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Bernd Winkelmann, Akademie Solidarische Ökonomie

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Präsentation zum Thema: "Bernd Winkelmann, Akademie Solidarische Ökonomie"—  Präsentation transkript:

1 www.akademie-solidarische-oekonomie.de www.winkelmann-adelsborn.de
Bernd Winkelmann, Akademie Solidarische Ökonomie Bearbeitungsstand Grundlagenvortrag (Langfassung) Seminar Nov Burg Bodenstein Es gibt eine Alternative - Neues ökonomisches Denken und Bausteine einer postkapitalistischen Ökonomie Was ist los in unserer Welt? Die Zivilisationskrise unserer Zeit Klärung der Ursachenfrage Leitvorstellungen und Ansätze einer postkapitalistischen lebensdienlichen Ökonomie Entwurf einer postkapitalistischen lebensdienlichen Ökonomie Fragen der Umsetzbarkeit und der politischen Transformation Exkurse: Wirtschaftswachstum , Markt und Wettbewerb Sozialpflichtiges Unternehmertum, Umstrittene Fragen

2 I. Was ist los in unserer Welt?
Die Grundparadoxie unserer Zeit Einerseits fortlaufende Steigerungen menschlicher Potentiale: - der Arbeitsproduktivität, der Reichtümer und Geldvermögen, - der wissenschaftlichen, auch ökologischen Erkenntnisse und der technischen Fähigkeiten - das alles in einem Tempo und in einer Höhe, wie es das in der bisherigen Menschheitsgeschichte noch nie gegeben hat. Andererseits keine Lösung, sondern: Zuspitzung gesellschaftlicher Grundprobleme: - wachsende Schere von Arm und Reich, - Fremd- und Selbstausbeutung, - Ausschluss aus Erwerbsarbeit und sozialer Teilhabe, - Präkarisierung der Mittelschicht, Erosion des Sozialstaates, - Hungerkatastrophen, Umweltzerstörung, soziale Aufstände, terroristische Exzesse, neue Kriege... Eine Krise der menschlichen Zivilisation, die ihre Existenz bedroht. Meinhard Miegel: „Stichflammenentwicklung“

3 1. Reichtums-Armutsparadoxie
● Privatvermögen in Deutschland jährlich etwa um ca. 7% gewachsen; liegt 2011 bei 10 Bio. €. ● Nach Armuts- Reichtumsbericht der BRD- Regierung: 2012 verfügen die reichsten % über 53% des Nettovermögens, die unteren 50% über knapp 1% (Grafik nach DIW –Berechnungen ) ● Die Armutsrisikoquote liegt bei ,1% der Bevölkerung. ● Jeder 6. Bürger der BRD lebt an oder unter der Armutsgrenze (DIW) ● Das Nettovermögen des Staates ist von 2008 – 2012 um 800 Mrd. geschrumpft, die Staatsverschuldung auf 2 Bio. € gestiegen. ● Steuerquote in Deutschland mit ca. 18% des BIP am niedrigsten in der EU (EU-Durchschnitt 27,5%)

4 Armut Reichtum weltweit
● Seit 1991 das Welt-Bruttosozialprodukt um über das 2-Fache gestiegen, der Welthandel verdreifacht, der Energiekonsum verdoppelt. ● Die 20% reichen Industrievölker besitzen % des Weltvermögens; die 80% ärmere Staaten 17% (vor 20 Jahren: 80 zu 20) ● Die 500 größten Weltkonzerne verfügen über 55% des Weltbruttosozialproduktes. ● Weniger als Menschen = 0,001 % der Weltbevölkerung, kontrollieren mehr als 30 % des globalen Finanzvermögens ● Ein Viertel der Menschen (fast 2 Mrd.) lebt mit weniger als 2 US-Dollar Einkommen pro Tag ● Auf der Erde sterben täglich Menschen an Hunger und seinen Folgen, alle 5 Sekunden ein Kind unter 10 Jahren.

5 2. Die Geldparadoxie ● Anwachsen der Geldvermögen in Privatvermögen vor allem: - durch das Schuldgeldanlagenprinzip; - durch das spekulative Geld-Geld-Handelsprinzip: statt W – G - W G´- G´´- G´´´- G´´´´ Spekulative Geldanalgen Nichtgedeckte, „faule“ Kredite Platzende Geldblase

6 Beispiele Selbstbereicherungsvergütung
Durchschnittslöhne (brutto): in Gesamtdeutschland ca €; in Ostdeutschland ca €. Niedriglöhne unter 8.50 € in Thüringen jeder Vollzeitbeschäftigte; in Gesamtdeutschland 4 Millionen unter 7 €. Lohnspreizung zu den 10% Superreichen: von € zu 1 Mil. im Jahr: ca. 1:50; von € zu 5 Mil. im Jahr: ca. 1:500 Frage: Was ist eine leistungsgerechte und menschenwürdige Entlohnung?

7 Was bewirkt die „Ungleichheit“ im Sozilagefüge der Gesellschaft?
Nach Studien von Kate Pickett und Richard Wilkinson in „Gleichheit ist Glück – Warum gerechtere Gesellschaften für alle besser sind“, Berlin 2010 Parameter: Mord, Selbstmord, Fettsucht, Teenagerschwangerschaft, Kindersterblichkeit, psychische Krankheiten, Zahl der Inhaftierten, Bildungsstand von 15jährigen, soziale Mobilität, Stellung der Frau... - nach Zahlen der WHO, Weltbank, UNO u.a. Beispielzahlen: Ungleichere zu gleicheren Länder: Mordraten 10 mal, psychische Kranke 3 mal, Teenagerschwangerschaft 7 mal höher 7

8 3. Die Arbeitsparadoxie ● Trotz höchster Technisierung der Arbeit und Schwund an Erwerbsarbeit nicht Entlastung in der Arbeit, sondern > längere Arbeitszeit und größere Ausbeutung der Arbeitenden einerseits, > Ausgrenzung von immer mehr Menschen aus Arbeit in die Arbeitslosigkeit andererseits. So nicht Überwindung, sondern Vertiefung der „Entfremdung des Menschen in der Arbeit“, - trotz gegenteiliger Möglichkeiten durch hohe Produktivität, hohe Wertschöpfung. ● Die Zahl aller Arbeitsstellen ist in D durchschnittlich um jährlich 1% gesunken; in der Industrie von 1991 bis 2004 von auf 10,3 Mil. ● Zahl der Arbeitslosen von 1991 – von 2,6 auf 5,2 Mil. Gestiegen. ● Gegenwärtiger Trend geringerer Arbeitslosigkeit nur konjunktur- und demographiebedingt, nicht strukturell überwunden?

9 4. Die Umweltparadoxie 2011 bei 1,5 ● Ökologischer Fußabdruck in Deutschland bei dem 3-4 Fachen des verträglichen Maßes ● Ökologischer Fußabdruck in den USA bei dem 10 Fachen ● 2 Grad-Ziel erreichbar, wenn in Jahren der CO2-pro-Kopf-Ausstoß in D von 11 t auf 2 t , in den USA von 19 t auf 2t abgesenkt wird. ● Herrmann Scheer, Al Gore: Wissen und Technologie dafür sind vorhanden Doch bisher weiterer Anstieg CO2 Ausstoß (entgegen dem Kiotoprotokoll).

10 5. Die Entwicklungsparadoxie
● Millenniumsziel der UNO: bis 2015 Armut und Hunger in der Welt zu halbieren. Selbstverpflichtung der Industriestaaten 0,7% des BIP für Entwicklungshilfe zu geben. ● Deutschland liegt 2011 mit 9,61 Mrd. € bei 0,38% (England 10,29 Mrd.; Frankreich 9,74 Mrd. €) ● Für Rüstung werden jährlich weltweit ca. 1 Bio. US$ ausgegeben = 1/12 der Entwicklungshilfen. ● Kontraproduktiv zu den Entwicklungszielen sind vor allem: 1. Die Welthandelsbedingungen gegenüber den Entwicklungsländern: - durch einseitige Freihandelsabkommen, Protektionismus durch Produktions- und Exportsubventionen für landwirtschaftliche Produkte in den Industrieländern: z.B ca. 349 Mrd. Dollar, mehr als ½ Mrd. Dollar pro Tag, = dies unterläuft die Preise auf heimischen Märkte um 50-70% , ruiniert so die dortige Landwirtschaft, provoziert Hunger 2. Land-Grabbing: „Kauf“ von großen Landflächen in den Entwicklungsländern durch Transnationale Konzerne der Industriestaaten zum Anbau von Nahrungs- und Futtermittel, für Biospritpflanzen u.ä.; oft verbunden mit krimineller Enteignung und Vertreibung der ansässigen Bevölkerung.  Frage: Worauf baut unser Wohlstand in den reichen Industriestaaten?

