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Pharmakologie der HAART im zentralen Nervensystem

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Präsentation zum Thema: "Pharmakologie der HAART im zentralen Nervensystem"—  Präsentation transkript:

1 Pharmakologie der HAART im zentralen Nervensystem
PD Dr. med. Nils von Hentig HIVCENTER, Medizinische Klinik II Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

2 HIV Neuroinvasion González-Scarano & Martin-Garcia. Nature Rev. Immunol. (2005)

3 Epidemiologie der HAND* Hohe Prävalenz im Jahr 2008
*HAND = HIV associated neurocognitive disorder 45% 21% Anteil betroffener Patienten 16% 13% 4% < 1% CNS HIV AntiRetroviral Therapy Effects Research Project, Years

4 Epidemiologie des HAND
Hohe Prävalenz in Entwicklungsländern 56% 47% 37% 33% 31% Anteil betroffener Patienten 12% 5% Yepthomi, J International Neuropsychological Society, 2006; Unpublished Data, NARI-UCSD Collaboration, 2006; Unpublished Data, China CDC-UCSD Collaboration, 2007; Wong et al, Neurology, 2007; Wright et al, XVI International AIDS Conference, 2006; Valcour et al, 15th CROI, 2008; Robertson et al, 15th CROI, 2008

5 Das Problem vor der HAART-Ära…
Vor der HAART-Ära entwickelten ∼20 – 30% aller HIV-1 infizierten Patienten eine Vielzahl kognitiver und motorischer Symptome, mit dokumentierter moderater bis schwerer Beeinträchtigung in zwei oder mehr kognitiven Bereichen mit deutlicher Verminderung alltäglicher Leistungen, inklusive beeinträchtigtem Kurzzeit-Gedächtnis, reduzierter Konzentration und motorischer Bein-Schwäche, benannt als HIV-assoziierte Demenz (HAD oder AIDS Demenz-Komplex) Oftmals einhergehend mit Verhaltensauffälligkeiten, wie z.B. Persönlichkeitsveränderungen, Apathie und sozialem Rückzug kann HAD in ausgeprägten Formen zu nahezu vegetativem und willenlosem Verhalten führen. González-Scarano & Martin-Garcia. Nature Rev. Immunol. (2005)

6 Konsequenzen von HAND Kürzeres Überleben bei HIV-Infektion
1.0 MCMI = minor congnitive motor disorder NPI = neuropsych. Impaired Normal (n=256) 0.8 NPI (n=109) MCMD (n=49) 0.6 Überlebensrate 0.4 0.2 0.0 (n=414) 2 (n=274) 4 (n=66) 6 (n=17) 8 Jahre seit Baseline der Evaluation Ellis RJ et al, Arch Neurol, 1997

7 Das Problem in der HAART-Ära…
Mit HAART entstanden subtilere Formen der ZNS-Dysfunktion: Mild neurocognitive disorder (MND) oder minor cognitive motor disorder (MCMD) traten in den Vordergrund oder wurden erst wahrgenommen, weil HAD selbst kaum noch vorkommt. Gedächtnisverlust bzw. Verlust rechenbetonter Fähigkeiten und anderer höherer kortikaler Funktionen sind heute weniger stark ausgeprägt. ∼10% aller HIV-infizierten Erwachsenen haben HAD, wobei MCMD noch wesentlich häufiger vorkommen kann (bis zu 30%) Eine potentielle Erklärung für die Ausprägung von MCMD ist, daß die virale low-level Replikation zu langsam progredienter Neurodegeneration führt. Diese Entwicklung passt zur wesentlich längeren Lebenserwartung mit HIV unter HAART sowie der möglicherweise schlechteren ZNS-Penetration moderner HAART-Regime González-Scarano & Martin-Garcia. Nature Rev. Immunol. (2005)

8 Welche Patienten benötigen eine Neuro-effektive HAART?

9 CD4-Zellzahlen beeinflussen das Verhältnis zwischen Viruslast im Blut bzw. Im ZNS
Among 1,201 cross-sectional pairs, viral loads in CSF and blood were strongly correlated r = 0.70, p < 0.001 Among 355 cross-sectional visits not taking ART r = 0.60, p < 0.001 Interaction between blood viral loads and CD4 counts ( 0.35, p = 0.001) nach S. LeTendre 2008

