieter der guten Qualität sich vom Markt zurückziehen. Dies reduziert die durchschnittliche Qualität. Die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager sinkt daher und im Gleichgewicht stellt sich ein geringeres Preisniveau ein. Hierbei kann sich ein multiples Gleichgewicht einstellen. Sofern der Preis hinreichend stark gesunken ist, bricht der Markt zusammen.

134 In einem Markt mit asymmetrischer Information kann sich im Falle von Preissetzerverhalten auch eine Rationierung einstellen. Nehmen wir an, in einem Markt seien einige Nachfrager nicht solvent. Sie kaufen das Produkt zu jedem beliebigen Preis, da sie das Gut mit ungedeckten Schecks bezahlen oder nach Lieferung Insolvenz anmelden. Bei der Wahl eines Preises wird eine Firma nicht nur die Produktionskosten berücksichtigen sondern auch den Zahlungsausfall.

135 Je höher dabei der geforderte Preis, desto größer ist der Anteil der Nachfrager, welche die Zahlung schuldig bleiben. Ein Produzent fürchtet hierbei also, durch die Wahl eines zu hohen Preises die „guten“ Nachfrager vom Markt zu verdrängen, so dass verstärkt die insolventen Nachfrager dort verbleiben. Statt eines markträumenden Preises könnte es sich daher lohnen, einen geringeren Preis zu verlangen. Die Nachfrage wird dann nur anteilig bedient, wodurch auch einige der insolventen Nachfrager leer ausgehen.

136 Der Preis hat somit neben der Herstellung von Marktgleichgewicht eine zusätzliche Aufgabe: Er dient als Qualitätssignal. Wenn aber der Preis als ein solches Signal fungiert, so kann er u.U. nur unvollständig seiner Aufgabe nachkommen, das Marktgleichgewicht herzustellen. In den genannten Beispielen ergibt sich das Problem der adversen Selektion (adverse selection). Für adverse Selektion gibt es viele relevante Anwendungen.

137 Der Kreditmarkt Diejenigen Kreditnehmer, welche bereit sind, hohe Zinsen zu bezahlen, sind evtl. diejenigen, welche die riskantesten Investitionen durchführen wollen. Für Banken würde es sich dann nicht lohnen, die Zinsen auf ein markträumendes Niveau zu heben. Stattdessen profitieren Banken durch niedrige Zinsen davon, weniger riskante Kreditnehmer in ihrem Kundenstamm zu haben.

138 Die Theorie der Effizienzlöhne
Effizienzlöhne sind Löhne oberhalb des markträumenden Lohnes. Ein Überschussangebot an Arbeit wird also nicht durch sinkende Löhne ausgeglichen. Die Theorie der Effizienzlöhne besagt, dass die zusätzlichen Kosten hierfür für die Firmen von dem gestiegenen Gewinn überkompensiert werden.

139 Die Gründe für eine erhöhte Produktivität sind vielfältig
Die Gründe für eine erhöhte Produktivität sind vielfältig. Neben einer besseren Ernährung und geringerer Fluktuation von Arbeitskräften sind zu erwähnen: Bei höheren Löhnen werden sich auch hoch qualifizierte Bewerber um eine Anstellung bemühen. Die Firma kann oftmals nicht genau die Qualität einzelner Bewerber einschätzen. Die durchschnittliche Qualität der Bewerber steigt bei höheren Löhnen.

140 Ein weiteres Argument geht auf das später zu behandelnde moralische Wagnis ein (moral hazard). Höhere Löhne motivieren Arbeiter, einen höheren Arbeitseinsatz für die Firma zu leisten. Eine Firma kann oftmals nicht den Arbeitseinsatz einer Arbeitskraft messen. Wird ein Fehlverhalten entdeckt, so wäre die Kündigung ohne Sanktion, da eine vergleichbare Arbeit sofort verfügbar wäre. Bei Bezahlung eines Effizienzlohnes wird die Kündigung hingegen kostspielig. Es droht die Arbeitslosigkeit oder ein geringerer Lohn. Zuletzt wäre auch zu erwähnen, dass eine intrinsische Motivation entstehen könnte: auch dort der Firma zu dienen, wo dies nicht unmittelbar von Vorgesetzten beobachtet und honoriert wird.

141 Brant Parker and Johnny Hart, 3. Dezember 2006
Kleiner Wink mit dem Zaunpfahl: Nach einer Stunde, einem verdienten Dollar und schlechter Leistung wird er gefeuert! Brant Parker and Johnny Hart, 3. Dezember 2006

142 Es gibt nun verschiedene Lösungsmöglichkeiten, um adverse Selektion zu vermeiden.
„Vertrauen“ in die Ehrlichkeit anderer ist hierbei ein wichtiges Kriterium. Vertrauen bedarf aber entsprechender Investitionen, damit es einen rationalen Beobachter überzeugt. Vertrauen kann nur durch Umwege erworben werden, durch Garantien, Reputation, Diplome oder Lizenzen, welche durch jemanden mit hoher Reputation ausgegeben werden.

143 Die Etablierung und Kultivierung solcher institutioneller Arrangements kostet Zeit und Geld, aber gerade die Höhe dieser Ausgaben signalisiert dem Uninformierten die Qualität des Signals. Die Glaubwürdigkeit des so ausgesendeten Signals erhöht sich mit den Kosten seiner Erstellung.

144 So wäre es z.B. denkbar, dass nur hoch Qualifizierte ein Universitätsstudium einigermaßen mühelos auf sich nehmen können. Unabhängig davon, was diese dort dann erlernen, könnte der Abschluss als Signal für die Leistungsfähigkeit gelten. Das Angebot einer Produktgarantie könnte kostspielig für die Verkäufer von lemons sein. Die Verkäufer einer guten Qualität könnten sich dies hingegen leisten und würden durch ihre diesbezügliche Bereitschaft ein Signal aussenden.

145 Investitionen in brand-name capital stellen ein weiteres Signal dar.
Die teuren Ausgaben lohnen sich evtl. nur langfristig, wenn die Kunden auch nach langer Benutzung immer noch das Produkt weiterempfehlen. Für eine hit-and-run Strategie sind diese Ausgaben zu hoch. Insofern dienen sie als Signal einer Entscheidung für eine langfristige Strategie.

146 Neben solchen Signalen kann eine schlecht informierte Marktseite versuchen, die Gegenseite an den Risiken einer Transaktion zu beteiligen. Solche Strategien werden in den folgenden Abschnitten näher analysiert.

147 Abschnitt 5: Adverse Selektion auf dem Versicherungsmarkt
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 5: Adverse Selektion auf dem Versicherungsmarkt 2006 und 2005: Ende 5. Vorlesung! E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

148 Pflichtliteratur Ergänzende Literatur
Scherer, B. (1994), “Adverse Selektion auf dem Versicherungsmarkt”, WiSt, Zeitschrift für Wirtschaftswissenschaft, Heft 4, S Gravelle, H. und R. Rees (2004), Microeconomics, 3. Auflage, Prentice Hall, S ; Ergänzende Literatur Rothschild, M. und J. E. Stiglitz (1976), „Equilibrium in Competitive Insurance Markets: An Essay on the Economics of Imperfect Information“, Quarterly Journal of Economics Jg. 90, S

149 Versicherungsnehmer sind durch unterschiedliche Schadenswahrscheinlichkeiten gekennzeichnet und Versicherungen können diese Wahrscheinlichkeiten nicht oder nur unvollkommen einschätzen. Es herrscht diesbezüglich asymmetrische Information, wobei nur der Versicherungsnehmer sein Risiko kennt, die Versicherung hingegen nur das durchschnittliche Risiko beobachten kann. Die resultierenden Marktergebnissen sollten im Folgenden formal hergeleitet werden.

150 Es seien zwei Umweltzustände s1 und s2 gegeben.
In s1 besitzt das Wirtschaftssubjekt das Einkommen y1=y, während es in s2 zusätzlich einen Verlust in Höhe von L erleidet, also resultiert dort das Einkommen y2=y-L. Es kann nun eine Versicherung abgeschlossen werden, welche im Schadensfall den Betrag q auszahlt. Hierfür muss eine Prämie p (0<p<1) prozentual zu q gezahlt werden.

151 Das Einkommen beträgt dann: y1=y-pq (1) y2=y-L-pq+q=y-L+(1-p)q (2)
Dies lässt sich graphisch veranschaulichen: Sicherheitslinie (y2=y1; q=L) y2 -(1-p)/p A y-L 45° O y y1

152 Erhöht der Versicherte seine Schadensdeckung q, so findet ein Einkommenstransfer von y1 nach y2 statt. Löst man (1) nach q auf und setzt dies in (2) ein, so erhält man die Austauschbeziehung für Einkommen in s1 und s2, auch Budgetrestriktion genannt: y2=y-L+(1-p)(y-y1)/p (3) Durch Differentiation nach y1 ergibt sich die Steigung der Budgetrestriktion dy2/dy1=-(1-p)/p (4)

153 Welchen Zustand sollte ein Wirtschaftssubjekt nun anstreben?
Es seien (1-p) und p die Wahrscheinlichkeiten, dass s1 oder s2 eintreten. Diese Zustände sind im Rahmen einer Nutzenfunktion zu bewerten. Wir bilden dazu den Erwartungsnutzen. Dabei gewichtet man die Auszahlung jedes Umweltzustands mit der Wahrscheinlichkeit, dass dieser Zustand eintritt. Gewählt wird die Handlung, bei der die Summe der so gewichteten Auszahlungen am größten ist.

154 Für die „Auszahlung“ müssen wir aber zusätzlich unterstellen, dass die Individuen einen abnehmenden Grenznutzen des Geldes besitzen. Es gilt also U(y), U’>0, U’’<0. Den Erwartungsnutzen erhalten wir nun, indem wir den Nutzen der einzelnen Zustände i mit ihrer Wahrscheinlichkeit gewichten und aufsummieren: max EUi=max (åpi·U(yi)). Dieses Entscheidungskriterium geht auf John von Neumann und Oskar Morgenstern zurück. Diese konnten zeigen, dass der Erwartungsnutzen unter einfachen Annahmen ein geeignetes Kriterium ist.

155 Der abnehmende Grenznutzen in dieser Nutzenfunktion bewirkt, dass Unsicherheit den Erwartungsnutzen vermindert, das Wirtschaftssubjekt also risikoavers ist. Dies lässt sich dem konkaven Verlauf des Kurvenverlaufs entnehmen. Das Einkommensniveau markiert das sichere Einkommen (Sicherheitsäquivalent), welches den gleichen Nutzen stiftet wie das unsichere Einkommen aus y1 und y2.

156 U(y) U(y) U(y1) 1-p EU U(y2) p L y2 y1 y Die Differenz zwischen und dem durchschnittlichen Einkommen, , ist derjenige Betrag, welchen das Wirtschaftssubjekt bereit wäre, zur Vermeidung der Unsicherheit herzugeben.

157 Für unseren konkreten Fall gilt für den Erwartungsnutzen:
Für unseren konkreten Fall gilt für den Erwartungsnutzen: EU= (1-p)·U(y1)+p ·U(y2). (5) Dies gilt es zu maximieren. Wir können zur graphischen Veranschaulichung die Grenzrate der Substitution einer Indifferenzkurve ermitteln. Dazu bilden wir das totale Differential: (1-p)U’(y1)dy1+ pU’(y2)dy2=0  (6)

158 Je größer p, also je wahrscheinlicher der Schadensfall, um so flacher ist die Indifferenzkurve.
Dies bringt die hohe Bereitschaft zum Ausdruck, in s1 auf Einkommen zu verzichten um dies in s2 zur Verfügung zu haben. Wir können nun (4) und (6) gleichsetzen und erhalten als Optimalitätsbedingung: (7) Es gilt hier also, dass die Grenzrate der Substitution zwischen Einkommen in s1 und s2 im Optimum gerade dem Relativpreis für diesen Einkommenstransfer entsprechen muss.

159 Wir wollen nun den Begriff der „fairen“ Versicherungsprämie einführen.
Hierfür soll nämlich gelten, dass diese den Erwartungswert des Einkommens nicht ändert und daher kein Gewinn für die Versicherung entsteht. Das Einkommen ohne Versicherung ist (1-p)y+p(y-L)=y-pL. Das Einkommen mit Versicherung hingegen ist (1-p)(y-pq)+p(y-L+(1-p)q)=y-pL-q(p-p). Soll sich das erwartete Einkommen durch den Abschluss der Versicherung nicht ändern, so muss also gelten: p=p.

160 Der Gewinn der Versicherung wäre hier Null, da die Versicherung pq erhält und pq auszahlen muss.
Dies kann mit freiem Marktzutritt begründet werden, bei dem ein jeglicher Gewinn (p > p) sofort durch neue Anbieter erodiert wird. Berücksichtigen wir nun p=p in (7), so impliziert dies U’(y1)=U’(y2)  y1=y2. Ausgehend von einem Punkt ohne Versicherung (Punkt A) würde hier der Versicherte also vollen Versicherungsschutz wählen mit L=q.

161 Bei einer fairen Prämie wird also der Punkt E erreicht.
Sicherheitslinie (y2=y1; q=L) EU(p) y2 -(1-p)/p Ende 6. Vorlesung E -(1-p)/p B A y-L 45° O y y1

162 Hätten wir hingegen p>p, also eine unfaire Prämie bei welcher der Versicherer Gewinn erzielt, so würde dies U’(y1)<U’(y2) implizieren. Aufgrund des abnehmenden Grenznutzens ist dies nur bei y1>y2 möglich. In diesem Falle würde der Versicherte also nur eine Teildeckung wählen, also q<L, siehe Punkt B. Dieser Punkt B liegt unterhalb der Budgetgeraden, die durch E verläuft; das erwartete Einkommen des Versicherten ist dort also geringer. Dies impliziert, dass hierbei der Versicherungs-nehmer schlechter gestellt wird und die Versicherung entsprechend einen Gewinn macht.