11 6. Die Rüstungs- und Kriegsparadoxie
● Mit dem Zerfall des Ostblocks Wegfall der Hauptgründe für den weltbeherrschenden Rüstungswettlauf zischen Ost und West. ● An Stelle einer neuen Friedenspolitik neue NATO-Strategie : militärische Auslandseinsätze gegen „Terrorismus“ und gegen eine „Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen“ Weißbuch der Bundeswehr 2006: „Auslandseinsätze der Bundeswehr zur Verteidigung deutscher Wirtschaftsinteressen“ ● Rüstungsetat der BRD von auf 2010 um 5,6 % auf 31,1 Mrd.€ gestiegen, von 2006 zu um ca. 10%. ● Rüstungsexport Deutschland mit 11% des Welthandels an 3. Stelle nach den USA und Russland. Problemanzeige: In Deutschland entscheidet über Rüstungsexporte das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle und Wirtschaft, d.h. Außenwirtschaftspolitik, nicht Außenpolitik und Sicherheits- und Friedenspolitik

12 Rüstungspolitik im Widerspruch zum Grundgesetz?
● Grundgesetz, Präambel: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ... in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen...“ Art. 26: „Handlungen, die geeignet sind und in Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenwirken der Völker zu stören, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“ Das modernste U-Boot der Welt, ISUS 90, Exportschlager der BRD

13 Das fragile Gleichgewicht unserer Welt
Wird verstärkt durch: ● Weitere Bevölkerungs- explosion in EL ● Nacheiferndes Wachstum der EL ● Zusammenbruch der erdölbasierenden Energieversorgung (Peak Oil) ● Erschöpfung sonstiger natürlichen Ressourcen (Peak Every-Thing) ● Kriege um Ressourcen und Land („landgrabbing“, Auslandseinsätze um Zugang zu Rohstoffquellen, Handelswege...) ● Hungerkatastrophen und Aufstände, Migrationsströme, Diktaturen, Nichtregierbarkeit von Ländern, sozialethischer Verfall der Massen... 13

14 Erste Schlussfolgerungen?
1. Der Kern der zivilisatorische Krise unserer Zeit liegt nicht in der mangelnden Leistungsfähigkeit ihrer Wirtschaft, sondern in ihrem ethischen, politischen und ökonomischen Unvermögen, mit Hilfe der Reichtümer die sozialen und ökologischen Krise unserer Zivilisation zu lösen. 2. Bei der Lösung der Krise kann es primär nicht um noch mehr Reichtum, um noch mehr Wachstum und noch schnellere technische Entwicklung gehen, sondern um einen grundlegenden anderen Umgang mit Reichtum, Können und Vermögen. „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein.“ (Aus dem Ahlener Programm der CDU von 1947)

15 Die Logik verstehen - die Systemfrage stellen
Will man die Fehlentwicklungen unserer gegenwärtigen Zivilisation überwinden, muss man: 1. die innerste Logik unserer vorherrschenden Wirtschaftsweise erkennen und verstehen: > Was sind ihre leitenden Prinzipien, Mechanismen und Glaubenssätze ? 2. Muss man die Systemfrage stellen: nicht im alten ideologischen Sinne, sondern im Sinn der Systemtheorie und der reinen Logik: Was sind die mentalen und die strukturellen Ursachen der Fehlentwicklung? Wie kann das System so verändert werden, dass die Fehlentwicklungen überwunden werden? - Was wird falsch gedacht? (mentale Ebene); - Was wird falsch gesteuert? (strukturelle Ebene) - Was funktioniert von daher falsch? Was müsste wie anders funktionieren? Ziel: nicht nachträgliche Symptombehandlung (z.B. Umverteilung von oben nach unten), sondern von den Ursachen her die Fehlentwicklungen verhindern (z.B. Bereicherung von unten nach oben)

16 II. Klärung der Ursachenfrage
Die eher vordergründigen Ursachen Für die 2008 ausgebrochene Finanz- und Wirtschaftskrise wird gesehen: 1. die Gier der Finanzmager, der Investmentbanker, der Kapitalanleger („Gier macht blind, dumm“  Verantwortungslosigkeit  fachliches Versagen). ● Michael C. Burda, Prof. für Wirtschaftstheorie Humboldt-Univ. Berlin: (Spiegel 4/2009): “Als Ökonom kann ich diese Gier nicht verurteilen. Ich muss sie sogar loben! Ohne das Streben nach Gewinn, das der Motor unseres Wirtschaftsstreben ist, wäre der Wohlstand, den wir genießen, unmöglich.“ 2. Die mangelnde Kontrolle der Finanzmärkte. 3. Die Fehlentscheidung der Politiker, die sich flächendeckende ab 2000 durchsetzten: Beschlüsse der Parlamente, abschöpfende „Finanzprodukte“ zuzulassen (gemischte Fondspakete, Derivatenhandel, Hedgefonds, Leerverkäufe usw.). ● Zitat aus CDU-Wahlprogramm 2005: "Wir entschlacken die Vorschriften zum Kreditwesengesetz und führen die bestehende Überregulierung bei der Bankenaufsicht auf das notwendige Maß zurück. Wir schaffen international attraktive Bedingungen für Wagniskapital, um die Gründung von innovativen Unternehmen zu fördern. Wer wagt, der gewinnt. 16

17 Die Kernursache der ökonomischen Fehlentwicklung
Leitprinzipien kapitalistischer Wirtschafweise: das Kapitalisierungsprinzip: aus Geld muss mehr Geld werden das Privatisierungsprinzip: Privatisierung jeder Wertschöpfung („Akkumulation der Wertschöpfung in Privatverfügung“) Also nicht die Bereitstellung nützlicher Güter, Dienstleistungen und sinnvoller Arbeitsplätze für alle, sondern Profitmaximierung und Mehrung des Kapitals in Privatverfügung als Ziel und Zweck allen Wirtschaftens (Renditensteigerung als Ziel unternehmerischen Handelns). Daraus vier weitere kapitalistische Prinzipien: 1. Das Verwertungsprinzip: alles muss zur Geldvermehrung verwertet werden, „muss sich rechnen“: Natur, Mensch, Kultur, Religion... = Monetarisierung des Lebens; 2. Das Konkurrenzprinzip: Wirtschaften im Gegeneinander, im gegenseitigen Über- vorteilen, Verdrängen Der Wachstumsprinzip auf Grund des Profitmaximierungsprinzips, des Wachstums- wettlaufs – durch Konkurrenzprinzip erzwungen Das Externalisierungsprinzip: Abschieben aller Last- und Folgekosten (Natur, Soziales) auf Allgemeinheit – Folgen des Profitmaximierungsprinzips.. 5. Das Deregulierungsprinzip der Wirtschaft: weitgehendster Rückzug von Staat und Regeln aus Wirtschaft

18 Systemfehler – Mechanismen kapitalistischer Wirtschaftsweise (strukturelle Ebene)
Die Abschöpfungs-, Bereicherungs- und Externalisierungsmechanismen kapitalistischer Wirtschaftsweise ● Finanzwesen: > spekulativer Geldhandel, > abschöpfendes Bankenwesen, > leistungslose Gewinne im Zinswesen, ● Eigentumsordnung: Privateigentum an Grund und Boden, Grundversorgungsgütern; Unternehmen, Immobilien zur leistungslosen Abschöpfung anderer Leistung ● Unternehmensverfassung: Akkumulation des Mehrwertes in Privatverfügung, ethikloses Handeln, Verdrängung vom Markt, Zerstörung und feindliche Übernahme ● „Entlohnungssystem“: Spitzenlöhne weit über jedes Leistungsvermögen ( fache ), Absenken der unteren Einkommen ● Steuer- und Sozialsystem, Abbau der solidarischen, paritätischen und progressiven Prinzips; Kommerzialisierung des Sozialsystem, Entlastung der hohen Einkommen ● Liberalisierung und Deregulierung der Märkte, neoliberaler Globalisierung ● Welthandelsordnung: Bevorteilung der reichen Länder