10 Antiretrovirale Neuroeffektivität Konzeptionelles Modell nach S
Antiretrovirale Neuroeffektivität Konzeptionelles Modell nach S. LeTendre HIV Proteine Pro-inflammatorische Zytokine Oxidativer Stress Exzitotoxine Reduzierte Neurotoxine Reduzierte HIV- Replikation im ZNS Antiretrovirals Verbesserte Kognition Adäquate Neuroprotektion Antioxidantien Wachstumsfaktoren Neurale Vorläuferzellen

11 Die Blut-Hirn-Schranke
Das ZNS ist vom Rest des Organismus durch die Blut-Hirn-Schranke getrennt (BHS) Die BHS ist eine selektiv durchlässige, zusammenhängende Zellschicht, welche aus mikrovaskulären endothelialen Zellen besteht, welche untereinander durch sog. tight junctions verbunden sind In dieser Zellschicht finden sich eine Anzahl transmembranärer Transproter, welche bei Influx und Efflux von Substanzen eine wichtige Rolle spielen, z.B. ABCB1 (P-gp) und SLC (OATP) In dem die Kapillaren umgebenden Gewebe finden sich Astrozyten und perivaskuläre Makrophagen Eine andere Barriere ist die Blut-Liquor-Schranke, welche sich an den Plexus choroidei befindet

12 Die Blut-Hirn-Schranke
OATP1A2 SLC BCRP ABC P-gp ABC González-Scarano & Martin-Garcia. Nature Rev. Immunol. (2005)

13 Die Substanzcharakteristik beeinflusst Verteilung/Wirksamkeit im ZNS
Proteinbindung: Molekülgewicht: Lipophilität: Ionisation/Ladung: Transmembranäre Transporter: Großes therapeutisches Fenster: NNRTIs > PIs > NRTIs Pis > NNRTIs > NRTIs Tenofovir PIs, IIs: P-glycoprotein NRTIs: Organic anion transporters LPV/r > DRV/r > IDV/r >FPV/r Eine hohe Plasmaeiweißbindung, hohes Molekülgewicht, niedrige Lipophilität, starke Ionisation/Ladung, Affinität zu Transmembranären Effluxpumpen wie P-Glykoprotein vermindern die ZNS-Gängigkeit; Ein großes therapeutisches Fenster (z.B. Lopinavir/Ritonavir) erhöht die Wirksamkeit im ZNS, auch bei verhältnismäßig schlechter ZNS-Gängigkeit „Eine hohe Plasmaeiweißbindung, hohes Molekülgewicht, niedrige Lipophilität, starke Ionisation/Ladung, Affinität zu Transmembranären Effluxpumpen wie P-Glykoprotein vermindern die ZNS-Gängigkeit; Ein großes therapeutisches Fenster (z.B. Lopinavir/Ritonavir) erhöht die Wirksamkeit im ZNS, auch bei verhältnismäßig schlechter ZNS-Gängigkeit“

14 Abacavir-Pharmakokinetik im Liquor
[Abacavir] (ng/mL) IC50 = 70 ng/mL Weißer ○ = Messpunkt im Plasma; Schwarzes ▲ = Messpunkt imLiquor Time After Dose (Hours) Extent of CSF penetration was 36% of plasma concentrations Capparelli et al, Antimicrob Agents Chemother 2005, 49:

15 Tenofovir-Pharmakokinetik im ZNS
IC50 = 201 ng/mL Schwarzer ● = Messpunkt im Plasma; Blaues ▀ = Messpunkt im Liquor Extent of CSF penetration was 5% of plasma concentrations Best et al, 15th CROI 2008, Abstract 131

16 Atazanavir-Pharmakokinetik im ZNS
[Atazanavir] (ng/mL) IC50 = 11 ng/mL Schwarze ● und weiße ○ = Messpunkte im Plasma; Blaue ▲ und ∆ = Messpunkte im Plasma Extent of CSF penetration was 1% of plasma concentrations Best et al, 13th CROI 2006, Abstract 576