163 Nehmen wir nun an, zwei Gruppen von Personen fragen am Markt eine Versicherung nach (z.B. eine Krankenversicherung). Diese Gruppen seien durch unterschiedliche Schadenswahrscheinlichkeiten gekennzeichnet. Eine Gruppe mit hohem Risiko ph und eine andere mit niedrigem Risiko pl; ph>pl. Der Anteil der hohen Risiken an der Population sei b. Für beide Gruppen sei dasselbe Anfangseinkommen y und dieselbe Schadenshöhe L gegeben.

164 Für das höhere Risiko ist die Indifferenzkurve flacher.
Dies bringt zum Ausdruck, dass für den wahrscheinlicheren Schadensfall eine erhöhte Einbuße beim Einkommen in s1 in Kauf genommen wird. Optimal wäre es nun, zwei unterschiedliche Tarife mit Volldeckung für beide Versicherungsgruppen anzubieten. Bei freiem Marktzutritt für Versicherungen wären diese beiden Tarife fair.

165 Für die Gruppe geringen Risikos ergibt sich der Punkt D, für die Gruppe hohen Risikos der Punkt B.
Il y2 -(1-pl)/pl Sicherheitslinie (y2=y1; q=L) Ih 2006: Ende 6. Vorlesung! D -(1-ph)/ph B A y-L 45° O y y1

166 Es ist aber plausibel anzunehmen, dass die Krankenversicherung unzureichend zwischen guten und schlechten Risiken unterscheiden kann. Die Versicherungsnehmer mit hohem Risiko haben keinen Anreiz, freiwillig die für sie gedachte Prämie zu wählen. Sie stellen sich besser im Punkt D. Es findet eine adverse Selektion statt; der Vertrag mit den guten Risiken wird auch von den schlechten Risiken in Anspruch genommen. Die Versicherung würde dabei Verluste erleiden.

167 Für die Versicherung gibt es nun zwei Lösungsmöglichkeiten:
Sie bietet einen gemeinsamen Tarif für beide Risikotypen an, so dass sie keinen Verlust macht, wenn beide diesen Tarif wählen (Pooling-Kontrakt). Sie bietet einen Tarif an, bei dem die beiden Typen freiwillig die für sie vorgesehenen Versicherungsverträge wählen (Separating-Kontrakt). Für ein Gleichgewicht ist dabei erforderlich, dass bei gegebenem Verhalten aller anderen Marktteilnehmer für keinen Akteur ein Anreiz mehr existiert, das eigene Verhalten zu ändern.

168 Pooling-Verträge Die Krankenversicherung wird eine Mischkalkulation vornehmen. Die durchschnittliche Schadenswahrscheinlichkeit sei pa=bph+(1-b)pl. Die betragsmäßige Steigung -(1-pa)/pa wird nun zwischen den beiden Steigungen für hohes und für geringes Risiko liegen. Auf dieser Geraden wird die Versicherung gerade einen Nullgewinn machen, vorausgesetzt, die beiden Risikogruppen wählen einen identischen Deckungsgrad.

169 Bei einem solchen Versicherungsvertrag wollen die guten Risiken keine Volldeckung haben. Sie streben stattdessen den Punkt F an. y2 -(1-pa)/pa D F B A 45° O y1

170 Würde eine Versicherung eine höhere Deckung anbieten, so würden sich nur die schlechten Risiken hierfür entscheiden; Konkurrenten würden mit F die guten Risiken attrahieren. Die Versicherung würde damit Verlust machen. Sie kann also keine höhere Deckung zulassen als in F und wird diesen Vertrag allen gemeinsam anbieten. Die hohen Risiken würden zwar nun eine höhere Deckung haben wollen, sie werden aber nicht diesbezüglich bei der Versicherung nachfragen, da sie sich sonst als schlechte Risiken offenbaren und von der Versicherung gänzlich abgelehnt werden.

171 Ein solcher Pooling-Vertrag kann aber keinen Bestand haben.
Ausgehend von F kann ein Versicherungs-unternehmen stets einen Kontrakt anbieten, der nur von den guten Risiken genommen wird und gleichzeitig dem Versicherungsunternehmen einen Gewinn beschert. Dies liegt daran, dass sich im Punkt F die Indifferenzkurven der beiden Risikogruppen schneiden. Alle Versicherungsverträge, die unter der Indifferenzkurve des schlechten Risikos, aber oberhalb der Indifferenzkurve des guten Risikos liegen, attrahieren nur die guten Risiken.

172 Dieser Bereich ist in der untenstehenden Graphik schraffiert.
y2 -(1-pa)/pa D F B A 45° O y1

173 Ein Vertrag innerhalb der schraffierten Fläche wäre profitabel, da
nur die guten Risiken diesen wählen und die schlechten bei F bleiben, und die Prämie höher ist als pl. Der Pooling-Vertrag kann deshalb keinen Bestand haben. Dies gilt für alle möglichen Punkte F, da dort immer die Indifferenzkurve der hohen Risiken flacher verläuft als diejenige für niedrige Risiken. Als Ergebnis können wir festhalten, dass das Gleichgewicht nicht durch einen Pooling-Kontrakt gekennzeichnet sein kann.

174 Separating-Verträge Für separierende Verträge muss gelten, dass keiner der Versicherung einen Verlust erbringen darf; ansonsten wird die Versicherung darauf verzichten, ihn anzubieten. Eine Quersubventionierung ist also nicht möglich. Andererseits wird bei freiem Marktzutritt kein Vertrag einen Gewinn erbringen können; es muss also für jeden Vertrag eine faire Prämie genommen werden und ein Nullgewinn resultieren. Die guten und die schlechten Risiken müssen freiwillig die für sie vorgesehenen Verträge wählen. 2005: Ende 6. Vorlesung!

175 Ein solches Paar von separierenden Verträgen ist in der folgenden Graphik mit B und H gegeben.
y2 D B H A 45° O y1

176 Jede Risikogruppe wählt freiwillig den für sie vorgesehenen Vertrag.
Die niedrigen Risiken stellen sich in H besser als in B. Die hohen Risiken sind gerade indifferent zwischen B und H; wir nehmen an, sie wählen dann B. Hierzu könnten wir hilfsweise unterstellen, dass H infinitesimal schlechter ist (und auf der Budgetgeraden nach rechts unten infinitesimal verschoben ist).

177 Die schlechten Risiken erhalten nun eine Volldeckung.
Die guten Risiken erhalten eine günstigere, für sie faire Prämie, allerdings diese nur bei einer Teildeckung. Die Separierung erfolgt, weil die Teildeckung zu unattraktiv für die hohen Risiken ist. Nur die guten Risiken sind bereit, einen großen Teil des Risikos zu übernehmen.

178 Nun hat aber unter Umständen auch das Separating-Gleichgewicht keinen Bestand.
Es darf keinen anderen Vertrag geben, der jetzt profitabler wäre. Es gibt sicherlich keinen anderen profitablen separierenden Vertrag. Die hohen Risiken haben bereits ein (faires) Optimum erreicht. Ihre Position zu verschlechtern würde die Anreizkompatibilität auch weiter verschärfen. Es muss daher B angeboten werden.

179 Für die niedrigen Risiken wird aber auch kein besserer Punkt gefunden werden, der gleichzeitig fair und anreizkompatibel ist. Es könnte aber ein Pooling-Vertrag angeboten werden, der für alle Versicherungsnehmer attraktiver ist. Ob ein solcher Vertrag profitabel ist, hängt von dem Anteil schlechter Risiken ab. Sollten die schlechten Risiken selten sein, so verläuft die Budgetgerade eines Pooling-Vertrages steil.

180 Der Pooling-Vertrag kann dann für beide Risikogruppen günstiger ist.
-(1-pa)/pa y2 D F B H A 45° O y1

181 Die Pooling-Lösung ist hier mit dem Punkt F gekennzeichnet.
Nun wissen wir aber bereits, dass ein solcher Pooling-Vertrag nicht die Lösung sein kann, da es hierbei immer die Möglichkeit gibt, die guten Risiken herauszulösen. Ergebnis: Wenn ein Gleichgewicht existiert, muss es ein separierendes Gleichgewicht sein, bei dem die schlechten Risiken Volldeckung und die guten Risiken Teildeckung zu jeweils fairen Prämien erhalten. Für den Fall, dass nur wenige schlechte Risiken vorhanden sind, existiert kein Gleichgewicht.

182 Die Ergebnisse für den Versicherungsmarkt können auf andere Märkte übertragen werden.
Sucht eine Firma beispielsweise neue Mitarbeiter, so mag es hier effiziente und weniger effiziente geben. Die Firma kann dadurch separieren, dass sie risikobehaftete Anreizverträge bietet, für welche sich nur die effizienten Mitarbeiter entscheiden werden. Alternativ wird die Firma beiden Gruppen einen durchschnittlichen Lohn anbieten. Hier droht aber, dass effiziente Mitarbeiter sich von den Anreizverträgen der Konkurrenten abwerben lassen.

183 Abschnitt 6: Moral Hazard auf dem Versicherungsmarkt
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 6: Moral Hazard auf dem Versicherungsmarkt Ende 7. Vorlesung E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

184 Pflichtliteratur Gravelle, H. und R. Rees (2004), Microeconomics, 3. Auflage, Prentice Hall, S Zweifel, P. und R. Eisen (2000), Versicherungsökonomie, Springer, Berlin, Kapitel 7.2.

185 Wir hatten bisher ein Informationsdefizit bei den Such- und Informationskosten behandelt.
Wir sprechen dabei auch von ex ante asymmetrischer Information: Das Problem der asymmetrischen Information besteht vor Vertragsschluss. Da hierbei u.U. eine Seite eines Tausches besser informiert ist, kommt es dann zu adverser Selektion.

186 Es kann nun aber auch ein Informationsmangel in Bezug auf die spätere Durchsetzung eines Vertrages herrschen. Zur Durchsetzung ist es notwendig, die Vertragserfüllung zu messen und zu überwachen. Sind die Kosten der Informationsbeschaffung zu hoch so wird auf die Information verzichtet. Evtl. sind notwendige Informationen gar nicht zu erhalten. Sofern die andere Seite besser informiert ist resultiert ex post asymmetrische Information.

187 Der Arbeitseinsatz ist beispielsweise für den Arbeitenden überschaubar, nicht aber unbedingt auch für den Arbeitgeber. Die asymmetrische Information bezieht sich dann darauf, dass bestimmte Aktionen und Informationen nach Vertragsschluss geheim gehalten werden können. Bei verborgener Information bezüglich der Aktionen eines Vertragspartners sprechen wir auch von hidden action. Sind hingegen sonstige Informationen einer Seite nicht zugänglich, so sprechen wir von hidden information.

188 Im Gegensatz zu hidden action sind bei hidden information nicht Aktionen eines Vertragspartners unbekannt, sondern Umweltzustände oder sonstige Einflussgrößen. Was hier droht, ist moral hazard, also ein moralisches Wagnis. Hiermit wird zum Ausdruck gebracht, dass die uninformierte Seite auf die korrekte Ausführung des Vertrages durch die besser informierte Seite hoffen mag, hierbei aber riskiert, dass die Moral dieser Seite unzureichend dafür ist.

189 Aus Sicht eines nutzenmaximierenden Individuums ist der Begriff moral hazard etwas irreführend: Es lohnt sich ja immer, einen Vorteil zu bekommen und die Hoffnung auf moralisches Verhalten wäre immer trügerisch. Manchmal wird der Begriff hidden information auch mit adverser Selektion in Verbindung gebracht. Hierbei fehlt ja auch einer Seite eine bestimmte Information. Zumeist wird aber bei adverser Selektion zur besseren Abgrenzung der Begriff hidden characteristics verwendet. Hiermit wird der ex ante Charakter des Informationsdefizits deutlicher.

190 Die Abgrenzung zwischen adverse selection und moral hazard ist zwar in der Theorie eindeutig, da die Informationsasymmetrie beim ersten Fall vor Vertragsschluss und beim zweiten Fall danach auftritt. In der Praxis mag dies aber nicht immer einfach zu trennen sein. Ist z.B. ein Raucher eine Person, die mit einer ungünstigen Eigenschaft vor Versicherungsbeginn ausgewiesen ist, oder aber jemand, der nach Versicherungsbeginn sich für eine gesundheitsgefährdende Lebensweise entscheidet?

191 Oder ist ein Risikosportler jemand, der durch das Charakteristikum der Risikoneigung a priori ausgewiesen ist oder jemand, der nach Versicherungsbeginn übermäßig sein Risiko erhöht? Wie immer diese Frage auch in der praktischen Anwendung beantwortet wird, hier wollen wir unterstellen, dass bei moral hazard ein bestimmtes Risiko nach Vertragsschluss durch aktives Zutun des Versicherten vermieden werden kann.

192 Eine anschauliche Illustration für moral hazard kann erneut dem Versicherungsmarkt entnommen werden.
Nach Vertragsabschluss wird sich hierbei das Verhalten des Versicherten ändern. Zwei Varianten wären hierbei denkbar: Der Versicherte lässt weniger Vorsicht walten, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit des Schadensfalls erhöht. Der Versicherte wendet zu geringe Mühe auf, den Schadensfall in seinen Kosten zu begrenzen.

193 Ad 1) Die erste Variante wird auch ex ante moral hazard genannt
Ad 1) Die erste Variante wird auch ex ante moral hazard genannt. Zum Beispiel lässt man weniger Vorsicht walten für ein Vollkasko versichertes Auto, parkt auch in dunklen Ecken und sperrt es nicht ab. Oder als Krankenversicherter führt man einen riskanten Lebensstil, betreibt Gleitschirmfliegen und fährt steile Abfahrten mit dem Snowboard.

