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Christian Thies Kultur-, Sozial- und Geschichtsphilosophie

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Präsentation zum Thema: "Christian Thies Kultur-, Sozial- und Geschichtsphilosophie"—  Präsentation transkript:

1 Christian Thies Kultur-, Sozial- und Geschichtsphilosophie
Vorlesung an der Philosophischen Fakultät der Universität Passau im Wintersemester 2009/10 (Achte Sitzung )

2 Achter Termin (8.12.2009) Fortsetzung Karl MARX Fragen
Ausblick auf den nächsten Termin Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

3 Karl MARX nicht Deutung, sondern Veränderung
 kritische Theorie in praktischer Absicht nicht Idealismus, sondern Materialismus, aber dieser nicht im Denken, sondern als Praxis erkenntnistheoretisch: nicht Begriff, sondern Anschauung, aber diese nicht passiv, sondern aktiv (bzw. konstruktiv) ontologisch: nicht Geist, sondern Materie, aber diese selbst hergestellt (in der menschlichen Welt) nicht Mensch, sondern Gesellschaft Einbezogenheit des Geschichtsphilosophen in den historischen Prozess Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

4 Alles Geschichte (?) „Wir kennen nur eine einzige Wissenschaft, die
Wissenschaft der Geschichte. Die Geschichte kann von zwei Seiten aus betrachtet, in die Geschichte der Natur und die Geschichte der Menschen abgeteilt werden. Beide Seiten sind indes nicht zu trennen, solange Menschen existieren, bedingen sich Geschichte der Natur und Geschichte der Menschen gegenseitig.“ (MEW III: 18 – gestrichene Textpassage!) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

5 Historischer Materialismus
„Die Voraussetzungen, mit denen wir beginnen, sind keine willkürlichen, keine Dogmen, es sind wirkliche Voraussetzungen, von denen man nur in der Einbildung abstrahieren kann. Es sind die wirklichen Individuen, ihre Aktion und ihre materiellen Lebensbedingungen, sowohl die vorgefundenen als auch durch ihre eigne Aktion erzeugten. Diese Voraussetzungen sind also auf rein empirischem Wege konstatierbar. Die erste Voraussetzung aller Menschengeschichte ist natürlich die Existenz lebendiger menschlicher Individuen. Der erste zu konstatierende Tatbestand ist also die körperliche Organisation dieser Individuen und ihr dadurch gegebenes Verhältnis zur übrigen Natur. Wir können hier weder auf die physische Beschaffenheit der Menschen selbst noch auf die von den Menschen vorgefundenen Naturbedingungen, die geologischen, orohydrographischen, klimatischen und andern Verhältnisse eingehen. Alle Geschichtsschreibung muß von diesen natürlichen Grundlagen und ihrer Modifikation im Lauf der Geschichte durch die Aktion der Menschen ausgehen.“ (MEW III: 20/21) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

6 Historischer Materialismus (2)
„Man kann die Menschen durch das Bewußtsein, durch die Religion, durch was man sonst will, von den Tieren unterscheiden. Sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt, der durch ihre körperliche Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst. Die Weise, in der die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, hängt zunächst von der Beschaffenheit der vorgefundenen und zu reproduzierenden Lebensmittel selbst ab. Diese Weise der Produktion ist … schon … eine bestimmte Lebensweise … Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie. Was sie sind, fällt also zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als auch damit, wie sie produzieren. Was die Individuen also sind, das hängt ab von den materiellen Bedingungen ihrer Produktion.“ (MEW III: 21) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

7 Historischer Materialismus (3)
„Diese Produktion tritt erst ein mit der Vermehrung der Bevölkerung. Sie setzt selbst wieder einen Verkehr der Individuen untereinander voraus. Die Form dieses Verkehrs ist wieder durch die Produktion bedingt. Die Beziehungen verschiedener Nationen untereinander hängen davon ab, wie weit jede von ihnen ihre Produktivkräfte, die Teilung der Arbeit und den innern Verkehr entwickelt hat. … Aber nicht nur die Beziehung einer Nation zu andern, sondern auch die ganze innere Gliederung dieser Nation selbst hängt von der Entwicklungsstufe ihrer Produktion und ihres innern und äußern Verkehrs ab. Wie weit die Produktionskräfte einer Nation entwickelt sind, zeigt am augenscheinlichsten der Grad, bis zu dem die Teilung der Arbeit entwickelt ist. Jede neue Produktivkraft, sofern sie nicht eine bloß quantitative Ausdehnung der bisher schon bekannten Produktivkräfte ist (z.B. Urbarmachung von Ländereien), hat eine neue Ausbildung der Teilung der Arbeit zur Folge.“ (MEW III: 21/22) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