19 Dahinterstehende Ideologien, Mythen, Halbwahrheiten, Lügen (mentale Ebene)
● Eigennutz und Konkurrenz würde wie von einer „unsichtbaren Hand geleitet“ zum Wohlstand aller führen (Adam Smith 18. Jahrhundert). ● Der liberalisierte Markt löse automatisch sich selbst stabilisierend alle Verteilungsprobleme („Selbstheilende Kräfte des Marktes“). ● Freihandel würde automatisch zum „komparativen“ Vorteil für alle Beteiligten wirken (David Ricardo 18. Jahrhundert). ● Privatisierung und Kommerzialisierung aller Güter des Lebens brächte höchste Effizienz und größten Wohlstand. ● Kapitalanhäufung und Reichtum in der Hand weniger würde die unteren Bevölkerungsschichten mit nach oben ziehen („Pferdeapfeltheorie“ von M.Theatcher). ● Ständiges exponentielles Wachstum der Wirtschaft sei möglich und Wirtschaft ginge nur im ständigen Wachstum. ● Kapitalismus sei Voraussetzung für Freiheit und Demokratie. 19

20 Der Materialistische Grundirrtum
Leben und Glück seien im Haben und immer mehr Haben, im Machen, Unterwerfen zu finden. 20

21 Schlüsselfrage Menschenbild
Hinter der kapitalistischen Wirtschaftsweise und ihren Ideologien steht das sozialdarwinistische Menschenbild: ● Der Mensch sei von Natur aus ein auf Egoismus, materielle Bereicherung, Neid, Konkurrenz, Aggressivität hin angelegtes Wesen. Nur im Ausleben dieser Gaben könne der Einzelne gut leben und die Gattung Mensch in der Evolution überleben. ● Die Bedürfnisse und Gaben von Solidarität, Nächstenliebe, Teilen und Verzichten, Verantwortung, spiritueller Sinngebung werden verleugnet oder als sublimierter Egoismus umgedeutet oder im besten Fall ins rein Private abgeschoben. ● In der kapitalistischen Wirtschaftsweise kommt der Mensch nur vor: als Egomane Ich, - als Kunde/Konsument, - als Konkurrent, - als Kostenfaktor ● Aus der Kombination dieses Menschenbildes und den Wirtschaftsideologien werden Egoismus und Streben nach Reichtum, das Austricksen und Übervorteilen des anderen, Konkurrenzdenken, Ellbogenmentalität, Aggression und Gewalt auf allen Ebenen des Lebens und der Gesellschaft zum selbstverständlichen Leitbild und Lebensstil. Richard David Precht in „Die Kunst kein Egoist zu sein“: „Ein außerirdischer Beobachter, der auch nur einen einzigen Tag lang die Werbung in Fernsehen, Radio, Zeitungen und Internet studierte, würde kaum ein Indiz dafür finden, dass wir in einer ... Gesellschaftsordnung leben, die auf Kooperation, Solidarität und Zusammenhalt beruht. Was er wahrnähme, wäre eine Propaganda, die ... nichts anderes betreibt als die unausgesetzte Förderung des Egoismus“.

22 Exkurs: Wirtschaftswachstum
Quantitatives Wachstum ist nur möglich, wenn Wachstumsfelder offen sind.. Offene Wachstumsfelder Bevölkerungswachstum Ungesättigte Märkte Wirtschaftswachstum Unbegrenzte Ressourcen Neue Aufbauphasen Bei nahezu geschlossenen Wachstumsfelder führt weiteres erzwungenes Wachstum zum Druck nach innen und in Crash-Situationen – oder zur Expansion nach außen. Geschlossene Wachstumsfelder Krise Wirtschaftswachstum, Wachstumsfalle Gesättigte Markte Kein Bevölker- rungswachstum Begrenzte Ressourcen Beendete Aufbauphase 22

23 1. Denkfehler: Das Nichtverstehen von Wachstumsgrößen
Das Bemessen des Wachstums in Prozenten (BIP) führt zum exponentiellen Wachstum, d.h. zu ständig steigenden Wachstumsgrößen (Stückzahl). Drei Wachstumskurven: a) natürliches Wachstum: hört bei einem Optimum auf zu wachsen und stabilisiert sich. b) lineares Wachstum: gleichbleibender Zuwachs (gleiche Wachstumsgröße) c) exponentielles Wachstum: jährl. prozentuelles Wachsen (Wachstumsrate), d.h. Zuwächse gehen ein in Sockelbetrag des Folgejahres (Verdoppelungseffekt) Beispiel: Wenn heute in Deutschland in einem Jahr Autos produziert werden, sind das bei 6% Wachstum in 12 Jahren Autos in einem Jahr. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Kenneth E. Boulding, USA: „Jeder, der glaubt, dass exponentielles Wachstum für immer weitergehen kann in einer endlichen Welt, ist entweder ein Verrückter oder ein Ökonom.“ 23

24 2. Denkfehler: Die falsche Bemessung von Wohlfahrt
Das Bemessen von Wirtschaftswachstum nach dem Bruttoinlandprodukt (BIP): es misst rein quantitativ die wirtschaftlichen Umsätze in Geldwerten. Das heißt irrsinniger Weise: > Aufbau nach Zerstörungen bringt BIP-Wachstum; > material- und energiesparende Effizienz bringt rückläufiges Wachstum; > die qualitative Entwicklungen der Gesellschaft wird nicht gemessen. Die „Glücksforschung“ zeigt: BIP und Lebenszufriedenheit laufen nicht zusammen ● Studie 2009: Die größte Lebenszufriedenheit in Ländern mit mittlerem Durchschnittseinkommen: - Costa Rica, Dänemark, Skandinavien, Island; - Deutschland an 30.Stelle, Simbabwe an letzter. ● Ab / Dollar Jahreseinkommen steigt der Glückspegel kaum noch. ● Seit 1990 fordert UNO vergeblich die Bemessung der Entwicklung mit ganzheitlichen Indizes (z.B. „Neuer Wohlfahrtsindex“, Human Development Index). ● Bisher hat nur der Himalaja-Staat Bhutan an Stelle des BIP das „Brutto-Sozialglück“ gesetzt: Ökologie, Kultur, Gesundheit, Bildung, Lebensstandart, Gemeinschaft, Zeitnutzung... „Zukunftsfähiges Deutschland“ Wuppertalinstitut 2008, S. 112

25 3. Denkfehler: Das Nichterkennen die Wachstumsfalle
Man könnte mit weiterem BIP-Wachstum die ökonomischen und sozialen Probleme lösen (z.B. Arbeitslosigkeit) - und durch grüne Technologien („Green New Deal“) könnte man Umweltverbrauch vom Wachstum entkoppeln. Tatsächlich lassen sich damit die ökologische, die soziale und ökonomische Crash-Tendenzen der Wachstumsökonomie nicht überwinden. 1. Ökologischer Crashtendenz: Die Einführung „grüner Technologien“ bringen kurzzeitig ein neues Wirtschaftswachstum, das je Technologie weniger Umwelt belastet, aber in der Summe der Wachstumszunahme zum „Rebount-Effekt“ (Rückschlageffekt) führt: Zunahme der Menge wiegt den Einspareffekt wieder auf (z.B. Auto, Elektrogeräte u.ä.). 2. Soziale und ökonomische Crashentwicklung: In den hochindustrialisierten Ländern mit annähernd gesättigten Märkten und Überangebot ist weiteres zwanghaftes Wachstum nur noch mit weiterer Rationalisierung, Arbeitsplatzabbau, Lohnsenkung, Arbeitsplatzverlagerung zu erreichen. Das treibt die untere Hälfte in Armut und Präkarisierung, somit in eine wachsende Schere zwischen Überangebot und Unterkonsum und damit in eine sich verstärkende Wachstumsfalle. (Radermacher: „Kannibalisierung“ der Wirtschaft, „Brasilianisierung“ der Gesellschaft) 25