194 Ad 2) Die zweite Variante wird auch ex post moral hazard genannt (bezogen auf den Zeitpunkt des Schadensfalls). Beispielsweise könnte der Lackschaden am Auto nur eine geringe Nutzeneinbuße bewirken, aber man lässt ihn dennoch für viel Geld beseitigen, da die Versicherung dies bezahlt. Oder man bezieht teure Medikamente, deren Preis über dem Wert des individuellen Nutzens liegt.

195 Würde die Versicherung hierbei das individuelle Verhalten beobachten können, so würde sie die entsprechenden Tarife hieran binden. Da das Verhalten aber nicht zu beobachten ist, verursacht die entsprechende Person einen externen Effekt für alle anderen Versicherungsnehmer, da die Kosten des Versicherungspools für alle steigen. Wir werden im folgenden die Variante 1 analysieren. Wir unterstellen hierbei, dass ein Versicherter durch entsprechende Aufwendungen das Risiko des Schadensfalles reduzieren kann; es droht hierbei also ex ante moral hazard. 2006: Ende 7. Vorlesung!

196 Wir verwenden das Modell aus Abschnitt 5, wobei die Versicherten Prävention in Höhe von a betreiben.
Wird keine Prävention durchgeführt, so gilt a=a0=0. Im Falle von Prävention gilt a=a1>0. Die Schadenswahrscheinlichkeit ist dann als Folge hoch oder niedrig, ph>pl. Das Einkommen ohne Schaden ist dann y1=y-a-pq. Im Schadensfalle gilt y2=y-L-a-pq+q.

197 Das Einkommen ohne Prävention ist in beiden Umweltzuständen größer als bei Durchführung der Prävention. Trotzdem kann das Nutzenniveau ohne Prävention niedriger sein. Dies kann anhand einer Graphik gezeigt werden. Es sind nun zwei verschiedene Ausgangssituationen möglich, eine mit Prävention und eine ohne Prävention. Die Verbindungslinie zwischen A und C ist eine 45°-Diagonale.

198 y2 y-L A y-L-a1 C 45° O y-a1 y y1

199 Frage: Wie können für ein Individuum zwei verschiedene Indifferenzkurvenscharen existieren, wobei sich einzelne Kurven schneiden? Antwort: Durch den Kauf von Substituten oder Komplementen verändern sich die Präferenzen eines Gutes. So steigt nach Kauf eines Fahrrads die Präferenz für Fahrradwege, da diese beiden Güter Komplemente sind. Hier im Beispiel sind Versicherung und Prävention Substitute, so dass nach Kauf des Gutes Prävention die Präferenz für Versicherung sinkt.

200 Auf der Sicherheitslinie markieren Indifferenzkurven der beiden Indifferenzkurvenscharen jeweils das gleiche Nutzenniveau. Dies liegt daran, dass hier das Nutzenniveau unabhängig ist von den Schadenswahrscheinlichkeiten. Aufgrund der unterschiedlichen Steigung der Indifferenzkurven kann der Punkt C ein höheres Nutzenniveau kennzeichnen als der Punkt A.

201 Das Einkommen ohne Versicherung ist (1-p)(y-a)+p(y-L-a)=y-a-pL.
Eine faire Prämie impliziert ja bekanntlich ein durch Versicherungsabschluss unverändertes, erwartetes Einkommen. Das Einkommen ohne Versicherung ist (1-p)(y-a)+p(y-L-a)=y-a-pL. Das Einkommen mit Versicherung hingegen ist (1-p)(y-a-pq)+p(y-L-a+(1-p)q) =y-a-pL-q(p-p). Soll sich das erwartete Einkommen durch den Abschluss der Versicherung nicht ändern, so muss also wie bisher gelten: p = p. Dies gilt sowohl jeweils für die guten als auch die schlechten Risiken, die keine Prävention betreiben. 2005: Ende 7. Vorlesung!

202 Im Falle vollständiger Information beobachtet die Versicherung den Umfang der Prävention und kann unterschiedliche Prämien anbieten. Die Wahl für die Versicherungsnehmer lässt sich graphisch darstellen. Im Falle der Prävention ist die Steigung der Budgetgeraden und der Indifferenzkurve höher, da ph>pl und daher eine faire Prämie im Falle der Prävention niedriger ausfällt.

203 Sofern die Versicherung die Durchführung von Prävention beobachten kann, bietet sie zwei verschiedene Kontrakte an, D und E. y2 E D y-L A y-L-a1 C 45° O y-a1 y y1

204 Der Versicherungsnehmer wird sich hierbei für E entscheiden
Der Versicherungsnehmer wird sich hierbei für E entscheiden. Er wählt dort Vollversicherung und erreicht ein zu D höheres Erwartungsnutzenniveau. Für den Fall, dass E schlechter ist als D (links unterhalb), würde sich kein moral hazard einstellen. Vielmehr wäre die Prävention zu teuer und es wäre für alle rational, diese zu unterlassen. Was passiert nun, wenn die Versicherung das Präventionsverhalten des Einzelnen nicht beobachten kann?

205 Nehmen wir an, die Versicherung wäre naiv und würde an die Durchführung der Prävention glauben.
Sie würde in diesem Fall die Prämie p=pl und den Punkt E auf der steilen Geraden erwarten. Es lohnt sich nun aber für die Versicherungsnehmer, auf Prävention zu verzichten. Optimal wäre dabei für sie der Punkt G. Hier wäre der Versicherungsnehmer überversichert. Dabei würde der Versicherungsnehmer aber eine Deckung verlangen, die ihn enttarnen würde als jemanden, der keine Prävention betreibt.

206 Der Versicherungsnehmer will seine Enttarnung vermeiden und wählt daher den Punkt F.
y2 G F E D y-L A y-L-a1 C 45° O y-a1 y y1

207 Der Versicherungsnehmer tut so, als würde er sich von C nach E bewegen.
Bei Vermeidung der Prävention ist dies tatsächlich eine Bewegung von A nach F. Den Unterschied dieser Punkte kann die Versicherung dabei wegen hidden action nicht beobachten. Wir haben einen nicht zu beobachtenden Rückgang der Prävention, also moral hazard.

208 Dies kann aber nun kein Gleichgewicht sein, da die Versicherung Verluste erleidet.
Es gilt: p= pl < ph. Aufgrund dessen kann die Versicherung den für alle günstigen Vertrag nicht anbieten. Nur der Vertrag D kann zustande kommen. Durch den Informationsvorteil gegenüber der Versicherung stellt sich der Versicherungsnehmer letztlich schlechter.

209 Die Schlechterstellung durch einen Informationsvorsprung wirkt zunächst paradox.
Dieses paradoxe Ergebnis steht aber im Einklang mit alltäglicher Erfahrung. Wir vermeiden u.U. solche Geschäftspartner, die nicht glaubwürdig zusichern können, dass sie aus ihrem Informationsvorsprung keinen Vorteil ziehen werden.

210 Ein Banker, der nicht glaubwürdig die Unterlassung riskanter Anlagen zusagen kann, wird keine Einlagen bekommen. Der Erpresser, der nicht glaubwürdig die zukünftige Unterlassung seines Tuns nach Zahlung des Lösegeldes garantieren kann, wird erst gar kein Lösegeld erhalten. Der Diktator, der nicht glaubwürdig zusichern kann, den Investoren ihren Gewinn zu belassen, wird erst gar keine Investitionstätigkeit induzieren.

211 Wie könnte ein Vertrag aussehen, bei dem Investitionen in Prävention durchgeführt werden?
1) Anreizkompatibilität: Der einzelne Versicherte muss einen Anreiz haben, die im Vertrag vorgesehene Prävention auch zu leisten. 2) Nullgewinn: Bei Verlust würde die Versicherung den Vertrag nicht anbieten, bei Gewinn würde weiterer Wettbewerb auftreten. 3) Optimaler Vertrag (unter gegebenen Restriktionen): Der Erwartungsnutzen der Konsumenten muss maximiert werden. Ansonsten bestehen Anreize, Kunden durch andere Verträge abzuwerben.

212 Im Zentrum der Lösung steht hierbei, wie schon beim Separating-Gleichgewicht im Modell mit adverser Selektion, der Deckungsgrad q. Dieser muss richtig gewählt werden. Der Versicherte muss sich dabei besser stellen, wenn er bei gegebener Prämie und gegebenem Deckungsgrad Prävention betreibt. Für unsere Zwecke genügt es, wenn der Versicherte gerade indifferent ist zwischen Durchführung und Unterlassung der Prävention.

213 Eine solche Lösung lässt sich graphisch darstellen.
Die Versicherung offeriert einen Vertrag mit der günstigen Prämie pl, also mit dem steilen Verlauf. Hierbei ist jedoch keine Volldeckung möglich. Vielmehr wird nur eine Nettozahlung im Schadensfall i.H.v. JH gewährt, bei einer absoluten Prämienzahlung i.H.v. CH. Die Lösung ist also der Punkt J.

214 y2 F E M K J y-L A y-L-a1 H C 45° O y-a1 y y1

215 Der Versicherte ist im Punkt J gerade indifferent zwischen der Durchführung und Unterlassung der Prävention. Dies resultiert daraus, dass eine Bewegung um CH nach links und HJ nach oben zu Punkten führt (J und K), welche als nutzenäquivalent angesehen werden. Wie lässt sich das zeigen? Für den Fall der Prävention verläuft die Indifferenzkurve steiler, im Falle von fehlender Prävention verläuft sie flach. In der Graphik wurden die Punkte J und K dabei so gewählt, dass sich die Indifferenzkurven gerade auf der Sicherheitslinie schneiden.

216 Das impliziert, dass der Versicherte in beiden Fällen das gleiche Sicherheitsäquivalent hat und damit denselben Erwartungsnutzen. Deshalb ist die Bedingung 1), die Anreizkompatibilität, erfüllt. Ein höherer Deckungsgrad, wie im Punkt J‘, würde die Anreizkompatibilität zusammenbrechen lassen. Nullgewinn, Bedingung 2), wird auch erzielt. Alle Versicherten betreiben Prävention, deshalb reicht die Prämie p=pl. Bedingung 3), Optimalität, ist ebenfalls gegeben. Ein geringerer Deckungsgrad, wie im Punkt J‘‘, würde Wettbewerber auf den Markt rufen, die den Punkt J anbieten.

217 y2 E J‘ K‘ K J‘‘ K‘‘ J y-L A y-L-a1 C 45° O y-a1 y y1

218 Abschnitt 7: Moral-Hazard in einem Principal-Agent Modell
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 7: Moral-Hazard in einem Principal-Agent Modell E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

219 Pflichtliteratur Ergänzende Literatur
Furubotn und Richter (2005: ). Douma und Schreuder (2002: ). Posner, E. (2000), „Agency Models in Law and Economics”, Law & Economics Working Paper No. 92, The Law School, University of Chicago. Ergänzende Literatur Erlei, Leschke und Sauerland (1999: 74-76; ).

220 Eine Quelle von Problemen des moral hazard ist die Trennung von Eigentum und Management bzw. Eigentum und Kontrolle. Der Eigentümer ist dabei mit einem Manager konfrontiert, der unzureichend motiviert ist. Es droht, dass der Manager nach Vertragsabschluss unzureichenden Einsatz leistet oder schlecht mit dem anvertrauten Gut umgeht. Wir hatten bereits in Abschnitt 3 zu den Property Rights argumentiert, dass idealerweise der Kontrolleur der Eigentümer sein sollte.

221 Nun gibt es aber diverse Gründe, warum Eigentum und Kontrolle in der Praxis auseinander fallen.
Derjenige mit der besten Befähigung zur Kontrolle kann risikoavers sein oder Liquiditätsbegrenzungen ausgesetzt sein. Den Vorteilen der Trennung von Eigentum und Kontrolle stehen dann Ineffizienzen entgegen. Abgesehen von einem hohen Lohnsatz mag das Management z.B. weniger an Gewinnmaximierung als an einem hohen Budget mit schönen Büroräumen und Dienstwagen, vielen Angestellten, Prestige, Marktmacht, Freizeit o.ä. interessiert sein.

222 Der Manager hat hierbei einen Informationsvorsprung, da nur er übersehen kann, ob eine Investition den Gewinn oder diese anderen geldwerten Einkünfte steigert. Wie sollte in einem solchen Fall ein optimaler Vertrag zwischen Eigentümer und Manager aussehen? Hierzu soll ein einfaches, formales Principal-Agent Modell mit moral hazard vorgestellt werden.

223 Im Unterschied zu den vorherigen Modellen mit moral hazard liegt hierbei kein Wettbewerb auf Seiten des Prinzipals vor. Der Prinzipal ist vielmehr Monopolist, da er ausschließliche Nutzungsrechte an seinem Eigentum hat. Der Prinzipal kann dabei zwischen verschiedenen Agenten wählen oder einem einzelnen Agenten die Optionen des Vertrages diktieren. Es kann daher nicht, wie im Falle des moral hazard auf dem Versicherungsmarkt, die Nullgewinn-Restriktion aufgestellt werden; Gewinn wird ja nicht durch Wettbewerb eliminiert. 2006: Ende 8. Vorlesung!

224 Der Prinzipal ist der Eigentümer.
Der Gewinn Q (in € gemessen) hängt vom Einsatz e des Agenten (Managers) ab, Q=Q(e). Im deterministischen Fall ist die Gewinnhöhe nicht von stochastischen Elementen abhängig. Der Prinzipal kann hierbei nicht e beobachten. Da hier aber eine klare Beziehung zwischen Einsatz e und Output (Gewinn) Q vorliegt, kann der Prinzipal den Einsatz immer indirekt bestimmen. Daher liegt keine asymmetrische Information vor.

225 Sobald der Zusammenhang zwischen Gewinn Q und Einsatz e nicht mehr deterministischer Natur sondern stochastisch ist, ist es nun nicht mehr möglich, den Arbeitseinsatz indirekt herzuleiten. Ein exogener Umwelteinfluss (Schock), q, beeinflusst die Produktion gemäß: Q=e+q (1) Die Verteilung von q kann weder vom Prinzipal noch vom Agenten beeinflusst werden. Der Agent bestimmte hierbei seinen Einsatz e zuerst, danach bestimmte „die Natur“ das Ausmaß des Schocks.