17 Lopinavir/r-Pharmakokinetik im ZNS
[Lopinavir] (ng/mL) Trotzdem nur ein geringer Anteil (0.27%) der im Plasma gemessenen Lopinavir-Konzentrationen im Liquor festzustellen war, übersteigt dieser die IC50 für Wildtyp HIV in allen gemessenen Konzentrationen. Schwarze ○ = Messpunkte im Plasma; Blaue ∆ = Messpunkte im Liquor. IC50 = 2 ng/mL IC50 = 2ng/mL Extent of CSF penetration was 0.27% of plasma concentrations, but exceeds IC50

18 Lopinavir/r Alone Reduces HIV RNA in CSF
Lopinavir/r-Pharmakokinetik im ZNS Lopinavir Levels in CSF Commonly Exceed IC50 Lopinavir/r Alone Reduces HIV RNA in CSF [Lopinavir] (ng/mL) Daten von Scott Letendre, präsentiert auf dem British HIV Association Meeting, 10. Okt. 2008, zeigen, daß eine Lopinavir-haltige HAART in der Lage ist, die Liquor-HI-Viruslast zu Woche 3 der Therapie deutlich zu senken. Limitiert wird diese Aussage sicherlich durch den kurzen Beobachtungszeitraum und die Fallzahl von n=10. In einer weiteren Veröffentlichung werden diese Daten bei n=9 derselben Patientengruppe zu Woche 12 bestätigt; zu diesem Zeitpunkt hatten 8 Patienten eine HI-Viruslast im Liquor <50kop/mL. IC50 = 2 ng/mL Letendre SL et al. Clin Infect Dis 2007, Oct; 45(11)

19 Efavirenz-Pharmakokinetik im ZNS
Trotzdem nur ein geringer Anteil (0.5%) der im Plasma gemessenen Efavirenz-Konzentrationen im Liquor von 75 Patienten festzustellen war, übersteigen dieser zu 97.3% die IC50 von Wildtyp- HIV. Schwarze ● = Messpunkte im Plasma; Weiße ○ = Messpunkte im Liquor. IC50 = 0.51 ng/mL Levels of EFV in CSF Were ~0.5% of Blood

20 Pharmakodynamik im ZNS Reduktion der HI-Viruslast im ZNS
4 3 2 1 -1 Plasma Liquor Reduktion der HIV-RNA PCR Zu Woche 12 (log10 kop/mL) Die Anzahl der ZNS-gängigen Substanzen haben einen deutlichen Einfluss auf die Reduktion der HI-Viruslast im Liquor, nicht jedoch auf die Reduktion der HI-Viruslast im Blut. P = 0.04 P > 0.10 Anzahl der ZNS-gängigen Substanzen Letendre SL et al. Ann Neurol 2004 Sept, 56 (3):

21 Antiretrovirale Neuro-Effektivität Studien der Effektivität der HAART im ZNS
FS = Fallserie; P = Prospektive Studie; Effekt: Viruslast im Liquor

22 CNS Penetration-Effectiveness Score (CPS) Welche Faktoren gehen in den Score ein?
Modifiziert nach Letendre et al, 13th CROI, 2006, Abstract 74

23 CNS Penetration-Effectiveness Score (CPS)
Letendre S. Invited Lecture: Distribution and effectiveness of antiretrovirals in the central nervous system. Oral presentation. 9th HIV Pharmacology Workshop Apr New Orleans, USA.