26 Natürliches Wachstum und Gleichgewichtsökonomie
Reifezeit Natürliches Wachstum - Vorbild auch für die Wirtschaft? Abnehmendes Wachstum Exponentielle Wachstumsphase Langsame Keimzeit Gleichgewichtsökonomie anstelle einer Wachstumsökonomie hieße: • Die Wirtschaft wächst quantitativ nur in bes. Aufbauphasen. Bei Erreichen eines Sättigungsgrades geht das Wachsen zunehmend in qualitative Entwicklung über: Qualitätsprodukte, Wachsen kultureller, sozialer, geistiger Lebensqualitäten – dabei Schrumpfen materiellen Verbrauchs. • Dies geschieht in einer ständigen dynamisch sich einpendelnden Sinusbewegung - sowohl für einzelne Güter wie für die gesamtökonomische Entwicklung. • 1. Voraussetzung: das Herausnehmen wachstumstreibender Mechanismen und Ideologien: die kapitalistischen Prinzipien, ihre Abschöpfungs- und Externalisierungsmechanismen. • 2. Voraussetzung: das Zusammenwirken von a) Konsistenzstrategie (ökolog. Anpassung), b) Effizienzstrategie (ökologische Technologien), c) Suffizienzstrategie („Mit weniger besser leben“)

27 III. Leitvorstellungen, Prämissen, sozialethische Grundlagen einer postkapitalistischen lebensdienlichen Ökonomie Grundanliegen einer postkapitalistischen lebensdienlichen Ökonomie Sie will die Prinzipien und die Abschöpfungs-, Bereicherungs- und Externalisierungsmechanismen kapitalistischer Wirtschaftsweise überwinden. 2. Sie will die Wirtschaft zu ihrem eigentlichen lebensdienlichen Sinn bringen: > Bereitstellung nützlicher Produkte, Dienstleistung, > Schaffung sinnvoller Arbeitsplätze, > dies in solidarischer Teilhabe aller, > in Entwicklung eines kulturell und sozial stabilen Gemeinwesens, > in Erhaltung des Ökosystems. 3. Sie will auch im Bereich des Wirtschaftens a l l e n Menschen zu einem menschwürdigen Leben verhelfen. 4. Sie kann so die Wirtschaft zur Vernunft ihrer eigenen Nachhaltigkeit bringen.

28 Die Notwendigkeit eines tiefgreifenden Paradigmen- und Systemwandels
1. Auf mentaler Ebene: Paradigmenwechsel in den Köpfen und Herzen der Menschen: anstelle Denkmuster und Ideologie der Bereicherungsökonomie solidarisch-kooperatives Wirtschaftsverständnis. 2. Auf struktureller Ebene: Systemveränderung in der Wirtschaftsordnung : anstelle Abschöpfungs- und Bereicherungsmechanismen des Kapitalismus solidarisch-kooperative Wirtschaftsstrukturen.

29 Ausgangspunkt: Das ganzheitliche Menschenbild und Lebensverständnis
1. Der Mensch eingebunden im ökologischen Netzwerk der Erde („Ökologischer Imperativ“) 2. Der Mensch ein Sozialwesen (relationales Menschenbild): > kann nur in Beziehung, in Gemeinschaft leben, > braucht sich Regeln gebende Sozietät 3. Ganzheitlich duales (christlich-humanistische) Menschenbild: > der Mensch sowohl ein auf Egoismus, Aggressivität und Habenwollen, > wie ein auf Mitempfinden, Solidarität, Kooperation, Verantwortung, sinnvolle Verzicht, spirituelle Sinnfindung hin angelegtes und begabtes Wesen Erkenntnisse der neuere neurobiologischen, sozialpsychologischen Forschungen nach: „Nicht Konkurrenz, Aggression und Kampf ums Dasein, - sondern Kooperation, Zugewandheit, Empathie, Vertrauen und Wertschätzung sind die besseren Stimulanzien biologischer, sozialer, auch wirtschaftlicher Systeme.“ (Gerald Hüther, Joachim Bauer, Christian Felber) 29

30 Sozialethische Bestimmung des Menschen – Wertebedingung einer menschlichen Zivilisation
Die sozialethische Bestimmung des Menschen hat einen dreifachen Grund: 1. in seiner Empathiefähigkeit: die Not, das Leid des anderen rührt sein Herz, 2. in der Zweckmäßigkeit des Guten: „Was du willst, das dir die Leute Gutes tun, das tue ihnen auch!“ (Goldene Regel) 3. in erfahrener Wertsetzung aus dem Unbedingten, der „Stimme des Gewissens“, des Göttlichen, das Wahre und Gute zu tun über das jeweilig Opportune hinaus. Die menschliche Zivilisation lebet aus vier Wertsetzungen: 1. Technisch-wirtschaftliche Innovationskraft: gute materielle Lebensvoraussetzungen schaffen. 2. Sozietät: ein Sozialwesen, Staat, Völkergemeinschaf aufbauen, in der Regelwerke zur Realisierung des Gemeinwohl entwickelt werden. 3. Solidarität: Verhaltensweisen, in denen Schwächere vom Stärkeren mit getragen werden, weil nur im gegenseitigen Beistehen Gemeinschaft tragend, menschlich und stabil ist. 4. Spiritualität: die Erfahrung von vorgegebenen geistig-seelischen Werten, Wahrheiten, der Antrieb zum Gutsein, zur Liebe, religiöse Tiefenbindung, Sinnfindung... Fragen: Wie verhalten sich die kapitalistischen Leitvorstellungen und Praktiken zur sozialethischen Bestimmung des Menschen? Wie verhalten sie sich zu der Zivilisationsfähigkeit der Menschheit? 30

31 Überblick: Ökonomische Prämissen einer postkapitalistischen Wirtschaftsweise
Friedliche Konfliktlösung Statt Konkurrenz- Kooperationsprinzip Beteiligungs- Ökonomie aller Zu einer Wertegeleiteten Wirtschaft zurückfinden Abschöpfungs- und Bereicherungsmecha- nismen überwinden Statt Wachstums- Ökonomie Gleichgewichtsökonomie Entschleunigung + ganzheitliche Wertschöpfung Demokratisierung + Mitbestimmung Primat der Politik Neuer Gesellschaftsvertrag (neue Verfassung)

32 IV. Entwurf einer postkapitalistischen lebensdienlichen, solidarischen gemeinwohlorientierten Ökonomie Arbeitsmethodischer Ansatz 1. Systemischer Ansatz: Wirtschaft im Sinne des Systemtheorie als ein hochkomplexes System begreifen, systemische Veränderungen suchen 2. Radikaler Ansatz: im wörtlichen Sinn von den „Wurzeln“ , den Ursachen her Veränderungen suchen 3. Elementarer Ansatz: von den elementaren Grundvollzügen wirtschaftliche Funktionen begreifen und neu aufbauen 4. Realutopischer Ansatz: über das bisher Gedachte und bisher Machbare hinaus denken („Utopia“ = der Ort, wo noch keiner war, wir aber hin müssen). Im zweiten Schritt nach Realisierungsmöglichkeiten suchen Drei Testfragen: 1. Überwinden die neuen Systementwürfe ursächlich die systemischen Fehlentwicklungen unserer Wirtschaftsweise? 2. Können die neuen Strukturen ökonomisch grundsätzlich funktionieren? 3. Entsprechen die neuen Ansätze einem realistischen Menschenbild?

33 Bausteine einer Lebensdienlichen Ökonomie („Systemweichen“)
Neue Arbeitskultur Leistungsgerechtes Lohnsystem Neue Eigentumsordnung Neue Finanzordnung Partizipatorisches Unternehmertum Ökologische Kreislaufwirtschaft Solidarisches Steuer+Sozialsystem Ökosoziale Globalisierung + Regionalisierung

34 (1) Neue Eigentumsordnung:
● Privateigentum wird gewährt und geschützt, sofern: - durch eigene Leistung geschaffen, dem eigenen Lebensunterhalt dient, dem Gemeinwohl dient (Sozialpflichtigkeit des Eigentums), - nicht als leistungsloses Abschöpfungsinstrument fremder Leistung genutzt wird. Eckpfeiler: 1. Entprivatisierung von Grund und Boden, natürlichen Ressourcen, große kulturelle Güter, gehen in Gemeineigentum über (klassische Allmende), Können zur Nutzung verliehen werden (z.B. Erbpacht). 2. Entprivatisierung der Öffentlicher Güter der Daseinsvorsorge, gehen in gemeinnützige öffentliche Trägerschaft, werden rein betriebswirtschaftlich geführt (moderne Allmende). 3. Nutzungsbestimmtes Eigentumsrecht tritt an Stelle des ursprungs- bestimmten Eigentumsrechtes („Ersitzung von Eigentumsrechten“) 4. Einnahmen durch Mieten und Pachterträge dienen nur zu deren Errichtung, Erhaltung, Verwaltung, nicht einem leistungslosem Einkommen.