226 Wir unterstellen, dass q eine normalverteilte Zufallsvariable ist mit Mittelwert Null und Varianz s2. Ferner unterstellen wir, dass der Prinzipal weder den Arbeitseinsatz des Agenten, e, noch den Schock, q, beobachten kann. Es liegt also asymmetrische Information zweierlei Art vor: hidden action, d.h. die Aktionen des Agenten sind dem Prinzipal unbekannt, und hidden information, d.h. nach Vertragsschluss auftretende Informationen sind dem Prinzipal unbekannt.

227 Die Sequenz der Aktionen lässt sich folgendermaßen darstellen:
2005: Ende 8. Vorlesung! A Einsatz N Schock Q Annehmen P Vertrag A Ablehnen

228 Der Einsatz e gehe mit subjektiv empfundenen Kosten, c, (auch in € gemessen) einher, gemäß: c=k/2·e (2) Hierbei gibt k>0 die Rate an, mit der ein Anstieg der Einsatzmenge die marginalen Kosten erhöht (c’=ke). Der Prinzipal möchte dem Agenten einen Lohnsatz, w, gemäß dem Arbeitseinsatz, e, bezahlen. Dies geht aber nicht, da dieser unbekannt ist. Er kann lediglich den Lohn entweder pauschal, r, oder in Abhängigkeit vom Gewinn, aQ, bestimmen: w=r+aQ (3)

229 Das um das Arbeitsleid korrigierte Einkommen des Agenten, A, beträgt dann A=w-c(e).
Mit (2) und (3) wird hieraus: A = r+aQ - k/2·e2 (4) Sofern wir Risikoneutralität annehmen, kann A als Nutzengröße interpretiert werden. Sofern wir Risikoaversion unterstellen, ist A keine Nutzengröße, sondern eine (um das Arbeitsleid korrigierte) Einkommensgröße.

230 Wir wollen also die Sklaverei ausschließen.
Wir nehmen an, dass der Agent nicht dazu gezwungen werden kann, den Vertrag anzunehmen. Wir wollen also die Sklaverei ausschließen. Er wird den Vertrag dabei nur dann akzeptieren, wenn dieser ein Mindestniveau an Nutzen, A0, erreicht. Dieses wird plausiblerweise durch seine nächstbeste alternative Beschäftigung bestimmt. Diese Teilnahmebedingung wird auch participation constraint (PC) genannt: E(A)  A0. Gemäß Gleichung (4) gilt dann mit E(Q)=e: r+ae - k/2·e2  A (5) Ende 9. Vorlesung!

231 Wir unterstellen der Einfachheit halber A0=0.
Die Teilnahmerestriktion (5) wird sicherlich bindend sein, da der Prinzipal dem Agenten möglichst wenig überlassen will. Also gilt: r= k/2·e2 –ae (6) Dies bedeutet, dass der Prinzipal dem Agenten im Falle einer Gewinnbeteiligung um so weniger Pauschaleinkommen bezahlen muss, um ihn zur Teilnahme zu bewegen.

232 Da das Einkommen von Prinzipal und Agent unsicher ist, spielt die Risikoneigung der beiden Akteure eine Rolle bei der Bestimmung des optimalen Vertrages. Sofern beide risikoneutral sind, ist die Lösung einfach. Der Prinzipal maximiert E(Q-w) und der Agent maximiert E(A). Der Prinzipal hat bei seiner Maximierung zu berücksichtigen, dass der Agent E(A) maximiert und gleichzeitig A0 nicht unterschritten werden darf.

233 Für das Kalkül des Agenten folgt folgende Funktion:
Für das Kalkül des Agenten folgt folgende Funktion: Maxe E(A)= r+aE(Q)-k/2·e2. Mit der Produktionsfunktion Q=e+q folgt hieraus Maxe E(A)= r+ae-k/2·e2. (7) Aus der ersten Ableitung folgt e=a/k. Die Bedingung zweiter Ordnung ist erfüllt. Diese Gleichung ist die Bedingung der Anreizkompatibilität (incentive constraint IC). Diese Gleichung gibt dabei die Antwort des Agenten auf den Anreizvertrag des Prinzipal wieder. Je größer die Gewinnbeteiligung, desto mehr Einsatz wird der Agent leisten.

234 Sofern der Prinzipal diese Reaktionsfunktion, IC, kennt, kann er versuchen, das Verhalten des Agenten durch einen entsprechenden Gewinnanteil a zu steuern. Für das Kalkül des Prinzipals gilt: Maxr,a E(Q-w)=E((1-a)Q)-r=(1-a)e-r, (8) mit den Nebenbedingungen e=a/k (IC) und r=-ae+k/2·e2. (PC) Einsetzen der PC erbringt: Maxa (1-a)e+ae-k/2·e2 = e-k/2·e2. Nun kann der Prinzipal nicht e, sondern nur a bestimmen. Wir müssen also IC einsetzen und erhalten: Maxa a/k-a2/(2k).

235 Aus der ersten Ableitung folgt nun 1/k-a/k=0.
Im Gewinnmaximum wird der Prinzipal daher einen Gewinnanteil i.H.v. a*=1 festsetzen. D.h. er wird die Verantwortung für die Produktion vollständig an den Agenten abtreten. Da er den Arbeitseinsatz nicht beobachten kann, ist es optimal, den einsatzabhängigen Gewinn vollständig an den Agenten zu delegieren. Der Agent wird das volle Risiko übernehmen und zum Bezieher des Residualeinkommens werden. Für den Arbeitseinsatz folgt gemäß IC: e*=1/k.

236 Hieraus ergibt sich ein erwarteter Bruttogewinn von E(Q)*=1/k.
Für das feste Einkommen r gilt im Optimum: r*=-ae+k/2·e2=-1/k+k/2·1/k2=-1/(2k). (9) Der Agent muss einen Betrag an den Prinzipal entrichten, damit er den vollen Gewinnanteil a=1 erhält. Statt einer Pauschalentlohnung an den Agenten muss dieser also eine Pauschalgebühr bezahlen. Dies entspricht einem franchise-Vertrag. Der erwartete Lohn im Optimum ist dann: Ew*=r*+a*EQ*=-1/(2k)+1·1/k=1/(2k). (10)

237 Der erwartete Lohnsatz des Agenten entspricht gerade dessen Arbeitsleid: c(e)=k/2·e2=1/(2k).
Das um das Arbeitsleid korrigierte Einkommen beträgt also gerade Null, was bereits durch die PC ausgedrückt wurde. Der erwartete Nettogewinn des Prinzipals ist: E(Q-w)*= 1/k-1/(2k)=1/(2k). (11) Der Agent erhält also 50% des Bruttogewinns als Kompensation für den Arbeitseinsatz, die andere Hälfte behält der Prinzipal. Es liegt ein perfekter Anreiz für einen optimalen Arbeitseinsatz vor. Hierbei hat der Agent einen optimalen Anreiz zur Produktion. Diese Lösung wird daher als first-best-Lösung bezeichnet. 2006: Ende 9. Vorlesung! Solche Anreize lassen sich natürlich in ähnlicher Form auch in ganz anderen Verträgen finden, auch in solchen, in denen kein klar messbarer Gewinn vorliegt. So wurde z.B. bei der Renovierung einer Brücke in Frankfurt am Main eine Vertragsstrafe für jeden Tag vorgesehen, mit dem der Fertigstellungstermin überschritten wurde (und eine entsprechende Belohnung für eine frühere Fertigstellung).

238 Eine solche Lösung mit e=1/k würde sich auch einstellen, wenn vollständige Information vorläge.
Bei vollständiger Information würde IC entfallen, da der Prinzipal e direkt steuern kann. Lösen wir Gleichungssystem (8) aber ohne IC, so ergibt sich ebenfalls e=1/k. Wir könnten dann keine Aussage mehr in Bezug auf a machen. Im Falle vollständiger Information könnte der Prinzipal nämlich den optimalen Arbeitseinsatz sowohl durch Zahlung eines gewinnabhängigen Anteils, als auch durch eine höhere Pauschalentlohnung erreichen. Er ist lediglich durch die PC gebunden.

239 Das bisherige Resultat unterstellte Risikoneutralität.
Eine realistischere Annahme ist, dass nur der Prinzipal risikoneutral ist, während der Agent risikoavers ist. Dies lässt sich u.a. damit begründen, dass der Manager einer Firma nur von dort Einkommen bezieht, während die Inhaber ihr Portfolio diversifiziert haben. Wir unterstellen für den Agenten die Maximierung einer von Neumann-Morgenstern Nutzenfunktion.

240 Um ferner eine einfache algebraische Funktion zu erhalten, unterstellen wir eine Funktion mit konstanter absoluter Risikoaversion (e ist hierbei die Eulersche Zahl): U(A)=-e-aA, a>0. (12) U A U(A)=-e-aA

241 Der Nutzen des Agenten aus seinem unsicheren Einkommen kann bestimmt werden durch das Sicherheitsäquivalent: C(A)=E(A)-R, R>0. (13) R ist die Risikoprämie. C(A) ist dabei nicht etwa das im Durchschnitt erwartete Einkommen, E(A), sondern das dem Erwartungsnutzen entsprechende sichere Einkommen, das Sicherheitsäquivalent. Die Prämie R ist gerade die Differenz aus dem erwarteten Einkommen, E(A), und dem Wert, den der Agent bereit wäre, hierfür zu bezahlen, also dem Sicherheitsäquivalent.

242 Für den besonderen Fall unserer gewählten Nutzenfunktion gilt:
Für den besonderen Fall unserer gewählten Nutzenfunktion gilt: R=a/2·a2s (14) Der Parameter a kennzeichnet das Ausmaß der Risikoaversion. Gleichung (14) soll hier nicht näher hergeleitet werden. Mit Hilfe von (4) und (13) folgt: C(A)=r+aE(Q)-k/2·e2-a/2·a2s2, und mit (1) folgt: C(A)=r+ae-k/2·e2-a/2·a2s2  (15)

243 Der Agent wird nun seinen erwarteten Nutzen maximieren:. Maxe
Der Agent wird nun seinen erwarteten Nutzen maximieren: Maxe C(A)=r+ae-k/2·e2-a/2·a2s2  (16) Aus der ersten Ableitung folgt nun erneut Gleichung (5): e=a/k. Diese Gleichung ist erneut die Bedingung der Anreizkompatibilität, IC. Zusätzlich hat sich nun aber die PC verändert. Der Agent darf durch die Teilnahme nicht schlechter gestellt werden, es gilt also C(A)0. Sofern diese Bedingung als bindend angenommen wird, impliziert dies: r=-ae+k/2·e2+a/2·a2s2.

244 Folgendes System ist also zu lösen: Maxr,a E(Q-w)=(1-a)e-r, (17)
Mit den Nebenbedingungen e=a/k (IC) und r=-ae+k/2·e2+a/2·a2s2. (PC) Im Vergleich zu dem vorherigen System (8) hat sich dabei nur PC geändert. In reduzierter Form lautet das System: Maxa E(Q-w)=(1-a)e+ae-k/2·e2-a/2·a2s =a/k-a2/(2k) -a/2·a2s2.

245 Der Gewinnanteil ist positiv, da kas2 >0.
Ableitung nach a erbringt als Bedingung erster Ordnung: 1/k-a/k -aas2=0. Der optimale Gewinnanteil lautet daher: 1-(1+kas2)a=0  a**=1/(1+kas2). (18) Es gilt 0 < a**<1. Der Gewinnanteil ist positiv, da kas2 >0. Da a** <1, muss der Agent nicht das gesamte Risiko übernehmen. Es findet also ein Vertrag mit Gewinnaufteilung statt (sharing contract). Ende 10. Vorlesung

246 Der im Gewinnmaximum resultierende Arbeitseinsatz ist:. e
Der im Gewinnmaximum resultierende Arbeitseinsatz ist: e** = 1/[k(1+kas2)] <1/k (19) Der Agent wird also weniger Einsatz leisten als im Fall mit sicherem Ausgang, Risikoneutralität oder symmetrischer Information. 2005: Ende 9. Vorlesung!

247 Eingesetzt für a**=1/(1+kas2) folgt: (20)
Der gewinnunabhängige Lohn beträgt nun gemäß PC: r =-ae+k/2·e2+a/2·a2s2 =-a2/k+a2/(2k) +a/2·a2s2 =a2/(2k)·[kas2-1]. Eingesetzt für a**=1/(1+kas2) folgt: (20) Es gilt hierbei r** >-1/(2k), wie sich leicht zeigen lässt. da (kas2-1)/2k(1+kas2)2 >-1/(2k)  kas2-1>-(1+kas2)2  kas2-1>-1-2kas2-k2a2s4  kas2>-2kas2-k2a2s4. Einem positiven Term links stehen rechts zwei negative Terme entgegen, q.e.d.

248 Der Prinzipal muss dem Agenten also einen höheren, gewinnunabhängigen Lohn bezahlen als im Fall mit symmetrischer Information oder Risikoneutralität. Für den Fall kas2-1>0 ist diese Zahlung positiv, also bei starker Risikoaversion (a), hoher Streuung des Risikos (s2) oder hinreichend großem Anstieg der marginalen Kosten des Einsatzes (k). In diesen Fällen ist der Gewinnanteil (a) entsprechend geringer. Der Einsatz e fällt dabei auch geringer aus, weil das Setzen von Anreizen hierbei zu kostspielig ist.