24 Antiretrovirale Neuro-Effektivität CNS Penetration-Effectiveness (CPE) Rank
Höhere CPE korrelliert mit niedrigerer HI-Viruslast im ZNS (r = -0.12, p = 0.008) Nach der Korrektur für die Plasma-Viruslast war jede Einheit der Verminderung des CPE assoziiert mit einer 2,43-fachen Steigerung der OR für eine nachweisbare HI-Viruslast im ZNS Daten von 10/2003 – 01/2006 Letendre S, et al. Arch Neurol 2008;65:65-70

25 Höhere CPS waren assoziiert mit
Neuropsychologischer Verbesserung nach 12 bzw. 24 Wochen ART (Letendre SL et al, CROI 2008, Abstract #68) Verbesserter neuropsychologischer Performance nach einer mittleren HAART von 1,5 Jahren (Tozzi et al, CROI 2008, Abstract #391 Niedrigerer Prävalenz pathologischer HIV-assoziierter Befunde in ZNS-Gewebeproben von 392 Autopsien (Everall et al. CROI 2008, Abstract #67) Besserem Überleben in Patienten mit PML (Gasnault et al. CROI 2008, Abstract ‚386) Niedrigerer Liquor-Viruslast und verbesserter kognitiver Funktion in der ACTG 736-Studie (Marra C. et al, CROI 2009, Poster #361) einer Verschlechterung der kognitiven Funktionen und messbarer Viruslast im Liquor (Letendre et al. CROI 2009, Poster 484b Niedrige CPS korrellieren mit

26 Charakteristiken neuer Substanzen
Die Spalte „Est.“ zeigt die einen Wert errechnet aus (Cmin*freien Anteil im Plasma)/IC50: Je höher dieser Wert, desto besser die Wirkung im ZNS. Dieses gründet auf der Annahme, daß grundsätzlich nur die Plasma-Protein-ungebundenen Anteile der ARVs in der Lage sind, ins ZNS zu penetrieren. Hierbei kommt es jedoch, wie bereits erwähnt, auf die Molekülgröße, Ladung, Lipophilität sowie die Tatsache an, ob eine Substanz P-Glykoprotein-Substrat ist. Die o.g. Rechnung dieser Parameter führt Letendre zu der Annahme, daß insbesondere Darunavir bzw. Maraviroc diejenigen neuen Substanzen sind, deren Konzentrationen im Liquor die IC50 für Wildtyp HIV um das mehrfache übersteigen. Im Weiteren aufgeführt sind Kommentare zu den derzeit zugelassenen neueren Substanzen. DARUNAVIR: Für Darunavir existieren Daten aus 14 Plasma/ZNS-Paaren aus insgesamt 8 Patienten, veröffentlicht in AIDS Res Hum Retroviruses Apr;25(4): Darunavir concentrations in cerebrospinal fluid and blood in HIV-1-infected individuals. Yilmaz A, Izakhashti A, Price RW, Mallon PW, De Meulder M, Timmermann P, Gisslen M. Die im Mittel gemessene Liquor-Konzentration von Darunavir betrug 34,2ng/mL, ca. 1/100 der im Plasma gemessenen Konzentration, welche allerdings in allen gemssenen werten die IC50 für Wildtyp-HIV übersteigt. Insofern ist anzunehmen, daß Darunavir/Ritonavir, zumindest in PI-Naiven Patienten denselben ZNS-Penetration Score haben wird, wie Lopinavir/Ritonavir. MARAVIROC: Bei Maraviroc gründet diese Annahme bisher jedoch ausschließlich auf Tier-Daten, Liquorkonzentrationen von Maraviroc sind bisher nicht veröffentlicht. (Walker DK et al. Preclinical assessment of the distribution of maraviroc to potential human immunodefficiency virus (HIV) sanctuary sites in the central nervous system (CNS) and gut-associated lymphoid tissue (GALT). Xenobiotica Oct; 38(10): Die zitierte Arbeit zeigt, daß ~10% des freien Anteils Maraviroc im Plasma ins ZNS gelangen, die minimale Liqourkonzentration im Dosisintervall folglich ~3ng/mL betragen würde, was die IC50 von Maraviroc für HIV-Wildtyp um das 10-fache übersteigt. Diese Angabe bezieht sich auf die insgesamt im LC/MS-MS gemessenen Plasmakonzentrationen von Maraviroc (s. Spalte Cmin). RALTEGRAVIR: Eine neue Veröffentlichung 24 Plasma/ZNS-Paare aus 16 Patienten betreffend, zeigt, daß nur ca. 50% der im Liquor gemessenen Raltegravir-Konzentrationen die IC50 für Wildtyp-HIV überschreiten. Die durchschnittliche im Liquor gemessene Konzentration betrug 18,4 ng/mL bei einer großen interindividuellen Variabilität (Range: <2.0 – 126ng/mL) was in etwa 4,1% der im Plasma durchschnittlich gemessenen Konzentration entsprach. PLoS One Sep 1;4(9):e6877. Raltegravir cerebrospinal fluid concentrations in HIV-1 infection. Yilmaz A, Gisslen M, Spudich S, Lee E, Jayewardene A, Aweeka F, Price RW. Eine endgültige Bewertung von Raltegravir erscheint derzeit nicht möglich. ETRAVIRINE: Bisher keine Angaben verfügbar. Unbound = freier Anteil im Plasma; MW = Molekülgewicht (Dalton); Cmin = minimale Plasmakonzentration im Dosisintervall; IC50 = 50% Hemmkonzentration; Est. = (Cmin*Unbound)/IC50; P-gp = P-Glykoprotein-Substrat; * s. Kommentar LeTendre SL, 10 Oct 2008, British HIV Association Meeting, London, UK