35 (2) Neue Finanzordnung ● Das Geld wird auf seine eigentlichen lebensdienlichen Funktionen zurück geführt Es dient 1. als Tauschmittel, als Aufbewahrungsmittel als Spar- und Kreditmittel, als Wertmaßstab für quantifizierbare Werte. ● Die Ware-Geld-Beziehung auf ihre zweckdienliche Funktion zurückgeführt: W – G – W statt: G – W – G´ oder G´- G´- G´´- G´´´ Somit kein abschöpfender Handel Geld mit Geld – Überwindung der kapitalistischen Geld-Geld-Akkumulation (der „Finanzindustrie“) Eckpfeiler: 1. Neuordnung Bankenwesen: Banken als reine gemeinnützige Dienstleistungs- unternehmen (Maklerfunktion) in Öffentlicher Hand ohne Gewinne, mit festen Gehältern. („Demokratische Banken“). 2. Einführung des Vollgeldsystem: Geldschöpfung allein durch Zentralbanken, volle Deckung aller Kredite durch Einlagen 3. Zinssystem: - einmalige Kreditgebühr statt Zins Geldeinlagen ohne Zins, Bankenservice ist „Gewinn „genug. 4. Kapitalisierung der Unternehmen allein durch Rücklagen und durch Geschäftsbanken 5. Finanzwirtschaft: Verbot allen (spekulativen) Geldhandelns: Börsen- und Aktienhandel, Hedgefonds, Derivate usw. (Allokation des Geldes durch Realwirtschaft, realwirtschaftl. Kredite, Steuer-Förder-Politik)

36 Exkurs: Unternehmertum, Markt und Wettbewerb
● Chancen privaten Unternehmertums: hohe Eigenverantwortung, Innovationskraft und Kreativität ● Verantwortlich nicht nur für persönliche Gewinne, sondern ebenso für Wohlergehen der Mitarbeiter und für das Gemeinwesen – sozialethische und ökologische Kompetenz. Ansonsten wird Unternehmertum zum „Raubrittertum.“ (z.B. entartetes Bankenwesen, TNK...) ● „Markt“ und „Marktwirtschaft“ nicht = Kapitalismus, sondern: Austausch von Waren und Leistungen im Wechselpiel von Angebot und Nachfrage über Medium Geld/Preis - in einer arbeitsteiligen Gesellschaft unverzichtbar. ● Kein Markt ohne Rahmenbedingungen und Regeln, z.B. Anerkennung von Geld, Tarifverträgen, Ladenöffnungszeiten, Ausschreibungspflicht, Kartellgesetze Diese können systemprägend unterschiedliche sein, z.B.: > Kapitalistische/neoliberale Marktwirtschaft: ... > Soziale/ökologische Marktwirtschaft: ... > Kooperative solidarische Marktwirtsschaft: ... ● Merkmale Kapitalistischer Marktwirtschaft: > Profitorientiert zu Gunsten des Kapitaleigners; > Markt als Abschöpfungsinstrument > Konkurrenzprinzip; > Wachstumszwang; > Abbau gemeinwohlorientierter Regeln ● Die kapitalistische Schlüsselideologie, dass „Eigennutz wie durch eine unsichtbaren Hand zum Wohl aller führe“, ist Irrtum und Lüge: > Der gänzlich „freie Markt“ bevorteilt automatisch den Stärkeren, Egoistischeren, benachteiligt den Schwächeren, Ehrlicheren (Beispiel zwei Bäcker auf einem Markt). > In dieser „disproportionalen Gesetzmäßigkeit“ des Marktes liegt systemimmanent sein sozialethisches Versagen.

37 Kooperative Marktwirtschaft ?
● Anliegen: Rahmenbedingungen für Unternehmertum und Marktwirtschaft so gestalten, dass sie von kapitalistischen Prinzipien Gewinnmaximierung, der Konkurrenz , des Wachstumszwang befreit, zum kooperativem Wettbewerb, zum kooperativen, gemeinwohlorientiertem Marktverhalten kommen können. ● Bewegung Konkurrenz – Wettbewerb – Kooperation: - von individuell-kollektiv-egoistischen Anlagen und Bedürfnissen (Rivalität/Konkurrenz) - hin zu individuell-kollektiv-altruistischen Anlagen und Bedürfnissen. Frage des Menschenbildes und der Stimulation ● Kooperativer Wettbewerb? a) innerbetrieblich: - überzeugende Aufgabenstellung, Anreize Ergebnisses des „Wettbewerbsiegers“ allen zur Verfügung stellen - betriebliche Wirtschaftsräte ... b) zwischenbetrieblich: - verbindliche Gemeinwohlkriterien für alle (Bilanzierung) - Ausbau der Kartellbestimmung gegen „unlauteren Wettbewerb“ - Entwicklung regionaler Wirtschaftsräte - Herausnahme der Öffentlichen Güter aus dem freien Markt - Austausch der besseren Arbeitsweisen, Förderung des Schwächeren, solange es keine „Marktbereinigung“ geben muss

38 (3) Partizipatorische Unternehmensverfassung
● Prinzipien der kapitalistischen Unternehmensverfassung: Bilanzierung allein an Steigerung des Gewinns orientiert (z.B. Aktiengesetz) Entscheidungen in Unternehmensfragen allein durch Kapitaleigener (Shareholder-Prinzip) Prinzip der Konkurrenz, der Verdrängung, des Ausschaltens der Konkurrenten Eckpfeiler einer partizipatorischen Unternehmensverfassung: 1. Nachhaltigkeitsbilanz: Hineinnahme ökologischer, sozialer, gemeinwohlorientierter Kennzahlen in die Bilanzierung mit entsprechenden Steuer- und Förderregeln 2. Hineinnahme aller am Unternehmen Beteiligten und vom Unternehmen Betroffenen in Entscheidungen des Unternehmens durch Betriebliche Wirtschaftsräte • Kapitaleigner bzw. Besitzer, • Manager (Betriebsleitung), • Angestellten, • Kunden, • Lieferanten, • Vertreter der Öffentlichkeit, • Umweltverbände (Stakeholder-Prinzip) 3. Förderung Genossenschaftlicher Unternehmen (z.B. Macora-Gesetz) 4. Bildung Nationaler Wirtschaftsräte für Erstellung der sozialen, ökologischen, gemeinwohlorientierten Leitwertkennzahlen ; Bildung Regionale Wirtschaftsräte für konkrete regionale Rahmenvorgaben (vgl. „Zünfte“ früher, „Raumplanungsbehörden“ heute)

39 Exkurs: Warum Sozialpflichtigkeit, Gewinnbeteiligung und Mitbestimmung zum Unternehmertum gehören
● Wertschöpfung und Mehrwert wird auch in Privatunternehmen nicht allein durch den Kapitaleigner (Eigentum an PM) erarbeitet, sondern durch: 1. Gesellschaftliche Vorgaben (Infrastruktur, technisch-wissenschaftliche Vorleistungen, politische Ordnung, sozialer Friede u.a.), 2. Eingebrachtes Kapital (PM), 3. Mitarbeiterleistung, 4. Eigenleistung des Unternehmers ● Darum ist der erarbeitet Mehrwert aufzuteilen für: 1. Löhne und Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter, Staatssteuer und Sozialsteuer (Sozialpflichtigkeit), Investitionsrücklagen, 4. Private Gewinnanteile des Unternehmers (mit „Anreiz- und Begrenzungsprinzip“, „Kapitalabschreibung“ ? s.u.) ● Darum ist in allen Betriebsfragen die Mitbestimmung, Gewinn- und Risikobeteiligung aller Beteiligten geboten (genossenschaftliche Tendenz). ● So die Überwindung der Akkumulation des gemeinsam geschaffenen Mehrwertes in alleiniger Privatverfügung möglich. 39