249 Diese Ergebnisse lassen sich auch graphisch darstellen.
1 1/2 kas2 1 r** 1 kas2 -1/2k

250 Wir sehen, dass a** mit steigender Risikoaversion, a, erhöhter Streuung des Risikos, s2, und größerem Grenzleid des Arbeitseinsatzes, k, abnimmt. Bei kas2=0 liegt Risikoneutralität vor, fehlende Schocks oder konstantes Grenzleid der Arbeit. In diesem Fall kann die first-best Lösung erreicht werden und es gilt a** =1. Für den Fall, dass kas2 =1, ergibt sich gerade a**=1/2. Während a** monoton fällt, ergibt sich zuerst ein Anstieg und dann ein Abfall für r**, die gewinnunabhängige Entlohnung.

251 Bei kas2 =0 wird erneut die first-best Lösung erreicht, d. h
Bei kas2 =0 wird erneut die first-best Lösung erreicht, d.h. eine franchise-Gebühr i.H.v. 1/2k muss der Agent an den Prinzipal entrichten. Bei kas2 =1 gilt, dass die gewinnunabhängige Entlohnung gerade gleich Null ist. Mit steigendem kas2 wird zunächst zunehmend die gewinnabhängige Entlohnung reduziert und dafür die gewinnunabhängige Entlohnung zur Kompensation hierfür angehoben. Dies gilt allerdings nur bis zu einem bestimmten Wert von kas2.

252 Wird dieser Wert überschritten, so sinken beide Anteile der Entlohnung.
Der Grund hierfür liegt darin, dass ein geringeres a** jeweils mit einem niedrigeren Einsatz e** einhergeht. Die gesamte Entlohnung w muss daher nicht mehr so groß ausfallen, um den Agenten noch zur Teilnahme zu bewegen. Aufgrund des niedrigeren Einsatzes e** geht insgesamt der Nettogewinn des Prinzipals zurück.

253 Aufgrund des Wohlfahrtsverlustes könnte der Prinzipal die Aufgabe des Agenten selbst übernehmen, z.B. indem er seine Firma selbst managed oder seinen Acker selbst bewirtschaftet. Er wird dies dann tun, wenn sein Arbeitslohn (bzw. die alternative Entlohnung) geringer ist als der Wohlfahrtsverlust und wenn er gleich qualifiziert für die Arbeit ist. Ist dies nicht der Fall, so wird er den Wohlfahrtsverlust in Kauf nehmen.

254 Ein Franchise-Vertrag ist als eine Zwischenlösung zwischen zwei extremen anzusehen: Markt (a=1) und Hierarchie (a=0). Hierbei überträgt ein Franchise-Geber das Recht, einen Geschäftsnamen zu verwenden sowie ein Produkt oder eine Dienstleistung zu veräußern an jemand anderen (Franchise-Nehmer). Ein Franchise-Vertrag spezifiziert üblicherweise die territorialen Rechte des Franchise-Nehmers, die Unterstützung des Franchise-Gebers (Training und Marketing) sowie fixe oder umsatzabhängige Zahlungen.

255 Solche Verträge finden sich typischerweise bei Fast-Food Restaurants, Hotels und Einzelhandel.
Solche Verträge sind dadurch motiviert, dass ein Prinzipal (der Franchise-Geber) nicht die Kapazitäten hat um lokale Niederlassungen selbst zu betreiben und Anreize für eine hohe Motivation gesetzt werden sollen. Ein Franchise-Geber muss allerdings die Produkt-Qualität genau kontrollieren, da ein Franchise-Nehmer sonst mit billigen Vorprodukten seinen Profit auf Kosten der Reputation des Franchise-Gebers steigern wird.

256 Während das Modell zu sehr genauen Resultaten führt, wird dessen praktische Anwendung teilweise bezweifelt. So wäre es z.B. denkbar, dass der Agent intrinsisch zu einer hohen Produktion motiviert ist. Ein solcher Effekt könnte gerade bei einer hohen gewinnunabhängigen Entlohnung entstehen. Der Zusammenhang zwischen Arbeitseinsatz und Entlohnung ist in der Praxis zumeist weniger stark ausgeprägt als vom Modell prognostiziert. Stattdessen werden oftmals andere Möglichkeiten zur Motivation gesucht, z.B. soziale Normen, Bräuche, professionelle Standesregeln oder ethische Forderungen gegenüber Agenten.

257 Neben der Möglichkeit des moral hazard könnte im Rahmen eines solchen Modells auch adverse Selektion behandelt werden. Der Unterscheid besteht darin, dass dann zuerst die Natur den Schock bestimmt (und z.B. die Produktivität eines Agenten festlegt) und diese Information dem Prinzipal bei der anschließenden Vertragsunterzeichnung nicht bekannt ist. Liegt ein positiver Schock seitens der Natur vor, so haben hierbei Agenten den Anreiz, dieses geheim zu halten, um nicht das volle Potential ihres Produktivvermögens dem Prinzipal zu offenbaren. Wir verzichten hier auf eine explizite Modellierung dieses Falls.

258 Abschnitt 8: Governancekostentheorie
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 8: Governancekostentheorie E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

259 Pflichtliteratur Ergänzende Literatur
Furubotn und Richter (2005: ). Erlei, Leschke und Sauerland (1999: ). Douma und Schreuder (2002: ). Ergänzende Literatur Williamson (1985: 32-38; 43-67; 95-96). Klein, B., R.A. Crawford und A.A. Alchian (1978), Vertical Integration, Appropriable Rents, and the Competitive Contracting Process. Journal of Law and Economics, 21, Alchian, A. und S. Woodward (1988), The Firm is Dead; Long Live the Firm …, Journal of Economic Literature, Jg. 26 (1),

260 Im Rahmen des Prinzipal-Agenten Ansatzes wurde problematisiert, dass manche Größen schwer zu messen sind und daher eine Delegation von Verantwortung an denjenigen erfolgen muss, der einen Informationsvorsprung besitzt. Im Rahmen der Governancekostentheorie steht nicht das Messproblem im Vordergrund, sondern die Existenz von „spezifischen Investitionen“. Hier wird, ähnlich wie im Rahmen der Modellierung von moral hazard, darauf verwiesen, dass vertragliche Zusicherungen gebrochen werden können.

261 Williamson (1985: 47) nennt ein solches Verhalten „Opportunismus“ und definiert es folgendermaßen:
„By opportunism I mean self-interest seeking with guile. This includes but is scarcely limited to more blatant forms, such as lying, stealing and cheating. Opportunism often involves subtle forms of deceit … more generally, opportunism refers to the incomplete or distorted disclosure of information, especially to calculated effort to mislead, distort, disguise, obfuscate, or otherwise confuse. It is responsible for real or contrived conditions of information asymmetry...”

262 Der Austausch von vertraglicher Leistung und Gegenleistung kann entweder Zug um Zug erfolgen oder aber eine gewisse Zeitspanne der gegenseitigen Erfüllung erfordern. So wird z.B. in einem Restaurant zuerst das Mahl serviert, gegessen und dann erst bezahlt. Der Handwerker oder Arzt wird zuerst seiner Arbeit nachgehen und danach eine Rechnung stellen. Besonders deutlich ist diese Diskrepanz bei Investitionen. So werden dort Ressourcen zu einem frühen Zeitpunkt investiert; eine Entlohnung hierfür erfolgt durch die Gegenseite aber erst viel später.

263 Zum Verständnis der Wirkung asymmetrischer Informationen stellt die Governancekostentheorie den Zeitpunkt der Durchführung solcher Investitionen in den Vordergrund. Nach Vertragsschluss sind oftmals Investitionen notwendig zur Erstellung der vereinbarten Leistung. Kaum sind solche transaktionsspezifischen Investitionen durchgeführt, ergibt sich aber das Risiko des Opportunismus durch die Gegenseite. Dieses wird daher auch als postcontractual opportunism bezeichnet.

264 Postcontractual opportunism kennzeichnet also die Möglichkeit des Opportunismus nach Durchführung der transaktionsspezifischen Investitionen. Der Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung wäre hierbei weniger wichtig, denn beide Seiten könnten immer noch den Vertrag brechen, ohne hierbei hohe Einbußen zu erleiden. Grundsätzlich lassen sich transaktionsspezifische Investitionen gemäß Williamson (1985: 95ff) in vier verschiedene Varianten aufteilen:

265 Wiederholungsklausur auch für AVWL
an den Wiederholerklausuren Bachelor dürfen nur die Kandidaten teilnehmen, die im ersten Versuch durchgefallen sind oder mit Attest nicht teilgenommen haben. Beim Diplom-Studiengang BWL/VWL könnten auch die Studenten, die die Klausur im Semester zuvor bestanden haben und einen Freiversuch geltend gemacht haben, teilnehmen. Eine entsprechende Meldung gegenüber dem Prüfungssekretariat ist hierfür erforderlich.

266 Lokale Spezifität (site specificity): Beim Auftreten von Transport- und Lagerkosten empfiehlt es sich unter Umständen, den Standort für eine Betriebsstätte nahe an Zulieferern oder nahe an Abnehmern zu wählen. Ein Beispiel hierfür wäre die enge Beziehung zwischen einer Kohlengrube und einem Kohlekraftwerk. Wird das Kraftwerk nahe der Grube gebaut, so sind die involvierten Investitionen spezifisch auf einen bestimmten Zulieferer ausgerichtet. 2006: 10 Vorlesung! Ende 11. Vorlesung!

267 Sachkapitalspezifität (physical asset specificity): Eine Seite eines Austausches unternimmt Investitionen in besondere Ausrüstung oder Maschinen. Aufgrund dieser Besonderheiten ist der Wert der Investition am höchsten für die besondere Transaktion und geringer bei alternativer Verwendung. Ein Beispiel wären custom-built Produkte, also für den Kunden maßgeschneiderte Produkte. 2005: Ende 10. Vorlesung!

268 Humankapitalspezifität (human capital specificity): Eine Seite eines Austausches muss besonderes know-how erwerben, welches einen geringeren Nutzen außerhalb dieses Austausches besitzt. Hier wäre z.B. know-how zu nennen, welches erst durch learning-by-doing innerhalb einer Firma erworben wird.

269 Zweckbestimmte Anlagen (dedicated assets): Hierbei liegt die Betonung aber auf der Marktmacht eines Abnehmers. Mit diesem einen ist das Handelsvolumen so groß, dass die Kapazitäten allein für ihn erhöht werden müssen. Sollte er den Vertrag nun brechen, würden hohe Überkapazitäten entstehen. Dies stellt. eher auf quantiative Aspekte ab, die schiere Größe der Nachfrage, während in 2. eher qualitative Aspekte der Kundenwünsche zu transaktionsspezifischen Investitionen führten.

270 Die letztgenannte Form der Spezifität ist uns am ehesten aus der Mikroökonomik vertraut.
Hier hat ein Zulieferer/Abnehmer eine derart große Marktmacht, dass er den Preis zu seinen Gunsten beeinflussen kann. Neu ist hier nur, dass diese Marktmacht bereits im Vorfeld der Investitionstätigkeit wahrgenommen wird und deshalb die erhöhte Abhängigkeit a priori analysiert wird. Die a priori-Wahrnehmung der Abhängigkeit unterstellen wir als Regelfall bei der Durchführung aller transaktionsspezifischen Investitionen.

271 Das Verhältnis von zwei Vertragsparteien ändert sich fundamental nach Durchführung der Investition.
Während vorher ein freier Austausch zwischen Marktpartnern herrschte, ist eine Seite nach Durchführung der Investition an die andere gebunden. Dies wird auch als lock-in bezeichnet: Nach Durchführung der Investitionen ist diese „eingeschlossen“ in ihre besondere Verwendung. Anstatt eines freien Wettbewerbs mit häufigen Marktaus- und -eintritten ist nun ein zweiseitiges Verhältnis entstanden, vergleichbar mit einem bilateralen Monopol.

272 Dieser Wandel der Beziehung zwischen den Partnern wird als „fundamentale Transformation“ bezeichnet.
Ein Mietvertrag bringt z.B. gewisse transaktionsspezifische Investitionen mit sich, insbesondere für den Mieter. Dieser hat einen teuren Umzug bezahlt, persönliche Beziehungen zu Nachbarn aufgebaut und Wissen bezüglich der lokalen Infrastruktur erworben. Er hat evtl. an seinem neuen Wohnort weitere transaktionsspezifische Investitionen in Vereine, Kindergärten und Schulen getätigt.

273 Für den Mieter liegt dann ein lock-in vor: Er ist eingesperrt in der vertraglichen Verpflichtung.
Vor seinem Umzug war er hingegen in einer Wettbewerbssituation und konnte sich den Vermieter bzw. die Wohnung frei auswählen. Das Ausmaß der Spezifität lässt sich quantitativ durch eine Betrachtung der Kosten der Investition bestimmen. Entscheidend sind hierbei aber nur die „versunkenen Kosten“. Dies ist derjenige Anteil an den Kosten einer Investition, der bei einer alternativen Verwendung der Investitionsgüter verloren geht.

274 Die „versunkenen Kosten“ ergeben sich aus der Differenz der Herstellungskosten und dem Wiederverkaufswert für den Fall, dass die Investition einer alternativen Verwendung zugeführt wird. Unspezifische Investitionen sind vollständig wieder-verwertbar (redeployable). Bei hoher Spezifität sind Investitionen hingegen vollständig versunken. Die versunkenen Kosten sind dabei nicht deckungsgleich mit fixen Kosten, obwohl sie mit diesen gemein haben, dass sie sich nicht mehr in ihrer quantitativen Größenordnung kurzfristig variieren lassen.

275 Versunkene Kosten sind aber darüber hinaus an eine bestimmte Verwendung gebunden.
So müssen z.B. Transportunternehmen für die Verbindung über den Ärmelkanal Investitionen tätigen, welche dann zu fixen Kosten führen. Aber im Falle von Fähren sind diese fixen Kosten nicht spezifisch und damit nicht versunken; die Fähren können nämlich auch für andere Fährverbindungen genutzt werden. Der Tunnel ist hingegen in voller Höhe versunken, im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur er selbst, sondern auch die zu seiner Erstellung notwendigen Kosten.