8 Historischer Materialismus (4) mit Zitaten aus dem Manifest der Kommunistischen Partei (1848)
„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen. … Die Bourgeoisie hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle gespielt. Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen ist, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die buntscheckigen Feudalbande … unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen, als das nackte Interesse, als die gefühllose ‚bare Zahlung‘. … Die Waffen, womit die Bourgeoisie den Feudalismus zu Boden geschlagen hat, richten sich jetzt gegen die Bourgeoisie selbst. Aber die Bourgeoisie hat nicht nur die Waffen geschmiedet, die ihr den Tod bringen werden; sie hat auch die Männer gezeugt, die diese Waffen führen werden – die modernen Arbeiter, das Proletariat. … Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich.“ Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

9 Historischer Materialismus (5)
„Meine Untersuchung mündete in dem Ergebnis, daß Rechtsverhältnisse wie Staatsformen weder aus sich selbst zu begreifen sind noch aus der sogenannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln, deren Gesamtheit Hegel, nach dem Vorgang der Engländer und Franzosen des 18. Jahrhunderts, unter dem Namen ‚bürgerliche Gesellschaft‘ zusammenfaßt, daß aber die Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft in der politischen Ökonomie zu suchen sei. … Das allgemeine Resultat, das sich mir ergab und, einmal gewonnen, meinen Studien zum Leitfaden diente, kann kurz zu formuliert werden: In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen.“ (MEW XIII: 8) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

10 Historischer Materialismus (6)
„Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt. Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb derer sie sich bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um.“ (MEW XIII: 8/9) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

11 Historischer Materialismus (7)
„In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden. Die bürgerlichen Produktions- verhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, antagonistisch nicht im Sinn von individuellem Antagonismus, sondern eines aus den gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Individuen hervorwachsenden Antagonismus, aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen zur Lösung dieses Antagonismus. Mit dieser Gesellschaftsformation schließt daher die Vorgeschichte der bürgerlichen Gesellschaft ab.“ (MEW XIII: 9) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

12 (1) Wie ist Geschichte zu erkennen?
„In der Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur Anatomie des Affen.“ (Gr. 26) Abstraktes und Konkretes empirische „Forschung“, vor allem im Bereich der Ökonomie dialektische „Darstellung“ (MEW XXIII: 27) Verhältnis zu HEGEL: vom Kopf auf die Füße stellen (Idealismus  Materialismus) umstülpen (Versöhnung der Widersprüche  Aufzeigen der Widersprüche) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

13 (2) Was unterscheidet Geschichte von Natur?
natürliche Prozesse naturwüchsige Prozesse („eherne Notwendigkeit“) „hinter dem Rücken der Produzenten“ (MEW XXIII: 59, vgl. ebd. 121) „Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.“ (MEW VIII: 115) „ein Naturgesetz, das auf der Bewußtlosigkeit der Beteiligten beruht“ (ENGELS MEW I: 515  MEW XXIII: 89 Fn) historische Prozesse Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

14 (3) Wie ist der Geschichtsverlauf zu gliedern?
Urgesellschaft asiatische Produktionsweise (Karl August WITTFOGEL: hydraulische Gesellschaften, orientalische Despotien) antike Produktionsweise (Sklavenhaltergesellschaft) feudale Produktionsweise kapitalistische Produktionsweise sozialistische Produktionsweise Anhang: roher Kommunismus (Gleichheit)  entwickelter Kommunismus „revolutionäre Diktatur des Proletariats“ (MEW XIX: 28); Marx‘ Verhältnis zur Demokratie Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

15 (4) Was treibt die Geschichte voran?
subjektivistische Lesart: Klassenkämpfe die sich im Ergebnis aber bisher zu Gunsten einer dritten Klasse ausgewirkt haben objektivistische Lesart: Antagonismus von Produktivkräften und Produktionsverhältnisse heute: Kapitalverwertung Was sind Produktivkräfte? (a) Technik (Maschinen usw.) (b) Wissen jeglicher Art (auch soziales Wissen) (c) menschliche Fähigkeiten (verkörpert in den Arbeitern) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

16 (5) Wie ist Geschichte zu bewerten?
Zwei Kritik-Ebenen 1. immanente Kritik die bürgerliche Gesellschaft an ihren eigenen Maßstäben messen zentraler Aspekt: nicht nur formal korrekter, sondern material gerechter Tausch  Unmöglichkeit eines gerechten Lohnes im Kapitalismus 2. externe Kritik (humanistischer o. sozialistischer Maßstab) allseitig entwickelte Persönlichkeit (Kritik an der Arbeitsteilung) „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ (1875, MEW XIX: 21; vgl. MEW III: 528: „Jedem nach seinen Bedürfnissen“, 1845) „die freie Entwicklung eines jeden (als) die Bedingung für die freie Entwicklung aller“ (1848, MEW IV: 482) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

