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Die Psychologie des Fragens und Antwortens

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Präsentation zum Thema: "Die Psychologie des Fragens und Antwortens"—  Präsentation transkript:

1 Die Psychologie des Fragens und Antwortens
Ina Grau Bielefeld

2 Definition Ein Fragebogen besteht aus einer Reihe von Fragen oder Aussagen (Items), die jeweils in eindimensionaler Weise das gleiche theoretische Konstrukt messen sollen. Ob sie dies tun, wird mittels Reliabilitäts- und Validitätsüberprüfungen festgestellt. Den Befragten werden bestimmte Items, Antwortmöglichkeiten und Antwortskalen vorgegeben. Die Befragungssituation soll für alle Befragten möglichst ähnlich sein (standardisiert). Für die Befragung werden üblicherweise mehrere Fragebogen zu einem Gesamtpaket zusammengestellt, mindestens aber demographische Daten erhoben.

3 Mit dem Fragebogen messbare Merkmale

4 Persönlichkeitsmerkmale
Jedes veränderliche Merkmal, also jede Variable, mittels derer ein Individuum beschreibbar ist, kann zur Charakterisierung dieses Individuums und zugleich zur Unterscheidung dieser Persönlichkeit von anderen herangezogen werden: Merkmale der Aktivität und der Leistungen, der sozialen Umgangsweisen und Weltanschauungen, auch körperliche Merkmale zählen dazu. In der Psychologie dominieren Fragebogen darüber, wie man sich selbst sieht. Persönlichkeitsmerkmale gelten als relativ änderungsresistent. Beispiele: Extraversion, Offenheit, Neurotizismus

5 Wissen und Intelligenz
Intelligenz zählt zu den Persönlichkeitsmerkmalen. Die Besonderheit bei deren Messung besteht darin, dass es eindeutig richtige und falsche Antworten gibt und dass eine positiv verzerrte Selbstdarstellung nicht auftreten kann.

6 Einstellungen Eine Einstellung stellt eine Bewertung eines Einstellungsobjekts dar. Sie besteht aus Kognitionen („Pizza macht dick“), affektiven Bewertungen dieser Kognitionen oder des Einstellungsobjekts selbst („Ich mag keine Speisen, die dick machen“ bzw. „Ich hasse Pizza“) sowie Verhaltenstendenzen („Ich will künftig seltener Pizza essen“). Bei der Erfassung von Einstellungen geht man üblicherweise von einer gewissen Stabilität aus. Habituelle Einstellungen können als Persönlichkeitsmerkmale aufgefasst werden (z.B. Konservatismus). Einstellungsobjekte können Gegenstände, abstrakte Begriffe (Feminismus, Sozialismus), Personen (einschließlich der eigenen Person) und Personengruppen sein.

7 Selbstkonzept Das Selbstkonzept kann als Einstellung gegenüber der eigenen Person aufgefasst werden, so dass in Fragebogen ebenfalls kognitive, affektive und konative Aspekte angesprochen werden können. Konzeptuell ist es mit Persönlichkeitsmerkmalen eng verwandt, traditionell ist jedoch die Persönlichkeit Gegenstand der Differentiellen Psychologie, das Selbstkonzept Gegenstand der Sozialpsychologie. Hier wird stärker der Aspekt der Selbstdarstellung in einer sozialen Situation (der Befragung) betont, anstatt die „wahre“ Persönlichkeit erfassen zu wollen.

8 Verhalten Verhalten ist seltener Gegenstand von Befragungen, weil es sich auch von außen beobachten lässt. Allerdings kann man Verhalten nur dann beobachten, wenn es entweder sehr häufig auftritt (z.B. Stottern) oder sich im Labor auslösen lässt (z.B. aggressives Verhalten nach einer Provokation). Für einen Großteil von Verhaltensweisen trifft dies nicht zu (z.B. „Wie häufig haben Sie in Ihrer Jugend Haschisch geraucht?“). Somit bietet es sich an, Verhaltensweisen, die in der Vergangenheit aufgetreten sind („Sind Sie schon einmal fremdgegangen?“), gegenwärtige Verhaltensweisen, deren Häufigkeit man erfahren möchte („Wie oft trinken Sie Bier?“) oder für die Zukunft geplante Verhaltensweisen („Welche Partei werden Sie bei der nächsten Bundestagswahl wählen?“) mit Fragebogen zu erfassen.

9 Vorübergehende Personenmerkmale
Dazu gehören Emotionen (Angst, Wut, Freude), Stimmungen (betrübt, entspannt, schlecht gelaunt) und körperliche Zustände, z.B. Beschwerden (Kopfschmerzen, Rückenschmerzen), die häufig in medizinischen Befragungen thematisiert werden. Bei Variablen dieser Art ist es selbstverständlich nicht intendiert, überdauernde Merkmale zu erfassen. Im Gegenteil – häufig geht es darum, die Sensitivität von Fragebogen in Abhängigkeit von experimentellen Treatments oder Interventionen nachzuweisen oder zu nutzen, etwa wenn untersucht wird, ob Filme die Stimmung beeinflussen oder ob medizinische Behandlungen das subjektive Wohlbefinden steigern.