276 Eng verwandt hierzu ist der (mehr auf die Ertragsseite abstellende) Begriff der „Quasi-Rente“.
Um eine Ressource in ihrer Verwendung zu erhalten, muss der Besitzer mit einer Mindestsumme entschädigt werden. Diese Summe entspricht gerade der zweitbesten Verwendung, da der Besitzer sonst diese Alternative bevorzugt und die Ressource aus der derzeitigen Verwendung abzieht. Die Quasi-Rente ist nun derjenige Betrag, der über diese Mindestsumme hinausgeht.

277 Hiermit sollen sich versunkene Investitionen amortisieren.
Knapp formuliert: „a quasi-rent is the excess above the return necessary to maintain a resource’s current service flow“. Die Quasi-Rente wird nun gerade benötigt, um die Ausgaben für versunkene Investitionen wieder zu erlangen. Hiermit sollen sich versunkene Investitionen amortisieren. Dieser Begriff geht auf Marshall (1890) zurück. Unter einer zusammengesetzten Quasi-Rente (composite quasi-rent) versteht man denjenigen Anteil der Quasi-Rente, der von der kontinuierlichen Versorgung des Produktionsprozesses mit einer anderen Ressource abhängt.

278 Nach der Durchführung einer Investition könnte z. B
Nach der Durchführung einer Investition könnte z.B. die Gewerkschaft einen Arbeitskampf organisieren und dadurch die Quasi-Rente der Investition redu-zieren. Die Hausbank könnte einen Teil der Quasi-Rente abschöpfen, indem sie höhere Zinsen verlangt und mit einer Rückforderung von Krediten droht. Die Quasi-Rente ist derjenige Betrag, den Besitzer komplementärer Ressourcen erpressen könnten, indem sie die Lieferung der Ressource verweigern. Ist eine Ressource unabdingbar erforderlich (unique=einzigartig), so kann mit der Drohung ihres Entzuges die Quasi-Rente vollständig abgeschöpft werden.

279 Als Beispiel hierfür führte schon Marshall (1890) ein Stahlwerk an, welches in der Nähe eines Kraftwerks angesiedelt ist, um den Strom von dort günstig zu erhalten. Wir könnten, um das Beispiel aktuell zu halten, an die günstigen Strompreise in Island denken, welche viele Aluminiumhersteller dazu veranlassen, dort ihre Produktionsstätten zu bauen. Sobald das Aluminiumwerk aber die Kosten in die Ansiedlung versenkt hat, könnte das Kraftwerk den Preis für Strom erhöhen.

280 Solange die laufenden Kosten des Aluminiumwerks gedeckt wären, würde es weiter produzieren.
Aber die versunkenen Investitionen würden sich nicht amortisieren. Ein solch erpresserisches Verhalten wird auch als holdup bezeichnet. Entscheidend für ein holdup ist die Fähigkeit, eine Ressource zu entziehen. Wie sieht es aus mit einem Landbesitzer, der seinen Grund und Boden zum Bau eines Wolkenkratzers verpachtet hat? Der Hausbesitzer ist abhängig von der Ressource Land und hat seine Investitionen (den Bau des Wolkenkratzers) vollständig versenkt.

281 Der Hausbesitzer ist aber nicht von einem holdup bedroht, da der Besitzer der komplementären Ressource „Boden“ diese nicht entziehen kann. Demgegenüber lässt sich die Stromzufuhr unterbrechen, die Wasserversorgung abstellen oder die Lieferung des Faktors Arbeit durch Streiks beenden. Zulieferer solcher Ressourcen sind damit in der Lage, einen holdup durchzuführen und die Quasi-Rente teilweise abzuschöpfen.

282 Mietvertrag Der Vermieter könnte die oben beschriebene lock in-Situation des Mieters ausnutzen und nach einer Weile die Miete erhöhen. Er setzt sie nun minimal unterhalb des Mietniveaus, bei welchem der Mieter kündigt und seine transaktionsspezifischen Investitionen verliert. Hierdurch kann er die komplette Quasi-Rente abschöpfen. Um dies zu verhindern, sollte der Mieter weitgehenden Kündigungsschutz und Mietpreisgarantien genießen.

283 Mit Hilfe von vertraglichen Elementen kann also das holdup-Problem vermindert werden.
Allerdings können solche Lösungsvorschläge wiederum andere Probleme mit sich bringen. Typischerweise kann das Problem des moral hazard durch die angesprochenen Regulierungsmaßnahmen verschärft werden. Der Mieter pflegt das Eigentum des Vermieters evtl. nicht hinreichend – er hat keine finanziellen Anreize, den Wohnraum zum Zeitpunkt seines Ausscheidens im Wert zu erhalten.

284 Sollte der Vermieter deswegen unzufrieden sein, so sollte er weitreichende Möglichkeiten der Kündigung wahrnehmen können – im Widerspruch zu der Notwendigkeit, das holdup-Problem zu lösen. Es gibt somit keine optimale Lösung des Problems. Marktpartner werden versuchen, mit Hilfe etlicher Details im Mietvertrag oder mit Hilfe staatlicher Regulierung die gegenseitigen Pflichten klar zu bestimmen. Bei all diesen Spezifizierungen stellt sich aber die Frage, inwiefern die Vertragserfüllung beobachtet werden kann. Im Falle asymmetrischer Information können gleichzeitig holdup und moral hazard im Markt fortbestehen.

285 Arbeitsvertrag Neben Problemen mit asymmetrischer Information können auch transaktionsspezifische Investitionen in Arbeitsverhältnissen problematisch sein. So wäre es z.B. denkbar, dass ein Unternehmen für Weiterbildung und training on the job des Arbeiters gesorgt und bezahlt hat. Diese Investitionen gingen im Falle der Kündigung verloren. Der Arbeiter kann somit durch erhöhte Lohnforderungen diese Quasi-Rente abschöpfen, da die Firma im Falle seines Ausscheidens diese Investitionen erneut durchführen muss.

286 Um sich dagegen zu schützen, wollen Firmen teilweise eine Mindestdauer der Beschäftigung vertraglich verankern und eine Ablösesumme bei vorzeitigem Ausscheiden erheben, wie z.B. im Fußball. Oftmals werden hohe transaktionsspezifische Investitionen aber auch von den Arbeitern durchgeführt. Sie eignen sich Wissen an, welches einen Wert nur innerhalb der Firma hat, in alternativer Verwendung aber weitgehend wertlos ist. Zur Verteidigung dieser Investitionen können Gewerkschaften einen wichtigen Beitrag liefern.

287 Gewerkschaften verteidigen durch kollektive Aktionen und Drohungen die firmenspezifischen Investitionen ihrer Mitglieder. Andererseits kehrt sich diese Situation in eine ernste Bedrohung der Firma um, wenn die Firma für die Weiterbildung der Arbeiter bezahlt hat. In diesem Fall kann die Gewerkschaft einen kollektiven holdup organisieren und die Quasi-Rente der Firma abschöpfen. Der Streik einer einzelnen wichtigen Arbeitergruppe (z.B. der Fluglotsen am Flughafen) kann dabei die gesamte Produktion blockieren. Offenbar gibt es auch hier keine first-best Lösung.

288 Was als Lösungsmechanismus häufiger anzutreffen ist, ist eine Beteiligung der Arbeiter am Firmengewinn und eine Mitbestimmung bei der Firmenpolitik, z.B. durch Beteiligung am Aufsichtsrat. Eine solche Beteiligung an Kontrollgremien kann gegebenenfalls die Bedrohung durch einen holdup abmildern. Dort, wo firmenspezifisches Humankapital eine große Rolle spielt, wie z.B. bei Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen, werden diese oft als Sozietäten (Partnerschaften) geführt, also mit vollen Eigentumsrechten der Mitarbeiter.

289 Kreditverträge Im Gegensatz zu einem Mietvertrag ist bei einem Kreditvertrag der Kreditnehmer nicht verpflichtet, das gleiche Gut zurückzugeben, sondern lediglich in Höhe und Qualität den ausgehandelten Wert zu entrichten. Dies gibt dem Kreditnehmer sehr viel weitergehende Freiheiten im Umgang mit dem anvertrauten Gut. Die Verwendungsmöglichkeiten sind vielfältiger. Alchian und Woodward (1988: 68ff.) prägen hierzu den Begriff „Plastizität“ (plasticity).

290 Eine hohe Plastizität besitzt ein Gut, welches vielseitig verändert werden kann.
Während die Plastizität bei verpachtetem Boden eher gering ist, ist sie bei geliehenem Geld besonders hoch. Während der Pächter von Land dieses evtl. in einem schlechten Zustand hinterlassen könnte, ist ein Kreditnehmer in der Lage, Gelder vollständig zu unterschlagen. Es liegt also eine hohe Anfälligkeit von Kreditverträgen vor in Bezug auf moral hazard und postcontractual opportunism. Auf Probleme der adversen Selektion waren wir bereits eingegangen. Hier kann der Kreditgeber nur unzureichend zwischen den riskanten und konservativen Kreditnehmern unterscheiden.

291 Eine Folge dieser Anfälligkeit betrifft den Konflikt zwischen Fremd- und Eigenkapital.
Für Fremdkapital werden nur feste Zinsen gezahlt und im Konkursfall geht der Gläubiger leer aus. Auch der Eigenkapitalgeber geht im Konkursfall leer aus; den Gewinn bezieht er aber alleine. Während also das Konkursrisiko von beiden getragen wird, hat nur der Eigenkapitalgeber die Chance auf ein höheres Einkommen. Dies bewirkt nun, dass zwischen beiden Geldgebern ein Konflikt über die Höhe der Dividende entsteht. Diese stellt nämlich eine Sicherheit gegenüber dem Konkursrisiko dar.

292 Genauso versuchen Fremdkapitalgeber, das Risiko von eingegangenen Verpflichtungen zu begrenzen, da sie hiervon weitgehend nur das Konkursrisiko abdecken müssen, von den Erträgen aber nicht profitieren, (Alchian und Woodward 1988: 72). Fremdkapitalgeber werden auch versuchen, Kontrollaufgaben innerhalb einer Firma zu übernehmen, um die eingegangenen Risiken zu kontrollieren. Sie werden genauso versuchen, die Handlungsmöglichkeiten der Eigenkapitalgeber zu beschränken. 2005: Ende 11. Vorlesung!

293 Eine andere Möglichkeit, die genannten Probleme zu reduzieren, ist der Aufbau langfristiger Kreditbeziehungen, um durch revolvierende Kredite ein Wohlverhalten des Kreditnehmers zu erzwingen. Sofern diese aber einmal existieren, kann eine „Hausbank“ ihre Position ausnutzen, um dem Kreditnehmer besonders hohe Zinsen, gute Bürgschaften oder ähnliche Sonderkonditionen abzupressen. Ein Wechsel der Bank wäre dabei nur schwer möglich, da er von anderen Banken als Anzeichen einer schlechten Kreditwürdigkeit gewertet wird.

294 Erneut existiert ein Konflikt zwischen diesen beiden Problemen.
Der Kreditnehmer befindet sich dann in einem lock-in und die Hausbank kann einen holdup durchführen. Erneut sehen wir also, dass der Vermeidung des moral hazard die Entstehung eines holdup gegenübersteht. Wird nämlich durch langfristige Beziehungen die Information über einen Kreditnehmer und die Kontrolle desselben verbessert, um damit moral hazard zu vermeiden, so droht nun aber ein holdup. Erneut existiert ein Konflikt zwischen diesen beiden Problemen. 2006: Ende 11. Vorlesung!

295 Franchising Franchise-Verträge wurden in Abschnitt 7 vorgestellt.
Transaktionsspezifische Investitionen können für eine solche Vertragsart weitere Probleme verursachen. Muss ein Franchise-Nehmer in die spezifische Ausstattung seines Restaurants investieren (z.B. unter Beachtung baulicher Vorschriften des Franchise-Gebers), so würde durch eine Kündigung des Franchise-Vertrages seine quasi-Rente verloren gehen.

296 Auf der anderen Seite muss der Franchise-Geber die Möglichkeit der Kündigung im Falle von Qualitätsmängeln haben, damit der Franchise-Nehmer nicht die Reputation der Firma bedroht. Das Problem kann dadurch gelöst werden, dass der Franchise-Geber Eigentümer der Gebäude ist und diese an den Franchise-Nehmer vermietet.

297 Abschnitt 9: Zwischen Markt und Hierarchie
Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 9: Zwischen Markt und Hierarchie Ende 12. Vorlesung! E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

298 Pflichtliteratur Furubotn und Richter (2005: ; ; ; ). Williamson (1985: 90-96; ). Douma und Schreuder (2002: ).

299 Die Modellierung von transaktionsspezifischen Investitionen ruft die Frage „make or buy” erneut auf den Plan. Diese wird hier auch oft mit den Begriffen „hierarchy” und „market” belegt. Sobald für eine Transaktion (also einem physischen Übergang von einer technologisch abgrenzbaren Schnittstelle zu einer anderen) spezifische Investitionen anfallen, ist der Markt oder die Hierarchie eine alternative Organisationsform. Das Risiko des Opportunismus ist größer bei einem Austausch über den Markt.

300 Ein unabhängiger Marktpartner wäre keinen Restriktionen ausgeliefert und würde gemäß seines jeweiligen, momentanen Vorteils handeln. Opportunismus wird so wahrscheinlicher. Dies bewirkt, dass einzigartige Ressourcen, welche sich entziehen lassen, sich typischerweise im Besitz des Produzenten befinden und nicht über den Markt bezogen werden. Dieses Ergebnis ist im Einklang mit den bisherigen Überlegungen zu „make or buy“.