40 „Kapitalverwässerung“
Exkurs: Zur Logik von Mitbestimmung, Gewinnbeteiligung und Gewinnabschreibung „Kapitalverwässerung“ _____ (115) (100) 40

41 Exkurs: Varianten und Umstrittene Fragen
● Unternehmermotivation durch: 1. ideell durch Sinngebung, hohe Selbstverwirklichung monetär: a) nur durch hohe leistungsgerechte tarifliche Entlohnung? b) auch Anspruch auf freie Gewinnanteile: mit Anreiz- und Begrenzungsprinzip? (bis zum 10-fachen des Durchschnittslohnes) ● Kapitalschwund des Ursprungskapitals: > „Abschreibungsprinzip“ für eingebrachtes Kapital durch Neuinvestition aus gemeinsamen Leistungen oder: > „Verwässerung“ des ursprünglich eingebrachten Eigenkapitals als kleiner werdender Anteil der Eigentumsrechte ● Kapitalbeschaffung für Unternehmen (Fremdfinanzierung) a) nur durch erarbeitete Eigenmittel? b) auch über Kredite durch öffentliche Hand („Demokratische Banken“) ? oder auch: c) durch private Geldanlagen, auch verkaufbar? d) Geldanlagen nur in Direktbindung an das Unternehmen, mit Gewinn- und Risikoanteilen (Islamische Banken, Genossenschaftliches Prinzip )?

42 (4) Leistungsgerechtes und solidarisches Lohnsystem
Im bisherigen Lohnsystem erkennbar: ● Kriterien für Arbeitsleistung: Leistungsintensität, Qualitätsanspruch und Ausbildungsgrad, Verantwortungslast. ● Arbeitsleistungsvermögen schwankt zwischen 0,5 und dem 5-fachen der Durchschnittsleistung eines guten Facharbeiters. ● Übliche Tariflöhne liegen zwischen € (Arzthelferin) und € (Geschäftsführer). Spreizung zu 80% bei 1 : 3; max. 1 : 10. ● Fazit: „Löhne“ die weit über dem 5-fachen des Durchschnittslohnes liegen, sind nicht durch eigenen Leistung erarbeitet; sind als „Raublöhne“ abzulehnen.

43 Eckpfeiler eines leistungsgerechten und solidarischen Lohnsystems
1. Generelle Bezahlung für jede Erwerbs- und Berufstätigkeit nur nach Tariflöhnen. 2. Lohnspreizung im Mindestlohn 0,5 des Durchschnittslohns, im Spitzenlohn bis zum 5-fachen (max. 10-fachen) der Durchschnittslöhne 3. Für Künstler, Freiberufler, Sportler und ähnliche Berufe statt „Knappheitskriterium“ variablen aufwands- leistungsgemäße Pauschalsätze 4. Solidarischen Lohnausgleich für sehr leistungsschwache Tätigkeiten (Mindestlohn)

44 (5) Ganzheitliches Arbeitskultur
Arbeit als ganzheitliche Wertschöpfung a) Materieller Wert: Produktivität, Entlohnung b) Sozialer Wert: soziale Einbindung, Anerkennung, soziale Sicherheit c) Psychischer Wert: Kreativität, Kommunikation, Verantwortung, ganzheitl. Betätigung d) ideeller, ethischer Wert: Sinnfindung, dem Guten dienen Wertschöpfung der Arbeit in drei Bereichen: Bezahlte Lohnarbeit /Erwerbsarbeit: als Arbeiter, Angestellter, Beamter, als Selbstständiger Unentgeltliche Eigenarbeit: Familienarbeit, Arbeit an Wohnung, Haus, Garten... Hobby u.ä. Ehrenamtliche Gemeinnutzarbeit: (Bürgerarbeit): Vereinsarbeit, Kulturelle Arbeit, Bürgerinitiativen, Chor, Freiwillige Feuerwehr, Mitarbeit in Parteien, Kirchen, Nachbarschaftshilfe u.ä. Die Überwindung der Entfremdung des Menschen in der Arbeit wäre dann gegeben, wenn sich der Mensch in allen drei Bereichen frei entfalten kann – und so das familiäre, kulturelle, gesellschaftliche Leben seine volle freie Entfaltung findet. 44

45 Das Recht der Erwerbsarbeit - Teilung des Arbeitsvolums
Besonderer Wert der Erwerbsarbeit: Hineinnahme des Menschen in den ökonomischen Prozess von > Arbeit, > Produktion, > Einkommen, > Konsumtion, > Steuer- und Sozialsystem (Beteiligungsökonomie). Hineinnahme aller arbeitsfähigen Menschen in den ökonomischen Prozess: 1. beste Grundlage eines stabilen und tragfähigen Sozialsystems, 2. beste Grundlage einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, 3. soziale Integration und Wertschätzung des Menschen. Darum ist das Recht auf Erwerbsarbeit als ein Grundrecht des Menschen verfassungsmäßig zu verankern. Eckpfeiler einer solidarischen Arbeitskultur: 1. Teilung des Arbeitsvolumens 2. Herabsetzung der Regelarbeitszeit auf z.B. 30 W-Stunden; große Flexibilisierung der Arbeitszeit. So Überwindung der strukturellen Arbeitslosigkeit, „Vollbeschäftigung“ als Teilhabe aller am Ökonomischen Prozess. 45

46 (6) Solidarisches Steuer- und Sozialsystem
● Vier Prinzipien eines solidarische Steuer- und Sozialabgabensystems: 1. Einheitsprinzip: Abgaben von allen Bürgern und allen Einkünften; 2. Solidarisches Prinzip durch progressive Besteuerung: höhere Anteile der wirtschaftlich Stärkere zu Gunsten der wirtschaftlich Schwächeren; 3. Paritätisches Prinzip: zu gleichen Anteilen zahlen Unternehmen und Angestellte Sozialabgaben (Bismarcksche Sozialsystem); 4. Lenkungsprinzip: Höhe der Abgaben nach sozialen und ökologischen Zielorientierungen. ● Eckpfeiler des neues Steuer- und Sozialsystems: 1. gemeinsame gesetzliche Kranken- und Sozialversicherung für alle Bürger (Bürgerversicherung, Umlagefinanzierung) 2. Steuerfinanziertes Sozialsystem: Ablösung der Sozialabgaben in den Unternehmen durch Wertschöpfungsabgabe 3. Besteuerung der Unternehmen nach ökologischen, sozialen Kennziffern 4. Besteuerung der Bürger durch Einkommensteuer und Sozialsteuer progressiv , 5. Verbrauchs- und Ressourcensteuer ökologisch und sozial zielorientiert. 46

47 Konturen eines vereinfachten Sozial- und Steuersystems

48 Bedingungsloses Grundeinkommen ?
● Idee und Begründung: Jeder Bürger erhält allein aus der Tatsache, dass er Bürger eines Sozialwesens ist, als soziale Grundsicherung eine bedingungsloses Grundeinkommen (BGE). ● Vorteile: Soziale Grundsicherung als Menschenrecht unabhängig von Leistungsfähigkeit; Keine entwürdigende Bedürftigkeitsprüfung; Radikale Entbürokratisierung. ● Funktion: Das BGE an Stelle der bisherigen Sozialleistungen: Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Kindergeld, Grund-Bafög, Grundrente... ● Das Aufkommen des BGE wird erbracht: a) aus der Sozialsteuer der Erwerbstätigen und der Unternehmen, b) aus Verbrauchssteuern. ● Drei (umstrittenen) Varianten: a) sehr hohes BGE, damit Arbeit zur freiwilligen Betätigung wird. b) relativ geringes BGE wird ohne Bedürftigkeitsnachweis Die Notwendigkeit der Erwerbsarbeit bleibt. c) das Grundeinkommen nach einer Negative Einkommensteuer verrechnet oder mit hoher Steuerprogression.