10 Kognitive Prozesse bei der Fragenbeantwortung

11 Aufgaben der Befragten
Interpretation Urteilsbildung Formatierung Editierung

12 Charakteristika eines Fragebogens
Instruktion Itemformulierung und Reihenfolge Antwortalternativen Skalen Alle Bestandteile können den Beantwortungsprozess beeinflussen!

13 Interpretation von Fragen
Semantisches und pragmatisches Verständnis „Mögen Sie Kohl?“ „Wie oft waren Sie im letzten Jahr beim Arzt?“

14 Einflüsse auf das Fragenverständnis

15 „Man sollte Abtreibungen verbieten.“
Itemformulierung „Man sollte Abtreibungen verbieten.“ „Man sollte Abtreibungen nicht erlauben.“ Da „nicht erlauben“ passiveres Verhalten beinhaltet, wird hier eher zugestimmt.

16 „Wie geht es Ihrer Frau?“ „Und wie geht es Ihrer Familie?“
Itemreihenfolge „Wie geht es Ihrer Frau?“ „Und wie geht es Ihrer Familie?“ Vermeidung von Redundanz aufgrund von Konversationsnormen

17 „Wie glücklich sind Sie mit Ihrem Leben?“
Einleitung „Die beiden folgenden Fragen beziehen sich auf zwei Aspekte persönlichen Wohlbefindens: das Lebensglück und die Lebenszufriedenheit“. „Wie glücklich sind Sie mit Ihrem Leben?“ „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben?“ Korrelation beider Items ohne Einleitung r = .91, mit Einleitung r = .59

18 Antwortalternativen „Wie oft sind Sie so richtig ärgerlich?“
O weniger als einmal pro Woche O ca. 1 x pro Woche O ca. 2 x pro Woche O ca. 4 x pro Woche O ca. 1 x pro Tag O mehrmals am Tag O einmal pro Jahr oder weniger O ca. 3 x pro Jahr O ca. 6 x pro Jahr O ca. 1 x pro Monat O ca. 2 x pro Monat O 1 x in der Woche oder mehr Im zweiten Fall werden seltenere Häufigkeiten vorgegeben. Man wird die Frage dementsprechend so verstehen, dass größere Ärgernisse gemeint sein müssen.

19 Gestaltung der Antwortskala
„Wie erfolgreich waren Sie bisher in Ihrem Leben?“ gar nicht erfolgreich sehr erfolgreich gar nicht erfolgreich sehr erfolgreich Die 2. (bipolare) Version bewirkt, dass die Befragten die rechte Skalenhälfte bevorzugen, da sie die negativen Ziffern jetzt als „Anwesenheit von Misserfolg“ interpretieren.

20 Urteilsbildung Nachdem eine Frage verstanden worden ist, müssen Informationen aus dem Gedächtnis abgerufen werden, mit deren Hilfe ein Urteil gebildet werden kann. Eine zentrale Erkenntnis der kognitiven Umfrageforschung besteht darin, dass Menschen nicht alle Informationen abrufen, sondern nur so viele, bis sie subjektiv der Meinung sind, nun mit hinreichender Genauigkeit die Frage beantworten zu können.

21 Welche Informationen herangezogen werden und welche nicht, hängt davon ab, wie stark sie zum Zeitpunkt der Urteilsfindung kognitiv verfügbar sind. Es gibt Informationen, die immer kognitiv verfügbar sind (z.B. die bevorzugte Partei für einen Stammwähler, der 40 Jahre lang die gleiche Partei gewählt hat), und es gibt Informationen, die nur deshalb kognitiv verfügbar sind, weil man kürzlich an sie erinnert worden ist, insbesondere durch den Fragekontext oder eine vorangegangene Frage in einem Fragebogen.

22 Einflüsse auf die Urteilsbildung

23 Einfluss des Befragungskontextes
Im Büro: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben?“ Bei der Familienfeier: Konsequenz: Kontext bei Interpretation berücksichtigen, Befragung standardisieren.

24 Einfluss der Fragenreihenfolge
„Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Partnerschaft?“ „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben?“ Korrelation r = .55 Korrelation r = .16

25 Selbstwahrnehmungstheorie
„Gehen Sie manchmal in die Kirche?“ „Beten Sie manchmal?“ „Gehen Sie häufig in die Kirche?“ „Beten Sie häufig?“ Im ersten Beispiel stufen sich die Probanden anschließend als religiöser ein. Sie erschließen ihre Einstellung aus ihrem Verhalten.

26 „Ich bekomme manchmal Komplimente.“
„Ich werde oft kritisiert.“ „Ich bin mit meinem Leben zufrieden.“ „Ich bekomme oft Komplimente.“ „Ich werde manchmal kritisiert.“

27 Einflüsse auf die Formatierung

28 „In welchem Ausmaß sind folgende Nahrungsmittel typisch deutsch?“
Vorangegangene Frage „In welchem Ausmaß sind folgende Nahrungsmittel typisch deutsch?“ Reis untypisch typisch Nudeln untypisch typisch Kartoffeln untypisch typisch Im Vergleich zu Reis erscheinen Nudeln typischer als im Vergleich zu Kartoffeln.