301 Hierbei liegt eine besondere Form der Transaktionskosten vor: ex-post opportunistisches Verhalten lässt sich nach Durchführung transaktionsspezifischer Investitionen nur schlecht eindämmen. Entweder sind die Transaktionskosten hierfür zu hoch oder das Problem bleibt unvollständig gelöst, ein holdup wird also wahrscheinlicher. Es entstehen also Transaktionskosten welche die Marktbenutzung zu teuer werden lassen und einen Besitz der Ressource empfehlen.

302 So wird typischerweise ein Verlag seine Bücher bei einer externen Druckerei drucken lassen.
Eine Zeitung ist aber auf einen sofortigen Service angewiesen und würde durch Dritte mit einem holdup bedroht werden. Sie wird die Druckerei deswegen zumeist selbst besitzen.

303 Ein Austausch über den Markt ist mühseliger, wenn transaktionsspezifische Investitionen im Spiel sind. Es müssten hierbei besondere Vorkehrungen gegen Opportunismus getroffen werden, Kontrollmaßnahmen und Mechanismen zur Durchsetzung von Rechten, um opportunistisches Verhalten zu vermeiden. Hierbei werden also die „market transaction costs“ mit der Höhe der transaktionsspezifischen Investitionen ansteigen.

304 Das gleiche gilt nicht, oder zumindest deutlich abgeschwächt, bei einem Austausch innerhalb einer Firma. Da hierbei der Inhaber eines Gutes (z.B. der Facharbeiter, welcher ein Gut gerade in einer Produktionsstufe bearbeitet) nicht auch Eigentümer ist, hat er kaum einen Anreiz zu opportunistischem Verhalten. Er kann z.B. nicht (zumindest nicht unmittelbar) die Bearbeitung verweigern, um hiermit Lohnerhöhungen durchzusetzen.

305 Er könnte nicht den Preis für Vorprodukte drücken und damit sein Monopol bei der Weiterverarbeitung ausnutzen. Insofern ist das Problem des Opportunismus innerhalb einer Firma sicherlich schwächer als bei Marktbeziehungen. Dass es aber existent ist, sollte nicht übersehen werden. Machtkämpfe und Neid innerhalb einer Firma können auch zu holdup Situationen führen. Z.B. präferieren es Mitarbeiter einer Firma zumeist, ihren Wissensvorsprung nur spärlich zu offenbaren, um sich selbst unersetzlich zu machen.

306 Da sie aber in einem solchen Fall nicht ihr eigenes Einkommen mit ihrem Wissensvorsprung erhöhen können, ist der Anreiz zu Opportunismus innerhalb einer Firma reduziert. Außerdem existiert innerhalb einer Firma ein direktes Weisungsrecht, so dass opportunistisches Verhalten per Anweisung an Untergebene unterbunden werden kann. Die Vorteile der vertikalen Integration sollten daher dann besonders hervortreten, wenn transaktionsspezifische Investitionen getätigt werden.

307 Dieser Sachverhalt lässt sich anhand einer einfachen Graphik darstellen.
Hierbei bezeichnet k das Ausmaß transaktionsspezifischer Investitionen. Im Falle ihres Fehlens ist ein Austausch über den Markt vorteilhaft, da hierbei Anreize zu Eigenverantwortung, Effizienz und hohem Arbeitseinsatz in höchstem Ausmaß gegeben sind. Diese Anreize fehlen bei einer Firma (oder sie lassen sich nur unvollständig oder mit hohem Kontrollaufwand im Rahmen von Firmen herstellen).

308 Transaktions-kosten Market transaction costs Managerial transaction costs O k

309 Dieser Vorteil von Marktbeziehungen wird jedoch überlagert von einem Nachteil beim Auftreten von transaktionsspezifischen Investitionen, denn hier droht bei einem Austausch über den Markt ein postcontractual opportunism. Es sind gerade die „high-powered incentives“ der Marktbeziehung, welche ein opportunistisches Verhalten erst wahrscheinlich machen.

310 Ein Nachteil der vertikalen Integration ergibt sich bei Skalenerträgen in der Produktion.
Diese können besser über den Markt ausgenutzt werden, da nur dieser ein hinreichend großes Absatzvolumen bereitstellt. Dies kann in der Graphik berücksichtigt werden, indem an der Ordinate die gesamten Kosten abgetragen werden, also die Transaktions- und die Produktionskosten. Die Kurve für die „market transaction costs“ (inklusive der Produktionskosten) verschiebt sich bei Skalenerträgen nach unten.

311 Der Hierarchie wird erst der Vorzug gegeben, wenn transaktionsspezifische Investitionen die Gefahr des holdup so groß werden lassen, dass sie die Vorteile aus den Skalenerträgen überkompensieren. Dem Marktaustausch wird nun auch bei Gefahr des Opportunismus der Vorzug gegeben. Bei hohen Skalenerträgen bei Druckereien würden sich dann beispielsweise auch Zeitungen für einen Fremdbezug der Druckdienste entscheiden.

312 Ein solch einfaches Modell beschreibt das Problem einer Entscheidung zwischen den beiden Alternativen Markt und Hierarchie. Dies lässt aber die vielfältigen Möglichkeiten außer Acht, mit denen sich die Vorteile der beiden Varianten verknüpfen lassen. Im Rahmen eines Austausches über den Markt kann versucht werden, den Opportunismus einzudämmen. Bei einer hierarchischen Lösung können hingegen marktähnliche Anreize implementiert werden.

313 So existiert auch innerhalb einer Firma Wettbewerb und dieser kann gezielt zur Leistungssteigerung eingesetzt werden. Sofern es möglich ist, die Leistung des einzelnen zu messen (Messproblem), kann dieser leistungsgerecht entlohnt werden. Es können profit-center eingerichtet werden, mit denen ein marktähnlicher Austausch simuliert wird. Allerdings können solche Lösungen jederzeit modifiziert werden und verlieren dadurch an Glaubwürdigkeit.

314 Bei einem übermäßigen Gewinn eines profit-centers wird der Anreizvertrag nach unten angepasst, damit die gesamte Firma hiervon mit profitieren kann – der Vertrag wird somit opportunistisch angepasst. Bei einem kalkulatorischen Konkurs eines profit-centers werden deren Mitarbeiter typischerweise nicht entlassen, sondern es findet eine Neuordnung des Arbeitsvertrages statt. Dies impliziert, dass die konstruierten Anreize innerhalb einer Hierarchie nicht vollständig diejenigen des Austauschs über den Markt erreichen werden.

315 Bei einer Entscheidung für den Markt finden sich Methoden, mit denen Opportunismus eingedämmt werden kann. So werden hierbei z.B. komplexe Verträge geschlossen und Gerichte zur Durchsetzung bemüht oder es werden private Formen der Konfliktvermeidung und –lösung gesucht.

316 Gerichtliche Durchsetzung von Verträgen
Bei einer gerichtlichen Durchsetzung unterwerfen sich beide Parteien dem Urteil eines dritten, eines amtlich bestellten Richters (trilateral governance). Alternativ zu ordentlichen Gerichten gibt es hier auch private Einrichtungen, welche z.B. im Rahmen von Schiedsgerichtsverfahren Verträge durchsetzen. Hierbei können die Vertragsparteien die Anerkennung eines Schiedsspruches vertraglich vereinbaren.

317 Trilateral governance geht mit der Notwendigkeit einher, viele Eventualitäten vertraglich genau zu antizipieren und zu regeln. Die resultierenden Verträge werden dabei sehr lang, ihre Ausarbeitung mühsam. Im Vertragstext muss der Aufgabenbereich eines Vertragspartners genau bestimmt werden.

318 Ein Ziel der Vertragsgestaltung besteht darin, schuldhaftes und opportunistisches Verhalten von unverschuldeter Nichterfüllung zu unterscheiden. Während im ersten Fall Strafen vereinbart werden, würde im zweiten Fall eine Teilung des Risikos vorteilhaft werden. Diese Abgrenzung muss detailliert beschrieben werden und gerichtlich durchgesetzt werden. Lücken im Vertrag könnten Opportunismus einer Marktseite bewirken und müssen daher vermieden werden.

319 Je innovativer ein Projekt, desto schwieriger ist die Antizipation von Eventualitäten.
Der Aufwand, der für gerichtlich durchsetzbare Verträge getätigt werden muss, kann hierbei zu groß werden. Die Verträge zur Einführung eines Mautsystems in Deutschland waren mehrere tausend Seiten lang, die beigefügten Anhänge gingen darüber noch weit hinaus.

320 Daneben ist ein gerichtliches Verfahren zeitraubend und mit erheblichen Ressourcen verbunden.
Es wird daher oftmals nur als ultima ratio verwendet. Es kann lohnender sein, mit einem Restrisiko des Opportunismus zu leben. Alternativ bieten sich private Durchsetzungsmechanismen an (bilateral governance).

321 Hostages Diejenige Seite eines Vertrages, welche durch opportunistisches Verhalten geschädigt werden könnte, darf von der Gegensite zur Absicherung ein Pfand einfordern (Geisel=hostage). Dieses kann im Falle des Fehlverhaltens dann einbehalten werden. Damit lohnt sich opportunistisches Verhalten nicht mehr, (Williamson 1985: ). Hier denken wir z.B. an eine Kaution im Falle des Mietvertrages.

322 Solch eine Kaution kann allerdings teilweise zu Opportunismus auf der Gegenseite führen.
So kann ein Vermieter opportunistisch die Rückzahlung der Kaution verweigern. Eine Vorauszahlung dient ebenfalls als Pfand und wird gerade dort eingefordert, wo nach Vertragsschluss Investitionen in die Vertragserfüllung notwendig sind. Andere Arten von hostages sind aufwändige Geschenke, welche ihren Wert nur darin haben, einen langfristigen Austausch hiermit zu begründen.

323 Investitionen in einen Firmennamen (brand-name) können ähnlich als eine Geisel aufgefasst werden: Eine Firma investiert hierbei in die Art und Weise, wie sie selbst von Kunden wahrgenommen wird. Der Kunde kann dieses „Kapital“ aber sofort im Falle des Fehlverhaltens vernichten. Eine historische Form von hostages besteht im gegenseitigen Austausch von Familienmitgliedern (z.B. durch Heirat) zwischen königlichen Familien und Höfen. Diese dienten dort als Friedensgaranten. 2005: Ende 12. Vorlesung!

324 Wiederholte Transaktionen
Die Erwartung zukünftiger Geschäfte kann ein Hebel sein, um Wohlverhalten zu erzielen und Opportunismus zu vermeiden. Die Drohung besteht darin, dass der zukünftige Austausch bei Fehlverhalten abgebrochen wird. Dass wiederholte Spiele zu Kooperation führen, zeigte bereits Axelrod (1984). Bei einem wiederholten Gefangenendilemma ist tit-for-tat eine erfolgreiche Strategie. Hierbei wird immer die Wahl der Gegenseite im nächsten Zug wiederholt.

325 Kooperation wird im nächsten Zug mit Kooperation beantwortet, Nicht-Kooperation dementsprechend im nächsten Zug durch unkooperatives Verhalten bestraft. Bereits die ungewisse Aussicht auf eine mögliche Wiederholung einer Transaktion kann bei einem aktuellen Austausch Wohlverhalten induzieren.

326 Preisstarrheiten können eine Folge von wiederholten Spielen sein.
Stabile Preise können daher gerade dort erwartet werden, wo die Abhängigkeit (z.B. aufgrund von transaktionsspezifischen Investitionen) besonders hoch ist. Beispielhaft hierfür sind die Thunfisch- und Lachsfischer, deren Fang nur an einen einzigen Käufer geliefert werden können.

327 Hier ist es schwer für die Fischer zu erkennen, ob Preisschwankungen auf zu rechtfertigende Marktschwankungen zurückzuführen sind, oder aber auf das opportunistische Verhalten des Verarbeitungsbetriebes. Die Preiserhöhung könnte sonst als Opportunismus interpretiert werden (tit) und mit Streik oder einer anderen Bestrafung Strafe beantwortet werden (tat). Preisstarrheiten werden somit als Garant eines ehrlichen Geschäftsgebarens angesehen und als Methode zur Verteidigung der Quasi-Rente gegenüber opportunistischem Verhalten.

328 Reputationseffekte Wenn ein Akteur sich in der Vergangenheit nicht opportunistisch verhalten hat, könnte dies eine Präferenz für ein ehrliches Geschäftsgebaren gegenüber kurzfristigem Profit zum Ausdruck bringen. Ein solches Signal könnte von Dritten als Beweis einer moralischen Einstellung wahrgenommen werden. Dies wiederum könnte gerade langfristig profitabel sein.

329 Eine Reputation ist nur dann glaubwürdig, wenn zu ihrer Erlangung Ressourcen aufgewendet werden müssen – ansonsten wäre das Signal auch für den Unaufrichtigen verfügbar und damit wertlos. Reputation beinhaltet, dass ein potentielles Fehlverhalten von einer hinreichenden Anzahl von Akteuren beobachtet werden könnte; ohne Transparenz ist ein Reputationseffekt somit nicht vorstellbar. Ist eine Reputation erst einmal vorhanden, so kann ihr Fortbestehen leicht formal modelliert werden: Ein Fehlverhalten würde den profitablen Vertrauensvorschuss zerstören. Ende 13. Vorlesung!

330 Die Wirkung von Reputation und wiederholten Transaktionen kann mit Hilfe eines einfachen Modells dargestellt werden. Ein Monopolist verkauft in jeder Periode eine Einheit seines Gut an viele Mengenanpasser und wählt dabei zwischen zwei Qualitäten, niedrig (q=0) oder hoch (q=1). Der Käufer kann die Qualität nicht unmittelbar beobachten, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, t+1. Der Verkäufer kann den Käufer somit mit einer niedrigen Qualität kurzfristig überraschen.

331 Die Kosten einer Einheit der hohen Qualität sei ch, diejenigen der niedrigen Qualität sei cl, mit ch>cl. Der Preis einer Einheit der hohen Qualität sei ph>0 derjenige der niedrigen Qualität sei pl=0. Die Konsumenten sind identisch in ihrem Nutzenkalkül. Werden sie einmal betrogen, so werden sie nie wieder bei dem genannten Produzenten kaufen. Da Zeit eine entscheidende Rolle in diesem Modell spielt, ist der Zinssatz, i, bzw. der Diskontfaktor, d, zu berücksichtigen: d =1/(1+i).