49 Beispielrechung Bedingungsloses Grundeinkommen und geteilte Erwerbsarbeit
Beispielberechnung: • Mann und Frau mit drei Kindern hätten ein Grundeinkommen von zusammen € (2 mal 600 € und 3 mal 300 € ). • Dazu würde Mann oder Frau oder gemeinsam in Teilanstellung mit Wochenstunden einer Lohnarbeit nachgehen - mit einem Nettoverdienst von etwa €. • Mit zusammen € Monatseinkommen wäre ein gutes Auskommen gegeben. Aber Vorsicht! Ein bedingungsloses Grundeinkommen allein löst die Arbeitskrise nicht! 49

50 Beispiel für das Zusammenwirken verschiedener Bausteine
in einer neuen Arbeits- und Sozialkultur Teilung des Arbeitsvolumens - ca. 30-Stundenwoche - hohe Flexibilisierung der Arbeitszeit Bedingungsloses Grundeinkommen anstelle Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Kindergeld, Bafög, Grundrente... - z.B. Erwachsene 600 € - Kinder 300 € Paritätisch steuerfinanziertes Sozialsystem: Ablösen der Sozialabgaben von Arbeitsplätzen, dafür Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen nach Arbeitsplatzkoeffizient Ausgleichendes, leistungsgerechtes Lohnsystem - „Zeit statt Geld“ für hohe Löhne, - Mindestlöhne in Niedriglohnbereich - Leistungsgerechte Löhne von 0,5 bis zum 5-fachen • So Hineinnahme a l l e r in ökonomischen Prozess von Arbeit, Produktion, Einkommen, Konsumtion, Steuer- und Sozialabgaben • und zugleich soziokulturelle Befreiung und Bereicherung im Zusammenspiel von Familien- und Eigenarbeit, Erwerbsarbeit, bürgerschaftliches Engagement und Muße! 50

51 (7) Ökologische Nachhaltigkeitsökonomie
● Unausweichliches Ziel: drastische Verringerung des Ressourcenverbrauchs und der Umweltbelastung durch Abprodukte („Schrumpfungswirtschaft“) ● Zusammenwirken von drei Strategien: Konsistenzstrategie: ökologische Übereinstimmung, Effizienzstrategie: ressourcensparende Technologie, hoher Wirkungsgrad, Suffizienzstrategie: „Mit weniger besser leben!“ (nötig weil „Rebount-Effekt“ der Effizienzstrategie!) Eckpfeiler: 1. schnellstmöglicher Umstieg auf regenerative Energie 2. Durchsetzung des Verursacherprinzips 3. Realisierung der Kreislaufwirtschaft (höchste Ressourceneffizienz) 4. Umstieg auf drastisches Reduzieren des Material- und Energiedurchsatzes 5. Umstieg auf suffiziente Lebensart ● Die wichtigsten mentalen, ökonomischen und politischen Voraussetzungen: a) Überwindung der Wohlstandsmehrungsideologien, b) Überwindung der Wachstumsideologie und Wachstumsmechanismen in der Wirtschaft. c) entsprechende Steuer-, Abgaben- und Fördersysteme. 51

52 (8) Ökosoziale Globalisierung und Regionalisierung
Eckpfeiler: neue internationale Regelwerke die Machtkonzentration der TNC verhindern bzw. auflösen, die kleingliedrige regionale Einheiten stärken, fairer Welthandelsbedingungen, ökosoziale Mindeststandards durchsetzen (z.B. ILO-Bestimmungen) 2. Reform oder Neuerfindung entsprechender internationaler Organisationen (neue WTO, IWF, Weltbank usw.) 3. verstärkte Regionalisierung der Wirtschaft durch beschränkende Einfuhrreglungen (Überwindung des Dogmas vom „Freihandel“) 4. Entwicklung einer modernen regionalen Subsistenzwirtschaft, Regionalwährungen u.a. 5. Vernetzung eigenständiger Regionen lokal, national, global. Nicht auf weltweite Einigung warten, sondern durch regionales, nationales, bilaterales Agieren von unten. 52

53 Leistungsgerechtes Lohnsystem
Das Zusammenwirken der Bausteine einer Lebensdienlichen Wirtschaftsweise Neue Arbeitskultur Leistungsgerechtes Lohnsystem Neue Eigentumsordnung Neue Finanzordnung Partizipatorisches Unternehmertum Ökologische Kreislaufwirtschaft Solidarisches Steuer+Sozialsystem Ökosoziale Globalisierung + Regionalisierung 53

54 V. Fragen der Umsetzbarkeit, politische Transformationsprozesse
Alternativen gibt es schon a) In bisherigen Sozialen Marktwirtschaft (Reformen im System): - Tariflohnsystem Mitbestimmungsgesetze - Öko-Steuer Kartellgesetze Ansätze von Finanzmarktregulierungen - Genossenschaftsbanken - Daseinsvorsorge in Öffentlicher Hand - Non-Profitunternehmen ... b) In alternativen Projekten (Ansätze von Systemalternativen): - gemeinnützige Banken (z.B. GLS-Bank, Oicocredit), - zinsfreie Regionalwährungen (Komplementärwährungen) - Tauschringe Zeitbanken - Betriebsübernahmen durch Belegschaften (Marcora-Gesetz) - genossenschaftliche Unternehmen alternative Lebensstilbewegung Ökologiebewegungen - alternative Ökonomiebewegungen .... Entscheidend ist unsere Wahrnehmung und unser Einsteigen.

55 Gruppierungen und Initiativen
·  Ökologiebewegung, Friedensbewegung, Dritte-Welt-Bewegung, Gerechtigkeitsgruppen, auch feministische Bewegungen... ·  Nichtregierungsorganisationen wie „Greenpeace“, Ärzte für den Frieden u.a. ·  Konziliarer Prozess der Kirchen ·  Kairos-Bewegung „Wirtschaft im Dienst des Lebens“ · „Ökumenische Initiative Eine Welt“ (ÖIEW) ·  Erd-Charta-Bewegung (eine sozial-ökologische Weltgemeinschaftsethik) ·  Lebensstilbewegung „anders besser leben“; kritische Verbraucherbewegung... ·  Attac-Bewegung , Sozialforen (Weltebene, europäischer, nationaler Ebene) ·  Global-Marshall-Plan-Bewegung (weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft) ·  Bewegungen einer „Alternativen Ökonomie“... . ·  „Anders wachsen – Wirtschaft braucht Alternative zum Wachstums“ ·  Neue Demokratiebewegung: Bürgerbeteiligungsdemokratie, „Verfassungskonvent“... · Alternative Internetbewegungen · ...

56 Solidarische Ökonomie im oder jenseits des Kapitalismus?
Reform oder Überwindung des Kapitalismus? Kapitalistische Ökonomie: - Prinzip Kapitalmehrung, Privatisierung; Konkurrenz, Wachstum Mechanismen der Bereicherung, Abschöpfung, Externalisierung... Solidarische Ökonomie: - Prinzip Kooperation, Solidarität, Teilhabe, Nachhaltigkeit... - Mechanismen der Partizipation, Kooperation, Nachhaltigkeit ... ? Zähmung, Reformen im Kapitalismus: - bei Beibehalten der kapitalist. Prinzipien und Mechanismen - aber Zähmung, Kontrolle, Beschränkungen... durch soziale und ökologische Auflagen (Regularien) „Ökosoziale Marktwirtschaft“ Konfrontativer Kampf oder Doppelstrategie?

57 Mögliche Szenarien, Handlungsstrategien
● Sanftes Übergangsszenarium: schrittweise Entwicklung zur gefestigten „Sozial-ökologischen Marktwirtschaft“, „Global-Marshall-Plan“ Voraussetzung: geleistete Vorarbeit, Einsicht in Politik und Wirtschaft, Primat der Politik... Handlungsstrategien: alternative Inhalte+Modelle einbringen; Doppelstrategie... auf Streit und Kampfsituation einstellen... ● Sanfte Crash-Entwicklung: massive Krisenentwicklung, Zusammenbrüche der alten Großstrukturen; Zivilgesellschaftliche Gruppierungen setzen systemverändernde Reformen, Alternativ-Projekte durch.... Voraussetzung: geleistete Vorarbeit; Paradigmenwechsel, Alternativprojekte werden aufgenommen; friedliche Entmachtung der alten Machtträger... Handlungsstrategien: alternative Inhalte + Modelle einbringen; Mobilisierung „der Straße“ zur friedlichen Erhebung; auf konsequente Wende bestehen, Alternativprojekte durchsetzen ... ● Eruptive Crash-Entwicklung: sozial-ökologische Crashs in weiten Teilen der Welt, Massenverelendung, Aufstände, Bürgerkriege, Migrationsströme... Zusammenbruch der politischen und ökonomischen Infrastrukturen und alten Machtzentren; Notstandsgesetze... Handlungsstrategien: Methoden der Friedlichen Revolution aktivieren; alternative Inhalte + Modelle einbringen, Überlebensinseln, Archen bauen; auf regionale Subsistenzwirtschaft umsteigen.... Neuanfang von unten ...