29 „Wie sympathisch sind Ihnen folgende Politiker?“
Angela Merkel unsympathisch sympathisch Kurt Beck Saddam Hussein

30 Konsequenz; Die absoluten Werte sind nicht aussagekräftig. Interpretiert werden sollten diese Werte nur in Relation zueinander, z.B. kann die Beliebtheit zweier Politiker verglichen werden oder die Beliebtheit eines SPD-Politikers kann in Abhängigkeit von der Parteipräferenz der Befragten analysiert werden.

31 Auswahl der Antwortalternativen
„Wie viele Stunden sehen Sie an einem normalen Werktag fern?“ Form A (niedrige Häufigkeitsangaben) Form B (hohe Häufigkeitsangaben) bis ½ Stunde ½ bis 1 Stunde 1 bis 1 ½ Stunden 1 ½ bis 2 Stunden 2 bis 2 ½ Stunden mehr als 2 ½ Stunden bis 2 ½ Stunden 2 ½ bis 3 Stunden 3 bis 3 ½ Stunden 3 ½ bis 4 Stunden 4 bis 4 ½ Stunden mehr als 4 ½ Stunden

32 In Form A geben nur 16.2% der Befragten an, mehr als 2 ½ Stunden fernzusehen, in Form B 37.5%.
Befragte glauben, der Mittelpunkt der Skala entspricht dem Mittelwert in der Grundgesamtheit. Wenn man ihnen extreme Ausprägungen suggeriert, wirkt sich das auf nachfolgende Urteile aus.

33 Einflüsse auf die Editierung

34 Motive der Befragten Patienten einer psychiatrischen Klinik stellen sich kränker dar, wenn sie unerwünschten therapeutischen Maßnahmen aus dem Wege gehen wollen, und sie stellen sich gesünder dar, wenn ein Wochenende bevorsteht, das sie bei gutem Gesundheitszustand zu Hause verbringen können.

35 Auftraggeber Personen stellen sich selbst als ungesünder dar, wenn sie glauben, durch die Betonung von Krankheiten werde etwas gegen die Umweltverschmutzung getan (Auftraggeber: Umweltschutzorganisation). In einer Bewerbungssituation würde man sich so gesund wie möglich darstellen.

36 Interviewereffekt Einem leger gekleideten jungen Mann mit langen Haaren gegenüber wird man eher zugeben, schon einmal Haschisch geraucht zu haben, als wenn der Interviewer ein älterer Herr im Anzug ist.

37 Anwesenheit Dritter Im Interview stellen Personen ihre Partnerschaft positiver dar, wenn der Partner bei der Befragung anwesend ist.

38 Befragungsmodus In anonymen schriftlichen Befragungen haben die Befragten den geringsten Grund für beschönigendes Antworten.

39 Instruktion In der Instruktion soll auf die Anonymität hingewiesen werden. Es kann betont werden, dass ein neuer Fragebogen oder eine Theorie getestet wird (und nicht die befragte Person). Es kann in allen Fragebogen zur Messung von Einstellungen, Persönlichkeitsmerkmalen oder Aspekten des Selbstkonzepts darauf hingewiesen werden, dass es keine richtigen oder falschen Antworten gibt und es nur auf die persönliche Einschätzung ankommt. Bei der Formulierung der Fragen kann der Tendenz zu sozial erwünschtem Antworten entgegengewirkt werden, indem möglichst neutrale, keine wertenden Begriffe verwendet werden.

40 Fragenreihenfolge Heikle Fragen gehören an den Schluss des Fragebogens, z.B. Fragen nach dem Sexualleben, nach Drogenkonsum und Fragen zum genauen Einkommen.

41 Auswahl von Antwortalternativen
Man sollte im sozial unerwünschten Bereich genügend differenzieren, also nicht: „Wie viele Zigaretten rauchen Sie pro Tag?“ O 0 O 1-5 O 6-10 O O mehr als 15

42 Gestaltung der Antwortskala
„Wie erfolgreich waren Sie bisher in Ihrem Leben?“ gar nicht erfolgreich sehr erfolgreich gar nicht erfolgreich sehr erfolgreich Probanden bringen sich nicht gern mit negativen Zahlen in Verbindung.

43 unzufrieden 1 2 3 4 5 6 7 zufrieden
Senkrechte Skalen sollten vermieden werden, da sie eine Wertung nahe legen.

44 Fazit Absolute Ausprägungen sagen lediglich etwas über die Schwierigkeit der Items aus, z.B. „Ich finde es schwierig, anderen Menschen zu vertrauen.“ „Ich finde es schwierig, anderen Menschen vollkommen zu vertrauen.“ „Der Staat sollte mehr in erneuerbare Energien investieren.“ „Der Staat sollte mehr in erneuerbare Energien investieren als in die Bildung.“ Daher: Interpretation der einzelnen Werte vermeiden, stattdessen Korrelationen oder Mittelwertsunterschiede von Subgruppen prüfen.


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