332 Ein Reputationsgleichgewicht ergibt sich bei einem steady-state, also einer Situation bei der der Verkäufer eine konstante Qualität über die Zeit anbietet und die Erwartungen der Käufer sich immer erfüllen. Wir unterstellen hierfür, dass Käufer die für die laufende Periode erwartete Qualität an derjenigen der Vorperiode orientieren. Für den Verkäufer wird unterstellt, dass er mit der hohen Qualität in der ersten Periode startet. Weicht der Verkäufer auf die niedrige Qualität aus, so unterstellen wir, dass dies dauerhaft ist.

333 Sofern der Verkäufer immer die hohe Qualität anbietet, beträgt der Barwert der zukünftigen Erträge:
Sofern der Verkäufer einmal abweicht und schlechte Qualität verkauft (milking his reputation), würde er in der laufenden Periode den Ertrag ph-cl erzielen und Null in allen zukünftigen Perioden. Damit hohe Qualität beibehalten wird, muss somit gelten (no-milking condition):

334 Für die Aufrechterhaltung der Qualität muss der Ertrag, also der Preis abzüglich der marginalen Kosten, größer sein als i(ch-cl). Hierdurch ergibt sich eine Untergrenze für Güter hoher Qualität: Klein und Leffler (1981: 617): „Cheating will be prevented and high quality products will be supplied only if firms are earning a continual stream of rental income that will be lost if low quality output is deceptively produced.“

335 Ein kurzsichtiges Verhalten des Anbieters würde zukünftige Erträge stark diskontieren. Der Zinssatz wäre dann entsprechend hoch. Hierdurch kann sich milking lohnen. Sofern aber der Zinssatz niedrig ist, spiegelt dies eine langfristige Orientierung des Verhaltens wider. In diesem Fall kann die implizite Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer „selbst durchsetzend“ (self-enforcing) werden. 2005: Ende 13. Vorlesung (35 Minuten übrig)

336 5. Relationale Verträge Alternativ zu vollständig ausformulierten Verträgen existieren in der Realität oftmals unvollständige Verträge, welche bewusst viele Eventualitäten offen lassen. Solche Verträge bieten sich bei Arbeitsverträgen an, evtl. aber auch bei langfristigen Verträgen über die Lieferung von Waren (z.B. für Zulieferbetriebe). Diese sind durch einen dauerhaften Austausch gekennzeichnet. 2006: Ende 12. Vorlesung!

337 Der relationale Vertrag wird dabei nach Bedarf angepasst und präzisiert, entsprechend der Entwicklung des hiervon betroffenen Austauschs. Möglichkeiten der gerichtlichen Durchsetzbarkeit des Vertrages sind dabei reduziert – stattdessen stehen private Methoden der Durchsetzung im Vordergrund. Die mögliche Dauerhaftigkeit des wechselseitig vorteilhaften Austausches wäre dann bei opportunistischem Verhalten in Gefahr.

338 Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau SS 2007 y2 F Abschnitt 10: Unvollständige Verträge und das Problem der Verifizierbarkeit E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

339 Pflichtliteratur Furubotn und Richter (2005: ).

340 Die gerichtliche Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen ist nicht nur aufwändig, sie könnte auch mit einer weiteren Form der asymmetrischen Information einhergehen. Vertraglich kann geregelt werden, welches Verhalten schuldhaft ist, welches unverschuldet. Die Unterbrechung der Wasser- oder Stromversorgung mag vom Versorger mit technischen Schwierigkeiten begründet werde, könnte allerdings auch als Drohung zur Durchsetzung von Preiserhöhungen intendiert sein.

341 Ein Gericht hätte also zu prüfen, ob die Begründung schlüssig ist, oder in Wirklichkeit ein holdup durchgeführt wird. Hierbei kann das Gericht aber überfordert sein, wenn die sachliche Beurteilung privates Wissen der Beteiligten ist. Die Schuldfrage wäre nicht kontrahierbar, wenn das Gericht schlechter informiert ist als die Vertragsparteien. Vertragliche Bestandteile sind unwirksam, wenn sie nicht von Dritten verifiziert werden können.

342 Die Komplexität der formulierten Verträge kann dabei auch das Urteilsvermögen eines Richters überfordern. Parteien, die sich auf eine gerichtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche verlassen, gehen dabei das Risiko ein, dass ein Richter den Vertrag missversteht, oder aufgrund sachfremder Abwägungen entscheidet. Hier liegt eine besondere Form der asymmetrischen Information vor. Information ist nicht zwischen den Vertragsparteien asymmetrisch verteilt, sondern zwischen diesen und einem neutralen Dritten.

343 Eine Folge der fehlenden Verifizierbarkeit besteht in verzerrten Anreizen zur Durchführung transaktionspezifischer Investitionen. Dies wurde in dem Modell der unvollständigen Verträge von Grossman und Hart (1986) formal gezeigt. Angenommen, ein Käufer und ein Verkäufer stehen in einem wiederholten Austausch miteinander. Sie handeln ein bestimmtes Gut zum Zeitpunkt 1 und wissen, dass eine Verbesserung des Produktes im Zeitpunkt 2 möglich ist. Sie wissen aber zum Zeitpunkt 1 noch nicht, welches die mögliche Qualitätsverbesserung sein wird.

344 Man denke hier an einen Mietvertrag
Man denke hier an einen Mietvertrag. Durch bauliche Veränderungen zu einem späteren Zeitpunkt könnte das Mietobjekt auch gewerblich genutzt werden und damit den Nutzen des Objekts für den Mieter (Käufer) erhöhen. Der Nutzengewinn betrage v (z.B. v=1,5), fließe dem Mieter (Käufer) zu und ist beiden Parteien bekannt, nicht aber einem Gericht. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lassen sich die notwendigen Verbesserungen nicht antizipieren und daher vertraglich fixieren.

345 Die Durchführung der Qualitätsverbesserung kostet den Vermieter (Verkäufer) c (v>c>0; z.B. c=1). Diese Kosten sind vorab den Vertragsparteien bekannt. Der Käufer kann die Durchführung beobachten, nicht aber ein Gericht. Der Mieter (Käufer) trägt durch transaktionsspezifische Investitionen dazu bei, dass die Qualitätsverbesserung durchgeführt werden kann.

346 So könnte sich der Mieter (Käufer) einen lokalen Kundenstamm aufbauen und die Chancen einer behördlichen Genehmigung der baulichen Veränderung durch Spenden an den örtlichen Fußballverein erhöhen. Die Wahrscheinlichkeit p, dass Qualitäts-verbesserungen profitabel wären, steigt mit den transaktionsspezifischen Investitionen des Mieters (Käufers). Diese können erneut nicht von einem Gericht verifiziert werden.

347 Transaktionsspezifische Investitionen, I
Verkäufer/Vermieter Käufer/Mieter Transaktionsspezifische Investitionen, I Periode 1: Verträge nicht verifizierbar Qualitätsverbesserung möglich? p Qualitätsverbesserung, Kosten c Periode 2: Verträge verifizierbar Nutzengewinn v Zeit

348 Die transaktionsspezifischen Kosten, I, steigen überproportional mit p: I=p2/2.
Für risikoneutrale Kontrahenten gilt für das erwartete soziale Optimum, E(Q): maxp E(Q)=p(v-c)-p2/2. Als Bedingung erster Ordnung folgt p=v-c. Als Zahlenbeispiel: p=1,5-1=0,5. Die optimalen transaktionsspezifischen Investitionen betragen dann I=(v-c)2/2. (z.B. I=1/8) Tatsächlich handeln die Beteiligten aber unabhängig voneinander als Eigennutzmaximierer.

349 Sofern nun Gerichte zur Überprüfung eines Vertrages zur Verfügung stünden, könnte der Vermieter (Verkäufer) dem Mieter (Käufer) die Kosten der transaktionsspezifischen Investition erstatten. Da Gerichte aber die Durchführung dieser Investitionen nicht verifizieren können, ist diese Möglichkeit nicht gegeben – der Mieter (Käufer) könnte stattdessen die Kostenerstattung zweckentfremden. Drei second-best Lösungen stehen stattdessen zur Verfügung.

350 Die Beteiligten verhandeln in der zweiten Periode über die Durchführung der baulichen Veränderung.
Nur bei Zustimmung beider Seiten wird die Qua-litätsverbesserung durchgeführt. Wir unterstellen, dass bei Verhandlungen der Zu-gewinn aus gemeinsamer Zustimmung gleichmäßig auf die Beteiligten verteilt wird. Ein solche Aufteilung wird auch als „Nash-Produkt“ bezeichnet.

351 Für den Mieter (Käufer) ergibt sich bezüglich der Höhe der transaktionsspezifischen Investitionen die folgende Berechnung: maxp p(v-c)/2-p2/2. Als Bedingung erster Ordnung folgt p=(v-c)/2. Die optimalen transaktionsspezifischen Investitionen betragen dann I=(v-c)2/8. Es resultiert eine Unterinvestition und daraus folgend wird das soziale Optimum nicht erreicht. In dem Zahlenbeispiel gilt pi=0.25 und I=1/32

352 Es wird vertraglich vereinbart, dass der Vermieter (Verkäufer) allein über die Durchführung der Qualitätsverbesserung entscheiden darf. Der Vermieter (Verkäufer) wird dem Mieter (Käufer) dann in der zweiten Periode Verhandlungen anbieten. Falls keine Einigung zustande kommt, wird keine Verbesserung durchgeführt, da der Verkäufer für seine Kosten dann nicht durch einen erhöhten Preis entlohnt wird. Der Käufer kalkuliert so wie in Punkt 1. Trans-aktionsspezifische Investitionen werden geringfügig durchgeführt mit der Aussicht, dass nach Ver-handlungen der Verkäufer die Qualitätsverbesserung durchführt.

353 Es wird vertraglich vereinbart, dass der Mieter (Käufer) allein über die Durchführung der Qualitätsverbesserung entscheiden darf. Sollte die Qualitätsverbesserung unprofitabel sein (1-p), so hätte der Käufer das Recht, den Vermieter (Verkäufer) zu unprofitablen Aktionen, c, zu zwingen. Der Vermieter (Verkäufer) wird dem Mieter (Käufer) dann lieber eine Geldzahlung zur Kompensation anbieten. Die Höhe dieser Zahlung ergibt sich durch den Vorteil aus der Nichtdurchführung der Qualitätsverbesserung, zu gleichen Anteilen auf die beiden Parteien aufgeteilt, (1-p)c/2.

354 Der Mieter (Käufer) kalkuliert folgendermaßen:
maxp pv +(1-p)c/2 -p2/2. Als Bedingung erster Ordnung folgt p=v-c/2. Die optimalen transaktionsspezifischen Investitionen sind dann höher als im sozialen Optimum: I=(v-c/2)2/2. Der Mieter (Käufer) „überinvestiert“. Dies resultiert daraus, dass er die Produktionskosten c nicht internalisiert, so dass er die Wahrscheinlichkeit der Produktion übermäßig erhöhen will. Der Gewinn des Vermieters (Verkäufers) beträgt -pc-(1-p)c/2. Im Zahlenbeispiel folgt pi=1 und I=1/2 Gewinn des Vermieters: -1*1-0*0.5=-1 Gewinn des Mieters: 1*1,5+0*0,5-1/2=1. Insgesamt entsteht bei diesem Zahlenbeispiel ein sozialer Nullgewinn.

355 Der Vermieter (Verkäufer) wird also bei Vertragsschluss von dem Mieter (Käufer) für die Übertragung des Rechtes eine Gebühr verlangen. Wer sollte das Recht zur Durchführung der Qualitätsverbesserung innehaben? Hierzu müssen wir den sozialen Gewinn betrachten! Der soziale Gewinn, Q, beträgt: Q=p(v-c)-p2/2. Im sozialen Optimum galt p=(v-c) und daher Q=(v-c)2-(v-c)2/2= (v-c)2/2. Dies impliziert in den ersten beiden Varianten (p=(v-c)/2) folgenden sozialen Gewinn: Q=(v-c)2/2-(v-c)2/8=3/8 (v-c)2.

356 Bei Entscheidung durch den Mieter (Käufer) beträgt der Verlust c2.1/8.
In der dritten Variante (p=v-c/2) gilt: Q=(v-c/2)(v-c)-(v-c/2)2/2= (v-c/2)(v/2-c.3/4) = v2/2-vc+c2.3/8= (v-c)2/2-c2.1/8 Im Vergleich zum sozialen Optimum beträgt der Verlust bei Entscheidung durch den Vermieter (Verkäufer) 1/8 (v-c)2. Bei Entscheidung durch den Mieter (Käufer) beträgt der Verlust c2.1/8. Falls 1/8 (v-c)2>c2.1/8  (v-c)2>c2  v>2c, sollte die Entscheidung über die Durchführung der Qualitätsverbesserung eher beim Mieter (Käufer) liegen. Im Zahlenbeispiel: 1,5> 2*1 gilt gerade nicht, hier sollte also der Verkäufer das Recht zur Durchführung der Qualitätsverbesserung haben.

357 Der Grund liegt darin, dass die Kontrolle durch den Vermieter (Verkäufer) mit zu geringen transaktionsspezifischen Investitionen einhergeht, und damit einen hohen Nutzenentgang impliziert. Nur wenn die Kosten der Durchführung der Qualitätsverbesserung hoch sind, sollte der Vermieter (Verkäufer) das Recht behalten, diese Kosten zu vermeiden. 2006: Ende 13. Vorlesung! 10 Minuten überzogen!


Herunterladen ppt "Neue Institutionenökonomik"

Ähnliche Präsentationen


Google-Anzeigen