27 Welche Patienten benötigen eine Neuro-effektive HAART?
niedriger CD4-Zell Nadir hohe HI-Viruslast im Blut erhöhtes Risiko für HAND vorherige ZNS-Ereignisse hohe HI-Viruslast im Liquor Alter (?) weitere Faktoren (?) Erhöhter Bedarf für N-e HAART Die erstgenannten Faktoren haben einen nachgewiesenen Effekt auf die Entwicklung von HIV-assoziierten neurokognitiven Störungen. Inwieweit Alter bzw. weitere Faktoren hier eine zusätzliche Rolle spielen können, wird ein Schwerpunkt zukünftiger Forschung sein. Sicher scheint, daß zumindest Substanzgebrauch, insbesondere von Kokain, die o.g. Probleme verstärkt.

28 Therapien mit einem CPR ≥ 2.0
Für naive Patienten, z.B.: LPV/r + KVX (PR = 2.5); NVP + KVX (PR = 2.5); LPV/r + COV (PR = 2.5); EFV + KVX (PR = 2.0); ATV/RTV oder FPV/RTV + COV (PR = 2.0) Für vorbehandelte Patienten: Entsprechend Resistenz aus Darunavir/r, LPV/r, FPV/r, ATV/r, EFV, MVC, Abacavir, Retrovir, Epivir selektieren Neue Substanzen? Vielfach vorbehandelte Patienten? HIV-Subtypen? Virale Resistenz im ZNS ? Die Auswahl ZNS-gängiger Substanzen in Therapie-naiven Patienten entspricht teilweise den Empfehlungen der Erstlinientherapie von WHO, EACS und DAIG. Die Auswahl einer Therapie für vorbehandelte Patienten, insbesondere solche mit langen Therapie-Vorgeschichte und kumulierten viralen ARV-Resistenzen gestaltet sich schwieriger: Erfahrungen zu neuen Substanzen wie Darunavir und Maraviroc gründen bisher auf Annahmen bzw. Daten aus kleinen Patientenzahlen. Nichtsdestotrotz können diese Substanzen z.B. als Add-on einer Third-line oder Salvage-Therapie den CPS zusätzlich verbessern. Allerdings haben auch alte Substanzen, wie Retrovir einen durchaus wichtigen Stellenwert, z.B. als zusätzliche Substanz bei einer M184V-Mutation im Virusgenom, wenn zuvor z.B. mit einer Emtricitabine/Tenofovir-DF-haltigen Therapie anbehandelt wurde.

29 Zusammenfassung HAND hat nach wie vor eine hohe Prävalenz in vielen Ländern HAND reduziert ART Adhärenz und Überlebenszeit Die Penetration der ARVs ins ZNS variiert substanziell zwischen Substanzen und Individuen Die Gründe sind unterschiedliche Arzneimittelcharakteristiken, Wirksamkeit im ZNS und genetische Prädisposition für z.B. P-Glykoprotein-Expression and der Blut-Hirn-Schranke Eine ART mit einer höheren ZNS-Gängigkeit reduziert die HI-Viruslast im ZNS verbessert oder verhindert HAND kann helfen, andere ZNS-Komplikationen zu vermeiden Die Optimierung der ZNS-Gängigkeit einer Therapie sollte in Zukunft in die HIV-Behandlung als Faktor einer erfolgreichen Therapie mit einbezogen werden Die prospektive Evaluation einer Optimierung der ZNS-Gängigkeit einer ART wäre in diesem Zusammenhang wünschenswert, allerdings auch sehr aufwendig.