58 Erkenntnisse der Systemtheorie und Revolutionswissenschaften
: ● Entscheidend ist für das Gelingen einer „Wende“ ist die Frage, ob es vorher genügend Alternativkräfte gibt, ob es genug Menschen und Verant wortungsträger gibt, die den „Kairos“ begreifen und einen Paradigmenwechsel wollen und einleiten. 58 (nach Ervin Laszlo, Fritjof Capra u.a.)

59 ● Entwicklung eines Neuen Gesellschaftsvertrags (neues Grundgesetz)
Was ist zu tun? Auf gesellschaftlicher Ebene? ● Zuspitzung der Krise und Begreifen der Krise ● Breite Bildungs- und Aufklärungspolitik auf allen Ebenen ● Entwicklung alternativer Systementwürfe ● Entwicklung einer alternativen Lebensstilbewegung (neue Werteerfahrung) ● Entwicklung alternativer Projekte, Inselmodelle, Erprobungs- und Pionierarbeit ● Politische Bewegungsarbeit: gemeinsames Wirken zivilgesellschaftlicher Gruppen, Initiativen, Bewegungen, Bündnisbildung: Druck von unten, Demos, Blockaden... ● Befreiung der Politik aus der Umklammerung der Wirtschaft; neue Demokratiebewegung, alternative Parteien... ● Gesellschaftlicher Diskurs „Was wollen wir wirklich wirklich? (Frithjof Bergmann) ● Entwicklung eines Neuen Gesellschaftsvertrags (neues Grundgesetz) ● Die Machtfrage im demokratischen Prozess lösen ● ...

60 Vernetzungen, Bündnisbildung
· Netzwerke, Vernetzungsarbeit gefordert, aber bisher nur fragmentarisch, z.B. in: > Attac-Bewegung, Sozialforen > Kairos Europa > Ökumenische Initiative Eine Welt (ÖIEW) > Konziliarer Prozess der Kirchen ? > Freie, spontane Internetnetzwerke >  .... ? · Bündnisbildung bisher immer nur sporadisch bei großen Protestaktionen z.B. Massendemos gegen Irakkrieg, Antiatomkraft-Demos, gegen Finanzkrise, · Vorschlag: „Dachverband“ postkapitalistischer Bewegungen Seine Aufgabe? Wer sollte dazugehören? Durch wen aufbauen, organisieren?

61 Aufgabe der Kirchen und Christen?
1. Nicht zuerst die eigene institutionelle Selbstabsicherung suchen, sondern selbst zuallererst im neuen Hören aus den biblischen Inspirationen und spirituellen Gotteserfahrungen heute leben. 2. Das spirituelle, religiöse Suchen der Menschen aufnehmen, hier die transformierte biblische Botschaft einbringen: > Leben als Gabe und aus „Gnade“ > das ganzheitlich-christliche Menschenbild > den pseudoreligiösen kapitalistischen Verführungen entgegentreten. 3. Prophetisch Zeitansage wagen: Aufdecken der Mammon-Herrschaft und der Unrechtsstrukturen unserer Zeit, konkrete Schalomansage: Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung heute... 4. Parteinahme und Anwalt sein für die Opfer der Bereicherungs- und Ausgrenzungsökonomie... 5. Sich mit anderen Aufbruchsbewegungen verbünden. 6. Selbst in eigenen Strukturen, Gemeinden und Einrichtungen, Finanz- und Sozialwesen vorbildhafte Praktiken und Modelle entwickeln...

62 Handlungsfelder auf persönlicher Ebene
● Selbst begreifen, worum es geht ... ● Sehen, was ich davon im eigenen Leben umsetzen kann ... ● Entsprechende Meinungsbildung nach außen ... ● Entsprechende Initiativen, Bewegungen unterstützen, mitmachen ... ● Politische Forderungen, Druck von unten, bei politischen Aktionen mitmachen ... ●... 62

63 Zusatzfolien Solidarische Ökonomie:
Bernd Winkelmann Adelsborn 113a 37339 Kirchohmfeld Tel / 63910 Mail: 63

64 Literaturhinweise: Stand • Norbert Bolz, David Bossart: „Kultmarketing. Die neues Götter des Marktes“, 1995 • Matthew Fox: „Revolution der Arbeit. Damit alle sinnvoll leben und arbeiten können“, 1996 • Hans Peter Martin, Harald Schumann: „Die Globalisierungsfalle. Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand“, 1997 • Ulrich Beck (Hg.): „Die Zukunft von Arbeit und Demokratie,“ Frankfurt a.M • Heiner Geißler: „Ou Topos. Suche nach dem Ort, den es geben müsste“, 2009 • Wolfgang Kessler: „Weltbeben. Auswege aus der Globalisierungsfalle“, • Günther Moewes: „Geld oder Leben. Umdenken und unsere Zukunft nachhaltig sichern“, 2004 • Fritz Reheis: „Entschleunigung. Abschied vom Turbokapitalismus“, 2004 • Franz Josef Radermacher: „Global Marshall Plan. Ein Planetary Contract. Für eine Ökosoziale Marktwirtschaft” • Wolfgang Engler: „Bürger, ohne Arbeit. Für eine radikale Neugestaltung der Gesellschaft“, • Niko Paech: „ Befreiung vom Überfluss“, 2012 • Maynard Keynes „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zins und des Geldes“ und Aufsatz von 1943; hier widergegeben nach Karl Georg Zinn „Rezeptionslücken des Keynesianismus“, Hamburg 2008 • Ulrich Duchrow, Franz Josef Hinkelammer: „Leben ist mehr als Kapital. Alternativen zur Diktatur des Eigentums“, 2002 • Ulrich Duchrow, Reinhold Bianchi, Rene Krüger, Vincenzo Petracca: „Solidarisch Mensch werden. Psychische und soziale Destruktionen im Neoliberalismus – Wege zu ihrer Überwindung“, 2006 • Elmar Altvater / Nicola Sekler (Hrsg.): Solidarische Ökonomie“, 2006 • Joachim Galuska (Hg.): „Pioniere für einen neuen Geist in Beruf und Business. Die spirituelle Dimension im wirtschaftlichen Handeln“, 2004 • Manfred Linz: „Was wird aus der Wirtschaft? Über Suffizienz, Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit“, • Joachim Bauer: „Prinzip Menschlichkeit. Warum wir von Natur aus kooperieren“ ,Hamburg • Christian Felber: „Neue Werte für die Wirtschaft. Eine Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus“; 2008 • Christian Felber: „Gemeinwohl-Ökonomie“, 2010 • Maximilian Heubach: „Koordinatenwechsel. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Aufbruch“, • BUND und Brot für die Welt: „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt. Ein Anstoß zur gesellschaftlichen Debatte.“ Eine Studie des Wuppertal Instituts, • Dennis Meadows: „Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update, Signale zum Kurswechsel“, 2009 • Hans Peter Gensichen: „Nur die Armut wird uns retten. Geteilter Wohlstand in einer Gesellschaft des Weniger“, 2009 • Meinhard Miegel: „EXIT. Wohlstand ohne Wachstum“, Berlin 2010 • Susanne Schmidt: „Markt ohne Moral. Das Versagen der internationalen Finanzelite“, • Hans Küng „Anständig wirtschaften. Warum Ökonomie Moral braucht“, 2010 • Richard David Precht „Die Kunst kein Egoist zu sein“, 2010 • Thoma´s Sedla´cek: „Die Ökonomie von gut und böse“, 2009/2012 • Gil Ducommun: „Nach dem Kapitalismus. Wirtschaftsordnung einer integralen Gesellschaft“, 2005 64


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