17 (6) Was dürfen wir hoffen?
Zuspitzung der Antagonismen (bzw. des Klassenkampfes) tendenzieller Fall der Profitrate – weitere Expropriation aller Arbeiter Zusammenbruch des Kapitalismus? Möglichkeit des Sozialismus – oder sogar dessen Notwendigkeit? Sozialismus oder Barbarei? Friedrich Engels  Rosa Luxemburg  Cornelius Castoriadis Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

18 Marxismen (bis zum Ersten Weltkrieg)
praxis-orientiert revolutionär: Lenin, Rosa Luxemburg u.a. reformistisch: Eduard Bernstein, Austro-Marxismus u.a. theorie-orientiert auf den Zusammenbruch wartend: Kautsky und die II. Internationale als werturteilsfreies Modell benutzend: „Kathedersozialismus“, der frühe Werner Sombart Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

19 (Unkritische) Nachfolgetheorien
Modernisierungstheorien Walt Whitman ROSTOW ( ) Theorien der langen Wellen Nikolai Dmitrijewitsch KONDRATJEW ( ) Joseph SCHUMPETER ( ) Weltsystem-Theorien Immanuel WALLERSTEIN (*1930) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

20 (1) Modernisierungstheorien
W.W. ROSTOW: „Stages of Economic Growth: A Noncommunist Manifesto“ (1960) 1. traditionale Gesellschaft (agrarisch, hierarchisch, immobil) 2. Entstehen von Voraussetzungen (z.B. England 17./18.Jh.) 3. „take-off“ (nur 2 bis 3 Jahrzehnte, z.B. in England am Ende des 18. Jh.; hohe Investitionsrate, große Nachfrage nach Arbeitskräften, Wachstum und Verdichtung der Bevölkerung u.a.) 4. Reifung (mehrere Jahrzehnte der Ausweitung der Industrialisierung) 5. Zeitalter des Massenkonsums (in den westlichen Ländern nach 1950) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

21 (2) Theorie der langen Wellen
nach Kondratjew (1926), Schumpeter (1939) u.a. Dauer „Basisinnovation“ „Leitsektor“ Dampfmaschine Baumwollindustrie Eisenbahn Stahlindustrie Elektronik Elektro- und Chemie-Industrie Automatisierung Auto- und Erdöl-Industrie auch als „Fordismus“ bezeichnet (?) Mikrochip Computer-Industrie (?) Wasserstoff- und Solar-Industrie (?) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

22 (3) Weltsystem-Theorien
WALLERSTEIN: The Modern World-System (I, 1974) Grundbegriffe: Zentrum – Semiperipherie – Peripherie – Außenarena Phasen: Expansion der mittelalterlichen Landwirtschaft ( ) Krise des Feudalsystems ( ) „Die Anfänge der kapitalistischen Landwirtschaft und die europäische Weltökonomie“ (im langen 16. Jh., ) „Der Merkantilismus“ (ca ) „Die große Expansion“ ( ) Imperialismus ? ( ?) Untergang des Kapitalismus (??) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

23 Das größte Defizit bei Marx: Menschenrechte
Marx („Zur Judenfrage“, 1843) unterscheidet … (Staats)Bürgerrechte: allgemeines Wahlrecht, politische Freiheit usw. Menschenrechte im engeren Sinne: Glaubensfreiheit, Handlungsfreiheit usw. … und kritisiert die Letzteren: nur „Rechte des egoistischen Menschen“, die im Anderen „nicht die Verwirklichung, sondern vielmehr die Schranke seiner Freiheit“ sehen nur negative Rechte, nicht positive Christian Thies Vorlesung WS 2009/10

24 Ein anderer Weg: die Verbindung von Kant und Marx
Hermann COHEN ( ): Kant mit seinem Kategorischen Imperativ ist der wahre Begründer des Sozialismus (1896) vgl. Karl Vorländer, „Kant und der Sozialismus“ (1900) einige Austro-Marxisten wie Max Adler Jürgen HABERMAS: Diskurstheorie der Moral plus kritische Gesellschaftstheorie nicht in Verbindung von Hegel (oder Schelling) und Marx wie bei Georg LUKÁCS (oder Ernst BLOCH) Christian Thies Vorlesung WS 2009/10


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