30 Danksagung und Financial Disclosure
Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei allen Kolleginnen und Kollegen, welche mir Folien für diesen Vortrag überlassen haben bzw. deren Folien im Internet frei zugänglich gewesen sind. Die Verwendung solcher Folien ist jeweils gekennzeichnet. Ich habe in den vergangenen Jahren Forschungsförderung durch die Firma Abbott GmbH, sowie Reiseunterstützung durch Abbott GmbH, Boehringer Ingelheim, BMS und Tibotec erhalten. Desweiteren habe ich Vorträge und Fortbildungen auf Einladung der Firmen Roche, BMS, Abbott, GSK, Gilead, Tibotec sowie Boehringer Ingelheim gehalten.

31 Fallbeispiel 1 60-jähriger männlicher Patient, Erstaufnahme nach stationärem Aufenthalt Progrediente Gangstörung mit Fallneigung nach hinten, kleinschrittiges Gangbild, Meningismus, ASR bds. Positiv, rez. Aphasie, zeitliche Desorientierung und psychomotorische Verlangsamung, Konzentrationsstörungen Liquordiagnostik: Zellzahl 2/3, Liquoreiweiß 41 mg/dL, lymphomonozytäres Zellbild ohne Aktivierungszeichen, Quotientenschema unauffällig EEG: Langsames EEG vom Alpha-Typ an der Grenze zur leichten Allgemeinveränderung, Verlangsamung links temporal, keine epileptischen potenziale cCT: Kein Hinweis auf Infarkt, Blutung oder Tumor Vorbestehende Depression

32 Fallbeispiel 1 Erste Therapie in Klinik und Labor bei Aufnahme
Aufgrund einer Pansinusitis behandelt mit Rocephin 2g 1/d für 2 Tage i.v. anschließend Cefuroxim 500mg 2/d p.o. für 10 Tage. Weitere Medikation: Mirtazapin 15mg 2/d Anschließend veranlasster 1. HIV-Ak-Test positiv, HIV-RNA PCR 766 x 10³ kop/mL, CD4 = 25/µL bei 5.21% CMV IgG pos, IgM neg., HAV/HBV-Ak pos. Nach Impfung, HCV-Ak neg., Lues-Serologie Elisa pos., TP-PA neg, VDRL-Mf neg., Immunoblot pos., Toxoplasmose neg. Werte außerhalb der Norm: Hb 12,6 g/dL; Hk 36,2%; Harnsäure 7,0 mg/dL; Gesamteiweiß 9,3 mg/dL; GGT 70 U/I.

33 Fallbeispiel 1 Behandlungsbeginn 10/2009 mit Darunavir 400mg 0 – 0 – 2
Ritonavir 100mg 0 – 0 – 1 Emtricitabine 200mg 0 – 0 – 1 Tenofovir-DF 245mg 0 – 0 – 1 NRTI: Umstellung auf COV 1 – 0 – 1 nach 4 Wochen Komedikation: Mirtazapin 15mg 1 – 0 – 1 Cotrimoxazol forte 960mg Mo/Mi/Fr

34 Fallbeispiel 1 Ergebnis 12/2009
Labor: CD4 = 468/µL, HIV-RNA PCR = 590 kop/mL Keine Gangstörungen mehr, neurokognitiv deutlich gebessert, keine Aphasie, leichte Konzentrationsstörungen, voll orientierter Patient, Rückkehr ins Arbeitsleben Kommentar: Nach Feststellung eines HAND mit fehlendem Hinweis auf infektiöses ZNS-Geschehen Beginn einer ART mit einem ZNS-Penetrations-Score von 1.5, später Umstellung auf eine ART mit einem Score von 2.5 (Behandlungsdauer insges. 10 Wochen) Hierunter deutliche Besserung aller neurologischen und neurokognitiven Beschwerden Liquor-Diagnostik bei erneuter Verschlechterung des HAND

35 Fallbeispiel 2 33-jährige Patientin, HIV-Erstdiagnose 04/2002
Labor und Diagnosen bei Aufnahme: CD4 = 82/µL, HIV-RNA PCR = kop/mL; Lues-Serologie neg., Toxo- und CMV-Serologie pos. HIV-Infektion CDC C3; Lymphknoten-Tuberkulose, Soorösophagitis, Condyloma acc. Therapiebeginn Ababacavir 300mg 1 – 0 – 1 Epivir 150mg 1 – 0 – 1 Retrovir 300mg 1 – 0 – 1 Komedikation Rifampicin 450mg, EMB 1000mg, INH 250mg, Pyrafat 1250mg, Vit B6 100mg täglich, Streptomycin 0,75g 3x/w, Cotrim forte 960 mg 3x/w.

36 Fallbeispiel 2 Anamnese
Tuberkulose heilt im weiteren Verlauf folgenlos aus. 06/2006 CD4 – Abfall auf 125/µL, HIV-RNA PCR = 6640 kop/mL 06/2006 ART Therapiewechsel aufgrund Therapieversagen und Resistenzen im NRTI-Bereich auf Fosamprenavir 700mg 1 – 0 – 1 Saquinavir 500mg 2 – 0 – 2 Ritonavir 100 mg 1 – 0 – 1 Cotrim forte 960 mg Mo/Mi/Fr Loperamid bei Bedarf Im Verlauf Anstieg der CD4 = 381/µL, HIV-RNA PCR bleibt nach initialem Abfall niedrig replikativ bei 717 kop/mL (10/2007)

37 Fallbeispiel 2 Verlaufsdiagnosen
01/2008 entwickelt Patientin HIV-Enzephalitis mit holocephalen bitemporal und frontal betonten fluktuierenden Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Muskelschmerzen und Übelkeit mit Erbrechen. In der neurologischen Untersuchung fand sich kein fokal-neurologisches Defizit, das cCT zeigte einen unauffälligen Befund. Im Liquor fand sich ein entzündliches Liquorsyndrom mit 50 Zellen/µL. Weitere Diagnostik im Liquor: HSV-, CMV-, VZV- und EBV neg., Kultur steril. HIV-RNA PCR im Liquor kop/mL bei 6640 kop/mL im Plasma. Sonstige Laborwerte außerhalb der Norm: Hb 0 11,4 mg/dL; Hk =32,4 %, Ery 3,52 /pL, Leuko 4,01 /nL.

38 Fallbeispiel 2 01/2008 Therapiewechsel Intensivierung der ART
Fosamprenavir 700mg 1 – 0 – 1 Saquinavir 500mg 2 – 0 – 2 Ritonavir 100 mg 1 – 0 – 1 Retrovir 300 mg 1 – 0 – 1 Epivir 150 mg 1 – 0 – 1 Verlauf 03/2008: CD4 = 257/µL, HIV-RNA PCR 70 kop/mL 11/2009: CD4 = 345/µL, HIV-RNA PCR < 20 kop/mL Verschwinden der neurologischen Symptomatik 4 Wochen nach Therapie-Intensivierung, seither keine weiteren neurokognitiven Probleme.

39 Fallbeispiel 2 Diskussion
Auftreten einer HIV-bedingten Enzephalitis mit hoher Viruslast im Liquor (3x > Plasma) als Ausdruck einer kompartimentellen Virusreplikation im ZNS unter Therapie mit unzureichend Liquor-gängiger ART (ZNS-Penetrations-Score = 1). Intensivierung der ART mit Liquor-gängigen Substanzen (ZNS-Penetrations-Score = 2,5), analgetische und entiemetische Therapie bei stationärer Aufnahme führte zu anhaltender Besserung der neurologischen Symptomatik. Nach einer Rehabilitation im Anschluss und Compliance-Schulung konnte die Patientin Ihren Alltag wieder aufnehmen. Von einer Kontrollpunktion des Liquor im konnte bei negativer HI-Viruslast im Plasma und Verschwinden der neurologischen Symptomatik bis heute Abstand genommen werden.

40 Fallbeispiel 3 60-jähriger, lange vorbehandelter Patient
HIV-Erstdiagnose 03/1991, HAV-Ak pos., HBsAG neg., HCV-AK neg., Toxo-, Lues-, CMV-Serologie negativ. HAART - Anamnese 8 ART-Vortherapien bis 10/2005. Aus historischen gründen zu Beginn der 1990er Jahre v.a. mit NRTI Mono- bzw. Dual-Therapien Ergänzung der ART durch Indinavir für 5,5 Jahre. Patient entwickelt leichte Niereninsuffizienz und toxisch bedingte Leberfibrose bis 2002. 07/2002 Therapiewechsel auf LPV/RTV + DDI + TDF 10/2002 Einschluss in die ESPRIT-Studie Zunächst virologisch problemlose Behandlung bis 2005

41 Fallbeispiel 3 Diagnosen im Jahr 2005
Hypertensive Gastropathie, Niereninsuffizienz Grad 1, Toxische Leberfibrose ohne Leberinsuffizienz, CHILD-PUGH Grad A, diskrete COPD, PNP. CD4 = 151/µL, Resistenzen im NRTI/NNRTI-Bereich, HIV-RNA PCR = 250 kop/mL 09/2005 Therapiewechsel Lopinavir 400mg 2 – 0 – 2 Ritonavir 50mg 2 – 0 – 2 Saquinavir 500mg 2 – 0 – 2 Komedikation Proscar 5mg/d, Spasmolyt 20mg/d, Furosemid 40mg/d, Spironolacton 12,5 mg/d, K+ Brause 1x/d, Cotrim forte 960 mg 3x/w Anschließend Abfall der Viruslast auf HIV-RNA PCR <40 kop/mL, Anstieg der Helferzellen auf bis zu 220/µL.

42 Fallbeispiel 3 12/2007 Patient hat V.a. einen Grand-Mal-Anfall
Neurologisch und bildgebend (cMRT) kein Anhalt für Infektion, Tumor oder Infarkt. 01/2008 Transaminasen, Harnstoff, Kreatinin im Serum im Normbereich; keine Gerinnungsstörung, CHE i.S. = 3.9 kU/l, NH3 = 266 µg/dL; LDH i.S. = 238 U/l. Endogene Kreatinin-Clearance im Sammelurin 58 mL/min. V.a. auf eine HIV-assoziierte Enzephalopathie. 03/2008: HIV-RNA PCR <40 kop/mL, CD4 = 220/µL, Komedikation idem, zusätzlich Omeprazol 40mg/d. Ergänzung der Therapie trotz vorbest. Resistenzen mit COV Deutliche Besserung der neurologischen Symptomatik. Keine weiteren epileptischen Anfälle. 06/2009 Deeskalation der ART (Absetzen von SQV). 07/2009 HIV-RNA PCR < 20kop/mL, CD4 = 156/µL

43 Fallbeispiel 3 Diskussion
Trotz einer toxisch-bedingten Leberfibrose besteht der Verdacht auf eine HIV-assoziierte Enzephalopathie, die sich zunächst auch bei normalisierten NH3-Werten kaum bessert. Auch bei negativer HIV-RNA PCR im Plasma kann die Viruslast im Liquor nachweisbar sein. Eine HAE war bei einer langjährigen Therapiegeschichte die letztlich verbleibende Ausschluss-Diagnose. Ein Therapiewechsel bzw. eine Ergänzung der Therapie durch Liquor-gängige Substanzen (ZNS-Penetrations-Score = 2,5) verbesserte die neurokognitive Situation des Patienten deutlich. Nach wie vor ist jedoch die Rolle der resistenten Viren im Liquor für die weitere Resistenzentwicklung unter Therapie unklar. Deshalb sollten normalerweise auch Liquor-gängige Medikamente unter diesem Gesichtspunkt ausgewählt werden.


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